BT-Drucksache 18/6059

UN-Nachhaltigkeitsziel 15 in Deutschland schon jetzt umsetzen - Nachhaltige Nutzung terrestrischer Ökosysteme schützen, wiederherstellen und fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, die Wüstenbildung bekämpfen, die Bodendegradation aufhalten und umkehren sowie den Verlust der biologischen Vielfalt stoppen

Vom 22. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6059
18. Wahlperiode 22.09.2015

Antrag
der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms, Harald Ebner, Peter
Meiwald, Christian Kühn (Tübingen), Claudia Roth (Augsburg), Annalena
Baerbock, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer,
Stephan Kühn (Dresden), Nicole Maisch, Omid Nouripour, Friedrich
Ostendorff, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus Tressel, Dr. Julia
Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

UN-Nachhaltigkeitsziel 15 in Deutschland schon jetzt umsetzen –
Nachhaltige Nutzung terrestrischer Ökosysteme schützen,
wiederherstellen und fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften,
die Wüstenbildung bekämpfen, die Bodendegradation aufhalten und
umkehren sowie den Verlust der biologischen Vielfalt stoppen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Gipfeljahr 2015 haben wir die Chance, einen echten Durchbruch für Klimaschutz
und globale Gerechtigkeit zu erreichen. In einer Zeit, in der weltweit Millionen von
Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, hängen Hunger, gewaltsame
Konflikte, Verlust der Biodiversität, Klimakrise, Armuts- und Ressourcenkrisen eng
zusammen, globale Gerechtigkeit und Klimaschutz lassen sich nicht getrennt vonei-
nander erreichen. Die Ergebnisse der Verhandlungen bei den Vereinten Nationen in
New York für globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) wer-
den zusammen mit den Verhandlungen um ein neues Klimaabkommen in Paris für
die kommenden Jahrzehnte die internationale, europäische und deutsche Politik prä-
gen. Sie sind entscheidend für die Frage, ob wir endlich die Chance für eine nach-
haltige und gute Zukunft für alle nutzen wollen.

Eine nachhaltige Entwicklung, der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und
echter Klimaschutz können global nur dann erreicht werden, wenn alle damit bei
sich zu Hause anfangen. Deutschland ist von echter Nachhaltigkeit noch weit ent-
fernt und hat zugleich als führendes Industrieland in der EU eine besondere Verant-
wortung. Für einen Aufbruch in nachhaltiges Leben und Wirtschaften fordert der
Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, sich für Politikkohärenz im Sinne von
Frieden, Demokratie und einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung
einzusetzen, wofür es eine bessere ressortübergreifende Abstimmung braucht. Zu-
dem muss die Bundesregierung für jedes der von den Vereinten Nationen vorgeleg-
ten 17 Nachhaltigkeitsziele entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung gerade auch
in Deutschland und innerhalb der EU ergreifen.

Drucksache 18/6059 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
UN-Nachhaltigkeitsziel 15 in Deutschland umsetzen

Das Naturerbe unseres Planeten ist unveräußerbar und muss für nachfolgende Gene-
rationen erhalten werden. Wir sind auf die biologische Vielfalt und intakte Ökosys-
teme angewiesen. Sie liefern uns sauberes Trinkwasser, Äcker bringen uns Nah-
rungsmittel, Regenwälder sind die Lunge der Erde, Wälder produzieren Holz, aus
den genetische Ressourcen von Pflanzen und Tieren stellen wir Medizin her. In un-
berührter Natur erholen wir uns. Gesunde Ökosysteme schützen uns außerdem bes-
ser vor der Klimakrise, da sie widerstandsfähiger sind.

Obwohl die Bedeutung intakter Ökosysteme und der Artenvielfalt feststeht, ist es
schlecht um sie bestellt. Das Artensterben ist eine der großen globalen Krisen. Die
Übernutzung und Degradation von Böden, die Umwandlung von gesunden Ökosys-
temen, Wilderei und die Zerstörung von Wäldern und Mooren, die Verschmutzung
von Flüssen und Seen, die Agroindustrie, die Vergüllung der Landschaft, ein zu ho-
her Pestizideinsatz sowie die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft. All
dies lässt den biologischen Reichtum unserer Erde schwinden. Wenn wertvolle
Landschaften und Arten erst einmal trockengelegt, ausgestorben, weggebaggert oder
weggespritzt sind, ist dies meist endgültig. Genau hier, bei der Sicherung der Öko-
systeme und der biologischen Vielfalt, setzt das von der Open Working Group vor-
geschlagenen 15. Ziel an, denn die planetare Grenze ist erreicht.

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, den Verlust der biologischen Vielfalt
in Deutschland bis 2020 zu stoppen. Doch sie scheitert bisher genau daran, dieses
Ziel auch nur ansatzweise zu erreichen. Ein Bericht nach dem anderen bescheinigt
der Bundesregierung, dass sie dem Ziel nicht näher kommt, sondern im Gegenteil,
dass sich Deutschland weiter davon entfernt. Jahr für Jahr sterben weitere Arten aus,
gehen wertvolle Ökosysteme verloren. Für die Bundesregierung bleibt national viel
zu tun, um das Ziel 15 der globalen Nachhaltigkeitsziele umzusetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die nationale Biodiversitätsstrategie endlich umfassend und mit ganz konkreten
Maßnahmen in allen Politikbereichen umzusetzen, um die Zerstörung von na-
türlichen Ökosystemen und den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2020 zu
stoppen,

2. ökologisch schädliche Subventionen abzubauen und eine bessere Finanzierung
für den Biodiversitätsschutz bereit zu stellen,

3. mindestens 2 % der terrestrischen Fläche Deutschlands Wildnis sein zu lassen,
und sich dafür einzusetzen, dass ausgewiesene Schutzgebiete konsequent recht-
lich und faktisch gesichert werden und entsprechende Managementpläne auf-
gestellt werden,

4. die Wälder naturnah zu entwickeln, für die Bewirtschaftung der Wälder eine
auf den Erhalt der Biodiversität ausgerichtete gute fachliche Praxis festzu-
schreiben und sich dafür einzusetzen, dass mindestens 5 % der gesamten deut-
schen Waldfläche und 10 % des öffentlichen Waldes aus der wirtschaftlichen
Nutzung genommen werden,

5. die Agrarpolitik neu auszurichten, um die Überdüngung zu stoppen, Pestizide-
insatz und Bodenerosion zu minimieren und eine nachhaltige Nutzung der Öko-
systeme ohne Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen zu gewährleisten,

Berlin, den 22. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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