BT-Drucksache 18/6057

UN-Nachhaltigkeitsziel 13 in Deutschland schon jetzt umsetzen - Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen

Vom 22. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6057
18. Wahlperiode 22.09.2015
Antrag
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Dr. Valerie Wilms, Bärbel Höhn,
Peter Meiwald, Claudia Roth (Augsburg), Harald Ebner, Matthias Gastel,
Kai Gehring, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden),
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Nicole Maisch, Omid Nouripour,
Friedrich Ostendorff, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus Tressel,
Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

UN-Nachhaltigkeitsziel 13 in Deutschland schon jetzt umsetzen –
Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und
seiner Auswirkungen ergreifen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Gipfeljahr 2015 haben wir die Chance, einen echten Durchbruch für Klimaschutz
und globale Gerechtigkeit zu erreichen. In einer Zeit, in der weltweit Millionen von
Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, hängen Hunger, gewaltsame
Konflikte, Verlust der Biodiversität, Klimakrise, Armuts- und Ressourcenkrisen eng
zusammen, globale Gerechtigkeit und Klimaschutz lassen sich nicht getrennt vonei-
nander erreichen. Die Ergebnisse der Verhandlungen bei den Vereinten Nationen in
New York für globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) wer-
den zusammen mit den Verhandlungen um ein neues Klimaabkommen in Paris für
die kommenden Jahrzehnte die internationale, europäische und deutsche Politik prä-
gen. Sie sind entscheidend für die Frage, ob wir endlich die Chance für eine nach-
haltige und gute Zukunft für alle nutzen wollen.

Eine nachhaltige Entwicklung, der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und
echter Klimaschutz können global nur dann erreicht werden, wenn alle damit bei
sich zu Hause anfangen. Deutschland ist von echter Nachhaltigkeit noch weit ent-
fernt und hat zugleich als führendes Industrieland in der EU eine besondere Verant-
wortung. Für einen Aufbruch in nachhaltiges Leben und Wirtschaften fordert der
Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, sich für Politikkohärenz im Sinne von
Frieden, Demokratie und einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung
einzusetzen, wofür es eine bessere ressortübergreifende Abstimmung braucht. Zu-
dem muss die Bundesregierung für jedes der von den Vereinten Nationen vorgeleg-
ten 17 Nachhaltigkeitsziele entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung gerade auch
in Deutschland und innerhalb der EU ergreifen.

UN-Nachhaltigkeitsziel 13 in Deutschland umsetzen

Ohne wirksamen Klimaschutz ist eine nachhaltige Entwicklung nicht möglich. Die
im Jahr 2015 stattfindende Klimakonferenz in Paris muss endlich greifbare Erfolge

Drucksache 18/6057 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

für den internationalen Klimaschutz bringen. Zwar hat sich die Bundesregierung ein
durchaus anspruchsvolles Ziel gesetzt, indem sie die nationalen Treibhausgasemis-
sionen bis 2020 um 40 Prozent senken will.

Doch setzt sie nicht die notwendigen Maßnahmen zur Zielerreichung um, oder sie
macht sogar das Gegenteil: So bremst die Bundesregierung entgegen aller klimapo-
litischen Lippenbekenntnisse die erneuerbaren Energien im Stromsektor aus und
stellt die dreckige Kohle weiter unter Bestandsschutz. Und das, obwohl in Deutsch-
land der Ausstoß von Treibhausgasemissionen in den vergangenen Jahren trotz des
Erfolgs der erneuerbaren Energien wieder spürbar angestiegen ist. Das im Dezember
2014 von der Bundesregierung verabschiedete Klimaaktionsprogramm ist weitge-
hend ambitionslos, enthält im Wesentlichen schon bekannte Maßnahmen und strotzt
vor Prüfaufträgen. Selbst bei einer vollständigen Umsetzung würde das deutsche
Klimaschutzziel bislang verfehlt. Nachdem nun auch die Kohleabgabe für die ältes-
ten und dreckigsten Kohlekraftwerke endgültig beerdigt wurde, wird der fossile
Kraftwerkspark auch weiterhin keinen substantiellen Beitrag zum Erreichen des Kli-
maziels beitragen.

Die Staats- und Regierungschefs der G7 haben sich kürzlich in Elmau noch einmal
deutlich dazu bekannt, die Erderwärmung auf höchstens 2 Grad zu begrenzen. Um
das Ziel tatsächlich zu erreichen, muss bereits bis zur Hälfte des Jahrhunderts der
Ausstieg aus fossilen Energieträgern erfolgen. Das gilt auch für Deutschland. Der
Klimaschutz braucht jetzt Taten, denn schöne Worte retten das Klima nicht.

II. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. unverzüglich ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden, das für die Sektoren
Stromerzeugung, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Kreislaufwirtschaft
bis 2050 jährliche Reduktionsziele verbindlich festlegt und die Zielerreichung
absichert;

2. jetzt den nationalen Kohleausstieg einzuleiten und einen nationalen CO2 Min-
destpreis einzuführen, um das nationale Klimaschutzziel einer Emissionsmin-
derung von minus 40 Prozent bis 2020 (bezogen auf 1990) durch eine Einspa-
rung von 100 Mio. Tonnen sicher zu erreichen;

3. einen konkreten Aufwuchspfad zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes
vorzulegen, der den gerechten deutschen Anteil an den ab 2020 international
zugesagten Mitteln in Höhe von jährlich 100 Mrd. Dollar darstellt;

4. sich für eine deutlich stärkere Reduzierung der EU-Treibhausgasemissionen
einzusetzen. Die EU muss sich in Paris zu einer Reduzierung von weit über
minus 40 Prozent bis 2030 verpflichten und den Emissionshandel in der 4. Han-
delsperiode als anspruchsvolles Klimaschutzinstrument fortentwickelt;

5. das nationale Programm „Hochwasserschutz“ in enger Zusammenarbeit mit
den Ländern ökologischer auszurichten, um die Folgen der Klimakrise abzu-
mildern. Das Programm soll den Fokus weniger auf baulichen Hochwasser-
schutz legen und vermehrt Retentionsräume wie Hochwasservorrang-, Über-
schwemmungs- oder Risikogebieten ausweisen, Auen stärker schützen und re-
naturieren, Deiche rückverlegen und insgesamt den Wasserrückhalt in der
Landschaft verbessern.

Berlin, den 22. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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