BT-Drucksache 18/6144

Einfuhr von Jagdtrophäen

Vom 23. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6144
18. Wahlperiode 23.09.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Steffi Lemke, Nicole Maisch, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen),
Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einfuhr von Jagdtrophäen

Der Abschuss des Löwen Cecil am Rande von Simbabwes Hwange-Nationalpark
durch einen amerikanischen Trophäenjäger im Juli 2015 sorgte weltweit für große
Empörung. Im vergangenen Jahr sorgte der Abschuss eines Elefanten durch einen
hohen Thüringer Umweltbeamten für Aufsehen. Zahlreiche Fluglinien und Luft-
frachtunternehmen haben als Reaktion auf die erhebliche öffentliche Kritik sowie
infolge illegaler Praktiken den Transport von Jagdtrophäen teilweise oder ganz
eingestellt. Doch viele Länder erlauben nach wie vor die Trophäenjagd. Und auch
die Einfuhr von Jagdtrophäen, selbst von bedrohten und international geschützten
Arten, ist in den meisten Ländern legal. Medienberichten zufolge sind Deutsch-
land, Spanien und Frankreich die Länder, die die meisten Trophäen geschützter
Tierarten in die Europäische Union einführen (www.theguardian.com/environ-
ment/2015/jul/27/killing-of-cecil-the-lion-prompts-call-for-eu-ban-on-importing-
lion-trophies). Die Trophäenjagd ist nicht nur aus tierschutzrechtlichen Fragen
umstritten, auch aus Natur- und Artenschutzsicht muss die Praxis hinterfragt wer-
den.

Wir fragen die Bundesregierung:

Einfuhr unter Artenschutz stehender Tierarten

1. Wie viele Anträge zur Einfuhr artengeschützter Tiere zu Jagdzwecken hat
die Bundesregierung in den Jahren 2005 bis 2014 erhalten?

Wie viele Anträge zur Einfuhr von Tierarten in den Anhängen A bis C des
Washingtoner Artenschutzübereinkommens (Übereinkommen über den in-
ternationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen
– CITES) wurden genehmigt, und wie viele wurden abgelehnt (bitte die An-
zahl der Anträge, Genehmigungen und Ablehnungen jeweils nach betroffe-
nen Tierarten und nach Jahren auflisten und erläutern, ob es sich um ganze
Tiere oder Körperteile handelt)?

2. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Tatsache, dass weiterhin Elefantenstoßzähne nach Deutschland im-
portiert werden (zwölf Stoßzähne im Jahr 2014, zwei bereits im Jahr 2015,
vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 60 auf Bundes-
tagsdrucksache 18/5768)?

Drucksache 18/6144 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Da offenbar mehr Elfenbein als „ab und an mal beim Zoll ein kleines, ge-
schnitztes Figürchen“ (Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks,
www.sueddeutsche.de/wissen/umweltministerin-barbara-hendricks-unbe-
grenztes-wachstum-ist-nicht-moeglich-1.1943486-4) nach Deutschland
kommt, wird die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen, um den Import
von Elfenbein zu verbieten?

4. Wie viele und welche Jagdtrophäen von wie vielen Tieren der sogenannten
Großen Fünf wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2005
bis 2014 nach Deutschland eingeführt?

5. Enthalten die Datenbanken des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und des
Washingtoner Artenschutzübereinkommens die Anzahl importierter Tiere
oder lediglich die Anzahl der importierten Körperteile, und wie prüft die
Bundesregierung in letzterem Fall, wie viele artengeschützte Tiere zu Jagd-
zwecken getötet wurden?

6. Wie genau stellt die Bundesregierung sicher, dass die Einfuhr von Jagdtro-
phäen alle Anforderungen des Artikels 4 der Verordnung (EG) Nr. 338/97
vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier-
und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels erfüllt?

a) Welche Behörden führen die Überprüfung durch, welches Prozedere verfol-
gen sie hierbei, welche Mindestinformationen müssen vorliegen, wie aktuell
und umfassend müssen diese sein, und wie werden diese Angaben über-
prüft?

b) Erfolgt die Überprüfung aller Anträge jeweils im Einzelfall, und sind die
nach der Verordnung zuständigen Wissenschafts- und Vollzugsbehörden in
allen Fällen an der Prüfung beteiligt?

c) Werden Informationen auf Ebene des jeweils genutzten Tierbestandes oder
des nationalen Bestandes vorgelegt und überprüft oder auf beiden Ebenen?

d) Prüft die Bundesregierung bei Anträgen zur Einfuhr streng geschützter Arten
(Anhang A der Verordnung) in jedem Einzelfall, ob die Jagd einen Beitrag
zum Artenschutz leistet, und welche Kriterien werden hierbei angelegt?

7. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit die zuständigen deut-
schen Genehmigungsbehörden eine Einfuhrgenehmigung ablehnen?

8. Welche Fälle sind der Bundesregierung im Bereich der Trophäenjagd be-
kannt, bei denen es Zweifel an der Legalität gab?

a) Geht die Bundesregierung davon aus, dass bei der Jagd im Ausland in der
Regel alle Bestimmungen des Jagdlandes eingehalten werden, oder treten
wiederholt Unregelmäßigkeiten auf?

b) Inwiefern und anhand welcher Informationen und Kriterien erfolgt eine
Überprüfung von Wildtiermanagement und Artenschutzvollzug im betroffe-
nen Exportland, und wie fließen die Erkenntnisse in die Genehmigungsent-
scheidung ein?

9. Prüft das BfN im Einzelnen die „strikte Umsetzung“ gesetzlicher Regelun-
gen und die Einhaltung der vom BfN genannten Mindestanforderungen
(www.bfn.de/0302_konsumtive_nutzung.html), die eine Jagd auf gefährdete
Tiere in Einzelfällen akzeptabel machen, und wie erfolgt dies?

Welche Belege für die Erfüllung der Anforderungen liegen für die nach
Deutschland importierten Arten und Exportländer konkret vor?

10. In welchen Fällen und nach welchen Kriterien wird die Bundesregierung in
der nach der Verordnung etablierten „Wissenschaftlichen Prüfgruppe“ aktiv,
um einen EU-weiten Beschluss zur Aussetzung der Trophäeneinfuhr für be-
stimmte Arten zu erreichen?

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11. Welchen Ansatz verfolgt die zuständige deutsche Behörde bei der Prüfung
und Erteilung von Einfuhrgenehmigungen?

a) Verfolgt sie Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 338/97, oder verfolgt sie den
von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Weg zur Einführung
des CITES und zu ihrer Implementierung in der Europäischen Union
(http://ec.europa.eu/environment/cites/pdf/trade_regulations/
KH7707262DEC.pdf)?

b) Liegt nach Auffassung der Bundesregierung die Nachweispflicht dafür, ob
die vorliegenden Informationen die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen
bzw. nicht erfüllen, bei Ausfuhrstaat und Antragsteller oder bei den deut-
schen Genehmigungsbehörden?

12. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache,
dass die Bestände der bei Großwildjägern begehrten Arten (wie z. B. Elefan-
ten, Löwen, Eisbären) durch Wilderei, Lebensraumverlust und andere Fak-
toren teils stark rückläufig sind und gleichzeitig Jagdquoten und Anzahl der
Jagdabschüsse gleich bleiben oder sogar erhöht werden (www.cites.org „Na-
tional export quotas“)?

Welche Konsequenzen zieht sie hieraus in Bezug auf die Genehmigungser-
teilung, und hält sie die Trophäenjagd auf bedrohte Arten mit stark abneh-
menden Tierbeständen für verantwortbar?

13. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus wissenschaftli-
chen Publikationen (z.B. zu Elefanten, Löwen und anderen Großkatzen) über
negative Auswirkungen der Trophäenjagd (wie z. B. Überjagung, Beeinflus-
sung des Genpools, Veränderung von Alters- und Populationsstrukturen),
und welche Konsequenzen zieht sie hieraus?

14. Teilt die Bundesregierung Bedenken über negative Auswirkungen der Tro-
phäenjagd, und wenn ja, welche Konsequenzen zieht sie hieraus, und welche
Schritte plant sie gegebenenfalls auf Bundes- bzw. EU-Ebene?

15. Ergreift die Bundesregierung Maßnahmen, um ein EU-weites oder nationa-
les Einfuhrverbot von (Löwen-)Trophäen aus der Jagd zu erwirken?

Wenn ja, welche Gespräche und Initiativen hat die Bundesregierung bereits
angestoßen oder wird sie anstoßen?

Wenn nein, weshalb nicht?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die seit dem Frühjahr dieses Jahres erfor-
derliche Einfuhrgenehmigung durch das BfN für einige ausgesuchte Arten
(Verordnung (EU) 2015/56)?

a) Wie viele Genehmigungen für die Einfuhr von Jagdtrophäen dieser Tierarten
wurden seit dem Inkrafttreten erteilt?

Wie viele wurden mit welcher Begründung abgelehnt?

b) Welche Entwicklung bei Einfuhren gibt es seit der erforderlichen Einfuhr-
genehmigung durch das BfN?

c) Erscheint dieses Instrument der Bundesregierung wirksam?

Wenn ja, wie setzt sich die Bundesregierung für eine Ausweitung des In-
strumentes auf weitere Tierarten ein?

Welche Schritte plant sie?

17. Wie viele erfolgreiche Auswilderungen von afrikanischen Löwen aus
menschlicher Obhut bzw. aus Zuchtbetrieben sind der Bundesregierung be-
kannt, und welche Belege für eine nachhaltige Stützung wildlebender Lö-
wenbestände aus solchen Projekten liegen der Bundesregierung vor?

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18. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der australischen Re-
gelung, wonach Löwen in Australien in Zukunft so behandelt werden, als
seien diese in Anhang I des CITES gelistet, damit Importe von Löwen(pro-
dukten) stark eingeschränkt werden und Jagdtrophäen nicht mehr importiert
werden dürfen?

Will die Bundesregierung dem Schritt Australiens auf nationaler Ebene fol-
gen?

Wenn nein, warum nicht?

19. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die EU-Entscheidung, die Einfuhr
von Löwentrophäen aus Tansania zu genehmigen?

20. Wie positionierten sich Vertreter Deutschlands in der Scientific Review
Group zu der Frage, ob die Einfuhr von Löwentrophäen aus Tansania zu ge-
nehmigen sei?

Tierschutz

21. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Trophäenjagd ein – entsprechend
den Vorgaben des Tierschutzgesetzes – vernünftiger Grund, der das Töten
eines Wirbeltieres rechtfertigt?

22. Stehen die im Ausland zum Teil erlaubten und angewandten Jagdmethoden,
wie die Jagd mit Pfeil und Bogen, das Hetzen mit Hunden, Anködern mit
Beutetieren und die z.B. in Südafrika praktizierte Gatterjagd (canned
hunting), nach Ansicht der Bundesregierung im Einklang mit den im deut-
schen Tierschutzgesetz zitierten „Grundsätzen weidgerechter Jagdaus-
übung“?

23. Inwieweit hält die Bundesregierung die Trophäenjagd im Ausland unter Tier-
schutzgesichtspunkten für unterstützenswert, und welche Konsequenzen
zieht sie daraus für den Import von Jagdtrophäen?

24. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, inwiefern ein Schießnachweis
und ein Jagdschein zur Jagd im Ausland Voraussetzung sind?

Fördergelder für die Trophäenjagd und lokale Wertschöpfung

25. In welchen Staaten und dort in welchen Gebieten genau unterstützt die Bun-
desregierung derzeit direkt oder indirekt Projekte, die die Trophäenjagd be-
inhalten (bitte mit Angabe der jeweiligen Haushaltstitel, Laufzeit und För-
dersumme der betroffenen Projekte)?

26. Welche Projekte, die die Trophäenjagd beinhalten, wurden in den vergange-
nen zehn Jahren unterstützt (bitte mit genauer Angabe der jeweiligen Länder,
Regionen und von der Bundesregierung geförderten Beträge)?

27. Was ist das Ziel dieser Projekte, werden diese von unabhängiger Stelle eva-
luiert, und wie genau wird die Erreichung der Ziele evaluiert?

28. Welche Beträge oder sonstigen Leistungen (bitte mit Angabe des Wertes)
erhalten die im Projektgebiet lebenden Menschen nach Kenntnis der Bun-
desregierung aus den geförderten Projekten?

29. Welche Unternehmen, Personen, Institutionen, Regierungs- oder Nichtregie-
rungsorganisationen sind nach Kenntnis der Bundesregierung an der Umset-
zung dieser Projekte beteiligt, und in welchem Umfang erhalten diese direkt
Mittel von der Bundesregierung oder profitieren sie anderweitig von den Pro-
jekten (z. B. aus Einnahmen aus der Jagd)?

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30. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Bestand der bejagten
Tierarten im jeweiligen Jagdgebiet konkret entwickelt, und inwiefern kann
dies direkt auf das geförderte Projekt oder andere Faktoren zurückgeführt
werden?

31. Wie viele Tiere welcher Arten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
während der Projektlaufzeit im jeweiligen Gebiet von Jägern getötet?

32. Welche anderen dokumentierten Ergebnisse hat das Projekt nachweislich
gehabt?

33. Unterstützt die Bundesregierung in Ländern, die von EU-Einfuhrverboten
betroffen sind (z. B. Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Kamerun, Mosambik,
Tansania, Sambia), Jagdprojekte, welche Arten werden dort nach Kenntnis
der Bundesregierung bejagt, und welche Konsequenzen zieht sie gegebenen-
falls daraus, dass Einfuhrverbote für diese Länder gelten?

Berlin, den 23. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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