BT-Drucksache 18/6598

Tatsächliche Reduktion der CO2-Emissionswerte bei Pkw

Vom 29. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6598
18. Wahlperiode 29.10.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Oliver Krischer, Annalena Baerbock,
Harald Ebner, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Tabea Rößner, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tatsächliche Reduktion der CO2-Emissionswerte bei Pkw

Die Bundesregierung stuft die CO2-Regulierung von Pkw in ihrem Aktionspro-
gramm Klimaschutz 2020 als eine der wichtigsten Maßnahmen ein, um Treib-
hausgasemissionen im Verkehrsbereich zu vermindern. Die europäische Regulie-
rung der CO2-Emissionen von Neuwagen gibt Automobilherstellern klare Ziele
zur Verbrauchsreduzierung ihrer Fahrzeugflotten vor. In den Jahren 2020/2021
dürfen Neuwagen im Durchschnitt 95 g CO2/km emittieren. Im Zeitraum der
Jahre 2004 bis 2013 sind nach Angaben der Bundesregierung die durchschnittli-
chen zertifizierten CO2-Emissionen neuer Fahrzeugmodelle in Deutschland von
174,9 auf 136,1 g CO2/km zurückgegangen (vgl. Antwort auf eine Kleine Anfrage
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/5656).
Wissenschaftliche Studien weisen hingegen darauf hin, dass die reale CO2-Ver-
minderung wesentlich geringer ausfällt. Offen ist, auf welche Methode und Spiel-
räume sich die EU bei einer eventuellen Umrechnung der CO2-Grenzwerte auf
einen neuen Fahrzyklus und ein neues Testverfahren festlegen wird.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie aussagekräftig ist nach Auffassung der Bundesregierung die Angabe,
wonach die durchschnittlichen zertifizierten CO2-Emissionen neuer Fahr-
zeugmodelle in Deutschland von 174,9 auf 136,1 g CO2/km zurückgegan-
gen sind?

2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Studie „From Labora-
tory to Road“ des International Council on Clean Transportation (2015), und
wie bewertet sie die über Jahre zugenommene Diskrepanz von inzwischen
durchschnittlich 40 Prozent zwischen offiziellen Messergebnissen beim
CO2-Ausstoß auf Grundlage des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ)
und den ermittelten Realverbräuchen auf der Straße (www.handelsblatt.de
vom 28. September 2014 „Studie: Hersteller schummeln bei Angaben zum
Spritverbrauch“; www.theicct.org „From laboratory to road“)?

3. Kann die Bundesregierung Aussagen zur realen Verbrauchsreduzierung tref-
fen, und wenn ja, von welchen realen Verbrauchsreduzierungen bzw. wel-
cher realen CO2-Verminderung bei Neuwagen in Deutschland in den vergan-
genen zehn Jahren geht die Bundesregierung aus?

4. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass verminderte CO2-Emissionen
eine steigende Energieeffizienz der Antriebskonzepte anzeigen?

Drucksache 18/6598 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Tatsache, dass das aktuelle Typenprüfverfahren Maßnahmen zur Op-
timierung der Verbrauchsmessungen, wie das Abkleben von Kühleröffnun-
gen, die Demontage von Außenspiegeln, die Verwendung von Leichtlaufrei-
fen und Ölen oder das Abklemmen der Lichtmaschine, zugelassen hat?

6. Welche zulässigen Randbedingungen des aktuellen Typenprüfverfahrens ha-
ben nach Auffassung der Bundesregierung einer Realitätsnähe der Messsitu-
ation widersprochen (bitte auflisten und begründen)?

7. Was muss nach Auffassung der Bundesregierung unternommen werden, um
die vereinbarten Emissionsgrenzwerte von 2020/2021 wirklich, unter realen
Fahr- und Verbrauchsbedingungen auf der Straße, einzuhalten?

8. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass zur Ermittlung der realen
Verbrauchswerte bzw. des CO2-Ausstoßes von Neuwagen ab dem Jahr 2017
auch Straßenmessungen nach Real Driving Emissions (RDE) vorzunehmen
sind?

9. Werden seitens der Bundesregierung Konformitätsfaktoren gefordert für die
Umrechnung zwischen CO2-Emissionen auf Basis von WLTP und CO2-
Emissionen auf Basis von NEFZ, die Toleranzbereiche für die als akzeptabel
angesehene Grenzwertüberschreitungen schaffen, und wenn ja, mit welcher
Begründung, in welchem Maße und für welche Zeitraume werden diese ge-
fordert?

10. Vertritt die Bundesregierung die Position, dass der CO2-Grenzwert von
95 g/km für 2020/2021 und auch weitere zukünftige Grenzwerte nominell
oder durch einen Faktor pauschal nach oben gesetzt werden sollte, wenn
nicht mehr das bisherige Rollententestfahren sondern der WLTP oder ein an-
deres realitätsnäheres Testverfahren zum Einsatz kommt?

11. Welche Position vertritt die Bundesregierung bei der Festlegung des neuen
Messverfahrens WLTP hinsichtlich der Umrechnung mit dem NEFZ zur
Einhaltung der vereinbarten Grenzwerte für Pkw in 2020/2021?

12. Welche Auswirkungen hat die Tatsache, dass zahlreiche Fahrzeuge im realen
Fahrbetrieb deutlich mehr CO2 ausstoßen als nach den Angaben der Herstel-
ler, auf das Klimaaktionsprogramm der Bundesregierung?

13. Vertritt die Bundesregierung die Position, bestimmte Maßnahmen zur Flexi-
bilisierung des WLTP, wie etwa das Laden der Fahrzeugbatterie, die Ver-
wendung von Schwungmassenklassen, eine pauschale grundsätzliche Kor-
rekturmöglichkeit des Ergebnisses und der Ermittlung der Ausrollwerte, auf
abschüssigen Strecken zuzulassen, und wenn ja, warum (bitte Maßnahmen
ggf. einzeln begründen)?

14. Was versteht die Bundesregierung unter ihrer Antwort auf die Kleine An-
frage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (vgl. Bundestagsdrucksa-
che 18/5656, Frage 4), zur Erreichung der Klimaziele sei die Festlegung von
realistischen Zielwerten nach 2020 erforderlich, und unterstützt es die Bun-
desregierung, Nachfolgegrenzwerte für die Jahre 2025 und 2030 festzulegen,
und wenn ja, welche realen Verbrauchsreduzierungen strebt sie an?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6598
15. Liegen der Bundesregierung Berechnungen vor, welchen Verkaufsanteil an
Diesel-, Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeugen deutsche Hersteller im Jahr
2021 aufweisen müssen, um die europäischen CO2-Grenzwerte einhalten zu
können, und wenn ja, werden die deutschen Automobilkonzerne nach Ein-
schätzung der Bundesregierung die Zielvorgaben absehbar erreichen?

Berlin, den 29. Oktober 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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