BT-Drucksache 18/5943

Wiedervernetzung durch Wildbrücken

Vom 7. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5943
18. Wahlperiode 07.09.2015

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Birgit Menz, Caren Lay,

Herbert Behrens, Eva Bulling-Schröter, Sabine Leidig, Ralph Lenkert

und der Fraktion DIE LINKE.

Wiedervernetzung durch Wildbrücken

Verkehrswege wirken wie Barrieren für viele Wildtiere – vor allem Autobahnen.
Nicht nur für in der Öffentlichkeit oftmals diskutierte Großsäuger wie Wölfe,
Schalenwild oder Wildschweine sind sie ein Hindernis, sondern auch für
Kleinsäuger und viele Vogelarten werden sie zur tödlichen Falle.

Darüber hinaus sind Wildwechsel über Verkehrswege auch ein Unfallrisiko für
Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Im Jagdjahr 2013/2014 gab
es nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes e.V. (DJV) 221 987 Wildunfälle.
Für einige Arten sind Kollisionen mit Fahrzeugen die häufigste Todesursache,
beispielsweise sterben 70 Prozent der Fischotter durch solche Unfälle (DJV-Ver-
bandsbericht 2014/2015).

Während Unterquerungen oder Krötenzäune erfolgreiche Maßnahmen gegen
dieses zweifache Dilemma sein können, verstärken Wildzäune zur Minimierung
der Verkehrsunfallrisiken an Autobahnen die trennende Wirkung der Verkehrs-
wege auf die Populationen. Sie behindern den genetischen Austausch.

Die Bundesregierung hat sich in der Nationalen Strategie zur biologischen Viel-
falt verpflichtet, dass bis zum Jahr 2020 die ökologische Durchlässigkeit von zer-
schnittenen Räumen erreicht ist. Von den bestehenden Verkehrswegen sollen
dann in der Regel keine erheblichen Beeinträchtigungen des Biotopverbundsys-
tems mehr ausgehen (BMU 2012).

Um zerschnittene Lebensräume für Wildtiere wieder zu vernetzen und eine öko-
logische Durchlässigkeit zu erreichen, kann der Bau von so genannten Grünbrü-
cken (Wildbrücken) zielführend sein. Damit diese Grünbrücken ihrem Zweck
entsprechend vom Wild angenommen werden, müssen sie bestimmte Vorausset-
zungen erfüllen. Sie werden mit einer Mindestbreite an bekannten Wildwechseln
gebaut. Der Bewuchs sollte die Sicht auf die zu querenden Verkehrswege ab-
schirmen.

Unter solchen Bedingungen fördern Grünbrücken durch die Vernetzung von
Ökosystemen die Biodiversität und erhöhen außerdem die Verkehrssicherheit.
Die Gefahr von Wildunfällen wird reduziert.

Das Bundesprogramm Wiedervernetzung wurde im Februar 2012 von der Bun-
desregierung beschlossen. Ziel ist es, die bisher durch das überörtliche Straßen-
netz zerschnittenen Lebensraumkorridore wieder miteinander zu verbinden. Das
Bundesprogramm ist nach Angabe der Bundesregierung langfristig angelegt.
Zentral ist laut der Bundesregierung ein Investitionsprogramm für den Bau von
Querungshilfen im Bestand des Bundesfernstraßennetzes (Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit 2012).

Drucksache 18/5943 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Grünbrücken gibt es am Bundesfernstraßennetz (bitte nach Bun-
desländern aufschlüsseln)?

2. Ab wann wurden sie jeweils genutzt (bitte jeweils nach Jahren, Standorten
und Bundesländern aufschlüsseln)?

3. Wie viele Grünbrücken befinden sich derzeit im Bau oder in Planung (bitte
nach Bundesländern, Standorten und voraussichtlicher Fertigstellung auf-
schlüsseln)?

4. Nach welchen Kriterien erfolgte und erfolgt die Standortwahl für die beste-
henden und die in Planung befindlichen Grünbrücken?

5. Welche Eigenschaften sollten Grünbrücken hinsichtlich der Breite, der Be-
pflanzung und der Einpassung in die umgebenden Strukturen aus Sicht der
Bundesregierung haben, welche Erfahrungen liegen diesbezüglich bei den in
der Antwort zu den Fragen 1 und 3 genannten Brücken vor, und welche
Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen?

6. An wie vielen der in der Antwort zu Frage 1 genannten Grünbrücken findet
ein systematisches wildbiologisches Monitoring statt (bitte nach Standort,
Art des Monitorings und Durchführender des Monitorings aufschlüsseln)?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Funktionsfähigkeit der von ihr finan-
zierten Grünbrücken am Bundesfernstraßennetz, und worauf begründet sie
ihre Bewertung (beispielsweise durch Studien)?

8. Welche weiteren Projekte zum Bau von Grünbrücken strebt die Bundesre-
gierung perspektivisch bis ins Jahr 2040 an (bitte nach Standorten, Bundes-
ländern und Jahren aufschlüsseln)?

9. Wie wird der Bau von Grünbrücken über den Bundeshaushalt finanziert
(Einzelplan, Titel, Finanzvolumen)?

In welchem prozentualen Verhältnis steht der Etat für Grünbrücken zum
Etat für Bundesfernstraßen bzw. zum von Bundesminister für Verkehr und
digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, Mitte Juli 2015 angekündigten
Investitionspaket in Höhe von 2,7 Mrd. Euro?

Falls es keinen eigenen Titel dafür gibt, warum nicht?

10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Fortschritt des Bun-
desprogramms Wiedervernetzung seit ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksa-
che 18/2522 (Frage 18)?

11. Was hat die Bundesregierung zur Erreichung des Zieles, „eine ausreichende
ökologische Durchlässigkeit im Bundesfernstraßennetz zu schaffen“, seit der
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Juli 2011, außerhalb des Baus von
Grünbrücken getan (vgl. Antwort zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache
17/6430)?

12. Welche wissenschaftliche Begleitforschung zum Bundesprogramm Wieder-
vernetzung wurde bisher aus Bundeshaushaltsmitteln finanziert (bitte nach
Projekt, Projektnehmer, Finanzvolumen, Zeitrahmen, Publikationen etc. auf-
schlüsseln)?

13. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen des
Monitorings und der Begleitforschung für den Erfolg der Wiedervernetzung
von Lebensräumen durch Grünbrücken?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5943

14. Wie wird die Hinterlandanbindung zur Erhöhung der Erreichbarkeit bereits
bestehender Grünbrücken finanziell und planerisch durch die Bundesregie-
rung abgesichert?

15. Wie viele Wildunfälle wurden in den vergangenen zehn Jahren auf bundes-
deutschen Fernstraßen registriert (bitte nach Wildart, Fernstraßenkategorie
und Schadensart aufschlüsseln)?

16. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dem „Totfund-Katas-
ter“ hinsichtlich der Lokalisation von Unfallschwerpunkten?

17. Hält die Bundesregierung es für notwendig, dass in der Nähe von Grünbrü-
cken die Bejagung eingeschränkt wird, um damit die Annahme durch die
Wildtiere zu erhöhen (bitte begründen)?

18. Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Novellierung des
Bundesjagdgesetzes in den Deutschen Bundestag einbringen (Themen:
Bleimunition, Schießübungsnachweis, Jägerprüfung etc. – nicht gemeint ist
der Gesetzentwurf auf Bundestagsdrucksache 18/4624)?

19. Wie und mit welchem Zeitplan wird die Bundesregierung das für sie bin-
dende internationale AIHTS-Abkommen (Agreement in International Hu-
mane Trapping Standards) umsetzen (beispielsweise durch die Einrichtung
einer nationalen Zertifizierungsbehörde für Fanggeräte)?

20. Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Novellierung des
Bundeswaldgesetzes in den Deutschen Bundestag einbringen (Kartellrecht)?

Berlin, den 7. September 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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