BT-Drucksache 18/5852

Informationsaustausch durch bundesdeutsche Geheimdienste und/oder polizeilicher Sicherheitsbehörden mit ausländischen Geheimdiensten bzw. anderen Sicherheitsbehörden

Vom 18. August 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5852
18. Wahlperiode 18.08.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Frank Tempel,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Informationsaustausch durch bundesdeutsche Geheimdienste und/oder
polizeilicher Sicherheitsbehörden mit ausländischen Geheimdiensten
bzw. anderen Sicherheitsbehörden

In den diversen Aufgabenfeldern bundesdeutscher Geheimdienste und polizei-
licher Sicherheitsbehörden (BfV – Bundesamt für Verfassunsschutz, BND –
Bundesnachrichtendienst, MAD – Militärischer Abschirmdienst, BPol – Bun-
despolizei, BKA – Bundeskriminalamt) kommt es zu Kooperationen mit auslän-
dischen Geheimdiensten bzw. anderen Sicherheitsbehörden. Im Rahmen dieser
Zusammenarbeit werden Informationen, Daten, Erkenntnisse, Analysen ausge-
tauscht. Ein wesentliches Gremium hierfür ist der so genannte Berner Club.
Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss der Inlandsnachrichten-
dienste der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie der Schweiz und
Norwegens (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 459). Seit Januar 2012 be-
setzt das BfV den Vorstand der innerhalb des Berner Clubs bestehenden Arbeits-
gruppe „Working group on rightwing-extremism“. Hier treffen sich jährlich in-
ternationale Fachkräfte (Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 809). Bei der Be-
fragung des Zeugen Dr. August Hanning, ehemaliger Präsident des BND, im
2. Untersuchungsausschuss (UA) der 17. Wahlperiode (WP) zum „Nationalso-
zialistischen Untergrund“ (NSU) zum Austausch der Inlandsnachrichtendienste
über rechtsterroristische Gruppierungen, u. a. in Schweden, die der „Nationalso-
zialistische Untergrund“ als potenzielle Vorbilder genutzt haben könnte und
über die das Bundesamt für Verfassungsschutz und andere Bundesbehörden von
ausländischen Partnern informiert wurden, berichtete Dr. August Hanning u. a.:
„Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist ja im Berner Club eingebunden, und
die haben da eine sehr gute Zusammenarbeit. […] Und da gab es auch – ich
meine – Vorträge vom BfV gerade zu der schwedischen Situation. […] Im
Grunde hätte uns […] die Situation in Schweden – und da gab es immer gewisse
Querverbindungen nach Deutschland – noch stärker beunruhigen müssen.“ (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 459).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Mit welchen ausländischen Geheimdiensten findet ein Informationsaus-

tausch, insbesondere eine Weitergabe bzw. Entgegennahme personenbezoge-
ner Daten von welchen deutschen Diensten bzw. polizeilichen Sicherheits-
behörden statt?

2. Auf welcher rechtlichen oder sonstigen Grundlage findet der jeweilige Da-
tenaustausch statt?

3. Seit wann findet der jeweilige Informationsaustausch statt?

Drucksache 18/5852 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche binationalen, europäischen oder internationalen Datenverbund-
systeme existieren, an denen sich die deutschen Geheimdienste bzw. poli-
zeiliche Sicherheitsbehörden mit der Einspeisung von Informationen, ins-
besondere personenbezogenen Daten aus dem Eigenbestand beteiligen?

5. Auf welcher Rechtsgrundlage oder sonstigen Grundlage werden die Daten
in diese Verbundsysteme eingespeist?

6. Existieren informelle Ebenen der Zusammenarbeit deutscher Sicherheits-
behörden (Geheimdienste und Polizei) mit ausländischen Geheimdiensten,
in deren Rahmen z. B. im Zusammenhang mit Treffen, aber auch über Platt-
formen (Boards) zu den verschiedenen Phänomenbereichen des so bezeich-
neten politischen Extremismus Informationen, insbesondere personenbezo-
gene Daten, aber auch Erkenntnisse und Analysen ausgetauscht werden?

7. Wenn Frage 6 mit „Ja“ beantwortet wird, wie werden diese informellen Ebe-
nen bezeichnet, seit wann findet über diese Ebenen ein Austausch statt, und
welche Art von Informationen wird dort ausgetauscht?
Auf welcher Grundlage findet insbesondere ein Austausch personenbezoge-
ner Daten statt?
Wer hat innerhalb der deutschen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden
Zugriff auf diesen Datenaustausch?
Welche Stellen der Dienst- und Fachaufsicht sind über den Datenaustausch
informiert?

8. Werden die informellen Ebenen der Zusammenarbeit deutscher Sicherheits-
behörden (Geheimdienste und Polizei) mit ausländischen Geheimdiensten
auch zur Vorbereitung und Durchführung von geheimdienstlichen bzw. po-
lizeilichen Operationen genutzt?
Wenn ja, auf welcher Grundlage finden diese Operationen statt, und welche
Arten von Operationen sind davon erfasst?

9. Wie viele Protokolle, Meldungen und/oder Analysen zu rechtsterroris-
tischen Gruppen und Netzwerken wurden seit dem Jahr 1998 von Mitglie-
dern des Berner Clubs erstellt und ausgetauscht?

10. Wie viele Protokolle, Meldungen und/oder Analysen zu rechtsterroris-
tischen Gruppen und Netzwerken, die von Mitgliedern des Berner Clubs seit
dem Jahr 1998 erstellt und/oder ausgetauscht wurden, wurden dem 2. UA
der 17. WP zum NSU vorgelegt (bitte unter Angabe der vorlegenden Be-
hörde und des Datums)?

11. Wie viele Protokolle, Meldungen und/oder Analysen, die von Mitgliedern
des Berner Clubs seit dem Jahr 1998 erstellt und/oder ausgetauscht wurden,
erwähnen die Angeklagten im Strafverfahren beim Oberlandesgericht
(OLG) München gegen Beate Zschäpe, Holger Gerlach, Ralf Wohlleben,
André Eminger und Carsten Schultze?

12. Wie viele Protokolle, Meldungen und/oder Analysen, die von Mitgliedern
des Berner Clubs seit dem Jahr 1998 erstellt und/oder ausgetauscht wurden,
erwähnen die Angeklagten im Strafverfahren beim OLG München gegen
Beate Zschäpe, Holger Gerlach, Ralf Wohlleben, André Eminger und
Carsten Schultze und wurden dem 2. UA der 17. WP zum NSU vorgelegt
(bitte unter Angabe der vorlegenden Behörde und des Datums)?

13. Wenn Frage 12 verneint wird, aus welchen Gründen wurden die Protokolle,
Meldungen und/oder Analysen nicht dem 2. UA der 17. WP vorgelegt?

14. Wie viele Protokolle, Meldungen und/oder Analysen, die von Mitgliedern
des Berner Clubs seit dem Jahr 1998 erstellt und/oder ausgetauscht wurden,
erwähnen die Angeklagten im Strafverfahren beim OLG München gegen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5852
Beate Zschäpe, Holger Gerlach, Ralf Wohlleben, André Eminger und Carsten
Schultze und wurden dem Generalbundesanwalt für die Ermittlungen zum
NSU vorgelegt (bitte unter Angabe der vorlegenden Behörde und des Da-
tums)?

15. Wenn Frage 14 verneint wird, aus welchen Gründen wurden die Protokolle,
Meldungen und/oder Analysen nicht dem Generalbundesanwalt vorgelegt?

16. Wie viele und welche Zeugen des 2. UA der 17. WP zum NSU haben an
Treffen des Berner Clubs und seiner Arbeitsgruppen teilgenommen (bitte
unter Angabe der Namen, Daten der Treffen und Arbeitsgruppen)?

Berlin, den 12. August 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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