BT-Drucksache 18/6511

Proteste in Montenegro und die Auswirkungen der russischen Gegensanktionen auf Montenegro

Vom 26. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6511
18. Wahlperiode 26.10.2015

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke,
Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu

und der Fraktion DIE LINKE.

Proteste in Montenegro und die Auswirkungen der russischen Gegensanktionen
auf Montenegro

Seit Ende September 2015 demonstrieren immer wieder Tausende Montenegri-
nerinnen und Montenegriner gegen den amtierenden Ministerpräsidenten des
Landes, Milo Đukanović, der auch langjähriger montenegrinischer Präsident
(1998 bis 2002) und bereits des Öfteren Premier des Landes war (1991 bis 1998,
2003 bis 2006, 2008 bis 2010 sowie erneut seit dem Jahr 2012) sowie die Politik
seiner Partei, der so genannten Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS).
Die DPS ist assoziiertes Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Europas
(SPE). Einige Hundert Protestierer haben sogar ein Zeltlager im Regierungsvier-
tel von Podgorica errichtet (www.deutschlandfunk.de/montenegro-proteste-
gegen-den-dauerherrscher.795.de.html?dram:article_id=333195). Circa 400 De-
monstrantinnen und Demonstranten übernachteten in der ersten Nacht auf dem
zentralen Platz in Podgorica (www.balkaninsight.com/en/article/protests-won-t-
stop-until-montenegro-pm-resigns-09-28-2015).

Die Demonstrationen in der montenegrinischen Hauptstadt richten sich unter ande-
rem gegen Korruption und Wahlmanipulationen in dem Land (www.derstan
dard.at/2000022915377/Proteste-gegen-den-Premier-Montenegros). Die Opposi-
tion fordert unter anderem vorgezogene Neuwahlen (www.derstandard.at/
2000023219613/Montenegros-Opposition-kuendigt-Protestmaersche-an). Die
Regierung Montenegros ist laut den Protestierern die einzige in Europa, die nie
durch demokratische Wahlen abgewählt wurde (www.balkaninsight.com/en/
article/protests-won-t-stop-until-montenegro-pm-resigns-09-28-2015).

Mitte September 2015 hatte das montenegrinische Parlament für den Beitritt des
Landes zur NATO votiert. Ein Referendum über diese wichtige außenpolitische
Entscheidung lehnen Regierungsvertreter ab. Laut Umfragen sind derzeit etwa
36 Prozent der Montenegriner für, 37 Prozent gegen einen NATO-Beitritt und
26 Prozent sind unentschlossen (www.derstandard.at/2000022915377/Proteste-
gegen-den-Premier-Montenegros).

Drucksache 18/6511 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über von Montenegro erlas-
sene Sanktionen gegen die Russische Föderation im Zuge der Ukraine-Krise?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über von der Russischen Fö-
deration gegen Montenegro erlassene Gegensanktionen als Antwort auf die
montenegrinischen Sanktionen?

Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die wirtschaftlichen Ein-
bußen – vor allem im Agrar- und Tourismussektor – durch die erlassenen
Sanktionen und Gegensanktionen (www.deutschlandfunk.de/montenegro-
proteste-gegen-den-dauerherrscher.795.de.html?dram:article_id=333195)?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über montenegrinische Sank-
tionen gegen Afghanistan, Ägypten, Belarus, Nordkorea, den Iran, den Irak,
Libanon, Somalia und Simbabwe (www.balkaninsight.com/en/article/
montenegro-joins-eu-arms-embargos-10-08-2015)?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die NATO-Beitritts-Zu-
stimmungsraten in der montenegrinischen Bevölkerung?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Untersagung von
Anti-Regierungs-Demonstrationen in 15 Städten Montenegros am 5. Okto-
ber 2015 (www.derstandard.at/2000023219613/Montenegros-Opposition-
kuendigt-Protestmaersche-an)?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über trotz des Verbots abge-
haltene Proteste (www.balkaninsight.com/en/article/montenegro-activists-
ignore-police-protest-ban-10-06-2015-1)?

a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die infolge dieser Pro-
teste eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen alle Demonstrationsleiter
von Kundgebungen mit mehr als 20 Menschen (www.balkaninsight.
com/en/article/montenegro-activists-ignore-police-protest-ban-10-06-
2015-1)?

b) Wie viele Menschen haben laut Erkenntnissen der Bundesregierung an
diesen Demonstrationen teilgenommen?

7. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die montenegrinischen
„Medien […] von der Regierung kontrolliert“ werden (www.derstan
dard.at/2000022915377/Proteste-gegen-den-Premier-Montenegros)?

a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen ergeben sich daraus für
einen möglichen NATO-Beitritt Montenegros?

b) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen ergeben sich daraus für
einen möglichen EU-Beitritt Montenegros?

8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die „Bekämpfung der Vet-
ternwirtschaft sowie der organisierten Kriminalität“ sich in den vergangenen
Jahren in Montenegro „als wenig wirksam erwiesen“ haben (www.nzz.ch/
international/europa/zeltlager-gegen-djukanovic-1.18621137)?

a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen ergeben sich daraus für
einen möglichen NATO-Beitritt Montenegros?

b) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen ergeben sich daraus für
einen möglichen EU-Beitritt Montenegros?

c) Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Einschätzung, dass „jüngste Erfolge
[…] allerdings Anlass zu einer vorsichtig positiveren Einschätzung“ ge-
ben (Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksa-
che 18/1216)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6511

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die berichtete Verstri-
ckung des montenegrinischen Geheimdienstes ANB (Nationaler Sicherheits-
dienst) mit der organisierten Kriminalität (www.monitor.co.me/index.php
?option=com_content&view=article&id=4989:crne-take-domaih-bezbjedno
snih-slubi-duvan-kafa-i-tajne-koje-cure&catid=3427:broj-1216)?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die mindestens 23 veri-
fizierten zwischen dem Februar 2014 und Oktober 2015 Attacken auf Jour-
nalistinnen und Journalisten in Montenegro (www.indexoncensorship.org/
2015/10/montenegro-using-journalists-as-political-pawns-undermines-the-
role-of-the-media/)?

a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Aufklärung dieser
Straftaten?

b) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung daraus für die deutsch-montenegrinischen Beziehungen?

c) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen ergeben sich aus diesen
Angriffen auf die Pressefreiheit für einen möglichen EU-Beitritt Mon-
tenegros?

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über montenegrinische Jour-
nalistinnen und Journalisten, die ihren Beruf aufgeben, da ihre „dreckige Wä-
sche“ in Medien anderer politischer Lager aufbereitet wird (www.indexon
censorship.org/2015/10/montenegro-using-journalists-as-political-pawns-
undermines-the-role-of-the-media/)?

a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Beschaffung die-
ser Informationen?

b) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine mögliche Invol-
vierung des montenegrinischen Geheimdienstes ANB in diese Vorkomm-
nisse?

12. Hält es die Bundesregierung angesichts der berichteten Verstrickungen der
montenegrinischen Regierung mit der organisierten Kriminalität sowie der
eingeschränkten Demonstrations- und Pressefreiheit des Landes für ange-
messen, dass Vertreter der montenegrinischen Regierung zu informellen Mi-
nistertreffen der EU eingeladen werden (Depesche COELA 18. Septem-
ber 2015)?

13. Setzt sich die Bundesregierung, wie die Regierung der USA, dafür ein, dass
Montenegro der NATO beitritt (www.derstandard.at/2000022915377/
Proteste-gegen-den-Premier-Montenegros)?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Wahlmanipulatio-
nen bei den vergangenen landesweiten Wahlen in Montenegro (www.
derstandard.at/2000022915377/Proteste-gegen-den-Premier-Montenegros,
www.deutschlandfunk.de/montenegro-proteste-gegen-den-dauerherrscher.
795.de.html?dram:article_id=333195)?

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die vom NATO-Gene-
ralsekretär angesprochene „zunehmende Unterstützung“ für einen NATO-
Beitritt Montenegros (www.rferl.org/content/support-montenegro-nato-bid/
27302553.html)?

16. Haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei den „[durch] den deut-
schen Zollfahndungsdienst […] in den Jahren 1993 bis 2005 [umfangrei-
chen] Ermittlungen im Zusammenhang mit Zigarettenlieferungen nach Mon-
tenegro“ Anfangsverdachtsmomente gegen Personen aus dem unmittelbaren
persönlichen Umfeld von Milo Đukanović ergeben (Antwort der Bundesre-
gierung zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 18/1216)?

Drucksache 18/6511 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

17. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Insolvenz des
Kombinats KAP (www.nzz.ch vom 12. Juli 2013 „Ein Fass ohne Boden: In-
solvenzverfahren gegen Montenegros größte Industriefirma“)?

18. Welche seit April 2014 neuen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Anschläge auf oppositionelle Medien in Montenegro (vgl. Antwort der Bun-
desregierung zu Frage 6 auf Bundestagsdrucksache 18/1216)?

19. Wann und wo haben seit April 2014 Ausbilder der Bundespolizei, des Bun-
deskriminalamtes (BKA) sowie nach Kenntnis der Bundesregierung der Po-
lizeien der Länder Angehörige der montenegrinischen Strafverfolgungsbe-
hörden ausgebildet?

20. Hielten sich seit April 2014 Berater der Bundespolizei, des BKA oder nach
Kenntnis der Bundesregierung der Polizeien der Länder im Rahmen ihres
Dienstes in Montenegro auf?

Wenn ja, von wann bis wann, mit welchen Aufgabenbereich und bei welchen
Dienststellen (bitte entsprechend der Jahre auflisten)?

21. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum der
Jahre 2004 bis 2014 die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Mon-
tenegro und der Bundesrepublik Deutschland entwickelt?

22. In welcher Höhe hat die Bundesregierung in den Jahren 2004 bis 2014 Mittel
für die Entwicklungszusammenarbeit mit Montenegro bereitgestellt (nach
Jahren aufgeschlüsselt), in welcher Höhe wurden diese Mittel abgerufen, und
für welche Projekte wurden diese Mittel ausgegeben?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung den Erfolg der bisherigen Entwicklungs-
zusammenarbeit mit Montenegro?

24. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Einsatz von Tränen-
gas auf einer regierungskritischen Demonstration am Wochenende des
17./18. Oktober 2015 in Podgorica (AFP, 19. Oktober 2015)?

Berlin, den 26. Oktober 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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