BT-Drucksache 18/5697

Leitung internationaler Arbeitsgruppen zur Abwehr kleiner Drohnen durch das Bundeskriminalamt

Vom 24. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5697
18. Wahlperiode 24.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Jan Korte,
Annette Groth, Inge Höger, Dr. Alexander S. Neu, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke,
Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Leitung internationaler Arbeitsgruppen zur Abwehr kleiner Drohnen durch das
Bundeskriminalamt

Laut dem Arbeitsprogramm der Ratsarbeitsgruppe „Strafverfolgung“ (www.
statewatch.org/news/2015/jul/eu-council-cosi-protection-public-figures-9742-
15.pdf) führt das Bundeskriminalamt (BKA) eine Arbeitsgruppe der Europä-
ischen Union (EU) zur Abwehr kleiner Drohnen an. Diese gehört zum „Euro-
pean Network for the Protection of Public Figures“ (ENPPF), bei dem Deutsch-
land durch das BKA vertreten ist. Weitere Mitglieder sind Frankreich, Kroatien,
Luxemburg, Ungarn sowie die EU-Polizeiagentur Europol. Ziel ist die Entwick-
lung von Verfahren, um kleine Drohnen erkennen und abwehren zu können. Ver-
gangenes Jahr teilte die Bundesregierung mit, das BKA habe einen Sachstand zu
möglichen Gefährdungsszenarien und dem derzeitigen Stand der Technik erho-
ben (Bundestagsdrucksache 18/819). Mit der Landeszentrale für polizeiliche
Dienste Nordrhein-Westfalen wurde bereits ein Verfahren zum „Jamming“ von
Funkfernsteuerungen erprobt. Das BKA interessiert sich auch für Verfahren zur
„kontrollierten Zwangslandung“. Auch im ENPPF sei die „potenzielle Schad-
wirkung“ und die „Abwehr“ von Drohnen erörtert worden. Noch im Septem-
ber 2014 hieß es allerdings, es seien im ENPPF keine Zusammenarbeitsformen
vereinbart worden. Das BKA habe lediglich an einer „Informationserhebung
mittels Fragebogen“ teilgenommen (Bundestagsdrucksache 18/2684).
Die Abwehrmöglichkeiten von Drohnen werden auch im Rahmen eines inter-
nationalen Netzwerkes staatlicher Personenschutzdienststellen untersucht. In-
nerhalb dieser „Association of Personal Protection Services“ ist laut dem Proto-
koll der Ratsarbeitsgruppe „Strafverfolgung“ eine entsprechende Unterarbeits-
gruppe eingerichtet worden, die ebenfalls von Deutschland geleitet wird. Wie
beim ENPPF dürfte es sich dabei um das BKA handeln. Andere Teilnehmer sind
Polizeibehörden aus Israel, Polen, den Niederlanden und Südkorea. Zuletzt traf
sich die Gruppe im März 2015 in Deutschland.
Beide Arbeitsgruppen zur Erkennung und Abwehr von Drohnen sollen nun mit-
einander verzahnt werden. Unter Federführung der deutschen Polizei wird ein
Fragebogen an die Mitglieder geschickt, in dem Erfahrungen und Techniken ge-
sammelt werden. Dann sollen gemeinsame „Aktionen“ folgen.
Mehrere Bundesländer haben ebenfalls entsprechende Untersuchungen gestar-
tet. Die Innenminister der Länder hatten sich im Jahr 2014 mit „Möglichkeiten
zur Abwehr von Unmanned Aerial Vehicles“ befasst. Auf Ebene der bundes-
weiten Innenministerkonferenz (IMK) wurde eine Bund-Länder-Projektgruppe
eingerichtet, an der außer dem BKA und der Bundespolizei elf Bundesländer
beteiligt sind. Sie soll unter anderem Handlungsempfehlungen erarbeiten;
befragt wurden hierzu unter anderem niederländische und britische Polizei-

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behörden. Ein nichtöffentlicher Abschlussbericht war für die März-Sitzung der
IMK im Jahr 2015 angekündigt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf welche Weise beschäftigt sich das BKA „unter Gefährdungsaspekten

mit der potenziellen Schadwirkung und der Abwehr von unbemannten Luft-
fahrzeugen“, und welche Änderungen haben sich in Bezug auf die Bundes-
tagsdrucksachen 18/819 und 18/2684 ergeben?

2. Welche BKA-Abteilungen übernehmen dabei welche Aufgaben?
3. Was ist der Bundesregierung über Aktivitäten der Bundesländer hinsichtlich

der Erkennung und Abwehr von Drohnen bekannt?
4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Abschluss-

bericht einer Bund-Länder-Projektgruppe, an der außer dem BKA und der
Bundespolizei elf Bundesländer beteiligt sind?
a) Welche Handlungsempfehlungen werden dort gegeben?
b) Welche Beiträge zu welchen Maßnahmen zur Erkennung oder Abwehr

von Drohnen wurden hierfür von niederländischen, britischen oder an-
deren Polizeibehörden, Herstellern oder Entwicklern zugeliefert oder er-
hoben?

5. Was ist der Bundesregierung über Fragestellungen und Ergebnisse einer
Länderumfrage der Staatssekretäre aus den Justizressorts der Länder zur Er-
kennung und Abwehr von Drohnen bekannt?

6. Was ergab die Erhebung eines Sachstandes zu „möglichen Gefährdungs-
szenarien“ sowie zum „Stand der RPAS-Technik“ durch das BKA (Bundes-
tagsdrucksachen 18/819 und 18/2684)?
a) Welche „möglichen Gefährdungsszenarien“ wurden identifiziert?
b) Welchen „Stand der RPAS-Technik“ hat das BKA bezüglich der „Ge-

fährdungsszenarien“ und ihrer Abwehr ermittelt?
c) Welche Firmen wurden hierzu um welche Beiträge (auch Präsentationen

oder Besuche) angefragt, und welche haben unaufgefordert Beiträge
übersandt?

d) Welche Aufträge oder Dienstleistungen wurden hierzu mittlerweile an
welche Dritte vergeben?

7. Von welchem Hersteller bzw. Entwickler wurde das Verfahren „Jamming“,
das vom BKA in Kooperation mit der Polizei des Landes Nordrhein-West-
falen begutachtet und „praktisch erprobt“ wurde, vorgezeigt?

8. Welche Kontakte unterhielten bzw. unterhalten Bundesbehörden mit dem
European Aviation Security Center e. V. hinsichtlich des Erkennens und Ab-
wehrens von Drohnen?

9. Welche Ergebnisse zeitigte das vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt „Technische Prävention
von Low-Cost-Terrorismus“ (www.bmbf.de/pubRD/Projektumriss_LoCo.
pdf), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

10. Inwiefern wurde dort auch das Erkennen und Abwehren von Drohnen be-
handelt?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitigen Verfahren zur Erkennung
von Drohnen, und für wie geeignet hält sie Sensoren zur Feststellung von
Bewegung, Aussehen oder Temperatur, Radar, Laser, Mikrofone, Auffan-
gen der elektromagnetischen oder elektrostatischen Emissionen oder Ausle-
sen der genutzten Funkfrequenz der Fernbedienung bzw. Bildübertragung?

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12. Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitigen Verfahren zur Abwehr
von Drohnen, und für wie geeignet hält sie Verfahren zur Störung von GPS-
Modulen, der Fernsteuerung, der Sensorik oder von Motoren, Verfahren zur
Manipulation des mit GPS definierten Kurses der Drohnen sowie Verfahren
zum „Einfangen“ von Drohnen mit Netzen oder Fallschirmen?

13. Welche weiteren Treffen oder anderen Zusammenarbeitsformen von Poli-
zeibehörden des Bundesministeriums des Innern oder nach Kenntnis der
Bundesregierung auch der Länder haben seit dem Jahr 2014 mit den Firmen
Rheinmetall AG, Airbus Space and Defense, ESG Elektroniksystem- und
Logistik-GmbH und DeDrone GmbH zu Abwehrmöglichkeiten von Droh-
nen stattgefunden?
a) Welchen Inhalt hatten entsprechende „Sachstanderhebungen“ beim euro-

päischen Rüstungslieferanten MBDA?
b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem von dem

Raketenhersteller gezeigten Abschuss einer kleinen Drohne mit einem
Hochenergielaser (Pressemitteilung MBDA vom 17. Juni 2015)?

14. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung inzwischen zu den Droh-
nenflügen über französische Atomkraftwerke vor (Bundestagsdrucksache
18/3608)?
a) Inwiefern hat sich die Bundesregierung zu den Drohnenflügen über fran-

zösischen Atomkraftwerken mit französischen Behörden ausgetauscht,
und welche Ermittlungsergebnisse sind ihr dazu bekannt?

b) Was ergab die Prüfung der „Notwendigkeit, Drohnen in die Lastannah-
men für die Sicherung von Kernkraftwerken und anderen einschlägigen
kerntechnischen Anlagen einzubeziehen“?

15. Welche internationalen Polizeinetzwerke mit oder ohne Beteiligung deut-
scher Polizeibehörden sind nach Kenntnis der Bundesregierung mit Verfah-
ren zum Erkennen und Abwehren von Drohnen befasst?

16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Inhalte und Ergebnisse
einer Erhebung „bei den europäischen Partnerdienststellen“ über die Frage
erlangen können, „wie diese mit der Gefährdung von Schutzpersonen durch
UAV [UAV – Unbemannte Luftfahrzeuge] umgehen und welche Detek-
tions- und Abwehrmöglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen“?

17. Auf welche Weise und seit wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung die
„Association of Personal Protection Services“ (APPS) mit der Erkennung
und Abwehr von Drohnen befasst?
a) Welche Aufgaben übernehmen nach Kenntnis der Bundesregierung wel-

che deutschen Polizeibehörden in etwaigen Arbeitsgruppen?
b) Welche Polizeibehörden aus Israel, Polen, den Niederlanden und Südko-

rea sind an der Gruppe beteiligt, und welche Aufgaben übernehmen diese
jeweils?

18. Welche Vorfälle mit Drohnen in Bezug auf Personenschutzmaßnahmen
wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in der APPS bereits vorgetra-
gen, untersucht oder behandelt?

19. Welche Methoden zur Störung oder Zerstörung von Drohnen wurden nach
Kenntnis der Bundesregierung in der APPS bereits vorgetragen, untersucht
oder behandelt?

20. Wo und wozu hat ein Treffen der Unterarbeitsgruppe der APPS zur der
Erkennung und Abwehr von Drohnen im März 2015 in Deutschland statt-
gefunden (www.statewatch.org „ENPPF work programme“ vom 19. Juni
2015)?

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a) Wer nahm daran teil?
b) Welche Beiträge hielten deutsche Teilnehmende?

21. Welche Rolle übernehmen nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche
Polizeibehörden im Rahmen des „European Network for the Protection of
Public Figures“, und wann wurden entsprechende Maßnahmen oder Pro-
jekte begonnen?
a) Welche Polizeibehörden aus Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Ungarn

sind nach Kenntnis der Bundesregierung an der Gruppe beteiligt, und
welche Aufgaben übernehmen diese jeweils?

b) Worin bestehen die Beiträge des Europäischen Polizeiamts Europol?
22. Welche Vorfälle mit Drohnen in Bezug auf Personenschutzmaßnahmen

wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in der ENPPF bereits vorgetra-
gen, untersucht oder behandelt?
a) Welche konkreten „Detektions- und Abwehrmöglichkeiten z. B. durch

Radarüberwachung“ wurden in den Antwortbeiträgen der ENPPF-Mit-
gliedstaaten auf den vom BKA versandten Fragebogen angegeben bzw.
vorgeschlagen?

b) Welche Methoden zur Störung oder Zerstörung von Drohnen wurden
nach Kenntnis der Bundesregierung in der ENPPF bereits vorgetragen,
untersucht oder behandelt?

c) Welche „präventive[n] Maßnahmen, wie Änderung von Gesetzen, Aus-
bildung und Training“, wurden dort angegeben bzw. vorgeschlagen?

23. Inwiefern wurden im ENPFF mittlerweile Zusammenarbeitsformen in Be-
zug auf die Erkennung und Abwehr von Drohnen vereinbart?

24. Inwiefern trifft es zu, dass die Arbeitsgruppen zur Erkennung und Abwehr
von Drohnen der APPS und ENPPF nun miteinander verzahnt werden sol-
len?
a) Welche Rolle übernehmen hierzu nach Kenntnis der Bundesregierung

die beteiligten deutschen Polizeibehörden?
b) Welchen Inhalt hat ein vom BKA übermittelter Fragebogen, und wann

soll dieser beantwortet werden?
25. Inwiefern sind von der APPS und dem ENPPF bereits gemeinsame „Aktio-

nen“ oder andere Maßnahmen anvisiert?
26. Welche Treffen der Arbeitsgruppen zur Erkennung und Abwehr von Droh-

nen des APPS und des ENPPF sind nach Kenntnis der Bundesregierung für
das Jahr 2015 geplant, welchen Inhalt haben diese, und wo sollen diese statt-
finden?

27. Inwiefern hat die EU-Grenzagentur FRONTEX nach Kenntnis der Bun-
desregierung in den vergangenen zwei Jahren weitere Workshops bzw.
Konferenzen zur Nutzung von Drohnen abgehalten (Bundestagsdrucksa-
che 17/13811), und welche Systeme welcher Hersteller (auch mitgeführter
Sensorik) wurden dort präsentiert?

Berlin, den 24. Juli 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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