BT-Drucksache 18/5661

Tornado-Abstürze am Atomwaffenstandort Büchel

Vom 22. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5661
18. Wahlperiode 22.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Inge Höger, Dr. Alexander S. Neu, Christine Buchholz,
Andrej Hunko und der Fraktion DIE LINKE.

Tornado-Abstürze am Atomwaffenstandort Büchel

Am Ende einer Nachtflugübung stürzte am 16. Januar 2014 ein Bundeswehr-
Tornado etwa fünf Kilometer vor dem Atomwaffenstandort und Fliegerhorst
Büchel ab. In Büchel sind 27 Tornados und bis zu 20 Atomwaffen stationiert.
Mit Tornados bereiten sich Bundeswehrsoldaten regelmäßig darauf vor, diese
US-amerikanischen Atomwaffen zum Einsatz zu bringen. Auch wenn es sich
dabei vorläufig „nur“ um Übungen handelt, zeigte der jüngste Zwischenfall ein-
mal mehr, dass aus dem Übungsfall schnell ein Ernstfall werden kann. Nach
Medienangaben (u. a. vgl. Handelsblatt vom 17. Januar 2014) sind seit ihrer Ein-
führung in den 80er-Jahren mehr als 40 Bundeswehr-Tornados abgestürzt und
auch bei der Verladung von Atomwaffen kam es wiederholt zu Unfällen. Beim
Übungsflug am 16. Januar 2014 befand sich – nach Angaben der Bundeswehr –
keine Munition an Bord. Dennoch handelte es sich nicht um ein „harmloses“ Er-
eignis; schließlich ereignete sich der Unfall weniger als eine Flugminute vom
Atomwaffendepot Büchel entfernt. In Medienbildern vom Unglücksort wird
deutlich, dass der Absturz Brände in der Umgebung ausgelöst hatte. Selbst die
US-Luftwaffe kam im Jahr 2008 in einer Studie der Federation of American
Scientists (vgl. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung; www.fas.org/nuke/
guide/usa/doctrine/usaf/BRR-2008.pdf) zu dem Schluss, dass ihre Atomwaffen-
lager, wozu explizit auch das Lager in Büchel gehört, nicht sicher sind. Zudem
werden die Atomwaffen in regelmäßigen Abständen aus den Bunkern an die
Oberfläche verbracht, um ihre Handhabung im Ernstfall zu üben. In der Region
ist militärischer Flugbetrieb, inklusive riskanter Manöver, an der Tagesordnung.
In der Nachbarschaft befinden sich die Militärflughafen der US-Luftwaffe
Spangdahlem und Ramstein.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Ursachen hatte der Absturz des Tornado-Kampfjets am 16. Januar

2014 nahe dem Fliegerhorst Büchel?
2. Hat die Bundesregierung ein unabhängiges Gutachten zur Aufklärung des

Tornadoabsturzes vom 16. Januar 2014 in Auftrag geben?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wird dieses Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Drucksache 18/5661 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus dem Absturz vom
16. Januar 2014 für die Sicherheit der Anwohnerinnen und Anwohner der
Region nahe dem Fliegerhorst Büchel gezogen, auch vor dem Hintergrund,
dass sich der Absturz nur rund 300 Meter von einem Wohnhaus und
unweit der Bundesautobahn 48 entfernt ereignet hat (www.rhein-zeitung.de/
region_artikel,-Bundeswehr-Jet-in-der-Eifel-Absturz-haette-eine-Atom-
Katastrophe-verursachen-koennen-%5BUpdate-14%5D-_arid,1094418.
html)?

4. Gibt es Einschränkungen des Flugverkehrs über dem Atomwaffenstütz-
punkt Büchel in den Zeiträumen, zu denen Atomwaffen oder Uranmunition
zur Wartung über der Erde sind, und wie sind diese Einschränkungen aus-
gestaltet?

5. Welche potentiellen Gefahren gingen direkt nach dem Absturz vom 16. Ja-
nuar 2014 vom Wrack des abgestürzten Kampfjets aus?

6. Welche Ausrüstung hatte das Räumungsteam der Bundeswehr, das sich
infolge des Absturzes vom 16. Januar 2014 um das Wrack des Kampfjets
gekümmert hat?
Wurden Atemmasken verwendet?

7. Welche Kosten hat der Absturz vom 16. Januar 2014 für das Bundesminis-
terium der Verteidigung (BMVg) bisher erzeugt, und welche Kosten kom-
men durch den Absturz noch auf das BMVg zu?

8. Ist es geplant, die durch den Absturz am 16. Januar 2014 zerstörten Kampf-
jets durch neue Flugzeuge zu ersetzen, und wenn ja, welche Kosten entste-
hen dadurch?

9. Wie viele Abstürze und sonstige Zwischenfälle gab es seit dem Jahr 1990
mit Tornados des Jagdbombergeschwaders 33 (bitte unter Angabe des Zeit-
punktes, des Ortes, des Flugzeugbautyps, des Alters des betroffenen Flug-
zeugs und der Unfallursache auflisten)?

10. Wie viele sonstige Zwischenfälle gab es im gleichen Zeitraum im Umkreis
von zehn Flugminuten im Luftraum rund um Büchel (bitte unter Angabe des
Zeitpunktes, des Ortes, des Flugzeugtyps und der Unfallursache auflisten)?

11. Zu welchen Bautypen gehören die in Büchel stationierten Tornados, und
welches Alter haben diese Kampfflugzeuge?

12. Welche Lebenszeitbegrenzung gibt es für die in Büchel stationierten
Kampfjet-Modelle?

13. Wie häufig waren Tornados in den letzten zehn Jahren bei Übungsflügen
oder Manövern bewaffnet?
Um welche Munitionstypen handelte es sich dabei?
Waren darunter auch Tornados, die Atomwaffen oder Uranmunition mit
sich führten?
Wenn ja, wie häufig?

14. In welcher Weise wird im Rahmen der nuklearen Teilhabe der Einsatz von
Atomwaffen durch deutsche Kampfflugzeuge und deutsche Soldatinnen
und Soldaten geübt (bitte auflisten wie viele Flugzeuge, wie viele militäri-
sche Einrichtungen und wie viel Personal dabei involviert sind)?

15. Welche Art von Treibstoff wird für die in Büchel stationierten Tornados ein-
gesetzt (bitte die Konzentration der enthaltenen Schadstoffe angeben)?

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16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Austritt von Treib-
stoff zum bzw. nach dem Absturz vom 16. Januar 2014?

17. Welche Pläne zur Modernisierung der Tornados gibt es im Zuge der geplan-
ten Integration neuer Generationen von Atomwaffen in diesen Kampfflug-
zeugen, und welche Lebenszeitverlängerung für den Einsatz der Kampfjets
ist damit verbunden?

18. Welche Umrüstungsmaßnahmen sind konkret geplant, z. B. bezüglich der
Aufhängungen und Software (diese Aufzählung ist nicht abschließend, bitte
weitere Angaben auch über diese Beispielsfälle hinaus)?

19. Wie viele Tornados sollen für den möglichen Einsatz von B61-12-Atom-
waffen umgerüstet werden?

20. Ab wann sollen Umrüstungsmaßnahmen an den Maschinen vorgenommen
werden, und wann sollen diese abgeschlossen sein?

21. Welche Kosten werden erwartet für die Umrüstung der Kampfflugzeuge
und für den dazugehörigen Umbau des Fliegerhorstes sowie der Lagerstät-
ten der Atomwaffen?

Berlin, den 22. Juli 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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