BT-Drucksache 18/5433

REDDplus-Mechanismus zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen aus Entwaldung und Waldschäden im globalen Süden - Entwicklungspolitischer Nutzen

Vom 22. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5433
18. Wahlperiode 22.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Heike Hänsel, Eva Bulling-Schröter,
Wolfgang Gehrcke, Herbert Behrens, Annette Groth, Ralph Lenkert, Birgit Menz,
Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

REDDplus-Mechanismus zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen
aus Entwaldung und Waldschäden im globalen Süden –
Entwicklungspolitischer Nutzen

REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) soll
als Instrument internationaler Klimaschutzpolitik durch den Schutz von Wäl-
dern in Ländern des Globalen Südens dabei helfen, die globalen CO2-Emissio-
nen zu reduzieren. REDD+ erhebt dabei auch den Anspruch, die nachhaltige
Entwicklung von Kleinbauern sowie vom Wald abhängigen, oft indigenen Ge-
meinschaften zu unterstützen. Dem kommt REDD+ nach Auskunft der KfW
Bankengruppe (www.bmz.de/en/publications/topics/climate/FlyerREDD_lang.
pdf) schon allein dadurch nach, dass das Programm für diese Gruppen wichtige
Funktionen des Waldökosystems zu erhalten helfe.
REDD bzw. REDD+ waren von Beginn an heftig umstritten. Zum einen the-
matisierten Umwelt- und Entwicklungsorganisationen die zahlreichen metho-
dischen Probleme, die die ökologische Integrität des Mechanismus in Frage
stellen (siehe Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „REDDplus-Mecha-
nismus zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen aus Entwaldung und
Waldschäden im globalen Süden – ökologische Integrität“, Bundestagsdruck-
sache 18/5432). Zum anderen wurden von diesen Organisationen sowie von
Verbänden indigener Völker drohende oder erfolgte Vertreibungen und andere
Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Vorbereitung oder der Umsetzung des
Mechanismus aufgezeigt.
REDD+ befindet sich derzeit in der Aufbauphase. Dabei unterstützen unter-
schiedliche nationale und multilaterale Organisationen (von der Deutschen
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und der KfW
über die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen
– FAO – und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen – UNDP – bis
hin zur Weltbank) Staaten des globalen Südens bei drei Umsetzungsphasen:
● Readiness: Staaten des globalen Südens entwerfen nationale Strategien oder

Aktionspläne zum Aufbau von REDD+-Programmen,
● Implementierungsphase: Vorbereitung konkreter REDD+-Projekte und Auf-

bau der dafür notwendigen Kapazitäten bzw. des institutionellen Rahmens,
● Zahlungen für konkrete Schutzmaßnahmen bzw. Emissionsreduktionen.

Drucksache 18/5433 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Neben Norwegen ist die Bundesregierung derzeit der größte bilaterale Geber für
REDD+-Maßnahmen. Sie beteiligt sich in unterschiedlicher Weise an REDD+-
Maßnahmen.
Erstens ist sie größter Geber des Weltbankfonds Forest Carbon Partnership
Facility (FCPF), der Länder beim Entwurf nationaler REDD+-Strategien sowie
bei der Planung und Durchführung von REDD+-Projekten unterstützt und auch
Zahlungen auf der Basis nachgewiesener Emissionsreduktionen für erfolgreiche
REDD+-Projekte leistet. Aktiv ist der FCPF beispielsweise in der Demokrati-
schen Republik Kongo, die sich als REDD+-Pilotregion beworben hat.
Zweitens führen GIZ und KfW im Auftrag der Bundesregierung das Programm
REDD Early Movers (REM) durch, in dessen Rahmen Länder für die erfolgrei-
che Umsetzung von REDD+-Projekten finanziell belohnt werden. REM versteht
sich als „Brückenfinanzierung“, für bereits laufende REDD+-Projekte, bis die
Frage der Finanzierung von REDD+-Projekten auf internationaler Ebene geklärt
ist. Bislang hat einzig der brasilianische Bundesstaat Acre Zahlungen für nach-
gewiesene Reduktionen aus dem REM-Programm erhalten (www.dandc.eu
„Bonus for early movers“ vom 5. Juli 2014).
Drittens finanziert die Bundesregierung über das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und die Internationale
Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) bilaterale Programme, in denen einzelne
Länder oder Regionen fit für REDD+ gemacht werden sollen.
Da REDD+ in erster Linie als klimapolitisches Instrument entworfen wurde,
steht der entwicklungspolitische Beitrag der REDD+-Maßnahmen für die Län-
der des Südens bzw. lokalen Bevölkerungsgruppen nicht immer an erster Stelle.
Obwohl die Rechte lokaler Gruppen durch „Safeguard-Mechanismen“ ge-
schützt werden sollen, kommt es im Rahmen der Vorbereitung oder Umsetzung
von REDD+-Projekten zu Konflikten. Das Informationsportal REDD-Monitor
(www.redd-monitor.org) informiert seit Jahren regelmäßig über zahlreiche Kla-
gen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, deren Landnutzung durch REDD-
Projekte beeinträchtigt wird. Ihre Kritikpunkte sind unter anderem die fehlende
Einbindung in die Planung und Durchführung der Projekte, Einschränkungen ih-
res Zugangs zu Land, insbesondere dort, wo Landrechtsfragen ungeklärt sind,
Verarmung und Verlust der Ernährungssicherheit durch die Kriminalisierung ih-
rer Anbaupraktiken (z. B. Wanderfeldbau).
Die Bundesregierung und andere multilaterale Akteure haben ein Interesse,
schnelle Erfolge bei der Umsetzung von REDD+ zu präsentieren. Daher werden
auch REDD+-Programme in Ländern aufgebaut, obgleich die politischen und
rechtlichen Rahmenbedingungen fragwürdig sind und REDD+ die Gefahren für
Korruption erhöht. Im Sinne schneller Erfolge werden Programme teilweise be-
gonnen, ohne ausreichende Informationen über die Entwaldungssituation vor
Ort zu haben. Ein Beispiel hierfür ist das CliPAD Programm, welches in Laos in
zweiter Phase von der GIZ durchgeführt wird. Eine Untersuchung des renom-
mierten Center For International Forestry Research (CIFOR) beschreibt die
Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung des Programms auftraten: In einer der
ausgewählten Projektregionen war die Entwaldungsrate nicht hoch genug, um
ein REDD+-Projekt wirtschaftlich erfolgreich durchzuführen. In der anderen
vorgesehen Projektregion verhinderte der Widerstand des laotischen Militärs
eine Umsetzung der REDD+-Maßnahme in der Grenzregion zu Thailand
(www.cifor.org „REDD+ at the crossroads: Choices and tradeoffs for 2015–2020
in Laos“).
Zudem ist fraglich, inwieweit REDD+ in der Lage ist, effektiv zum Schutz von
Wäldern beizutragen. Da eingesparte Emissionen honoriert werden sollen, funk-
tioniert REDD+ beispielsweise nicht in Regionen mit geringer Entwaldungsrate.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5433
Und Studien, u. a. der Organisation Forest Trends, zeigen, dass REDD+ mit
einer derzeitigen Vergütung von 5 US-Dollar pro Tonne CO2 nicht in der Lage
ist, die eigentlichen Treiber von Entwaldung (z. B. industriellen oder illegalen
Holzeinschlag, Anlage von Soja- und Palmöl-Plantagen) anzugehen.
Von Seiten der Kritikerinnen und Kritiker ist immer wieder zu hören, dass
REDD+ für die reichen Länder des Nordens billige Emissionszertifikate gene-
rieren soll, die sie im Falle eines verpflichtenden Klimaabkommens als Gut-
schrift („offset“) für ihre hohen CO2-Emissionen nutzen können.
Daher stellt sich insgesamt die Frage nach dem entwicklungspolitischen Nutzen
von REDD+.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern und in welchem Umfang hat sich die Bundesregierung seit dem

Jahr 2008 jährlich an REDD+-Maßnahmen beteiligt, und wofür wurden die
Finanzmittel im Einzelnen verwendet (bitte die Projekte nach Ländern, mit
kurzer Projektbeschreibung und jeweils bereitgestelltem Budget auflisten)?

2. Wie hoch ist der Anteil der Gelder, den die Bundesregierung in die FCPF der
Weltbank einzahlt, am Gesamtvolumen der von der Bundesregierung finan-
zierten REDD+-Maßnahmen?

3. In welcher Höhe insgesamt und mit welcher genauen Laufzeit stehen dem
REM-Programm finanzielle Mittel zur Verfügung?

4. Wie viele dieser REM-Mittel wurden bis einschließlich 31. Dezember 2014
ausgegeben, und wofür (bitte nach Empfänger, Zweck, Finanzvolumina auf-
listen)?

5. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus, dass es nach Kenntnis der Fragesteller keine einheitlichen und ver-
bindlichen Safeguards für alle REDD+-Projekte gibt, und inwiefern setzt sich
die Bundesregierung für eine Vereinheitlichung und Verbindlichkeit der
Safeguards, beispielsweise im Rahmen der Klimaverhandlungen seit dem
Jahr 2008, ein?

6. Welche Rolle spielt das vom BMZ verabschiedete Menschenrechtskonzept
bei der Bewilligung und Umsetzung von REDD+-Projekten?
Werden REDD+-Maßnahmen vor Bewilligung auf eine Konformität mit dem
Menschenrechtskonzept geprüft?
Wie wird die Anwendung des Konzepts in der Projektumsetzung gewährleis-
tet?
Wurden hierzu Evaluierungen vorgenommen, und wenn ja, zu welchen Er-
gebnissen sind diese gekommen?
Wenn nein, warum nicht?

7. Arbeiten die in die Umsetzung konkreter REDD+-Maßnahmen involvierten
deutschen Akteure (BMZ, KfW, GIZ, BMUB) nach den gleichen menschen-
rechtlichen Standards und Leitlinien?
Wenn ja, welche sind dies?
Wenn nein, warum nicht?

8. Inwiefern spielt der Gender-Ansatz als Querschnittsaufgabe, wie ihn das
BMZ in seinem Strategiepapier hervorhebt (www.bmz.de/de/mediathek/
publikationen/reihen/strategiepapiere/Strategiepapier341_02_2014.pdf), in
REDD+-Programmen der Bundesregierung eine hervorgehobene Rolle?
Wie viele REDD+-Projekte berücksichtigen Gender als relevante Kategorie
bereits in der Konzeptionsphase?

Drucksache 18/5433 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Frauen nicht durch REDD+-Pro-
jekte in besonderer Weise benachteiligt werden, angesichts der Tatsache,
dass Frauen oftmals Hauptverantwortliche für die Grundnahrungssicherung
sind und von den Einschränkungen, z. B. des Wanderfeldbaus, in besonde-
rer Weise betroffen werden, wohingegen Verträge über die ,Gewinnvertei-
lung‘ aus REDD+-Projekten i. d. R. mit männlichen Familienmitgliedern
geschlossen werden (vgl. www.redd-monitor.org/2015/03/12/redd-
safeguards-protecting-investments-or-upholding-rights/)?

9. Welche Aktivitäten und welche Akteure sind nach Kenntnis der Bundes-
regierung die größten Treiber und Ursachen für die Entwaldung in Brasilien,
Laos und in der Demokratischen Republik Kongo?
Welche Strategien befürwortet sie zur Bekämpfung der Treiber und Ursa-
chen dieser Entwaldung?
Wie groß ist der Anteil der von der Bundesregierung finanzierten REDD+-
Maßnahmen in den drei Ländern, der diese Treiber und Ursachen von Ent-
waldung direkt adressiert?

10. Inwiefern, jeweils wann und bezogen auf welches Gebiet (Welt, Kontinente,
Länder, Regionen etc.) wurden seit dem Jahr 2000 Evaluierungen über die
Wirksamkeit von Aktivitäten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
mit dem Schwerpunkt auf den Wald durchgeführt?
Falls ja, welche sind dies, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung
aus diesen Evaluierungen für REDD+-Aktivitäten gewonnen und gezogen?

11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung zahlreicher Akteure, die
REDD+ als Instrument eines paradigmatischen Wechsels in der Entwick-
lungszusammenarbeit sehen, da Zahlungen erst nach erfolgtem Nachweis
der Emissionsreduktion erfolgen sollen (www.cgdev.org/sites/default/files/
CGD-Climate-Forest-Paper-Series-16-Pistorius-Kiff-German-politics-
REDD.pdf)?
Lässt die Bundesregierung die Umsetzung von REDD+, auch aufgrund die-
ser unter Umständen weitreichenden Auswirkungen von REDD+ für die
Entwicklungszusammenarbeit, wissenschaftlich begleiten?
Wenn ja, welche Ergebnisse liegen hierzu bisher vor?
Wenn nicht, warum nicht?

12. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den Beschwerden traditioneller Waldbewohnerinnen und Waldbe-
wohner und indigener Völker, dass ihre Praxis Wanderfeldbau („rotational
farming“, „shifting cultivation“ oder „slash-and-burn agriculture“) zu be-
treiben, auch im Rahmen von REDD+-Programmen kriminalisiert wird
(www.infoe.de/web/images/Pdf/INFOE_Indigene_%20Volker_
Klimaverhandlungen.pdf) vor dem Hintergrund, dass
a) Wanderfeldbau nicht bloß eine Nutzungsform, sondern einen integralen

Bestandteil der Lebensweise und kulturellen Identität indigener Völker
darstellen kann,

b) Wanderfeldbau trotz eines allgemeinen Rückgangs noch immer eine we-
sentliche Rolle bei der Bereitstellung von Lebensgrundlagen und Ernäh-
rungssicherheit vieler Waldvölker spielt (www.iwgia.org/iwgia_files_
publications_files/0694_AIPPShifting_cultivation_livelihoodfood_
security.pdf),

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5433
c) Wanderfeldbau auch einen Beitrag zur CO2-Aufnahme liefern kann und
mehr CO2 einspeichert als emittiert, wie etwa für den Wanderfeldbau
durch das indigene Volk der Karen in Thailand nachgewiesen ist (www.
iwgia.org/iwgia_files_publications_files/0510_Karen_Community_
Carbon_Footprint.pdf; S. 22),

d) die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Natio-
nen (FAO), VN-Entwicklungsprogramm (UNDP) und VN-Umweltpro-
gramm (UNEP) nicht etwa Wanderfeldbau, sondern die Intensivierung
von Landwirtschaft und großflächige industrielle Plantagen als Hauptur-
sachen für Entwaldung in Asien ausmachen (www.unfccc.int/resource/
docs/2012/smsn/ngo/235.pdf; S. 2),

e) Wanderfeldbau keine Entwaldung per se, sondern nach FAO-Kriterien
lediglich eine Modifizierung des Waldes verursacht (www.unfccc.int/
resource/docs/2012/smsn/ngo/235.pdf; S.2)?

13. Inwiefern stellt die Bundesregierung sicher, dass das Ziel des Waldschutzes,
und insbesondere von REDD+-Maßnahmen, keine negativen Effekte auf
die Ernährungssicherheit der lokalen Bevölkerung haben?

14. Inwiefern stellt die Bundesregierung sicher, dass im Zuge ihrer REDD+-
Aktivitäten die Nutzungs- und Landrechte der lokalen Bevölkerung respek-
tiert werden?

15. In welcher Weise berücksichtigt die Bundesregierung bei der Umsetzung
konkreter REDD+-Projekte die energetischen Bedürfnisse der lokalen Be-
völkerung, z. B. den Bedarf an Holz und Holzkohle oder die aktive zur Ver-
fügungstellung von alternativen Energiequellen mit dem dazugehörigen
Fachwissen über ihre Nutzung zu Kosten, die die Menschen tragen können?

16. Sind der Bundesregierung Beschwerden zu REDD+-Projekten der Welt-
bank bekannt?
Wenn ja, wie wurde mit diesen verfahren?
a) Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung von REDD+-Maß-

nahmen real oder potenziell betroffene Menschen darüber aufgeklärt
worden, dass es eine Beschwerdemöglichkeit gibt und wie Beschwerden
bei wem eingereicht werden können?

b) Zu welchen Ergebnissen kamen nach Kenntnis der Bundesregierung
etwaige Überprüfungen von Beschwerden, und wie wurden die ange-
sprochenen Probleme schließlich gelöst?

c) Kam es durch Beschwerden zu Anpassungen in laufenden oder noch in
Planung befindlichen REDD+-Projekten?
Wenn ja, inwiefern?
Wenn nein, warum nicht?

17. Gingen beim BMZ Beschwerden zu REDD+-Projekten der Weltbank ein
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/10739, S. 11)?
Wenn ja, wie wurde mit diesen verfahren?

18. Inwiefern steht den Betroffenen bei den deutschen Durchführungsorganisa-
tionen oder der Bundesregierung (KfW, GIZ, BMZ, BMUB) im Falle von
Konflikten oder Problemen ein Beschwerdemechanismus zur Verfügung?
a) Wie funktionieren die Beschwerdemechanismen im Einzelnen?
b) Inwiefern sind von REDD+-Maßnahmen real oder potenziell betroffene

Menschen darüber aufgeklärt worden, dass es eine Beschwerdemöglich-
keit gibt und wie Beschwerden bei wem eingereicht werden können?

Drucksache 18/5433 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Welche Beschwerden sind zu welchen genauen Zeitpunkten und bezüg-
lich welcher REDD+-Projekte an die Bundesregierung bzw. deutschen
Durchführungsorganisationen herangetragen worden?

d) Zu welchen Ergebnissen kamen etwaige Überprüfungen von Beschwer-
den, und wie wurden die angesprochenen Probleme schließlich gelöst?

e) Kam es durch Beschwerden zu Anpassungen in laufenden oder noch in
Planung befindlichen REDD+-Projekten?
Wenn ja, inwiefern?
Wenn nein, warum nicht?

19. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen es im Rahmen
von REDD+-Maßnahmen, an denen die Bundesregierung beteiligt war, zu
Verletzungen von Menschenrechten und bzw. oder indigenen Rechten ge-
kommen ist?

20. Wie geht die Bundesregierung damit um, wenn die örtliche Bevölkerung bei
REDD+-Maßnahmen keinen homogenen Akteur darstellt und es innerhalb
von Gemeinschaften Interessenskonflikte gibt?
Nach welchen Kriterien wird schließlich entschieden, welche Interessen be-
rücksichtigt werden, und welche nicht?

21. Wie viel Geld hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 für Wald- und
Biodiversitätsschutz sowie REDD+ im Bundesstaat Acre ausgegeben (bitte
einzelne Projekte auflisten mit kurzer Projektbeschreibung und jeweils be-
reitgestelltem Budget)?
a) Wie viel hiervon wurde für die Demarkierung von indigenem Land ein-

gesetzt?
b) Wie viel wurde für Maßnahmen, die als REDD+-Maßnahmen verbucht

werden, eingesetzt?
c) Wie viel wurde für „Nachhaltige Waldbewirtschaftung/Sustainable Fo-

rest Management/Manejo Sustentavel“ eingesetzt?
Wieviel davon unterstützte Waldbewirtschaftung in Gebieten der Kaut-
schuk-Zapfer (manejo florestal comunitário) und wieviel Waldbewirt-
schaftung durch Privatunternehmer (manejo empresarial)?

d) Wie viel floss in andere Maßnahmen, und in welche?
22. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit der unterschiedlichen

Maßnahmen, und auf welcher Basis kommt sie zu dieser Bewertung?
Was ist der Bundesregierung bekannt über die Bewertung der Maßnahmen
durch die jeweiligen Zielgruppen?

23. Welche Verträge und Abkommen bestehen zwischen der Bundesregierung
und dem brasilianischen Bundesstaat Acre, die für REDD+-Aktivitäten re-
levant sind, und was regeln diese Abkommen jeweils?

24. Worauf führt es die Bundesregierung zurück, dass bisher lediglich Acre ins
REM-Programm aufgenommen wurde?
Wie ist der Stand der Prüfung einer Aufnahme von Ecuador und Kolumbien
in das REDD-Programm, mit denen im Dezember 2014 eine Absichtserklä-
rung unterzeichnet wurde (www.reddplussafeguards.com/?p=1202)?
Wurde eine Aufnahme anderer Länder bzw. Bundesstaaten geprüft?
Wenn ja, welche, und woran scheiterte die Aufnahme in das REM-Pro-
gramm?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5433
25. Inwiefern unterstützt REM die Demarkierung von indigenen Gebieten in
Acre oder anderen Regionen?

26. Welche Zusagen für Anreiz-Zahlungen (REM-AZ) wurden seit der Grün-
dung von REDD Early Movers von Seiten der Bundesregierung gemacht,
und wie viel Geld davon wurde bereits ausgegeben (bitte Auflistung nach
Empfänger, Finanzvolumina, Zweck)?

27. Welche Vergütungen von Emissionsreduktionen (REM-V) wurden bereits
gezahlt (bitte Auflistung nach Empfänger und Finanzvolumina)?

28. Wie viele Tonnen CO2 an Emissionsreduktionen hat der brasilianische Bun-
desstaat Acre der Bundesregierung bereits zu welchen Zeitpunkten nachge-
wiesen?
Wurden auch Zahlungen vor Nachweis der erbrachten Reduktionen geleis-
tet?

29. Wie werden im REM-Programm die für den Erhalt der Zahlungen notwen-
digen Maßnahmen in Acre (vor-)finanziert?

30. Wie wurde in Acre die Höhe der Entwaldung festgelegt, auf deren Basis die
Verminderung der Entwaldung im Rahmen von REM berechnet wird?

31. Inwieweit besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den über REM
finanzierten Maßnahmen und den vom Bundesstaat Acre nachgewiesenen
Emissionseinsparungen?
Wie wird dieser Zusammenhang überprüft?

32. Welche Regelungen bzw. Übereinkünfte über Sanktionen (z. B. Rückzah-
lungen) sieht das REM-Programm vor, und wie funktionieren die entspre-
chenden Kontroll- und Monitoringmechanismen, falls ein Akteur (z. B. der
Bundesstaat Acre) die versprochenen Emissionseinsparungen nicht erfüllt
bzw. es nach der Auszahlung der ergebnisbasierten Zahlungen zu einer Zer-
störung des Waldes und damit zu einer Freisetzung des zuvor für eingespart
deklarierten CO2 kommt?
Für welchen Zeitraum nach erfolgter Zahlung garantiert der Zahlungsemp-
fänger den Erhalt der Wälder bzw. des im Wald gespeicherten CO2?
Erachtet die Bundesregierung diesen Zeitraum auch als ausreichend, wenn
Zahlungen mit dem Erhalt von Emissionsgutschriften verbunden sind – eine
Option, die Mitglieder des Carbon Fonds der Weltbank FCPF, Tranche A
(z. B. The Nature Conservancy) erwägen (www.forestcarbonpartnership.org
„Note on Decision – Making Modalities in the Carbon Fund“ vom 19. April
2011)?

33. Wie hat die Bundesregierung während der Klimaverhandlungen in War-
schau im Jahr 2013 die Kritik der brasilianischen Bundesregierung wahr-
genommen, dass bilaterale Verhandlungen auf Bundesebene stattzufinden
haben und nicht zwischen dem brasilianischen Bundesstaat Acre und der
Bundesregierung und deshalb die brasilianische Bundesregierung der Re-
gierung von Acre keine Genehmigungsbescheinigung erteilen wollte (www.
vozdonorte.com.br/jornal/index.php/politica/1928-na-cop-19-anibal-
defende-ampliacao-da-parceria-do-banco-alemao-com-o-acre)?
Teilt die Bundesregierung die Kritik der brasilianischen Bundesregierung,
und wie hat sie darauf reagiert?

34. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Position der brasilianischen Bun-
desregierung, die REDD+ als internationalen „offset“-Mechanismus ablehnt
(www.itamaraty.gov.br/index.php?option=com_content&view=article&id
=5311:joint-statement-16th-basic-ministerial-meeting-on-climate-change-

Drucksache 18/5433 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
foz-do-iguacu-september-16-2013&catid=42&lang=en-GB&Itemid=718;
Punkt 12)?

35. Sind Berichte über die Umsetzung des REM-Programms in Acre, inklusive
der Maßnahmen, die in Acre mit REM-Geldern umgesetzt wurden bzw.
werden, öffentlich verfügbar?

36. Wie bewertet die Bundesregierung die gestiegene Entwaldungsrate in
Acre, wo seit dem Jahr 2013 ein Anstieg um 41 bis 54 Prozent im Ver-
gleich zum Vorjahr beziffert wird (www.jornalatribuna.com.br/?p=15222;
www.inpe.br/noticias/noticia.php?Cod_Noticia=3781), und inwiefern hat
sich diese Entwicklung der Entwaldungsrate auf die REM-Zahlungen in
diesem Zeitraum ausgewirkt?

37. Wie beurteilt die Bundesregierung die Erfolgschancen von REDD+, zu ei-
ner dauerhaften Reduzierung von Waldverlust und Kohlenstoff-Freisetzung
aus Wäldern in Acre beitragen zu können, angesichts einer Waldpolitik, die
weiterhin stark auf industrieller Holzwirtschaft und damit Schwächung der
Speicherkapazität der Wälder beruht, und die den Erhalt des Kohlenstoff-
speichers Wald in zentralen Politiken nicht erwähnt (z. B. „PROGRAMA
DE INCLUSÃO SOCIAL E DESENVOLVIMENTO ECONÔMICO SUS-
TENTÁVEL DO ESTADO DO ACRE – PROACRE“; www.ac.gov.br/wps/
wcm/connect/b900e1004c6169248bcb8f77cd9482a4/Anexo+1-+Manejo+
Florestal.pdf?MOD=AJPERES)?

38. Inwiefern wurde die lokale Bevölkerung partizipativ in das REM-Pro-
gramm in Acre eingebunden?
a) Inwiefern wurde die Bevölkerung lediglich über das REM-Programm in-

formiert, oder inwiefern wurde die Bevölkerung angehört und ihre vor-
gebrachten Anliegen und Interessen berücksichtigt?

b) Inwiefern wurde sichergestellt, dass die lokale Bevölkerung nach dem
Free and Prior Informed Consent (FPIC) in die Programmentwicklung
frühzeitig und umfassend eingebunden wurde?

c) Welche Mitbestimmungs- und Einflussmöglichkeiten (z. B. Veto-Recht,
Stimmrecht in Abstimmungen) hatte die lokale Bevölkerung in dem Ver-
fahren der Programmentwicklung und später in der Durchführung?

39. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen es im Rahmen
von mit REM-Geldern finanzierten Maßnahmen zu Verletzungen von Men-
schenrechten und bzw. oder indigenen Rechten gekommen ist?

40. Sind der Bundesregierungen Beschwerden von Seiten der Betroffenen oder
ihrer Vertreter beispielsweise aus Acre bzw. Brasilien bekannt?
Wenn ja, welche Beschwerden wurden wann von wem vorgebracht, und
welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um etwaig ange-
zeigten negativen Entwicklungen zu begegnen?

41. Welche REDD+-Maßnahmen finanziert die Bundesregierung in der Demo-
kratischen Republik Kongo (DR Kongo)?
Welche Maßnahmen finanziert sie darüber hinaus mit dem Ziel des Wald-
schutzes oder der nachhaltigen Waldnutzung in der DR Kongo (bitte ein-
zelne Projekte auflisten mit kurzer Projektbeschreibung und jeweils bereit-
gestelltem Budget)?

42. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahren der Korruption in Verbin-
dung mit REDD+ in der DR Kongo, wie sie der Bericht des Anti-Corrup-
tion Ressource Center von April 2015 darlegt (www.u4.no/publications/
national-level-corruption-risks-and-mitigation-strategies-in-the-
implementation-of-redd-in-the-democratic-republic-of-the-congo-an-
overview-of-the-current-situation/)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5433
Teilt sie die Einschätzungen des Berichts?
Welche Schlüsse zieht sie daraus für die eigene Finanzierung von REDD+-
Maßnahmen in der DR Kongo?

43. Inwiefern werden REDD+-Maßnahmen in der DR Kongo so ausgestaltet,
dass der Korruption vorgebeugt bzw. diese ausgeschlossen werden kann?

44. Sind nach Einschätzung der Bundesregierung signifikante Fortschritte in
der DR Kongo in der Vorbereitung auf REDD+ („REDD+ readiness“) nach-
weisbar, welche für die Weltbank notwendig sind, um das Land in den Car-
bons Fonds der Forest Carbon Partnership Facility aufzunehmen?
Wie kommt die Bundesregierung zu dieser Bewertung?

45. Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass Maßnahmen, die
REDD+-Emissionsgutschriften liefern sollen, im Falle des Abschlusses ei-
nes Kaufvertrags mit dem FCPF-Carbon Fonds über solche Emissionsgut-
schriften (ERPA – Emissions Reductions Purchase Agreement) zu einer
Verschärfung von Landkonflikten und wachsender Ernährungsunsicherheit
beitragen?

46. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag der DR Kongo an den
FCPF-Carbon Fonds, als Gebiet für die Umsetzung des REDD+-Pilotpro-
gramms die zukünftige Provinz Mai Ndombe zu wählen, die bisher als Ver-
waltungseinheit noch nicht existiert?

47. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der DR Kongo an
den Carbon Funds, die Sicherung von Landrechten in der REDD+-Pilotre-
gion unterstützen zu wollen (www.forestcarbonpartnership.org/sites/fcp/
files/2014/February/DRC%20ER-PIN%20CF9.pdf; S. 21)?
Wieviel Zeit ist nach Einschätzung der Bundesregierung für dieses Unter-
fangen notwendig in Anbetracht der Tatsache, dass
a) die vorgeschlagene Pilotregion eine Fläche umfasst, die etwa ein Drittel

der Fläche Deutschlands darstellt,
b) es kaum passierbare Straßen gibt,
c) etwa 5 000 bis 8 000 Clans mit Gewohnheitsrechten in ca. 1 200 Ge-

meinden die Region besiedeln,
d) mit wenigen Ausnahmen keine Kataster oder Karten über Landrechte

in der Region existieren (für die Ausnahmen siehe www.
mappingforrights.org), und

e) die rechtliche Grundlage zur Harmonisierung von Gewohnheits- und
Landrechten der Waldbewohner und indigenen Völker weitgehend fehlt
(www.redd-monitor.org „Implement in haste, repent at leisure“, April
2014)?

Ist unter solchen Voraussetzungen eine erfolgreiche Umsetzung eines
REDD+-Pilotprogramms realistisch mit dem Ziel, innerhalb weniger Jahre
Emissionsreduktionen nachzuweisen, die (zumindest für einige Carbon-
Fonds-Teilnehmer handelbare) Emissionsgutschriften liefern können?

48. Welche Rolle spielen nach Einschätzung der Bundesregierung Akteure wie
der WWF, das Unternehmen Wildlife Works Carbon oder Firmen mit Holz-
konzessionen in der Modellregion
a) bei der Konzeption und
b) in der Umsetzung des FCPF-Emissionsreduktions-Programms (ER-Pro-

gramme) in der Region Mai Ndombe?

Drucksache 18/5433 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
49. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der DR Kongo
an den Carbon Fonds, in dem die Einschränkung von Wanderfeldbau eine
zentrale Rolle für die Reduktion von Entwaldung einnimmt (www.redd-
monitor.org „Implement in haste, repent at leisure“, April 2014)?
Wie beurteilt die Bundesregierung Begrenzungen von Wanderfeldbau auf
ein Gebiet von ca. 2 km um die Dörfer, wie dies das Mai-Ndombe-Projekt
von Wildlife Works Carbon praktiziert, ein REDD+-Projekt, das Emissions-
gutschriften auf dem freiwilligen Markt anbietet (https://s3.amazonaws.
com „Mai Ndombe Project – REDD+“ vom 31. Oktober 2012)?
Wie wird nach Meinung der Bundesregierung im Vorschlag der DR Kongo
für die Pilotregion REDD+ Mai Ndombe sichergestellt, dass die Grundnah-
rungsbedürfnisse der auf Wanderfeldbau angewiesenen Bevölkerung und
allgemein das Recht auf Nahrung gewährleistet wird?

50. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeiten der DR Kongo und
anderer Länder, die Vorschläge beim FCPF Carbon Fonds eingereicht ha-
ben, ein, Maßnahmen zur Emissionsreduktion in Vorleistung finanzieren zu
können?
Welche Möglichkeiten der Vorfinanzierung erwägt der Carbon Fonds bzw.
erwägt die Bundesregierung für den Fall, dass eine Vorleistung durch die
Pilotregionen selbst nicht möglich ist?

51. Wer trägt nach Meinung der Bundesregierung das finanzielle Risiko bei
einer Umsetzung von REDD+ als Instrument mit einer Zahlung erst nach
Nachweis der erfolgreichen Reduktion von Emissionen aus Waldverlust,
wenn trotz durchgeführter Maßnahmen die Emissionen aus Waldverlust
nicht wie erwartet reduziert wurden?

52. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Erfahrung mit CliPAD
in Laos in Bezug auf REDD+ als Instrument zum Waldschutz?
Ist ihrer Meinung nach REDD+ geeignet, um illegalen Holzeinschlag in
Laos entlang der Grenze zu Thailand einzudämmen?
Welche Ursachen von Waldverlust lassen sich nach Auffassung der Bun-
desregierung auf Basis der Erfahrung mit CliPAD in Laos durch REDD+
bekämpfen, und welche nicht?

Berlin, den 19. Juni 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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