BT-Drucksache 18/5996

Einsatz der Bundespolizei beim Klimaprotest "Ende Gelände"

Vom 10. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5996
18. Wahlperiode 10.09.2015

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke, Hubertus Zdebel, Andrej Hunko,

Eva Bulling-Schöter, Sabine Leidig, Birgit Menz, Petra Pau, Kersten Steinke,

Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz der Bundespolizei beim Klimaprotest „Ende Gelände“

Vom 14. bis zum 16. August 2015 fanden im rheinischen Braunkohlerevier um
Garzweiler Klima-Proteste im Rahmen der Kampagne „Ende Gelände“ statt. Eine
vorübergehende Besetzung des Tagebaus Garzweiler II durch Klimaschützerin-
nen und Klimaschützer wurde durch ein Großaufgebot der Polizei beendet. Dabei
beklagten Beobachterinnen und Beobachter gegenüber den Fragestellern einen
unverhältnismäßigen und offensichtlich mit dem RWE-Konzern als Betreiber des
Tagebaus abgestimmten Polizeieinsatz. So wurden Pfefferspray und Schlagstö-
cke gegen Demonstrantinnen und Demonstranten eingesetzt. Polizeieinsatzkräfte
in RWE-Geländewagen machten zudem nach Angaben von Beobachterinnen und
Beobachtern gegenüber der Fraktion DIE LINKE. gemeinsam mit dem betriebs-
eigenen Sicherheitsdienst Jagd auf Demonstrierende. Laut Augenzeuginnen und
Augenzeugen soll eine Einkesselung von Demonstrierenden sogar ausschließlich
vom RWE-Werkschutz vorgenommen worden sein, der Klimaaktivistinnen und
Klimaaktivisten unter den Augen der untätigen Polizei mit Eisenstangen bedroht
haben soll. Laut Recherchen des Senders „WDR“ hatte RWE den privaten Si-
cherheitsdienst IWSM engagiert, von dem laut eines Angehörigen dieses Dienstes
selbst die Gewalt ausging (www1.wdr.de/themen/aktuell/polizei-rwe-garzweiler-
100.html).

Laut Medienberichten wurden Journalistinnen und Journalisten unter Verweis
auf das Hausrecht von RWE von der Polizei vom Gelände entfernt. Eine Journa-
listin wurde nach eigenen Angaben mit Pfefferspray attackiert, eine
andere stundelang gefesselt. Mehrere Medienvertreterinnen und Medienver-
treter beschwerten sich beim Ministerium für Inneres und Kommunales des
Landes Nordrhein-Westfalen über einen Angriff auf die Pressefreiheit durch die
Polizei (www.taz.de/!5220585/).

Aus einem den Fragestellern vorliegenden Bericht des nordrheinwestfälischen
Ministers, Ralf Jäger, an den Innenausschuss des Landtages geht hervor, dass an
dem Einsatz in Garzweiler auch die Bundespolizei unter anderem durch zwei Hö-
heninterventionsteams, eine luftverlastet in den Einsatzraum verbrachte Beweis-
sicherungs- und Festnahmeeinheit sowie geländegängige Fahrzeuge beteiligt war.

Wir fragen die Bundesregierung

1. Wie viele Bundespolizistinnen und Bundespolizisten waren im Zusammen-
hang mit den Klimaprotesten „Ende Gelände“ in Garzweiler eingesetzt (bitte
nach einzelnen Tagen differenzieren)?

Drucksache 18/5966 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. Welche Unterstützungsanforderungen wurden bis zum Abschluss der Klima-
proteste in Garzweiler an die Bundespolizei herangetragen, wie waren sie
jeweils begründet, und in welchem Umfang – Personal und Gerät sowie lo-
gistische Leistungen – wurde ihnen jeweils nachgekommen?

Hat die Bundespolizei Wasserwerfer eingesetzt, und wenn ja, ist aus diesen
Wasserwerfern Wasser abgegeben worden?

3. Zu welchem Zweck wurden nach Kenntnis der Bundesregierung zu welchem
Zeitpunkt zwei Höheninterventionsteams der Bundespolizei in Garzweiler
angefordert, was war deren konkreter Einsatzbefehl, und welcher Tätigkeit
gingen diese Teams tatsächlich nach?

4. In welcher Situation wurde nach Kenntnis der Bundesregierung wann eine
Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Bundespolizei angefordert,
was war deren konkreter Einsatzbefehl, und welcher Tätigkeit im Einzelnen
gingen die Angehörigen dieser Einheit tatsächlich nach?

5. Wie viele Bundespolizeiangehörige waren mit Reizgassprühgeräten ausge-
stattet?

Haben sie diese auch eingesetzt, und wenn ja,

a) welche Reizmittel sind dabei verwendet worden (bitte nach Typ und Fabri-
kat aufschlüsseln),

b) wann und wo genau sind die Geräte benutzt worden und

c) wie viele Geräte sind verbraucht worden?

6. Wie viele freiheitsentziehenden Maßnahmen sowie Platzverweise sind von
Seiten der Bundespolizei vorgenommen bzw. ausgesprochen worden (bitte
nach Tagen und stationären bzw. temporären Gefangenensammelstellen auf-
schlüsseln)?

7. Wie ist der Einsatz von Bundespolizisten im Zusammenhang mit den Klima-
protesten „Ende Gelände“ in Garzweiler konkret geregelt worden?

a) Welche Gremien und Stäbe sind eingerichtet worden, in denen die Bundes-
polizei vertreten war (bitte Anzahl der Vertreter, die entsendenden Behörden
unter Angabe der jeweiligen Abteilung, die Gesamtzusammensetzung der
Gremien und jeweilige Aufgaben nennen)?

b) Inwiefern ist die Bundespolizei in die Einsatzstrategie und –taktik einge-
weiht worden, bzw. inwiefern hat sie diese mitgestaltet?

c) Wie ist der Einsatz in der Praxis durchgeführt worden, wer hat ihn geführt,
von wem hat die Bundespolizei Weisungen erhalten, und wie ist die Koor-
dination ihres Einsatzes im Rahmen des Gesamteinsatzes sichergestellt wor-
den?

8. Welche Kosten sind der Bundespolizei durch den Einsatz entstanden (bitte
nach den größten Kostenpunkten differenzieren; falls noch keine Endaufstel-
lung vorliegt, bitte eine Schätzung aufgrund bisheriger Aufstellungen ange-
ben)?

9. Über welche Kenntnisse zu einer Kooperation zwischen den eingesetzten Po-
lizeikräften und dem Werkschutz von RWE bzw. der von RWE engagierten
Sicherheitsfirma IWSM verfügt die Bundesregierung?

a) Inwieweit war die Bundespolizei in gemeinsame Lagebesprechungen mit
dem RWE-Konzern bzw von diesem beauftragten Sicherheitsdiensten ein-
gebunden?

b) Inwieweit haben Angehörige der Bundespolizei auf die Logistik des
RWE-Konzerns, wie konzerneigene Geländefahrzeuge, zurückgegriffen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5966

10. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den Berichten von Medienvertreterinnen und Medienvertretern, sie seien
trotz Vorzeigens ihres Presseausweises von der Polizei attackiert, freiheits-
entziehenden Maßnahmen unterworfen oder des Geländes verwiesen worden
(http://www.taz.de/!5220585/)?

11. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den Augenzeugenberichten, wonach Klimaschützerinnen und Kli-
maschützer von Angehörigen des RWE-Werkschutzes bzw. einer privaten
Sicherheitsfirma eingekesselt und mit Eisenstangen bedroht wurden, ohne
dass die anwesende Polizei eingriff?

Berlin, den 10.September 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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