BT-Drucksache 18/6636

Förderung von internationalen Kohleprojekten

Vom 4. November 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6636
18. Wahlperiode 04.11.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Uwe Kekeritz, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Förderung von internationalen Kohleprojekten

Im September 2015 erklärte die französische Regierung, staatliche Exportkredite
für Kohlekraftwerke im Ausland ab sofort einstellen zu wollen. Deutschland hat
einen solchen Schritt noch nicht vollzogen. Damit bleibt Deutschland der größte
Kohlefinanzier Europas, da die KfW IPEX-Bank GmbH nach wie vor Kohlepro-
jekte finanziert (docs.nrdc.org/international/files/int_15060201a.pdf).

Die Finanzierung von fossilen Energieprojekten ist anhaltender Kritik ausgesetzt;
so mahnte beispielsweise die OECD im September 2015, dass diese Finanzierung
ein entscheidendes Hindernis im Kampf gegen den Klimawandel darstelle
(www.zeit.de/news/2015-09/21/oecd-oecd-kritisiert-subventionen-fuer-erdoel-und-
kohle-21134402). Vor diesem Hintergrund stehen nicht nur die Aktivitäten der
KfW IPEX-Bank GmbH im Fokus, sondern auch die Neuformulierung der
OECD-Förderrichtlinien, die noch in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Für welche Länder und Projekte wurden beim Interministeriellen Ausschuss
für Exportkreditgarantien des Bundes zwischen März und Juli 2015 Anfra-
gen, Voranfragen oder Anträge auf Bürgschaften für Kohlekraftwerke, Koh-
leminen oder Kohleinfrastruktur abgelehnt, zurückgezogen oder bewilligt?

2. Liegen der Bundesregierung die Klimaschutzstrategien der einzelnen Län-
der, die diese gemäß den Förderrichtlinien vorweisen müssen, vor?

Falls nein, warum nicht, und falls ja, bitte beifügen, ergänzt um Analysen,
die darlegen, ob die Strategien ausreichend sind?

3. An welchen Projekten zum Kohlebergbau ist die KfW derzeit mit Krediten,
Beteiligungen oder anderen Finanzdienstleistungen beteiligt (bitte nach Ge-
schäftsbereich, Projekt und Jahr der Finanzierung aufschlüsseln)?

4. Gibt es intern bei der KfW analog zu den Kriterien für die Finanzierung von
Kohlekraftwerken auch Richtlinien für den Bereich Kohlebergbau, und falls
ja, wie lauten diese?

5. Wie stellt die KfW, die über Finanzintermediäre an der Finanzierung
von Kohleminen beteiligt ist, z. B. über die Gunvor Group Ltd. (http://
gunvorgroup.com/news/gunvor-closes-oversubscribed-us-1-09-billion-
revolving-credit-facility/), sicher, dass die darüber finanzierten Minen ihren
Umwelt- und Sozialstandards entsprechen?

6. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand des griechi-
schen Projekts Ptolemaida V?

Drucksache 18/6636 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

7. Welche deutschen Unternehmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in
das Projekt Ptolemaida V involviert?

8. Wie passt die Unterstützung des Baus des Braunkohlekraftwerks Ptolemaida
V durch Euler Hermes und die KfW zu der von der Bundesregierung maß-
geblich vorangetriebenen Entscheidung der Europäischen Union, im
Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen in Europa um 80 bis 95 Prozent unter
das Niveau von 1990 zu reduzieren?

9. Welche anderen Exportkreditagenturen und staatlichen Entwicklungsbanken
außer Euler Hermes und der KfW unterstützen nach Kenntnis der Bundesre-
gierung die Finanzierung des Braunkohlekraftwerks Ptolemaida V?

10. Trifft es zu, dass die vollständige Finanzierung von Ptolemaida V noch nicht
gesichert ist, und falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregie-
rung daraus?

11. Hat die Bundesregierung alternativ die Potenziale für deutsche Unternehmen
im Bereich der erneuerbaren Energien untersucht, die eine Alternativlösung
bieten würden, und wenn ja, nach welchen Kriterien und mit welchem Er-
gebnis?

12. Wie wurde abschließend für das Gesamtprojekt untersucht, inwieweit erneu-
erbare Energien eine Alternative zum Kraftwerksneubau Ptolemaida V dar-
stellen könnten?

13. Hält die Bundesregierung es angesichts der wirtschaftlichen Situation Grie-
chenlands und der damit verbundenen Sparauflagen für sinnvoll und ange-
messen, neue Kredite an ein griechisches Staatsunternehmen im Bereich der
Braunkohle öffentlich abzusichern und so das Niveau griechischer Verbind-
lichkeiten im Bereich einer Technologie zu vergrößern, die angesichts der
europäischen Klimaziele ein Auslaufmodell sein muss?

14. Unter welchen Bedingungen würden sich Euler Hermes und die KfW-Ban-
kengruppe aus der Finanzierung von Ptolemaida V zurückziehen?

15. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Diskussion und
Umsetzung bei einem Braunkohleprojekt-Projekt im Kosovo, bei dem die
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Juni 2015 Unterstützung zusagte
(www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/
06/2015-06 -30-merkel-mustafa.html)?

a) Gibt es bereits Voranfragen oder Anträge für eine Hermesbürgschaft für
das Projekt?

b) Ist die KfW im Gespräch für eine Finanzierung und wäre eine KfW-Fi-
nanzierung mit der neuen Position zur internationalen Kohleförderung
möglich?

16. Wie begründet die Bundesregierung – vor dem Hintergrund, dass in einer
Studie der University of California, Berkeley, zusammen mit dem kosovari-
schen Umweltverband KOSID eine Kostenanalyse durchgeführt wurde mit
dem Ergebnis, dass ein Ausbau erneuerbarer Energien und eine Erneuerung
des Stromnetzes im Vergleich zu einer Modernisierung des zu ertüchtigen-
den Braunkohlekraftwerks im Kosovo kostengünstiger wäre (www.kosid.
org/file/repository/Sustainable_Energy_for_Kosovo_Energy_Policy_
kosid.pdf) – ihre Unterstützung der Modernisierung statt der Förderung von
erneuerbaren Energien und Energieeffizienz im Kosovo?

17. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass in dem SOCAR STAR Raf-
finerieprojekt in der Türkei, an dessen Finanzierung die KfW IPEX-Bank
GmbH beteiligt ist, der Bau von zwei Kohlekraftwerken enthalten ist, und
falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6636
 

18. Welche neuen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur Einschätzung
der Gefahren vor, die sich für die KfW aufgrund ihrer Investitionen in
fossile Energien und die dadurch entstehende Betroffenheit durch die soge-
nannte carbon bubble ergeben (vgl. dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/050/
1805056.pdf)?

19. In welcher Höhe sind nach Kenntnis der Bundesregierung Gelder eingestellt
für das von der KfW durchgeführte Programm zur Refinanzierung von Ex-
portkrediten, das im September 2015 bis Ende 2020 verlängert wurde
(www.kfw.de/KfW-Konzern/%C3%9Cber-die-KfW/Auftrag/Sonderaufgaben/
Refinanzierung-bundesgedeckter-Exportkredite/), gibt es hierbei wirksame
Klimaschutzkriterien, sind Kohlekraftprojekte dabei ausgeschlossen, und
wenn nein, warum nicht?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die komplette Einstellung der Exportkre-
dite für Kohlekraftwerke, die im September 2015 in Frankreich beschlossen
wurde?

Was für Rückschlüsse zieht sie daraus im Hinblick auf ihre eigene Politik?

21. Wer ist an den Verhandlungen um die Kriterien für Finanzierungen durch die
Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) beteiligt?

22. Welche Erwartungen und Forderungen hat die Bundesregierung an die Um-
welt- und Sozialstandards der AIIB?

Zieht die Bundesregierung die Möglichkeit in Betracht, Investitionen in Koh-
leprojekte durch die AIIB auszuschließen?

Plant die Bundesregierung, sich für einen Ausschluss von Atomprojekten
einzusetzen?

23. Was für Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus der Forderung
der OECD, in Zukunft anstelle von fossilen Energien Energieeffizienz
insbesondere im privaten Bereich stärker zu fördern (www.dtoday.de/
startseite/wirtschaft_artikel,-OECD-kritisiert-Subventionen-fuer-Erdoel-
und-Kohle-_arid,442758.html)?

24. Welche Position vertritt die Bundesregierung in den laufenden Verhandlun-
gen zu einer Neuformulierung der OECD-Kriterien für Exportkreditgaran-
tien, insbesondere in Bezug auf die Finanzierung von Kohlekraftwerken,
-bergbauprojekten und -infrastruktur?

Berlin, den 4. November 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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