BT-Drucksache 18/5422

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/4901, 18/5412 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten

Vom 1. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5422
18. Wahlperiode 01.07.2015

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Peter Meiwald, Nicole Maisch, Matthias Gastel, Annalena
Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn
(Tübingen), Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden, Harald Ebner, Stephan Kühn
(Dresden), Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/4901, 18/5412 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts über das
Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche
Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Zielesetzung des Gesetzentwurfs: Ressour-
ceneffizienz zu fördern, illegale Exporte von Elektroschrott zu verhindern und die
Rückgabemöglichkeiten von Elektroaltgeräten zu verbessern. Zu viel Elektroschrott
landet in grauen Kanälen, auf Deponien in den Ländern des Südens oder in der Müll-
verbrennung. Die gesammelte Menge Elektroschrott im Vergleich zur in Verkehr
gebrachten Menge von Elektro- und Elektronikgeräten belief sich auf nur knapp 40
Prozent im Jahre 2012*. Laut Branchenverbänden lagern aktuell 100 Millionen un-
genutzte Althandys in Haushalten. Elektrogeräte enthalten viele wichtige Wert-
stoffe, die so lange wir möglich genutzt und dann in Kreisläufen weiterverwendet
werden müssen. Die Ressourcenverschwendung durch zu geringe Sammelmengen
der Altgeräte muss beendet werden. Die viel zu späte Umsetzung der europäischen
Richtline 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte ist in diesem Zusam-
menhang sehr bedauerlich. Die Umsetzungsfrist lief bereits im Februar 2014 ab.
* UBA Texte 09/2015 „Analyse der Datenerhebung nach ElektroG über die Berichtsjahre 2011 und 2012

zur Vorbereitung der EU-Berichtspflicht 2014“ www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/me-
dien/378/publikationen/texte_09_2015_analyse_der_datenerhebung_nach_elektrog.pdf

Drucksache 18/5422 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich auf europäischer Ebene im Rahmen der Erarbeitung von Durchführungs-
maßnahmen zur Richtlinie 2009/125/EG (Ökodesign-Richtlinie) dafür einset-
zen, dass konkrete, in der Praxis überprüfbare Vorgaben für die umweltgerechte
Gestaltung von Elektro- und Elektronikgeräten entwickelt werden, die zu einer
substanziellen Verlängerung der Lebensdauer der Geräte führen;

unabhängig von der Weiterentwicklung der Ökodesign-Richtlinie zusätzliche
Maßnahmen für eine Verbesserung der Langlebigkeit und zur Bekämpfung ge-
planter Obsoleszenz von Elektro- und Elektronikgeräten zu ergreifen. Hersteller
werden verpflichtet, ihre Geräte so zu gestalten, dass sie möglichst lange halten,
reparaturfähig und am Ende des Lebenszyklus einfach und möglichst vollstän-
dig verwertbar sind. Mindestens fünf Jahre lang sind Ersatzteile für die Geräte
verfügbar zu machen;

im ElektroG festzulegen, dass Batterien und Akkumulatoren vom Endnutzer
leicht entnehmbar und damit austauschbar sind, um eine längere Nutzungsdauer
der Geräte zu ermöglichen;

eine Ausweitung von Gewährleistungsregelungen für unterschiedlichen Pro-
duktkategorien und der Beweislastumkehr bei Vorliegen eines Sachmangels
vorzunehmen, um damit das Eigeninteresse der Hersteller an der Produktion
langlebiger Geräte zu fördern;

die Separierung von funktionstüchtigen Altgeräten bei der Sammlung aktiv zu
fördern, indem eine Überprüfung der Funktionsfähigkeit ermöglicht wird. Dazu
muss zumindest die Untersagung der Separierung an den Sammelstellen aus
dem vorliegenden Gesetzentwurf gestrichen werden;

eine verbindliche Zielvorgabe für die Wiederverwendung von Elektrogeräten
national festzulegen, wie sie in den Beratungen zur WEEE-Richtlinie diskutiert
wurde. Dieses Ziel ist in die Beschaffungsvorgaben zu übernehmen, um die Vo-
raussetzungen dafür zu schaffen, dass in der öffentlichen Beschaffung zeitnah
verstärkt gebrauchte Elektro- und Elektronikaltgeräte eingesetzt werden;

die Rücknahme von Elektrogeräten entsprechend der europäische Richtlinie um-
zusetzen, so dass die Vertreiber bei der Abgabe eines neuen Produkts dafür ver-
antwortlich sind, sicherzustellen, dass die Altgeräte Zug um Zug an den Vertrei-
ber zumindest kostenlos zurückgegeben werden können, sofern das zurückge-
gebene Gerät gleichwertiger Art ist und dieselben Funktionen wie das abgege-
bene Gerät erfüllt hat. Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten habe un-
abhängig von einem Neukauf, kleine Altgeräte zurückzunehmen, wenn die Ver-
kaufsfläche des Vertreibers 400 Quadratmeter übersteigt;

gemeinsam mit Handel und Industrie ein zielführendes und effizientes Pfand-
system für Mobiltelefone und Smartphones zu erarbeiten und zeitnah einzufüh-
ren. Dieses soll Pilotcharakter haben für die Erreichung des Ziels deutlich er-
höhter Rücklaufquoten von Elektro- und Elektronikaltgeräten. Ist das System
bei Mobiltelefonen und Smartphones erfolgreich, wird es auf weitere Produkt-
gruppen wie Laptops, Netbooks, Tablet-Computer und Spielkonsolen ausgewei-
tet;

Inverkehrbringer von Energiesparlampen zu flächendeckenden Rücknahmen
und aktiven Verbraucherinformation zur separaten Sammlung von Altlampen
zu verpflichten und ein verbindlichen Sammelziel für Altlampen in Höhe von
70 Prozent ab dem Jahr 2019 festzulegen;

die Verwertungsziele für Elektro- und Elektronikgeräte qualitativ auszugestal-
ten und um Anforderungen zu ergänzen, damit strategische Rohstoffe(z. B.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5422

Neodym, Tantal, Indium) aus den werthaltigen Elektroaltgeräten zurückgewon-
nen werden können. Diese Ziele sind fortlaufend an die technischen Möglich-
keiten anzupassen.

Berlin, den 30. Juni 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Der vorliegende Vorschlag dient der nationalen Umsetzung einer europäischen Einigung im Rahmen der Neu-
fassung der WEEE-Richtlinie aus dem Jahr 2012 (2012/19/EG). Die Anforderungen an die Ressourceneffizienz
und das Recycling sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Wertvolle Ressourcen sind durch die verspätete
Umsetzung der neuen EU Vorgaben unwiederbringlich verlorengegangen, entweder durch anhaltende Exporte
in Drittstaaten oder die Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen.
Der vorliegende Entwurf bleibt weit hinter den derzeitigen Anforderungen an Ressourcen- und Umweltschutz
beim Umgang mit Elektrogeräten zurück. Die Ausweitung der Rückgabemöglichkeiten von Elektroschrott im
Handel ist prinzipiell zu begrüßen, um Verbraucherinnen und Verbrauchern die Rückgaben zu erleichtern. Diese
muss jedoch für alle Händler gleichermaßen gelten, die Elektrogeräte in den Verkehr bringen. Es ist nicht nach-
vollziehbar, dass die Rücknahmepflicht anhand der Fläche berechnet wird, auf der Elektrogeräte verkauft wer-
den – und nicht anhand der gesamten Verkaufsfläche. Somit entstehen unberechtigte Vorteile für Discounter
mit breiten Produktpaletten im Vergleich zum Elektrohandel. Zudem werden keine finanziellen Anreize für
Verbraucherinnen und Verbraucher für die Rückgabe von Altgeräten vorgesehen. Ein Pfandsystem für Mobil-
telefone und Smartphones fehlt im Gesetzentwurf. Ein solches soll erproben, ob ein entsprechender finanzieller
Anreiz zu höheren Zahlen für die Rücknahmen und das Recycling von Altgeräten führt. Zudem ist eine verbes-
serte Sammlung von Altlampen sicherzustellen, da sie mit Schadstoffen wie Quecksilber belastet sind. Derzeit
wird nur etwa Hälfte der aus privaten Haushalten kommenden Energiesparlampen korrekt gesammelt. Als
Grundlage für eine erhöhte Sammelanstrengung soll ein Sammelziel für Altlampen von 70 Prozent ab dem Jahr
2019 eingeführt werden. Die Hersteller werden zu flächendeckender Rücknahmen und einer aktiven Verbrau-
cherinformation verpflichtet.
Der vorliegende Entwurf setzt die beschlossenen europäischen Regelungen unzureichend um. Die europäische
Abfallhierarchie legt die Abfallvermeidung als oberstes Ziel fest. Dieses kann nur erreicht werden, wenn die
Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Elektro- und Elektronikgeräten aus Gründen des Ressourcenschutzes
verbessert wird. Hierfür fehlen Vorgaben im Gesetzentwurf. Als zweite Stufe legt die Abfallhierarchie die Wei-
ternutzung oder Vorbereitung zur Wiederverwertung als zu bevorzugende Möglichkeit des Umgangs mit anfal-
lenden Elektroschrotts fest. Im Entwurf wird eine Separierung funktionstüchtiger Geräte ausgeschlossen, was
der Abfallhierarchie entgegenläuft. Dieses muss mindestens geändert werden, um die verbindlichen Vorgaben
aus der europäischen Richtline 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte zu erfüllen. Um die dritte
Stufe der Abfallhierarchie, das Recycling des Elektroschrotts zur Weiternutzung der verbauten Rohstoffe, zu
fördern, müssen zudem Vorgaben an das Design von Produkten festgelegt werden. Ambitionierte Vorgaben an
die Qualität des Recyclings fehlen im Entwurf.
Die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Geräten stellt im Hinblick auf Abfallvermeidung und Ressour-
censchutz eine zentrale Voraussetzung dar. Bei Elektro- und Elektronikgeräten ist der begrenzende Faktor für
die Nutzungsdauer oft die Lebensdauer der Batterie oder des Akkumulators. Die Gestaltung der Geräte muss es
zulassen, dass der Nutzer bzw. die Nutzerin Altbatterien oder Altakkumulatoren leicht entnehmen und austau-
schen kann.
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