BT-Drucksache 18/5752

Stand der Umsetzung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Vom 10. August 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5752
18. Wahlperiode 10.08.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Katja Dörner, Kordula Schulz-Asche,
Maria Klein-Schmeink, Dr. Harald Terpe, Dr. Franziska Brantner, Kai Gehring,
Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Umsetzung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie,
Pflege und Beruf

Am 1. Januar 2015 trat das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie,
Pflege und Beruf in Kraft. Mit dem Gesetz wurden die Pflegezeit nach dem Pfle-
gezeitgesetz (PflegeZG) und die Familienpflegezeit nach dem Familienpflege-
zeitgesetz (FPfZG) miteinander verzahnt. Es wurde ein Rechtsanspruch auf die
Familienpflegezeit eingeführt und die bisher im FPfZG vorgesehene Gehalts-
vorzahlung für die Arbeitszeitreduzierung durch ein zinsloses Darlehen ersetzt,
das der Arbeitnehmer aufnehmen kann. Zudem wurde mit dem sogenannten
Pflegeunterstützungsgeld ein Anspruch auf eine bis zu zehntägige kurzfristige
Arbeitsunterbrechung mit Lohnersatzleistung geschaffen.
Der Rechtsanspruch auf die Pflegezeit gilt weiterhin in Betrieben mit mehr als
15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese Betriebsgröße war nach dem Ge-
setzentwurf zunächst auch für die Familienpflegezeit vorgesehen, wurde aber im
Beratungsverlauf noch erhöht, so dass der Rechtsanspruch auf die Familienpfle-
gezeit nun erst in Betrieben mit mehr als 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
greift. Die Zinsen und das Ausfallrisiko des zinslosen Darlehens, mit dem der
Verdienstausfall bis zu zwei Jahren zur Hälfte überbrückt werden kann, werden
durch den Bund finanziert. Dafür wurden für das Jahr 2015 1,3 Mio. Euro in den
Bundeshaushalt eingestellt. Bis zum Jahr 2018 soll die Summe auf 9,4 Mio.
Euro anwachsen (vgl. Bundestagsdrucksachen 18/3124, 18/3449).
Nachdem die Familienpflegezeit vor den beschlossenen Änderungen lediglich
von weniger als 140 Personen jährlich in Anspruch genommen wurde, rechnet
die Bundesregierung für das Jahr 2015 mit 1 275 Personen, die Pflegezeit oder
Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, für das Jahr 2016 mit 3 000, für das
Jahr 2017 mit 4 500 und für das Jahr 2018 schließlich mit 6 750 Personen (vgl.
Bundestagsdrucksache 18/3124).
Das Pflegeunterstützungsgeld wird durch die soziale Pflegeversicherung finan-
ziert (§ 44a des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI). Die Bundesregie-
rung rechnet damit, dass etwa die Hälfte der derzeit 357 000 Hauptpflegeperso-
nen, die mehr als geringfügig beschäftigt sind, diese Leistung in Anspruch
nimmt, jedoch nicht jede dieser Personen für volle zehn Tage. Sie kalkuliert da-
bei Mehrkosten für die Pflegeversicherung von rd. 100 Mio. Euro pro Jahr.
Unter anderem werden von Fachleuten und -verbänden trotz der vorgenomme-
nen rechtlichen Veränderungen weiterhin Zweifel an der Wirkung und dem Nut-

Drucksache 18/5752 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
zen der neuen Rechtslage für beschäftigte Pflegepersonen geäußert. Durch die
vorgesehene Darlehensregelung sowie durch die Beschränkung des Rechtsan-
spruchs nach der Betriebsgröße, insbesondere beim FPfZG, würden weiterhin
einige Millionen Menschen ausgeschlossen, die sich ein solches Darlehen unter
den vorgesehenen Bedingungen nicht leisten könnten oder in kleineren Betrie-
ben beschäftigt sind (vgl. Die Tagespost vom 6. Dezember 2014, „Das Pferd von
hinten aufgezäumt?“; taz.die tageszeitung vom 5. Dezember 2014, „Pflege
leichter“; OSTSEE-ZEITUNG vom 5. Dezember 2014, „Nur ein kleiner Schritt
nach vorn“; NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG vom 5. Dezember 2014,
„Zwei Klassen“).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen haben seit Inkrafttreten des Gesetzes zur besseren Verein-

barkeit von Familie, Pflege und Beruf eine Pflegezeit nach dem neu gefassten
PflegeZG in Anspruch genommen bzw. nehmen diese gegenwärtig in An-
spruch (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?
a) Wie hoch ist dabei die durchschnittliche Dauer der beantragten Pflegezeit

(bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?
b) Wie viele Personen haben dabei ihre Arbeitszeit reduziert, und wie viele

haben sich vollständig von der Arbeit befreien lassen (bitte nach Ge-
schlecht aufschlüsseln)?

c) Wie viele Personen haben sich dabei für die maximale Dauer von sechs
Monaten vollständig von der Arbeit befreien lassen (bitte nach Geschlecht
aufschlüsseln)?

d) Wie viele der Personen, die eine Pflegezeit beantragt haben, haben ein
zinsloses Darlehen nach dem neu gefassten FPfZG aufgenommen, und
wie hoch ist die durchschnittliche Höhe der Darlehen (bitte nach Ge-
schlecht aufschlüsseln)?

e) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Betriebsgrößen
(Zahl der Beschäftigten) vor, in denen die antragstellenden Personen be-
schäftigt sind?

f) Wie viele Arbeitgeber in Deutschland haben in der Regel 15 oder weniger
Beschäftigte, wie hoch ist ihr Anteil an allen Arbeitgebern in Deutschland,
und wie viele Beschäftigte können damit aufgrund der in § 3 Absatz 1
PflegeZG vorgesehenen Beschränkung auf Arbeitgeber mit in der Re-
gel 15 oder weniger Beschäftigten eine Pflegezeit grundsätzlich nicht be-
antragen?

g) Wie viele Personen haben vor Inkrafttreten der Neuregelungen am 1. Ja-
nuar 2015 eine Pflegezeit nach dem PflegeZG in Anspruch genommen
(bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

2. Wie viele Personen haben seit Inkrafttreten des Gesetzes zur besseren Verein-
barkeit von Familie, Pflege und Beruf eine Familienpflegezeit nach dem neu
gefassten FPfZG in Anspruch genommen bzw. nehmen diese gegenwärtig in
Anspruch (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?
a) Wie hoch ist dabei die durchschnittliche Dauer der beantragten Familien-

pflegezeit (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?
b) Um wie viel Prozent wurde die Arbeitszeit durchschnittlich reduziert

(bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?
c) Wie viele der Personen, die eine Familienpflegezeit beantragt haben, ha-

ben ein zinsloses Darlehen aufgenommen (bitte nach Geschlecht auf-
schlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5752
d) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Betriebsgrößen
(Zahl der Beschäftigten) vor, in denen die antragstellenden Personen be-
schäftigt sind?

e) Wie viele Arbeitgeber in Deutschland haben in der Regel 25 oder weniger
Beschäftigte, wie hoch ist ihr Anteil an allen Arbeitgebern in Deutschland,
und wie viele Beschäftigte können damit aufgrund der in § 2 Absatz 1
FPfZG vorgesehenen Beschränkung auf Arbeitgeber mit in der Regel
25 oder weniger Beschäftigten eine Familienpflegezeit grundsätzlich
nicht beantragen?

f) Wie viele Personen haben vor Inkrafttreten der Neuregelungen am 1. Ja-
nuar 2015 eine Familienpflegezeit nach dem FPfZG in Anspruch genom-
men (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

3. In welcher Höhe sind die im aktuellen Bundeshaushalt eingestellten Mittel
für die zinslosen Darlehen für die Pflege- sowie die Familienpflegezeit be-
reits abgeflossen bzw. bewilligt worden?

4. Wie viele Personen haben seit Inkrafttreten des Gesetzes Pflegeunterstüt-
zungsgeld nach § 44a SGB XI beantragt (bitte nach Geschlecht aufschlüs-
seln)?
a) Für wie viele Tage wurde das Pflegeunterstützungsgeld dabei jeweils

(bitte taggenaue Gruppierung) und im Durchschnitt beantragt (bitte zu-
sätzlich nach Geschlecht aufschlüsseln)?

b) Welche Höhe hat das gezahlte Pflegeunterstützungsgeld dabei im Durch-
schnitt und im Median (bitte zusätzlich nach Geschlecht aufschlüsseln)?

c) In welcher Gesamthöhe sind seit Inkrafttreten des Gesetzes zur besseren
Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf Mittel aus der sozialen Pfle-
geversicherung für das Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a SGB XI be-
reits abgeflossen bzw. bewilligt worden?

d) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Betriebsgrößen
(Zahl der Beschäftigten) vor, in denen die antragstellenden Personen be-
schäftigt sind?

5. Wie viele Personen haben direkt nach Inanspruchnahme des Pflegeunterstüt-
zungsgeldes eine Pflegezeit bzw. eine Familienpflegezeit nach dem neu ge-
fassten PflegeZG bzw. FPfZG beantragt (bitte nach Geschlecht aufschlüs-
seln)?

Berlin, den 10. August 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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