BT-Drucksache 18/6512

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Katharina Dröge, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/5096 - Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit der Westafrikanischen Wirtschaftsunion dem Bundestag zur Abstimmung vorlegen

Vom 29. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6512
18. Wahlperiode 29.10.2015
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Katharina Dröge, Claudia Roth
(Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/5096 –

Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit der Westafrikanischen
Wirtschaftsunion dem Bundestag zur Abstimmung vorlegen

A. Problem

Die Bundesregierung beabsichtigt, das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
(WPA) zwischen den westafrikanischen Staaten, der Wirtschaftsgemeinschaft der
westafrikanischen Staaten (ECOWAS) und der Westafrikanischen Wirtschafts-
und Währungsunion (UEMOA) einerseits und der Europäischen Union (EU) und
ihren Mitgliedstaaten andererseits (COM(2014) 578 final) dem Deutschen Bun-
destag nicht zur Ratifizierung vorzulegen, da es nach ihrer Rechtsauffassung fast
ausschließlich in die Zuständigkeit der EU fällt und als Handelsvertrag nicht als
ein politischer Vertrag im Sinne von Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes
(GG) anzusehen ist, sondern als ein „Abkommen von eher technischer Natur“.

Nach Rechtsauffassung der Antragsteller handelt es sich bei diesem Abkommen
aber um ein „gemischtes Abkommen“, wobei die Bundesrepublik Deutschland
eigenständiger völkerrechtlicher Vertragspartner des gesamten Vertragswerkes
wird. Nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 GG müsse dieses Abkommen dem Deut-
schen Bundestag zur Ratifizierung vorgelegt werden.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/6512 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/5096 abzulehnen.

Berlin, den 14. Oktober 2015

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6512
Bericht der Abgeordneten Jürgen Klimke, Dr. Sascha Raabe, Heike Hänsel und Uwe
Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/5096 in seiner 109. Sitzung am 11. Juni 2015 beraten
und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung und an
den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie und Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag fordern die Antragsteller die Bundesregierung auf, dem Deutschen Bundestag das WPA zwischen
den westafrikanischen Staaten, der ECOWAS und der UEMOA einerseits und der EU und ihren Mitgliedstaaten
andererseits (COM(2014578 final) nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 GG zur Ratifizierung vorzulegen.

Die Bundesregierung gründe ihre Entscheidung, dies nicht tun zu wollen, auf eine überholte, enge Auslegung der
Ratifizierungserfordernisse bei völkerrechtlichen Verträgen durch das Bundesverfassungsgericht. Die Frage, was
ein Vertrag sei, der die politischen Beziehungen des Bundes regelt (sogenannter politischer Vertrag), habe hier
noch keinen Eingang gefunden. Die Antragsteller vertreten demgegenüber die Auffassung, dass dieses außenwirt-
schaftspolitische Abkommen ganz wesentlich die internationalen Beziehungen mitgestalte und verweisen ferner
darauf, dass das vorausgegangene Referenzabkommen zum WPA, das sogenannte Cotonou-Abkommen, mit Zu-
stimmung des Deutschen Bundestages ratifiziert worden sei.

Die Bundesregierung wird von den Antragstellern ferner dazu aufgefordert, auch die Handels- und Investitions-
schutzabkommen der EU und ihrer Mitgliedstaaten wie CETA und TTIP dem Deutschen Bundestag zur Ratifi-
zierung nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 GG vorzulegen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage 18/5096 in seiner 71. Sitzung am 14. Oktober
2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat die Vorlage 18/5096 in seiner 51. Sitzung am 14. Oktober 2015
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage 18/5096 in seiner 39. Sitzung
am 17. Juni 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage in seiner 42. Sitzung
am 14. Oktober 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bestärkt ihre Rechtsauffassung, die auch in einem Gutachten des
Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages bestätigt worden sei, dass dieses Abkommen vom Par-
lament zu beraten und zu beschließen sei. Diese Position werde ebenso von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert
Lammert vertreten. Es sei originäre Aufgabe des Parlamentes, solche völkerrechtlich verbindlichen Abkommen
zu debattieren. Die Bundesregierung selbst habe eingeräumt, dass es sich um ein „gemischtes Abkommen“ handle.

Drucksache 18/6512 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Übrigen hätten solche Abkommen immer Auswirkungen auf die Entwicklungschancen des Vertragspartner-
landes. Es sei insofern nicht nur aus parlamentsrechtlichen, sondern auch aus entwicklungspolitischen Gründen
geboten, über solche Abkommen mitzuentscheiden.

Die Fraktion DIE LINKE. schließt sich der Argumentation der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an. Es
sei zudem so, dass die absehbaren Folgen des Abkommens wie Zollausfälle aus Mitteln des Europäischen Ent-
wicklungsfonds kompensiert werden müssten. Deutschland beteilige sich an diesem Fonds mit nicht geringen
Beitragszahlungen. Wegen der zahlreichen entwicklungspolitischen Implikationen, die am Ende nicht nur den
europäischen, sondern auch den nationalen Haushalt berühren würden, bestehe ein Mitbestimmungsanspruch des
deutschen Parlaments.

Die Fraktion der CDU/CSU unterstreicht, dass es sich hierbei um eine Grundsatzfrage handle, wie Artikel 59
Absatz 2 GG zu verstehen sei. Hier gebe es auf allen Seiten sehr viel Unsicherheit. Das betreffe aber nicht nur
das deutsche Parlament, sondern natürlich auch die Kompetenzen der anderen EU-Mitgliedstaaten. Insofern habe
man ein starkes Interesse daran, hier sehr bald zu einer Klärung zu kommen und Rechtssicherheit herzustellen.
Man werde diesen Antrag ablehnen.

Die Fraktion der SPD erklärt, die AG Entwicklungspolitik in der Fraktion der SPD vertrete die Auffassung, dass
es sich um ein Abkommen handle, welches vom Parlament ratifiziert werden müsse. Auch weite Teile der Frak-
tion der SPD insgesamt würden ihrer Einschätzung nach diese Auffassung teilen. Man werde den vorliegenden
Antrag heute im Sinne der Koalitionsvereinbarungen ablehnen. Da noch nicht alle afrikanischen Staaten dieses
Abkommen unterzeichnet hätten, werde man die verbleibende Zeit nutzen, sich dafür einzusetzen, dass das Par-
lament die Ratifizierung vornehme. Die Argumentation des Bundesjustizministers in dieser Streitfrage erscheine
ihr nicht schlüssig. In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages und von
Verfassungsjuristen werde ausgeführt, dass bei einem Abkommen, welches die Wirtschaftsbeziehungen einer
ganzen Kontinentalregion regle, und dessen Vorläuferabkommen auch vom Deutschen Bundestag beschlossen
worden sei, der Bundestag beteiligt werden müsse. Man müsse anerkennen, dass Handelspolitik heute weit mehr
sei als ein rein technischer Verwaltungsakt. Im Übrigen behalte sich der Berichterstatter vor, diese Frage vom
Bundesverfassungsgericht klären zu lassen.

Berlin, den 14. Oktober 2015

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

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