BT-Drucksache 18/5604

Verlegung von Ausrüstung, Fahrzeugen und Panzern für eine schwere US-Brigade nach Grafenwöhr und Mannheim

Vom 14. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5604
18. Wahlperiode 14.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Eva Bulling-Schröter, Dr. Alexander S. Neu,
Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, Annette Groth, Ulla Jelpke,
Niema Movassat, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Verlegung von Ausrüstung, Fahrzeugen und Panzern für eine schwere US-Brigade
nach Grafenwöhr und Mannheim

Medienberichten zufolge plant die US-Armee, in Grafenwöhr für 51 Mio. US-
Dollar eine neue Fahrzeugwartungshalle zu bauen (Onlineausgabe Oberpfalz-
netz vom 23. Juni 2015). Es handele sich dabei um einen weiteren Ausbau der
US-Garnison. In den Hallen sollten demnach Ausrüstung, Fahrzeuge und Panzer
für eine schwere US-Brigade in Europa untergebracht werden. Bislang waren
laut dem Bericht in Grafenwöhr rund 30 Kampfpanzer vom Typ „Abrams“ und
30 Schützenpanzer vom Typ „Bradley“ eingelagert. Nach einem Agenturbericht
will die US-amerikanische Regierung 800 Panzer in Grafenwöhr stationieren
(FAZ vom 12. März 2015). Ein Drittel solle laut dem US-Generalleutnant Fre-
derick Hodges in Grafenwöhr bleiben. Laut seiner Aussage wolle er die übrigen
zwei Drittel im Baltikum, in Polen sowie in Bulgarien und Rumänien stationie-
ren. Die Bundesregierung dementiert die Angaben jedoch und schreibt, es sei
geplant, „Ausrüstung, die u. a. 250 gepanzerte Fahrzeuge umfassen soll“, ledig-
lich „vorübergehend“ in Deutschland zu belassen (vgl. Schriftliche Frage 23 auf
Bundestagsdrucksache 18/5536 des Abgeordneten Andrej Hunko). Diese würde
auch nicht stationiert, sondern solle lediglich in Deutschland „lagern“. Außer in
Grafenwöhr sei auch Mannheim als Standort für diese „Lagerung“ ausgewählt.
Die amerikanische Regierung plane derzeit „keine Stationierung zusätzlicher
amerikanischer Streitkräfte in Deutschland“.
Laut Frederick Hodges mache es Material „viel einfacher für Soldaten, nach
Europa zu fliegen und hier zu üben“. Die Verlegung der Rüstungsgüter sei in ers-
ter Linie zu Übungszwecken vorgesehen. Es handele sich aber auch um Ab-
schreckung Russlands, die Übungen sind Teil eines NATO-Plans hinsichtlich
des Konflikts in der Ostukraine. Der Generalleutnant Hodges ist auch Oberkom-
mandierender des US-Heeres in Europa. Seine Entscheidung muss noch vom
US-Verteidigungsminister Ashton Carter gebilligt werden. Carter hatte am Ende
einer Europa-Reise die Garnison und den Truppenübungsplatz Grafenwöhr be-
sucht. Die Ausbauten in Grafenwöhr müssen hingegen vom US-Kongress in
Washington genehmigt werden. Der dortige Truppenübungsplatz ist mit Vilseck
und Hohenfels der größte Ausbildungsstandort der US-Armee außerhalb der
USA.
Die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, hatte die Ver-
legung der US-Ausrüstung im März 2015 gelobt und erklärt, die Entscheidung
der US-Regierung untermauere „ihr klares Bekenntnis zu den transatlantischen
Beziehungen und zur Übernahme von Verantwortung für die Sicherheit Europas
auch angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen“ (Merkur vom

Drucksache 18/5604 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
12. März 2015). So ergäben sich „gute Möglichkeiten für Verbände und Einhei-
ten der Bundeswehr sowie anderer NATO-Partner, mit den amerikanischen
Streitkräften gemeinsam zu üben und somit die Koordinationsfähigkeit auf ho-
hem Niveau zu halten“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann und auf welche Weise hat die Bundesregierung erstmals von den Plä-

nen der US-Regierung erfahren, 800 Panzer nach Grafenwöhr zu verlegen?
2. Inwiefern handelt es sich bei der Verlegung aus Sicht der Bundesregierung

um eine „Lagerung“ oder eine „Stationierung“, und woran bemisst sich die-
ser Unterschied?

3. Inwiefern sollen nach Kenntnis der Bundesregierung auch mehr Truppen
oder sonstige Bedienstete der US-Armee nach Deutschland verlegt werden?

4. Wann und auf welche Weise hat die Bundesregierung erfahren, inwiefern
Teile der US-Ausrüstung oder Truppen später in andere NATO-Mitglied-
staaten mit näherer geografischer Lage zu Russland verlegt werden sollen?

5. Um welche Zahl, Art und welchen Typ handelt es sich nach Kenntnis der
Bundesregierung genau bei der nach Deutschland (auch „vorübergehend“)
verlegten Ausrüstung (bitte insbesondere die Panzer und etwaige Luftfahr-
zeuge detailliert beschreiben)?

6. Welche der (auch „vorübergehend“) verlegten Ausrüstung stammt nach
Kenntnis der Bundesregierung von anderen US-Basen in Deutschland, und
inwiefern sollen nach Kenntnis der Bundesregierung auch Kampfhub-
schrauber aus Katterbach/Ansbach nach Grafenwöhr verlegt werden?

7. Welche der (auch „vorübergehend“) nach Deutschland bzw. innerhalb
Deutschlands verlegten Ausrüstung soll nach Kenntnis der Bundesregie-
rung in Grafenwöhr, und welche in Mannheim stationiert oder „gelagert“
werden?

8. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, nach welcher Maßgabe die
US-Regierung entscheidet, ob die Ausrüstung teilweise oder komplett in an-
dere NATO-Mitgliedstaaten verlegt werden könnte?

9. Inwiefern hat die Bundesregierung diese Angelegenheit selbst mit den Re-
gierungen baltischer Staaten, Polens, Bulgariens und Rumäniens bespro-
chen?

10. Was ist der Bundesregierung über Äußerungen von US-Repräsentanten be-
kannt, wonach die Ausrüstung in Brigadenstärke zwar in erster Linie zu
Übungszwecken vorgesehen sei, diese aber auch zur Abschreckung diene?
a) Inwiefern haben diese US-Repräsentanten diese Äußerungen gegenüber

der Bundesregierung selbst getätigt, und wie hat diese darauf reagiert?
b) Wer oder was soll nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Verlegung

von Ausrüstung in Brigadenstärke abgeschreckt werden?
11. Welche Überlegungen haben deutsche und nach Kenntnis der Bundesregie-

rung US-Militärs bzw. deren übergeordneten Behörden angestellt, um die
von der Bundesverteidigungsministerin gelobten „gute[n] Möglichkeiten
für Verbände und Einheiten der Bundeswehr sowie anderer NATO-Partner,
mit den amerikanischen Streikräften gemeinsam zu üben und somit die Ko-
ordinationsfähigkeit auf hohem Niveau zu halten“, in die Tat umzusetzen,
und welche Vorgehensweise ist hierzu verabredet worden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5604
12. Welche Anträge für welche Ausbauten der Truppenübungsplätze Grafen-
wöhr, Vilseck und Hohenfels haben US-Behörden in den vergangenen fünf
Jahren bei der Bundesregierung gestellt, bzw. über welche Ausbauten wurde
sie unterrichtet?

13. Von welchen Ausbauten erfuhr die Bundesregierung, ohne hierzu unterrich-
tet worden zu sein?

14. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern „Bayern als Stand-
ort auch von US-Truppen […] bereit [ist], seinen Beitrag zu leisten“, um ein
„einheitliches und eng abgestimmtes Vorgehen der NATO-Partner“ zu ge-
währleisten, und was ist mit dieser Ankündigung nach Kenntnis der Bun-
desregierung gemeint (Bayerische Staatsregierung vom 26. Juni 2015)?

15. Was ist der Bundesregierung über eine endgültige Entscheidung des US-
Verteidigungsministers zur (auch „vorübergehenden“) Verlegung von Aus-
rüstung in Brigadenstärke nach Deutschland bekannt?

16. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer Entscheidung des
US-Kongresses in Washington zu den Ausbauten in Grafenwöhr zu rech-
nen?

17. Inwiefern und mit welchem Inhalt und Ergebnis wurden die Pläne zur (auch
„vorübergehenden“) Verlegung von bis zu 800 Panzern nach Grafenwöhr
auf Ebene der Europäischen Union diskutiert, und wie hat sich die Bundes-
regierung in Diskussionen hierzu positioniert?

18. Inwiefern und mit welchem Inhalt und Ergebnis wurden die Pläne zur (auch
„vorübergehenden“) Verlegung von bis zu 800 Panzern nach Grafenwöhr
unter den NATO-Verteidigungsministern diskutiert, und wie hat sich die
Bundesregierung in Diskussionen hierzu positioniert?

19. Welche NATO-Staaten beteiligen sich nach Kenntnis der Bundesregierung
derzeit mit welchem Gerät an der Sicherung des baltischen Luftraums?
a) Inwiefern und in welchem Umfang gehören hierzu auch Soldaten für das

Vor- und Hauptkommando der NATO-Mission (bitte soweit möglich
Zahlen und Entsendestaaten nennen)?

b) Welche Missionen und Einsätze der NATO werden derzeit vom Luftwaf-
fengefechtsstand „Combined Air Operation Centre“ in Uedem begleitet
oder geleitet?

c) Welche Missionen und Einsätze der Bundeswehr werden derzeit vom
Zentrum Luftoperationen, dem Joint Force Air Component Headquarter
oder der Operationszentrale Luftwaffe begleitet oder geleitet?

20. Was ist der Bundesregierung über die Planungen zum NATO-Manöver „Tri-
dent Juncture 2015“ in Bezug auf die Anzahl der dort vorgesehenen Trup-
pen und Ausrüstung bekannt (bitte möglichst nach den einzelnen NATO-
Mitgliedern aufschlüsseln)?
a) In welchen Lufträumen soll in „Trident Juncture 2015“ geübt werden,

und inwiefern sollen dort auch Drohnen operieren (sofern bereits be-
kannt, bitte angeben, welche NATO-Mitglieder welche Drohnen einset-
zen wollen, und von wo diese starten und landen)?

b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern schon jetzt flug-
betriebliche Verfahren zur Durchquerung der betreffenden Lufträume
mit Drohnen entwickelt werden?

c) Auf welche Weise soll hierfür auch die Zusammenarbeit mit zivilen
Fluglotsen praktiziert und bzw. oder geübt werden?

Drucksache 18/5604 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. Was ist der Stand des Genehmigungsverfahrens für eine erweiterte Zulas-
sung zum Betrieb von US-Drohnen in Korridoren zwischen Basen in der
Oberpfalz, etwa zwischen Grafenwöhr und Hohenfels, und mit welchem In-
halt hat die US-Regierung bzw. das Hauptquartier der US-Landstreitkräfte
mittlerweile eine für das Genehmigungsverfahren benötigte technische Be-
wertung der Drohnen vorgelegt (vgl. Bundestagsdrucksache 18/4944)?

22. Wann sollen die Untersuchungen zu der im November 2014 in Hohenfels
abgestürzten US-Drohne nach Kenntnis der Bundesregierung abgeschlos-
sen sein (vgl. Bundestagsdrucksache 18/4944)?
a) Sofern die Bundesregierung hierüber keine Kenntnis hat, inwiefern kann

sie die zur Beantwortung dieser bereits mehrmals gestellten Frage nöti-
gen Kenntnisse bei der US-Armee einholen?

b) Inwiefern ist die Bundesregierung in der Lage oder willens, in Erfahrung
zu bringen, ob die in der Oberpfalz abgestürzte US-Drohne auf Sicht
oder „Beyond Visual Line Of Sight“ (BVLOS) gesteuert wurde?

23. Welche verschiedenen „technischen Möglichkeiten der Steuerung von un-
bemannten Luftfahrzeugen auch über Relaisstationen“ sind der Bundesre-
gierung bekannt, und welche technischen Einrichtungen sind hierfür jeweils
am Boden und in der Luft erforderlich (bitte auch nach möglicher Minimie-
rung von Latenzzeiten und Einbindung der zivilen und bzw. oder militäri-
schen Flugsicherung darstellen)?

24. Was ist der Bundesregierung aus der Lektüre einschlägiger Veröffentlichun-
gen oder der Thematisierung in NATO-Arbeitsgruppen darüber bekannt, in
welchen Ländern die NATO solche Relaisstationen betreibt oder errichtet?

25. In welchen Ländern werden von der NATO für Flüge mit großen und mit-
telgroßen Drohnen vorhandene Relaisstationen von NATO-Mitgliedern ge-
nutzt?

26. Inwiefern ist die Bundesregierung in der Lage oder willens in Erfahrung zu
bringen, ob die in der Oberpfalz geflogenen US-Drohnen (insbesondere die
abgestürzte „Shadow“) dabei von einer US-Basis außerhalb Deutschlands
gesteuert wurden, diese Steuerung mithin über eine Relaisstation erfolgte?

27. Inwiefern hat die Bundesregierung über ihre Verbindungsbeamten in US-
Einrichtungen oder anderen Kanäle des „intensiven Dialogs mit der Regie-
rung der Vereinigten Staaten“ in Erfahrung gebracht, in welchem Umfang
die Infrastruktur des militärischen Stützpunktes in Ramstein genutzt wird,
um die Kampfdrohnen MQ-9 Reaper von Deutschland aus nach Dschibuti
oder in andere Länder zu transportieren (vgl. Bundestagsdrucksache 18/237)?
a) Inwiefern ist es der Bundesregierung nunmehr möglich, die Kosten für

den Aus- und Umbau der US-amerikanischen Stützpunkte in Stuttgart
und Ramstein insofern detailliert aufzuschlüsseln, damit ersichtlich wird,
ob auch Anlagen finanziert wurden, mithilfe derer die US-Armee den
Einsatz von Drohnen (auch über Relaisstationen) steuert oder von Droh-
nen übermittelte Daten bearbeitet und auswertet (vgl. Bundestagsdruck-
sache 18/237)?

b) Inwiefern hat die Bundesregierung über ihre Verbindungsbeamten oder
andere Kanäle des „intensiven Dialogs mit der Regierung der Vereinig-
ten Staaten“ in Erfahrung gebracht, ob das Joint Special Operations
Command (JSOC) über ein eigenes Gebäude auf dem Gelände des
Hauptquartiers des United States Africa Command (AFRICOM) verfügt
(vgl. Bundestagsdrucksache 18/237)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5604
28. Inwiefern steht die Bundesregierung mit der US-Armee in einem Austausch
über die im Einsatz mit Uran 238 kontaminierten US-Soldaten bzw. Ange-
hörigen von durch die US-Armee beauftragten Sicherheitsdiensten?

29. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern im Einsatz mit
Uran 238 kontaminierte US-Soldaten auch in Deutschland behandelt wer-
den?

30. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die US-Armee in
Labors in Rheinland-Pfalz mit aktiven statt inaktiven Sporen des Biokampf-
mittels „Anthrax“ experimentiert oder operiert hat (SPIEGEL ONLINE
vom 11. Juli 2015)?
a) Wann und auf welche Weise hat die Bundesregierung hierzu Erkennt-

nisse erlangt und bzw. oder nachgefragt?
b) Mit welchen Stellen wurde hierzu kommuniziert?
c) Welche „Unregelmäßigkeiten“ haben die US-Behörden hierzu mitge-

teilt?
31. Bei welchen weiteren NATO-Übungen in Deutschland wurde nach Kennt-

nis der Bundesregierung mit aktiven oder inaktiven Sporen des Biokampf-
mittels „Anthrax“ experimentiert oder operiert?

32. Bei welchen weiteren NATO-Übungen in Deutschland wurde nach Kennt-
nis der Bundesregierung mit aktiven oder inaktiven Sporen anderer Kampf-
mittel experimentiert oder operiert?

33. In welcher Häufigkeit haben Vizepräsidenten des Bundesnachrichtendiens-
tes (BND) in der Vergangenheit dem AFRICOM „im Rahmen der Kontakt-
pflege Besuche abgestattet“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2794)?
Inwiefern wurde dabei auch über die Nutzung der besuchten Anlage zur
Durchführung von Drohnenangriffen gesprochen (vgl. Bundestagsdrucksa-
che 18/2794)?

34. Inwiefern haben die Verbindungsbeamten in US-Einrichtungen oder die
BND-Vizepräsidenten auch Erkenntnisse gesucht, die den Generalbundes-
anwalt in seinen Beobachtungsvorgängen hinsichtlich der Tötung deutscher
Staatsangehöriger durch US-Drohnen oder der möglichen völkerrechtswid-
rigen Nutzung von Ramstein als Relaisstation für Drohnenangriffe unter-
stützen könnten?

Berlin, den 14. Juli 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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