BT-Drucksache 18/5619

Die Neonazi-Partei DER DRITTE WEG und die mögliche Blaupause für rassistische Mobilisierungen gegen Geflüchtete

Vom 15. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5619
18. Wahlperiode 15.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Ulla Jelpke, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Die Neonazi-Partei DER DRITTE WEG und die mögliche Blaupause für rassistische
Mobilisierungen gegen Geflüchtete

Die Neonazi-Partei DER DRITTE WEG hat im Dezember 2014 auf ihrer Web-
site www.der-dritte-weg.info/ einen Text zum Download bereitgestellt, der unter
der Überschrift „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft – Wie be- bzw.
verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheims in meiner Nachbarschaft“
als Leitfaden propagiert wird, um die Unterbringung von Geflüchteten zu ver-
hindern. In dem „Leitfaden“ wird auf 21 Seiten mit rassistischen und neonazis-
tischen Stereotypen gegen Asylsuchende gehetzt sowie eine detaillierte Blau-
pause vermittelt, wie Neonazis Protestaktivitäten gegen Unterbringungsorte von
Flüchtlingen und Asylsuchenden initiieren und als so genannte Nachbarschafts-
initiativen oder Anwohnerinitiativen tarnen können. Der „Leitfaden“ enthält de-
taillierte Anweisungen u. a. für die Gründung einer Bürgerinitiative, den Aufbau
von Internet- und Facebookseiten, Unterschriftenaktionen, Flugblattverteil-
aktionen, die Anmeldung und Organisation von Kundgebungen vor Flüchtlings-
heimen, den Besuch von und Störaktionen bei Bürgerinformationsveranstaltun-
gen, den Aufbau von Leserbriefkampagnen, die Vernetzung von „Anti-Asyl-In-
itiativen“ und Hinweise für unterschiedliche Rechtsmittel, mit deren Hilfe der
Bezug von Unterkünften durch Geflüchtete verhindert werden soll. Darüber
hinaus ist auf der Website eine interaktive Deutschlandkarte verlinkt mit der
Überschrift „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“, auf der Flücht-
lingsheime mit roten Markierungen gekennzeichnet sind, die teilweise in den
vergangenen Monaten zu Zielscheiben neonazistischer Brandanschläge und
Propagandastraftaten wurden (vgl. u. a. Bayrischer Rundfunk „Kampf gegen
Neonazis – Unfähigkeit oder Unwillen“, 29. Juni 2015, www.br.de/nachrichten/
rechtsextremismus/rechtsextremismus-kampf-behoerden-gegen-neonazis-
kolumne-100.html). Sowohl die Karte als auch der so genannte Leitfaden dienen
als Blaupausen für neonazistische Kampagnen und Straf- und Gewalttaten ge-
gen Flüchtlingsunterkünfte und Geflüchtete, wie beispielsweise in Tröglitz in
Sachsen-Anhalt, wo die Neonazi-Partei DER DRITTE WEG ebenfalls stark
expandiert (vgl. Antifaschistisches Infoblatt „Neonazistische Expansionsbemü-
hungen in Sachsen-Anhalt“ vom 13. Dezember 2014, www.antifainfoblatt.de/
tags/der-iii-weg) oder in Hoyerswerda (Sachsen).
Im Verfassungsschutzbericht 2014 des Bundesamtes für Verfassungsschutz
heißt es auf Seite 50 im Abschnitt über die Partei DER DRITTE WEG lediglich:
„Die fundamental ablehnende Haltung gegenüber dem demokratischen Rechts-
staat kommt auch in der politischen Agitation deutlich zum Ausdruck, insbeson-
dere bei der Instrumentalisierung des Themas Asyl, dem agitatorischen Schwer-
punkt der Partei. In einigen Orten, beispielsweise in Deggendorf (Bayern) oder

Drucksache 18/5619 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz), veranstaltete die Partei regelmäßig Propa-
gandaaktionen mit einer aggressiven Rhetorik gegen Asylbewerberheime.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Straftaten und Gewalttaten sind von Mitgliedern und Aktivistinnen

und Aktivisten der Neonazi-Partei DER DRITTE WEG seit der Gründung
nach Kenntnis des Bundeskriminalamtes (BKA), des Gemeinsamen Extre-
mismus- und Terrorabwehrzentrums (GETZ), des Bundesamtes für Verfas-
sungsschutz (BfV) und des Bundesministeriums des Innern (BMI) begangen
worden (bitte nach Tatvorwurf, Tatdatum und Jahr, Tatort und Bundesland
auflisten)?

2. Wie viele Mitglieder und Aktivistinnen und Aktivisten der Neonazi-Partei
DER DRITTE WEG sind nach Kenntnis von BKA, GETZ und/oder des Bun-
desamtes für Verfassungsschutz und des Bundesinnenministeriums zuvor in
durch das Bundesinnenministerium oder die Länderinnenministerien verbo-
tenen neonazistischen Kameradschaften, Vereinen und Parteien aktiv gewe-
sen (bitte nach Parteien, Kameradschaften und Vereinen und jeweiligem
Bundesland auflisten)?

3. Wie viele Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder und Aktivistinnen und
Aktivisten der Neonazi-Partei DER DRITTE WEG sind seit der Gründung
nach Kenntnis von BKA, GETZ, des Bundesamtes für Verfassungsschutz
und des Bundesinnenministeriums eingeleitet worden (bitte nach Jahr, Be-
ginn der Ermittlungen, Staatsanwaltschaft, Bundesland, Delikt, Anzahl der
Tatbeteiligten aufschlüsseln)?

4. Über wie viele so genannte Stützpunkte mit wie vielen Mitgliedern verfügt
die Neonazi-Partei DER DRITTE WEG derzeit nach Kenntnis von BKA,
GETZ, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesinnenminis-
teriums (bitte nach Ort des Stützpunkts und Mitgliedern aufschlüsseln)?

5. Bei wie vielen Gründungen von so genannten Bürger- und Anwohnerinitiati-
ven waren bzw. sind Mitglieder und bzw. oder Aktivisten der Neonazi-Partei
DER DRITTE WEG nach Kenntnis von BKA, GETZ, des Bundesamtes für
Verfassungsschutz und des Bundesinnenministeriums beteiligt (bitte nach
Orten und Namen der Bürger- bzw. Anwohnerinitiativen aufschlüsseln)?

6. In wie vielen so genannten Bürger- und Anwohnerinitiativen waren bzw. sind
Mitglieder und/oder Aktivisten der Neonazi-Partei DER DRITTE WEG nach
Kenntnis von BKA, GETZ, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des
Bundesinnenministeriums aktiv (bitte nach Orten und Namen der Bürger-
bzw. Anwohnerinitiativen aufschlüsseln)?

7. Wie viele Protestkundgebungen und/oder -aufmärsche gegen Flüchtlings-
unterkünfte wurden von Mitgliedern und/oder Aktivisten der Neonazi-Partei
DER DRITTE WEG nach Kenntnis von BKA, GETZ, des Bundesamtes für
Verfassungsschutz und des Bundesinnenministeriums angemeldet (bitte nach
Datum, Ort, Bundesland, Anzahl der Teilnehmer aufschlüsseln)?

8. Wie viele Protestkundgebungen und/oder -aufmärsche gegen Flüchtlings-
unterkünfte wurden von Mitgliedern und/oder Aktivisten der Neonazi-Partei
DER DRITTE WEG nach Kenntnis von BKA, GETZ, des Bundesamtes für
Verfassungsschutz und des Bundesinnenministeriums mitorganisiert (bitte
nach Datum, Ort, Bundesland, Anzahl der Teilnehmer aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5619
9. Wie viele und welche „Nein zum Heim“- und andere gegen Flüchtlingsun-
terkünfte gerichtete Facebook- und Websites wurden von Mitgliedern und/
oder Aktivisten der Neonazi-Partei DER DRITTE WEG nach Kenntnis von
BKA, GETZ, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesin-
nenministeriums angemeldet (bitte nach Websites bzw. Facebookseiten,
Ort, Bundesland aufschlüsseln)?

10. Wie viele der auf der Website der Partei DER DRITTE WEG verlinkten
Deutschlandkarte angegebenen Standorte von Flüchtlingsheimen wurden
nach Kenntnis von BKA, GETZ und/oder des Bundesamtes für Verfas-
sungsschutz und des Bundesinnenministeriums als Straf- und Gewalttaten
der politisch motivierten Kriminalität (PMK)-rechts und/oder PMK-sons-
tige registriert (bitte nach Ort, Bundesland, Datum, Delikt aufschlüsseln)?

11. Welche Bedeutung kommt nach Kenntnissen von BKA und GETZ die Ver-
öffentlichung des so genannten Leitfadens „Kein Asylantenheim in meiner
Nachbarschaft“ bei der Zunahme von Bürgerinitiativen und Protesten gegen
Flüchtlingsheime und deren Vernetzung zu?

12. Welche Bedeutung kommt nach Kenntnissen des Bundesamtes für Verfas-
sungsschutz die Veröffentlichung des so genannten Leitfadens „Kein Asy-
lantenheim in meiner Nachbarschaft“ auf der Website der Partei DER
DRITTE WEG bei der Zunahme von Bürgerinitiativen und Protesten gegen
Flüchtlingsheime und deren Vernetzung zu?

13. Existiert nach Kenntnissen von BKA und GETZ eine bundesweite Vernet-
zung und Koordinierung von Bürgerinitiativen und Protesten gegen Flücht-
lingsheime, und welche Organisationen und Parteien sind daran beteiligt?

14. Existiert nach Kenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine
bundesweite Vernetzung und Koordinierung von Bürgerinitiativen und Pro-
testen gegen Flüchtlingsheime, und welche Organisationen und Parteien
sind daran beteiligt?

15. Handelt es sich nach Kenntnis und/oder Einschätzung von BKA, GETZ
und/oder des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei dem Leitfaden „Kein
Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“ um eine Blaupause für neonazis-
tische Kampagnen und/oder Straf- und Gewalttaten gegen Flüchtlingsheime
und Geflüchtete?

16. Wie häufig hat sich das GETZ mit der Neonazi-Partei DER DRITTE WEG
beschäftigt, und wie häufig war die Partei DER DRITTE WEG Gegenstand
von Lageberichten von BKA, GETZ und des Bundesamtes für Verfassungs-
schutz (bitte nach Datum aufschlüsseln)?

17. Wie viele Aktivisten und/oder Mitglieder der Neonazi-Partei DER DRITTE
WEG werden als V-Leute des Bundesamtes für Verfassungsschutz geführt?

18. Liegen nach Kenntnis und/oder Einschätzung von BKA, GETZ, der Gene-
ralbundesanwaltschaft und/oder des Bundesamtes für Verfassungsschutz
bei der Neonazi-Partei DER DRITTE WEG Ansätze zu rechtsterroristi-
schen Aktivitäten und Organisierungsformen vor?

Berlin, den 15. Juli 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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