BT-Drucksache 18/5648

Einrichtung einer internationalen Uran-Bank in Kasachstan

Vom 22. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5648
18. Wahlperiode 22.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Caren Lay, Jan van Aken, Herbert Behrens,
Christine Buchholz, Annette Groth, Andrej Hunko, Niema Movassat und
der Fraktion DIE LINKE.

Einrichtung einer internationalen Uran-Bank in Kasachstan

In der Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/4433
teilte die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Proliferationsrisiken
bei der Urananreicherung und den vom Bundesminister des Auswärtigen
Dr. Frank-Walter Steinmeier angesprochenen Mängeln im Atomwaffensperr-
vertrag u. a. mit, dass der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergie-Or-
ganisation (IAEO) eine von dieser verwaltete sogenannte LEU-Bank (LEU –
Low Enriched Uranium) einzurichten plant: „Diese Brennstoffbank soll Län-
dern, die die Kernkraft friedlich nutzen, bei Versorgungsengpässen helfen bzw.
sie gegen Unterbrechung der Belieferung ihrer Kernkraftwerke mit niedrig
angereichertem Uran – sei es aus politischen oder technischen Gründen – ab-
sichern. Das für die LEU-Bank benötigte niedrig angereicherte Uran würde die
IAEO auf dem Weltmarkt einkaufen.“ Im Jahr 2011 hat sich demnach Kasachs-
tan als „Sitzstaat“ für diese LEU-Bank zur Verfügung gestellt. Weiter teilte die
Bundesregierung mit, dass die Europäische Union (EU) 25 Mio. Euro als Unter-
stützung für den Aufbau zugesagt hat, von denen bereits 20 Mio. Euro an die
IAEO ausgezahlt wurden.
Kasachstan hat bis zum Jahr 1999 einen schnellen Brutreaktor vom Typ BN-350
in Aqtau betrieben. Brutreaktoren sind besonders auf die Erzeugung von Pluto-
nium optimiert. In den 300 Tonnen hochradioaktiver Brennelemente, die wäh-
rend des Betriebs angefallen sind, befindet sich nach Informationen der Frage-
steller atomwaffenfähiges Plutonium. Diese Brennelemente sollen in speziellen
Behältern verpackt sein und in Zusammenarbeit bzw. unter Kontrolle der IAEO
in einem Lager auf dem ehemaligen Atomwaffentestgelände Semipalatinsk ge-
lagert werden. Angeblich sollen vage Planungen bestehen, einen neuen Brut-
reaktor in Kasachstan zu errichten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand beim Aufbau

dieser LEU-Bank in Kasachstan, wie viel angereichertes Uran soll hier zur
Verfügung gestellt werden bzw. ist bereits zur Verfügung gestellt worden,
woher stammt es jeweils, und an welche Staaten bzw. Betreiber von Atom-
kraftwerken (AKW) sind möglicherweise bereits Verkäufe getätigt worden?

2. Sollte eine Inbetriebnahme der LEU-Bank in Kasachstan noch nicht erfolgt
sein, was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe dafür, und bis
wann ist eine Inbetriebnahme vorgesehen?

Drucksache 18/5648 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Hat es nach Kenntnis der Bundesregierung neben Kasachstan weitere Staa-
ten gegeben, die als „Sitzstaat“ infrage gekommen wären bzw. die sich mög-
licherweise als „Sitzstaat“ angeboten hatten, und aus welchen Gründen wur-
den diese nicht ausgewählt?

4. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung die Wahl Kasachstans als
Standort für eine internationale LEU-Bank?

5. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsetzung der laut Me-
dienberichten im Jahr 2010 geplanten LEU-Bank vorangeschritten, die ge-
meinsam mit der IAEO in Russland geplant wurde?

6. Welche Vorteile hinsichtlich der Proliferationsrisiken bietet aus Sicht der
Bundesregierung die Einrichtung einer internationalen Uranbank für LEU
– wie in Kasachstan geplant – gegenüber der Möglichkeit von Staaten bzw.
Betreibern von AKW, derartig angereichertes Uran bei vorhandenen Anbie-
tern wie der URENCO oder der AREVA oder anderen Anbietern einzukau-
fen (bitte ausführlich begründen)?

7. Welche sind die wesentlichen Ziele, die mit der Einrichtung einer solchen
LEU-Bank verbunden sind, und gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung
Staaten, die von einer solchen Möglichkeit, gegenüber der Möglichkeit, an-
gereichertes Uran für den Betrieb von AKW bei anderen Anbietern wie
URENCO, AREVA etc. zu kaufen, bevorzugt Gebrauch machen würden?

8. Mit Blick auf welche Länder, über den Iran hinaus, ist nach Einschätzung
der Bundesregierung die Einrichtung einer solchen Uranbank im Sinne der
Reduzierung von Proliferationsrisiken sinnvoll?

9. Wie hoch werden nach Kenntnis der Bundesregierung die gesamten Kosten
für die Einrichtung der geplanten LEU-Bank in Kasachstan sein, und wel-
cher Betrag ist bislang insgesamt gezahlt worden?

10. Aus welchem Etat der EU sind die von der Bundesregierung genannten
25 Mio. Euro als Anteil an der Gesamtfinanzierung gezahlt worden, und wie
viel davon ist bis jetzt an wen gezahlt worden?

11. Welche Bundesministerien bzw. Fachabteilungen oder sonstige Stellen sind
seitens der Bundesrepublik Deutschland seit Beginn der Gespräche und Pla-
nungen für den Aufbau dieser LEU-Bank in Kasachstan bis heute in wel-
chem Rahmen (in Kasachstan, bei der IAEO, in welchen anderen Gremien)
konkret beteiligt?

12. Welche Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung in welcher
Weise von deutscher Seite an der Entscheidung mitgewirkt, in Kasachstan
eine LEU-Bank der IAEO einzurichten?

13. Sind deutsche Forschungszentren oder Unternehmen mit einem Standort in
Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung an den Planungen bzw. der
Einrichtung der LEU-Bank in Kasachstan beteiligt?
Wenn ja, welche, und in welcher Weise?

14. Welche Mengen hochradioaktiver Brennelemente lagern nach Kenntnis der
Bundesregierung in Kasachstan, und wie viel potenziell waffenfähiges
Plutonium ist in ihnen enthalten (Angaben bitte in Tonnen bzw. Kilogramm
machen)?

15. Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung diese hochradioaktiven
Brennelemente konkret (zwischen-)gelagert, und was soll in Zukunft mit
ihnen geschehen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5648
16. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung geplant, dass diese Brennelemente
einer Wiederaufarbeitung zugeführt werden sollen, bzw. in welcher Weise
wird dies durch internationale Verträge oder Zusagen der Regierung in Ka-
sachstan ausgeschlossen?

17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über mögliche Absichten oder
Planungen von Kasachstan, einen neuen Brutreaktor zu bauen?

Berlin, den 22. Juli 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.