BT-Drucksache 18/6217

Volkswagen-Skandal - Abgasuntersuchung, Manipulation und Rechtsfolgen in Deutschland

Vom 25. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6217
18. Wahlperiode 25.09.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Dr. Valerie Wilms,
Annalena Baerbock, Harald Ebner, Matthias Gastel, Sylvia Kotting-Uhl,
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Nicole Maisch, Peter Meiwald,
Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Volkswagen-Skandal – Abgasuntersuchung, Manipulation und Rechtsfolgen
in Deutschland

Der Volkswagen-Skandal (VW-Skandal) um manipulierte Schadstoffuntersu-
chungen bei Diesel-Modellen wirft drängende Fragen zur Rolle der Bundesregie-
rung und ihr nachgelagerter Bundesämter auf. Obwohl seit längerer Zeit wissen-
schaftliche Studien und verschiedene Medienberichte auf das Problem erhebli-
cher Abweichungen zwischen Labortests und Überprüfungen im realen Straßen-
betrieb aufmerksam gemacht haben und damit auch der Bundesregierung spätes-
tens seit dem Jahr 2014 Auffälligkeiten auch bei Diesel-Fahrzeugen der EURO 6-
Klasse hätten bekannt sein müssen, hat erst die US-amerikanische Environment
Protection Agency (EPA) den Verbraucher- und Behördenbetrug durch Spezial-
software aufgedeckt. Dem VW-Konzern drohen in den USA Strafen in Milliar-
denhöhe; der weitere Unternehmenserfolg des Unternehmens ist beeinträchtigt.

Die von VW verbaute Spezialsoftware hat dafür gesorgt, dass die Emissionen im
Testbetrieb stark vermindert wurden, um den strengen Vorschriften des Clean Air
Act zu genügen. Im Normalbetrieb waren die Stickstoffoxid-Emissionen dieser
Autos dagegen um das zehn- bis vierzigfache höher. Das Problem sogenannter
Abschalteinrichtungen und möglicher Zykluserkennungen nach der Definition
des Artikels 3 Absatz 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 war der Bundesre-
gierung bekannt. Dennoch hat sie keine eigenen Erkenntnisse über Abschaltein-
richtungen, die VW in 11 Millionen Fahrzeugen des Konzerns weltweit verbaut
hatte, gewonnen. Die Betrugsvorwürfe gegen den VW-Konzern haben gezeigt,
dass Manipulationen beim Umwelt- und Gesundheitsschutz einen erheblichen
Vertrauensverlust zur Folge haben. Der Schaden für den VW-Konzern, die Um-
welt und den Wirtschaftsstandort Deutschland ist bisher nicht absehbar.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. War der Bundesregierung bekannt, dass die EPA auffällige Abweichungen
untersucht, und wenn ja, seit wann?

2. Seit wann hat die Bundesregierung Kenntnisse von dem in den USA einge-
leiteten Ermittlungsverfahren der EPA gegen VW, und welche Kenntnisse
waren das?

Drucksache 18/6217 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Welche Gespräche der Bundesregierung fanden seit dem Jahr 2006 mit Wis-
senschaftlern und/oder Umweltverbänden zum Thema Typengenehmigung,
Abgasmessungen, Stickstoffemissionen von Dieselfahrzeugen und Ab-
schalteinrichtungen statt?

4. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus Medienberichten,
etwa in der „taz.die tageszeitung“ vom 13. Oktober 2014 oder im Nachrich-
tenmagazin „DER SPIEGEL“ vom 10. November 2014, gezogen, die bereits
auf erhebliche Abweichungen beim Stickoxidausstoß zwischen Labortests
und Fahrten auf echten Straßen hingewiesen haben, und welche Konsequen-
zen hat sie daraus gezogen?

5. Hat die Bundesregierung in der Vergangenheit Nachprüfungen von Diesel-
fahrzeugen durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) angeordnet, und wenn
nicht, warum nicht?

6. Warum hat die Bundesregierung, obwohl ihr laut einer Kleinen Anfrage der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/5656
das Problem von Abschalteinrichtungen bekannt war, keine eigenen Unter-
suchungen veranlasst, um die Ursachen von Abweichungen zu ermitteln?

7. Wer entsendet Mitglieder in die vom Bundesminister für Verkehr und digi-
tale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, angekündigte Kommission zur Auf-
klärung des VW-Skandals, wie wurden bzw. werden diese Mitglieder ausge-
wählt, aus wie vielen Mitgliedern wird die Kommission bestehen, und wer
ist bzw. wird Mitglied in der Kommission sein?

8. Werden die Ergebnisse aus der angekündigten Untersuchungskommission
öffentlich gemacht, und wenn ja, in welcher Form, und zu welchem Zeit-
punkt?

9. Was konkret wird die Kommission untersuchen?

10. Inwiefern wird die Kommission auch Fahrzeuge anderer Hersteller daraufhin
untersuchen, ob durch Abschalteinrichtungen die Abgaswerte manipuliert
wurden bzw. werden?

11. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass nicht nur der in Rede stehende
Motorentyp betroffen ist, obwohl die gesamte deutsche Automobilbranche
auf das Clean-Diesel-Konzept setzt?

12. Wird die Bundesregierung die bisherige Praxis des KBA bei Nachprüfungen
ändern, regelmäßige Abgas- und Verbrauchstests anordnen und Ergebnisse
öffentlich machen?

13. Entspricht es den Tatsachen, dass das KBA reine Plausibilitätsprüfungen im
Verfahren zur Typengenehmigung durchführt und keine eigenständigen Prü-
fungen, und wenn ja, warum?

14. Wie werden Verstöße im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Verordnung
(EG) Nr. 715/2007 in Deutschland sanktioniert, und welche Vorschrift bzw.
welche Vorschriften wurden der Europäischen Kommission zu welchem
Zeitpunkt gemäß Artikel 13 Absatz 1 Satz 3 gemeldet?

15. Welche Rechtsfolge ergibt sich danach aus einem Verstoß gegen das Verbot
aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007?

16. Mit welchen Konsequenzen rechnet die Bundesregierung, wenn sich heraus-
stellen sollte, dass VW-Dieselfahrzeuge neueren Typs die Euro 6-Norm nicht
einhalten?

17. Was passiert mit den Fahrzeugen, bei denen sich jetzt herausstellt, dass der
tatsächliche Schadstoffausstoß höher ist als bei den Herstellerangaben oder
dass sie die Grenzwerte überschreiten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6217

18. Mit welchen rechtlichen Konsequenzen muss der VW-Konzern aus Sicht der
Bundesregierung rechnen, sollte sich herausstellen, dass er auch in Europa
vorsätzlich Abgasmessungen manipuliert hat?

19. Behalten alle manipulierten VW-Diesel-Fahrzeuge, die in Deutschland zu-
gelassen wurden, ihre Emissionsschlüsselnummer und die Umweltplakette?

20. Bleiben manipulierte VW-Diesel-Fahrzeuge, die in Deutschland zugelassen
wurden, in ihrer bisherigen Einteilung der Steuergruppe nach der Emissions-
schlüsselnummer?

Berlin, den 25. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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