BT-Drucksache 18/6437

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/1872 - Bestandsobergrenzen für Tierhaltungen einführen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/3732 - Die Zukunft der Tierhaltung - Artgerecht und der Fläche angepasst

Vom 20. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6437
18. Wahlperiode 20.10.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Caren Lay,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/1872 –

Bestandsobergrenzen für Tierhaltungen einführen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch,
Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/3732 –

Die Zukunft der Tierhaltung – Artgerecht und der Fläche angepasst

A. Problem

Zu Buchstabe a

Die Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren in der Bundesre-
publik Deutschland werden nach Darstellung der Fraktion DIE LINKE. seit ge-
raumer Zeit kontrovers diskutiert. Die Verbraucherinnen und Verbraucher kriti-
sieren nach Aussage der Antragsteller die negativen Auswirkungen von Tierhal-
tungsanlagen und die aus ihrer Sicht unzureichenden Haltungsverfahren der Nutz-
tiere. Die Politik muss nach Darstellung der Fraktion DIE LINKE. den gesell-
schaftlichen Dialog über die Nutztierhaltung („Massentierhaltung“) aufnehmen
und unterstützen. Wie und wie viele Tiere an einem Standort und in einer Region
gehalten werden, muss bei einer solchen Diskussion für die Antragsteller im Fo-
kus stehen.

Mit dem Antrag auf Drucksache 18/1872 soll die Bundesregierung insbesondere
aufgefordert werden, durch die Vorlage von Gesetzentwürfen u. a. die Obergren-
zen für Nutztierbestandsgrößen pro Standort und Bestandsdichten für Regionen
nach vorgegebenen Anforderungen zu definieren sowie ein obligatorisches Prüf-
und Zulassungsverfahren für Haltungssysteme, Betäubungseinrichtungen beim

Drucksache 18/6437 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Schlachten und für Tiertransporte für alle Nutztiere („Tierschutz-TÜV“) zu schaf-
fen. Zudem soll die Bundesregierung aufgefordert werden, u. a. einen Gesetzent-
wurf vorzulegen, mit dem Eingriffe bei Tieren zur Anpassung an Haltungsbedin-
gungen unverzüglich verboten werden und mit dem geregelt wird, dass in die
Bundesrepublik Deutschland importierte Waren diesen Anforderungen ebenfalls
genügen müssen.

Zu Buchstabe b

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert, dass in Deutschland jedes
Jahr zirka 750 Millionen Nutztiere gehalten und geschlachtet werden, mit den Er-
zeugnissen jedoch nicht nur die Nachfrage der hier lebenden Menschen befriedigt
wird. Ihrer Darstellung zufolge findet die Tierhaltung in drangvoller Enge statt.
Zudem fehlt es an Fläche, um die notwendigen Futtermittel anzubauen und die
anfallenden Exkremente der Tiere auszubringen. Hieraus entstehen laut den An-
tragstellern Folgen wie Tierleid, belastete Böden, Gewässer und Luft sowie sozi-
ale und ökologische Schäden in den Ländern, in denen die Futtermittel für die
Tiere in deutschen Anlagen angebaut werden. Ein grundsätzliches Umsteuern im
System der Tierhaltung ist nach Ansicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN unvermeidbar. Die Bundesregierung muss nach Auffassung der Antragstel-
ler eine artgerechte und flächengebundene Tierhaltung rechtlich verankern.

Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache
18/3732 soll die Bundesregierung insbesondere aufgefordert werden, die ökolo-
gische Verträglichkeit der Tierhaltung zu verbessern, indem sie u. a. nur für In-
tensivtierhaltungsanlagen, die keine förmliche Genehmigung nach dem Bundes-
Immissionsschutzgesetz (BImSchG) benötigen, die Privilegierung nach § 35 des
Baugesetzbuches (BauGB) beibehält sowie eine gesetzliche Basis für eine flä-
chengebundene Tierhaltung für gewerbliche Betriebe schafft, die mit Tierplatz-
zahlen absolute Obergrenzen für Anlagen definiert. Zudem soll die Bundesregie-
rung u. a. aufgefordert werden, den Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutz-
tierhaltung zu stärken, indem sie zum Beispiel „Verstümmelungen an Tieren“,
wie das Kürzen von Schnäbeln und Ringelschwänzen, das Enthornen und das Ab-
schleifen von Zahnspitzen, im Tierschutzgesetz strikt verbietet.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/1872 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3732 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Annahme des Antrags auf Drucksache 18/1872.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags auf Drucksache 18/3732.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6437
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 18/1872 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 18/3732 abzulehnen.

Berlin, den 14. Oktober 2015

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Alois Gerig
Vorsitzender

Dieter Stier
Berichterstatter

Christina Jantz
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Drucksache 18/6437 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Dieter Stier, Christina Jantz, Dr. Kirsten Tackmann und
Friedrich Ostendorff

I. Überweisung

Zu Buchstabe a und b

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 46. Sitzung am 3. Juli 2014 den Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf
Drucksache 18/1872 an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur federführenden Beratung sowie
zur Mitberatung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 79. Sitzung am 15. Januar 2015 den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Drucksache 18/3732 an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Die Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren in der Bundesrepublik Deutschland werden nach
Darstellung der Fraktion DIE LINKE. seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Die Verbraucherinnen und Ver-
braucher kritisieren nach Aussage der Antragsteller die negativen Auswirkungen von Tierhaltungsanlagen und
die aus ihrer Sicht unzureichenden Haltungsverfahren der Nutztiere. Stallneubauten und -erweiterungen werden
laut den Antragstellern zunehmend von Protesten der Anwohnerinnen und Anwohner, von Umwelt- und Verbrau-
cherschutz- sowie kritischen Agrarverbänden begleitet. Die Debatte über die Tierhaltung in Deutschland ist nach
Ansicht der Antragsteller in Bezug auf die Stallgrößen weniger eine Debatte „Groß gegen Klein“, als insbesondere
eine über die Qualität der Tierhaltung, die Tiergesundheitsvorsorge und die konkrete Situation vor Ort. Die Politik
muss nach Darstellung der Fraktion DIE LINKE. den gesellschaftlichen Dialog über die Nutztierhaltung aufneh-
men und unterstützen. Wie und wie viele Tiere an einem Standort und in einer Region gehalten werden, muss bei
einer solchen Diskussion für die Fraktion DIE LINKE. im Fokus stehen. Dabei ist für sie die Tiergesundheit in
den Mittelpunkt der Gesetzgebung zu rücken. Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag sind laut den
Antragstellern in der Pflicht, die Leitplanken einer nachhaltigen, gesellschaftlich gewollten Tierhaltung in der
Bundesrepublik Deutschland zu präzisieren.

Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache 18/1872 soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

– einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Obergrenzen für Nutztierbestandsgrößen pro Standort (epidemiologische
Einheiten) und Bestandsdichten für Regionen zu definieren, die folgende Anforderungen erfüllen:

o Minimierung des Risikos der Einschleppung und Verbreitung von Tierseuchen, insbesondere Zoonosen,
und Minimierung volkswirtschaftlicher Schäden;

o Sicherung der Umsetzung von wissenschaftlich begründeten Bekämpfungskonzepten im Fall des Aus-
bruchs von Tierseuchen, insbesondere Zoonosen, und Minimierung volkswirtschaftlicher Schäden;

o Berücksichtigung der ökologischen Belastbarkeit der Umgebung (Nährstoffsalden) und der regional ver-
fügbaren Flächenkapazitäten bzw. anderer ökologischer Risiken;

– die Agrarressortforschung zu beauftragen, die dafür notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen zu schaffen
und dafür die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen;

– einen Gesetzentwurf vorzulegen, um die Privilegierung der Landwirtschaft im Baugesetzbuch entsprechend
diesen Grenzen der Nutztierbestandsgrößen am Standort und Bestandsdichten in Regionen zu deckeln und ein
Mitspracherecht der regionalen Bevölkerung und ihrer kommunalen Vertretungen bei Standortentscheidungen zu
sichern;

– einen Gesetzentwurf vorzulegen, um das Düngerecht so zu ändern, dass europarechtliche Schutzvorgaben für
Gewässer und Böden eingehalten werden;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6437
– sich mit den Bundesländern darauf zu verständigen, dass im Rahmen des Agrarinvestitionsförderprogramms
(AFP) bei Stallneubauten der Anteil der besonders tiergerechten Premiumförderung gegenüber der Basisförde-
rung kontinuierlich erhöht und mittelfristig nur noch die Premiumförderung angeboten wird;

– einen Gesetzentwurf vorzulegen, um ein obligatorisches Prüf- und Zulassungsverfahren für Haltungssysteme,
Betäubungseinrichtungen beim Schlachten und für Tiertransporte für alle Nutztiere („Tierschutz-TÜV“) zu schaf-
fen;

– einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorzulegen, um Eingriffe bei Tieren zur Anpassung
an Haltungsbedingungen, wie beispielsweise das Kupieren von Schwänzen und Schnäbeln oder die betäubungs-
lose Ferkelkastration, unverzüglich zu verbieten und zu regeln, dass in die Bundesrepublik Deutschland impor-
tierte Waren diesen Anforderungen ebenfalls genügen müssen;

– die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung so zu ändern, dass dort alle landwirtschaftlichen Nutztiere erfasst
und ihre tiergerechte Haltung festgeschrieben wird. Bestehende Vorschriften sind auf ihre Tiergerechtigkeit zu
überprüfen und tierschutzrelevante Verbesserungen vorzuschlagen;

– einen Gesetzentwurf vorzulegen, um schnellstmöglich das Verbandsklagerecht als Anfechtungs- und Verpflich-
tungsklage für anerkannte Tierschutzorganisationen auf Bundesebene einzuführen.

Zu Buchstabe b

Nach Darstellung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN essen in Deutschland immer mehr Menschen weni-
ger Fleisch oder bevorzugen Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren. Die Antragsteller kritisieren, dass in
Deutschland jedes Jahr zirka 750 Millionen Nutztiere gehalten und geschlachtet werden, mit den Erzeugnissen
jedoch nicht nur die Nachfrage der hier lebenden Menschen befriedigt wird. Ihrer Darstellung zufolge findet die
Tierhaltung in drangvoller Enge statt. Zudem fehlt es an Fläche, um die notwendigen Futtermittel anzubauen und
die anfallenden Exkremente der Tiere auszubringen. Hieraus entstehen laut den Antragstellern Folgen wie Tier-
leid, belastete Böden, Gewässer und Luft sowie soziale und ökologische Schäden in den Ländern, in denen die
Futtermittel für die Tiere in deutschen Anlagen angebaut werden. Ein grundsätzliches Umsteuern im System der
Tierhaltung ist nach Ansicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unvermeidbar. Die Bundesregierung
muss nach Auffassung der Antragsteller eine artgerechte und flächengebundene Tierhaltung rechtlich verankern.
Dadurch können laut Auffassung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Umwelt geschont, die Gesund-
heit der Bürgerinnen und Bürger gewahrt und Nutztieren ein würdiges Leben ermöglicht werden.

Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 18/3732 soll die Bundesregierung
aufgefordert werden,

1. die ökologische Verträglichkeit der Tierhaltung zu verbessern, indem sie

a) nur für Intensivtierhaltungsanlagen, die keine förmliche Genehmigung nach dem Bundes-Immissions-
schutzgesetz (BImSchG) benötigen, die Privilegierung nach § 35 des Baugesetzbuches (BauGB) beibe-
hält;

b) eine Flächenbindung für Tierhaltungsanlagen in das BauGB einführt, die es den Gemeinden ermöglicht,
das Wachstum von Intensivtierhaltungsanlagen auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftli-
cher Nutzfläche auf dem Gemeindegebiet zu begrenzen;

c) die aus Tierplatzzahlen bestehenden Schwellenwerte des Anhangs der Vierten Verordnung zur Durch-
führung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV), die die Durchführung eines förmlichen
oder vereinfachten Genehmigungsverfahrens auslösen und die bestehenden Schwellenwerte der Anlage
1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), die über die Durchführung einer Um-
weltverträglichkeitsprüfung (UVP) entscheiden, jeweils um 50 Prozent gegenüber der jeweils bestehen-
den Regelung reduziert;

d) eine gesetzliche Basis für eine flächengebundene Tierhaltung für gewerbliche Betriebe schafft, die mit
Tierplatzzahlen absolute Obergrenzen für Anlagen definiert, zum Schutz vor schädlichen Emissionen aus
der Tierhaltung die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft anpasst und darin eine bundesweite
Filterpflicht für große Mastanlagen einführt und sich auf EU-Ebene für die Weiterverfolgung ambitio-
nierter Ziele im Rahmen des so genannten EU-Luftreinhaltepakets engagiert;

e) im Landwirtschaftsgesetz festlegt, dass Pflanzenfresser zu mindestens 60 Prozent mit in der Betriebsein-
heit erzeugtem Futter zu versorgen sind;

Drucksache 18/6437 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

f) im Landwirtschaftsgesetz festlegt, dass Schweine und Geflügel mit mindestens 20 Prozent in der eigenen
Betriebseinheit erzeugtem Futter zu versorgen sind;

g) die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel untersagt;

2. den Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zu stärken, indem sie

a) „Verstümmelungen an Tieren“ wie das Kürzen von Schnäbeln und Ringelschwänzen, das Enthornen und
das Abschleifen von Zahnspitzen im Tierschutzgesetz strikt verbietet;

b) die Verwendung von Einstreu in der Tierhaltung im Tierschutzgesetz verankert;

c) Vorgaben zur artgerechten Putenhaltung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verankert;

d) Vorgaben zur artgerechten Milchviehhaltung, inklusive der Forderung von Weidegang für Kühe im Som-
mer, in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verankert;

e) im Tierschutzgesetz die momentan laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erlaubten Besatzdichten
reduziert;

f) im Tierschutzgesetz inländische Tiertransporte auf eine Dauer von vier Stunden begrenzt;

g) eine umfassende Tierhaltungskennzeichnung für alle Lebensmittel einführt, damit Konsumentinnen und
Konsumenten auf einen Blick erkennen können, wie die Tiere gehalten wurden und Bäuerinnen und Bau-
ern für ihre Bemühungen um artgerechte Haltung angemessen entlohnt werden;

3. sich auf EU-Ebene für mehr Tierschutz einzusetzen, indem sie

a) für eine maximale Transportdauer von acht Stunden streitet;

b) die Berücksichtigung strenger Tierschutzstandards bei der Kreditvergabe internationaler Finanzsituatio-
nen fordert;

4. bei internationalen Abkommen darauf zu achten, dass kein weiterer Druck auf die europäischen und deut-
schen Fleischmärkte entsteht, der den ökologischen und Tierschutzzielen zuwider läuft.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat in seiner 64. Sitzung am 14. Oktober
2015 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/1872 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

1. Abschließende Beratung

Zu den Buchstaben a und b

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat den Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache
18/1872 sowie den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 18/3732 in seiner 42. Sit-
zung am 14. Oktober 2015 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, alle Fraktionen wären sich im Grundsatz darüber einig, sich für mehr Tier-
wohl engagieren zu wollen. Allerdings seien beide Anträge inhaltlich nicht zielführend. Ein hoher Besatz in der
Tierhaltung sei eine regionale Erscheinung. Die Fraktion der CDU/CSU spreche sich gegen die in den Anträgen
formulierte Forderung nach absoluten Bestandsobergrenzen aus. Tierwohl sei auch keine Frage von Bestandsgrö-
ßen. Vielmehr komme es darauf an, wie der einzelne Landwirt mit seinen Tieren umgehe und sich auf ihre Be-
dürfnisse einstelle. Von der Größe einer Tierhaltungsanlage könne nichts über gute oder schlechte Haltungsbe-
dingungen abgeleitet werden. Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag angesprochene
Sachverhalt des Baugesetzbuches in Bezug auf gewerbliche Tierhalter sei kein flächendeckendes Problem in
Deutschland. In der Vergangenheit hätten einige Kommunen das ihnen zur Verfügung stehende Planungsrecht
nicht in dem Maße angewendet, um Entwicklungen im Bereich der gewerblichen Stallbauten entsprechend zu
steuern. Der Ruf nach gesetzlichen Vorgaben durch den Bund sei in diesem Bereich fehl am Platze, zumal mit
der jüngsten Novelle des Baugesetzbuches ein Beitrag zur Stärkung der flächendeckenden Tierhaltung geleistet

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/6437
worden sei. Zudem habe die Bundesregierung mit ihrer Tierwohlinitiative bereits viele Dinge aufgegriffen, die
insbesondere im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwähnt würden.

Die Fraktion der SPD bemerkte, die beiden Anträge gingen von ihrem Grundsatz her in die richtige inhaltliche
Richtung. Allerdings werde in Bezug auf Bestandsgrößen eine differenzierte Betrachtung benötigt. Die Fraktion
der SPD lehne eine bloße Deckelung des Tierbestandes ab, weil es unabhängig von der Größe eines Betriebes
darauf ankomme, wie die Tiere konkret gehalten würden. Nichtsdestotrotz müsse insbesondere in der gewerbli-
chen Tierhaltung, u. a. im Kontext von Tierseuchen, auch über gewisse Größen bei Tierhaltungsanlagen geredet
werden. Die Fraktion der SPD trete für das Ziel einer flächengebundenen Tierhaltung ein, um den bekannten
regionalen Entwicklungen im Bereich der Tierhaltung und deren Konzentration in bestimmten Gebieten begegnen
zu können. Aus diesen Gründen seien beispielsweise bereits politische Vorhaben von der Bundesregierung in der
jüngeren Vergangenheit abgeschlossen worden – wie z. B. die Verbringungsverordnung und das Baugesetzbuch
– oder aktuell eingeleitet worden – wie beispielsweise das Düngegesetz und die Düngeverordnung. Trotzdem
stünden in Sachen Tierschutz für die Fraktion der SPD noch zahlreiche Vorhaben an, die einer zeitnahen Umset-
zung bedürften. Es dürfe nicht alleine über die Größe von Tierhaltungsanlagen, sondern gleichsam über die Hal-
tungsformen gesprochen werden. Letztere spielten eine große Rolle bei der Frage der Häufigkeit der Vergabe von
Antibiotika. Um den Antibiotikaeinsatz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zu reduzieren, müsse das Arz-
neimittelrecht erneut novelliert werden. Ferner müssten im Rahmen des Tierschutzrechtes das Schlachten von
trächtigen Tieren sowie nichtkurative Eingriffe an Tieren verboten werden.

Die Fraktion DIE LINKE. legte dar, die Bundesregierung müsse beim Bau von neuen Anlagen im Bereich der
intensiven Nutztierhaltung steuernd eingreifen, um die für die Landwirtschaft erforderliche Akzeptanz für die
Haltung von Nutzieren in der Bevölkerung zu erhalten. Hierfür müsse sie insbesondere regionale und standort-
spezifische Tierhaltungsobergrenzen schaffen. Das sei notwendig, weil es in vielen Orten Deutschlands mit den
Bürgern intensive Auseinandersetzungen um den Bau neuer „Megaställe“ gäbe. Hierbei bestehe die Gefahr, dass
die aufgeladene Stimmung gegen solche Ställe dazu führen könnte, dass Tierhaltungsanlagen, die eine vernünftige
Größe hätten und gebraucht würden, um die Arbeits- und Lebensbedingungen für Mensch und Tier in den Ställen
zu verbessern, keine Akzeptanz mehr fänden. Die Fraktion DIE LINKE. wolle mit ihrem Antrag nicht eine De-
batte „Groß gegen Klein“ bei den Stallgrößen führen. Sie sei vielmehr davon überzeugt, dass auch in größeren
Beständen u. a. ein vernünftiges Bestandsmanagement möglich sei. Andererseits dürfe nicht verkannt werden,
dass bei „Megaställen“ der Verdacht auf eine Tierseuche oder sogar der konkrete Ausbruch einer Tierseuche
gewaltige Herausforderungen mit sich bringen würde. Zudem seien in einigen Regionen Deutschlands, wie z. B.
in Teilen von Niedersachsen, die Tierhaltungsdichten so hoch, dass die dort in großen Mengen anfallende Gülle
in anderen Bundesländern entsorgt werden müsse. Vor diesem Hintergrund setze sie sich für eine flächengebun-
dene Tierhaltung in Deutschland ein.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN äußerte, mit ihrem Antrag fordere sie die Bundesregierung auf, eine
flächengebundene und artgerechte Tierhaltung gesetzlich zu verankern. Hierzu gehöre, dass per Gesetz mit Tier-
platzzahlen absolute Obergrenzen für Anlagen definiert werden müssten. Offenbar scheine sich in dieser Frage
auch die Fraktion der CDU/CSU zu bewegen, die offensichtlich über Bestandobergrenzen in der Nutztierhaltung,
wenn auch über deutlich zu hohe, diskutiere. Das sei ein Fortschritt in der politischen Auseinandersetzung über
eine zukunftsgerechte Tierhaltung. Den Gemeinden in Deutschland müssten wieder mehr Steuerungsmöglichkei-
ten beim Neubau von Tierhaltungsanlagen gegeben werden. Bisher würden insbesondere in den westdeutschen
Bundesländern die Betreiber von sehr großen Tierhaltungsanlagen das sich aus § 35 Absatz 1 Nummer. 4 des
Baugesetzbuches ergebende Baurecht für die gewerbliche Tierhaltung faktisch durch Sonderausweisungen von
Gewerbegebieten umgehen. Es könne nicht im Sinne der Gemeinden sein, dass demnächst überall Gewerbege-
biete neuerer Art mit großen Tierhaltungsanlagen entstünden. Die Bundesregierung müsse neben einer flächen-
gebundenen Tierhaltung den Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung stärken. Dazu gehörten zum
Beispiel das Verzichten auf nicht-kurative Eingriffe, die Verwendung von Einstreu in der Tierhaltung und die
Begrenzung der Tiertransportzeiten. Zudem müsse sie sich auf EU-Ebene für mehr Tierschutz einsetzen. Es dürfe
nicht sein, dass deutsche Unternehmen hiesige Standards unterliefen, indem sie in osteuropäischen Nicht-EU-
Ländern Ställe bauen ließen, die keinen EU-Normen entsprächen.

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Drucksache 18/6437 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Abstimmungsergebnisse

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen
Bundestag die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/1872 zu empfehlen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE., dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3732 zu empfehlen.

Berlin, den 14. Oktober 2015

Dieter Stier
Berichterstatter

Christina Jantz
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

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