BT-Drucksache 18/5692

Engagement der Bundesregierung bei der Ausbeutung fossiler arktischer Rohstoffe

Vom 29. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5692
18. Wahlperiode 29.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Dr. Valerie Wilms, Dr. Julia Verlinden,
Steffi Lemke, Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Peter Meiwald, Harald Ebner,
Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Markus Tressel und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Engagement der Bundesregierung bei der Ausbeutung fossiler
arktischer Rohstoffe

Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat zum Abschluss des G7-Gipfels in
Elmau die Notwendigkeit betont, für mehr Klimaschutz das 2-Grad-Limit zu er-
reichen; zudem hat sie sich gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs der
G7 auf eine Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe des Jahrhunderts ver-
ständigt (www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/
2015/06/2015-06-08-pk-merkel-g7.html). Gleichzeitig aber fördert die Bundes-
regierung nach wie vor die Erforschung und Erprobung von Verfahren, die der
Ausbeutung von klimaschädlichen Öl- und Gasvorkommen in ökologisch
höchst sensiblen Regionen der Welt dienen, wie beispielsweise in der Arktis.
Die Bundesregierung bekennt sich außerdem zu den im Jahr 2013 verabschiede-
ten Leitlinien deutscher Arktispolitik (vgl. Bundestagsdrucksache 18/4605), in
der sie u. a. „das große ökonomische Potenzial“ bei der Erschließung von Roh-
stoffvorkommen in der Arktis und die sich daraus bietenden Perspektiven für die
deutsche und europäische Wirtschaft betont. In den genannten Leitlinien zeigt
sich die Bundesregierung davon überzeugt, „dass Deutschland als Partner mit
großem Spezialwissen in Forschung, Technologie und Umweltstandards zur
nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beitragen kann“. Im Forschungspro-
gramm für Schiffbau, Schifffahrt und Meerestechnik 2011–2015 heißt es weiter
wörtlich: „Durch den Klimawandel haben die Eisdicken und die Eisausbreitung
in der Arktis stark abgenommen. Daraus ergeben sich perspektivisch völlig neue
Möglichkeiten zur Erschließung von Rohstoffquellen in eisbedeckten Gebieten“
(www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/maritime-technologien-der-
naechsten-generation,property=pdf,bereich=bmwi2012,
sprache=de,rwb=true.pdf).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchem Umfang hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die arkti-

sche Meereseisfläche in den vergangenen 20 Jahren verringert, und von wel-
chen Prognosen geht die Bundesregierung für die kommenden Jahrzenten
aus?

2. Wie viele Schiffe passierten nach Kenntnis der Bundesregierung in den ver-
gangenen acht Jahren (bitte nach Jahren einzeln aufschlüsseln) die Nordost-
passage entlang der russischen Nordküste?

Drucksache 18/5692 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung
bei etwaigen Unfällen, bei denen Öl und Chemikalien in diesem höchst sen-
siblen Ökosystem auslaufen könnten?

4. Zu welchen Treibhausgasemissionen würde die derzeitig technisch abseh-
bare Ausbeutung fossiler Ressourcen in der Arktis nach Kenntnissen der
Bundesregierung führen, und wie ist dies aus Sicht der Bundesregierung mit
der erklärten Absicht der G7 zur Einhaltung des 2-Grad-Limits zum
Schutze des Weltklimas vereinbar?

5. Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung – auch vor dem Hinter-
grund der G7-Abschlusserklärung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel –
ein „generelles Verbot neuer Ölbohrungen in der Arktis […] nicht für ziel-
führend“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/4605)?

6. Sollen nach Vorstellungen der Bundesregierung die arktischen Öl- und Gas-
reserven einen Beitrag zur künftigen Energieversorgung Deutschlands leis-
ten, und wenn ja, in welchen Umfang?

7. Welche Berechnungen oder Abschätzungen liegen der Bundesregierung
hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen ihrer Arktispolitik auf das
Weltklima vor, und sollten keine vorliegen, bis wann ist mit der Vorlage von
Berechnungen oder Abschätzungen seitens der Bundesregierung zu rech-
nen?

8. Welche Projekte in welcher Höhe und in welchem Zeitfenster fördert die
Bundesregierung im Hinblick auf die in den Leitlinien zur deutschen Ark-
tispolitik genannte Absicht, das große ökonomische Potenzial bei der Er-
schließung von Rohstoffvorkommen in der Arktis und die sich daraus bie-
tenden Perspektiven zu nutzen, und welche Projekte sind in welcher Höhe
noch in Planung (bitte tabellarisch auflisten)?

9. Wie viele Versuchsvorhaben zur Exploration von fossilen Rohstoffen in der
Arktis durch die Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt GmbH wurden
mit wie vielen Haushaltsmitteln des Bundeshaushalts in den vergangenen
zehn Jahren durch die Bundesregierung gefördert (bitte tabellarisch darstel-
len)?

10. Welche weiteren Untersuchungsvorhaben zur Ausbeutung fossiler Roh-
stoffe in der Arktis gab es an anderen Instituten im selben Zeitraum, und wie
hoch war die Förderung jeweils seitens der Bundesregierung (bitte tabella-
risch darstellen)?

11. Wie hoch war die Förderung im selben Zeitraum seitens des Bundes für das
Alfred-Wegener-Institut, das Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresfor-
schung und der in den Polarregionen forschenden Universitäten, welche die
Meereisentwicklung und die Biodiversität, den Klimawandel sowie ozea-
nographische, biologische und geologische Veränderungen in den Polar-
regionen untersuchen (bitte jeweils einzeln tabellarisch darstellen)?

12. Wie hoch waren in den vergangenen zehn Jahren die aufgewendeten Haus-
haltsmittel für die Einrichtung von Schutzgebieten in der Arktis?

13. In welcher Höhe wird die Bundesregierung Haushaltsmittel zum Schutz der
Arktis einsetzen, um die Vereinbarung des Koalitionsvertrags zwischen
CDU, CSU und SPD umzusetzen, die die Errichtung von Schutzgebieten in
der Arktis und Antarktis vorsieht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5692
14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Beschlüssen der
G7 von Elmau zur Dekarbonisierung in Bezug auf die erst im Februar 2015
geschlossene Vereinbarung zwischen der Bundesanstalt für Geowissen-
schaften und Rohstoffe und dem Geologischen Dienst von Kanada zur ge-
meinsamen Rohstoffforschung in der Arktis, in der es unter anderem heißt:
„In den schwer zugänglichen und bisher wenig erforschten Gebieten (An-
merkung: gemeint ist die kanadische Arktis) liegt ein Schlüssel zur Ent-
wicklung des arktischen Ozeans und der Entstehung von Sedimentbecken,
in denen Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet werden“ (vgl. www.bgr.
bund.de/DE/Gemeinsames/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/
BGR/bgr-150211_abkommen_rohstoffforschung_arktis.html?nn=
1544784)?

15. In welche weiteren Projekte oder Kooperationen zur Ausbeutung fossiler
Rohstoffe ist die Bundeanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zur
Ausbeutung arktischer Ressourcen eingebunden (bitte unter Angabe von
Zeitrahmen und finanzieller Höhe), und welche neuen Projekte sind ggf. in
Planung (bitte unter Angabe von Zeitrahmen und finanzieller Höhe)?

16. Welche deutschen Konzerne sind nach Kenntnis der Bundesregierung bei
der Förderung von Rohstoffen aus der Arktis in welchem Umfang invol-
viert?

17. Hat die Bundesregierung Kenntnis von den Umsatzerwartungen deutscher
Unternehmen durch die Förderung von fossilen Ressourcen in der Arktis,
und falls ja, von welchen Erwartungen gehen deutsche Unternehmen in den
kommenden 15 Jahren aus?

18. Welche Lizenzen zur Förderung von fossilen Energieträgern haben nach
Kenntnis der Bundesregierung deutsche Unternehmen in der Arktis bei den
souveränen Anrainerstaaten gekauft, und inwiefern hat sich die Bundes-
regierung im Rahmen der Lizenzvergabe für diese Unternehmen einge-
setzt?

19. Plant die Bundesregierung ihr Engagement im Bereich der Förderung von
Projekten zur Rohstoffausbeutung in der Arktis zurückzufahren, und bis
wann wird die Bundesregierung ihr Engagement insbesondere vor dem
Hintergrund der G7-Beschlüsse von Elmau in diesem Bereich spätestens
ganz beenden?

20. Distanziert sich die Bundesregierung nach den G7-Beschlüssen von Elmau
zur Dekarbonisierung im Laufe des Jahrhunderts klar und unmissverständ-
lich von der Formulierung des Forschungsprogramms für Schiffbau, Schiff-
fahrt und Meerestechnik 2011–2015, wonach sich „aufgrund der durch den
Klimawandel abnehmenden Eisschichten perspektivisch völlig neue Mög-
lichkeiten zur Erschließung von Rohstoffquellen in eisbedeckten Gebieten
ergeben“, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 28. Juli 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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