BT-Drucksache 18/542

Polizeiliche Aktivitäten zur Überwachung und Manipulation vernetzter Fahrzeuge

Vom 12. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/542
18. Wahlperiode 12.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Annette Groth, Heike Hänsel,
Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Polizeiliche Aktivitäten zur Überwachung und Manipulation vernetzter Fahrzeuge

Die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch hat das Arbeitsprogramm des
„European Network of Law Enforcement Technology Services (ENLETS)“ ver-
öffentlicht (Statewatch, 23. Januar 2014). ENLETS wurde erst im September
2008 unter französischer Präsidentschaft gegründet. Zur zunächst damals noch
informellen Struktur gehörten Belgien, Griechenland, Zypern, die Niederlande,
Polen, Finnland und Großbritannien. Als deutsche „Nationale Kontaktstelle“
fungiert die Deutsche Hochschule der Polizei in Münster (Bundestagsdruck-
sache 17/14474). Ab dem Jahr 2010 wurde die engere Einbeziehung der Euro-
päischen Kommission begonnen, kurze Zeit später nahmen auch die EU-Agen-
turen Europol und FRONTEX teil. Mittlerweile sind 19 EU-Mitgliedstaaten bei
den ENLETS-Treffen zugegen. Im Sommer 2013 hatte der Rat Schlussfolgerun-
gen verabschiedet, um Polizeien mit der „sicherheitsbezogenen Forschung und
Industriepolitik“ besser zu verzahnen (Ratsdokument 12103/13). Für ENLETS
bedeutete dies eine signifikante Aufwertung: Das Netzwerk betreibt nun eine
„Technologie-Beobachtungsstelle“. Zu ihrem Auftrag gehört unter anderem die
„Unterstützung proaktiver Kontakte“ zwischen Industrie und Anwendern. Laut
dem Arbeitsprogramm setzt sich ENLETS dafür ein, dass zukünftig ein fernge-
steuertes Anhalten (Remote Stopping Vehicles) serienmäßig in alle in der Euro-
päischen Union (EU) zugelassenen Fahrzeuge eingebaut werden soll. Das
Polizeinetzwerk ist aber selbst nicht mit entsprechenden Forschungen befasst.
Stattdessen fungiert ENLETS als Schnittstelle, um Bedürfnisse und entspre-
chende Lösungen aus den Mitgliedstaaten zu koordinieren.
In einem weiteren Vorhaben unterstützt die EU Forschungen zu Möglichkeiten
des Anhaltens von „nicht kooperativen Fahrzeugen“. Das Projekt trägt den Titel
„Safe control of non cooperative vehicles through electromagnetic means“
(SAVELEC) und will bis zum Jahr 2015 Anwendungen entwickeln, um mit
künstlich erzeugten elektromagnetischen Impulsen (EMP) oder Mikrowellen
(HPM) die in der Nähe befindliche Elektronik von Fahrzeugen oder Schiffen zu
blockieren oder sogar zu zerstören (www.savelec-project.eu). Ziel ist es, die bis-
lang nur militärisch genutzte Technologie für polizeiliche Zwecke nutzbar zu
machen. Jedoch seien die marktverfügbaren Systeme noch zu groß für den poli-
zeilichen Einsatz. Die Forschungen sollen sich deshalb auf brauchbare Anten-
nen, Verstärker und Stromquellen konzentrieren. Das Endprodukt soll tragbar
sein, um es in Polizeifahrzeugen mitführen zu können. Das Finanzvolumen von
SAVELEC beträgt 4,2 Mio. Euro, von denen rund 3,3 Mio. Euro durch die
Europäische Kommission übernommen werden. Das gesamte Vorhaben besteht
aus acht „Work Packages“, deren Fokus entweder auf den späteren Anwendun-
gen, technischen Erfordernissen, der konkreten Umsetzung oder Experimenten
liegt. Eine der Arbeitsgruppen soll die Entwicklung eines Prototypen sicherstel-

Drucksache 18/542 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
len. Angeführt wird das Projekt von der Polytechnischen Universität im spani-
schen Valencia. Auch das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt beteiligt
sich an den Forschungen. Weitere deutsche Partner sind die Otto-von-Guericke-
Universität Magdeburg, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
(DLR) und die Firma IMST GmbH aus Kamp-Lintfort. Mit von der Partie ist
auch eine slowakische Militärakademie und der Raketenhersteller MBDA, der
wie deutsche Rüstungsfirmen unter anderem an neuen Laserwaffen forscht. Die
Technik gilt offiziell als „nicht-tödliche Waffe“. Die Definition ist allerdings
umstritten: Statewatch macht darauf aufmerksam, dass die Technologie genauso
als Weiterentwicklung tödlicher Waffen verstanden werden kann: Denn wenn
die elektrischen Anlagen von Krankenhäusern oder auch Herzschrittmachern at-
tackiert werden, dürfte dies für die Betroffenen lebensgefährlich sein (State-
watch, 18. April 2013). Zudem ist unklar, inwiefern Fahrzeuglenker nach einer
elektromagnetischen Attacke die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren und
einen Unfall verursachen könnten. Zu klären ist aber auch, ob der polizeiliche
Einsatz der Mikrowellenwaffen überhaupt mit der Gesetzgebung in den EU-
Mitgliedstaaten vereinbar ist. Auch hier will SAVELEC abhelfen. Als Ergebnis
sollen gesetzliche Rahmenbedingungen erarbeitet werden, die auch die Sicher-
heit von Anwendern und Adressaten der Waffen berücksichtigen.
Mit einem ähnlichen Finanzvolumen forschen mehrere Firmen und Polizei-
behörden unter dem Akronym AEROCEPTOR zu Drohnen, die ebenfalls gegen
„nicht kooperative Fahrzeuge“ oder Schiffe eingesetzt werden könnten (www.
aeroceptor.eu). Dabei geht es nach Ansicht der Fragesteller um Fahrzeuge, in
denen unerwünschte Migranten oder Drogen transportiert werden. Laut der Pro-
jektbeschreibung seien derartige Maßnahmen immer mehr erforderlich. Getestet
wird eine Helikopterdrohne (Vertical Takeoff and Landing – VTOL) der Firma
Yamaha. Die Flugroboter sollen mit Netzen ausgerüstet werden, in denen sich
Räder oder Propeller verwickeln. Die Rede ist auch von einem „Spezial-Poly-
merschaumstoff“, der auf der Windschutzscheibe verhärtet und Fahrzeuglenke-
rinnen und Fahrzeuglenker zum Halten zwingt. Sofern dies nicht weiterhilft,
könnten die Fahrzeuge mit „Durchstechen der Reifen“ angehalten werden. Auch
eine Störung der Bordelektronik, wie bei SAVELEC, sei denkbar. Das Projekt
ist brisant, denn erstmals geht es bei der polizeilichen Nutzung von Drohnen
nicht mehr nur um Überwachung.
Auch in Deutschland befassen sich Polizeien mit dem ferngesteuerten Zugriff
auf Kraftfahrzeuge. Ziel ist die Überwachung der Fahrenden. Im November
2011 hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung einen „Leitfaden zum
Datenzugriff“ der Generalstaatsanwaltschaft München veröffentlicht (www.
cryptome.org/isp-spy/munich-spy-all.pdf). Daraus geht hervor, dass das Lan-
deskriminalamt Bayern die Technik zur Strafverfolgung nutzen möchte: „Ist in
einem Kfz ein SIM-Modul (z. B. BMW-Assist/ConnectedDrive […]) eingebaut,
so ist dessen Ortung möglich (sowie darüber hinaus alle Varianten des TKÜ-In-
strumentariums wie Inhaltsdatenüberwachung od. Verkehrsdatenerhebung)“.
Zur gesetzlichen Grundlage heißt es weiter, „seit 12/2009 ist BMW selbst Netz-
provider; ist die FIN (Fahrzeugidentifikationsnummer) bekannt, erfolgt eine Be-
standsdatenabfrage bei BMW nach § 113 TKG; mittels dieser Daten kann eine
TKÜ Maßnahme nach § 100a StPO veranlasst werden“. Sofern keine Katalogtat
vorliegt, erklärt das Papier: „liegen Einverständniserklärungen des Herstellers
(z. B. BMW) u. des Eigentümers vor, handelt es sich bei der Ortung des SIM-
Moduls um keinen Rechtseingriff i. S. des Art. 10 G (Fernmeldegeheimnis)“.
Die Staatsanwaltschaft vermerkt, dass dies „rechtl. streitig“ ist und empfiehlt
weiter: „Folgende Vorgehensweise: auf privatrechtlicher Schiene wird ein
GSM-Tracking über einen LocationBasedService-Dienst (z. B. Fa. Ubinam) re-
alisiert. Der LBS-Diensteanbieter erhält die aktuellen Standortdaten über privat-
rechtliche Verträge zur Funkzellenortung mit den Netzbetreibern“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/542
Britische Autoversicherer bieten ihren Kundinnen und Kunden laut einem Be-
richt der „FAZ“ (1. Februar 2014) günstigere Tarife an, wenn sie in ihrem Auto
eine Blackbox installieren, die den Versicherer mit Daten über das Fahrverhalten
versorgt. Seit Januar 2014 würde dem Artikel zufolge ein solches Tarifsystem
auch in Deutschland erprobt. Hinzukommen neue Kooperationen von Autokon-
zernen, wie Audi, und IT-Konzernen, wie Facebook oder Google, um anfallende
Bewegungsdaten zu vermarkten.
In der Regel ist es für die Besitzerinnen und Besitzer der Fahrzeuge nicht mög-
lich, die vernetzten Funktionen abzustellen oder gar die benötigte Hardware aus-
zubauen. Das Gleiche gilt für die ab dem Jahr 2015 obligatorische Ausstattung
mit einer „E-Call-Funktion“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf welche Weise sind deutsche Stellen in das Netzwerk ENLETS eingebun-

den, und inwiefern arbeiten diese dort mit Europol und FRONTEX zusam-
men?
Welche Konsequenzen haben die im Jahr 2013 verabschiedeten Ratsschluss-
folgerungen für die Rolle der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster
sowie des Bundeskriminalamtes (BKA) in ENLETS?

2. Welchen Mehrwert verspricht sich die Bundesregierung von der Einrichtung
einer „Technologie-Beobachtungsstelle“ bei ENLETS?
a) Wie wäre die dort als Ziel niedergelegte „Unterstützung proaktiver Kon-

takte“ zwischen Industrie und Anwendern aus Sicht der Bundesregierung
hinsichtlich der im „Arbeitsprogramm“ von ENLETS festgelegten
Schwerpunkte „ANPR, Open Source Intelligence, Signal Intelligence,
Surveillance, Front Line Policing, Vehicle Stopping“ umzusetzen?

b) Welche Maßnahmen hat ENLETS hierzu bereits ergriffen?
3. Inwiefern haben sich Bundesbehörden bereits mit dem im ENLETS-Arbeits-

programm als „Open Source Intelligence“ beschriebenen Monitoring offener
Quellen des Internets für die Nutzung des „front line policing“ befasst, wo-
nach diese vor allem für die Handhabung von Menschenmassen (crowd con-
trol) geeignet sei?
a) Inwiefern haben sich Bundesbehörden bereits mit der im ENLETS-Ar-

beitsprogramm als „Signal Intelligence“ beschriebenen Nutzung „einer
ganzen Reihe von Sensoren“ befasst, die an IT-Systemen der Strafverfol-
gungsbehörden angeschlossen seien, und inwiefern teilt die Bundesregie-
rung die Einschätzung, dass hierbei öfter Probleme aufträten?

b) Wie würde die Bundesregierung die von ENLETS aufgeworfenen Fragen
nach der meist effektiven Aufklärung elektronischer Signalquellen bei
bestmöglicher Integration von Sensoren sowie nach dem benötigten Kon-
zept zur Verarbeitung von immer mehr Daten („What kind of signal intel-
ligence is the most operationally effective and open for integrating the sen-
sors in the EU?“ und „What kind of concept will be needed as ever more
data is forwarded for processing and more information needs to be ana-
lysed?“) beantworten?

4. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zum Vorschlag von ENLETS,
wonach ein ferngesteuertes Anhalten von Fahrzeugen (Remote Stopping
Vehicles) serienmäßig in allen, in der EU zugelassenen Fahrzeugen eingebaut
werden könnte?
a) Wie könnte dies aus Sicht der Bundesregierung technisch umgesetzt wer-

den?

Drucksache 18/542 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) Inwiefern wären hierfür neue, rechtliche Bestimmungen nötig?
c) Sofern sich die Bundesregierung mit dem ENLETS-Vorschlag noch

nicht befasst hat, wann gedenken sich welche Stellen des Bundesminis-
teriums des Innern hierzu zu positionieren?

5. Inwiefern hält die Bundesregierung es überhaupt für nötig, technische An-
wendungen zum Anhalten von „nicht kooperativen Fahrzeugen“ zu ent-
wickeln?

6. Inwieweit waren Bundesbehörden bereits selbst mit entsprechenden Über-
legungen zur Umsetzung eines ferngesteuerten Anhaltens von Fahrzeugen
befasst?
a) Welche „Lösungen“ wurden hierfür in Betracht gezogen?
b) Inwiefern hat es hierzu bereits Kontakte mit privaten Firmen, Automo-

bilkonzernen oder Instituten gegeben?
c) Inwiefern haben sich hieraus kontinuierliche Zusammenarbeitsformen

ergeben?
7. Inwiefern haben sich Bundesbehörden des Innern oder der Verteidigung

bereits mit dem Anhalten von „nicht kooperativen Fahrzeugen“ durch elek-
tromagnetische Impulse (EMP) oder Mikrowellen (HPM) befasst?
a) Welche „Lösungen“ wurden hierfür in Betracht gezogen?
b) Inwiefern hat es hierzu bereits Kontakte mit privaten Firmen, Auto-

mobilkonzernen oder Instituten gegeben?
c) Inwiefern haben sich hieraus kontinuierliche Zusammenarbeitsformen

ergeben?
8. Inwiefern haben sich Bundesbehörden bereits mit Länderpolizeien über

Möglichkeiten zum Anhalten von „nicht kooperativen Fahrzeugen“ ausge-
tauscht?
a) Welche „Lösungen“ wurden hierfür in Betracht gezogen?
b) Inwiefern hat es hierzu bereits Kontakte mit privaten Firmen, Automo-

bilkonzernen oder Instituten gegeben?
c) Inwiefern haben sich hieraus kontinuierliche Zusammenarbeitsformen

ergeben?
9. Über welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung zum EU-

Projekt SAVELEC?
a) Inwiefern hält die Bundesregierung die Ausgaben für die Forschung für

erforderlich, die bis zum Jahr 2015 Anwendungen entwickeln will, um
mit künstlich erzeugten EMP oder HPM die in der Nähe befindliche
Elektronik von Fahrzeugen oder Schiffen zu blockieren oder sogar zu
zerstören?

b) Inwiefern haben sich Bundesbehörden hierzu mit dem LKA Sachsen-
Anhalt ausgetauscht?

10. Worin besteht der Beitrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
e. V. (DLR) bei SAVELEC?
a) Was ist der Bundesregierung (beispielsweise über die Mitarbeit des DLR

im Projekt) zu den Beiträgen der Otto-von-Guericke-Universität Magde-
burg oder der Firma IMST GmbH aus Kamp-Lintfort bei SAVELEC be-
kannt?

b) Worin bestehen die Beiträge der slowakischen Militärakademie und des
Raketenherstellers MBDA?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/542
c) Inwiefern werden nach Kenntnis der Bundesregierung auch Laserwaffen
von MBDA bei SAVELEC beforscht?

11. Inwiefern wäre der polizeiliche Einsatz von Mikrowellenwaffen nach
Kenntnis der Bundesregierung mit der deutschen Gesetzgebung vereinbar,
bzw. welche Änderungen würden nötig?

12. Inwiefern hält die Bundesregierung EU-Ausgaben für das Projekt AERO-
CEPTOR zu Drohnen, die ebenfalls gegen „nicht kooperative Fahrzeuge“
oder Schiffe eingesetzt werden könnten, für erforderlich?
Auch wenn die Bundesregierung an AEROCEPTOR nicht selbst beteiligt
ist (Bundestagsdrucksache 17/13646), inwiefern teilt sie die Einschätzung
der Fragesteller, wonach das Projekt brisant ist, da bei der polizeilichen Nut-
zung von Drohnen erstmals nicht mehr die Überwachung im Vordergrund
steht?

13. Inwiefern hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung auch die „Cross-Bor-
der Surveillance Working Group“ mit Möglichkeiten zum Anhalten „nicht
kooperativer Fahrzeuge“ beschäftigt (Bundestagsdrucksache 17/5677)?
Sofern es hierzu einen „Erfahrungsaustausch“ oder „Fachvorträge“ gegeben
hat, wer hat diese vorbereitet, und welchen Inhalt hatten diese?

14. Worum handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei der „Euro-
pean Tracking Solution“ (ETS, Ratsdokument 10182/13)?
a) Welche Treffen haben hierzu stattgefunden, und wie haben sich Bundes-

behörden bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung auch Landesbehör-
den hierzu eingebracht?

b) Wer verantwortet das Projekt, und inwiefern ist auch die „Cross-Border
Surveillance Working Group“ beteiligt?

c) Welche Firmen oder Institute sind mit welchen Produkten und Beiträgen
an der Entwicklung der ETS beteiligt?

d) Worin besteht die Neuerung einer ETS gegenüber bereits bestehenden
Systemen?

15. Inwiefern und in welchem Umfang haben sich Bundesbehörden möglicher-
weise bereits über das Verarbeitungs- und Verwertungsverbot von Mautda-
ten hinweggesetzt, und von der Betreibergesellschaft Toll Collect GmbH er-
hobene Daten, beispielsweise des GPS oder der On Board Unit, verarbeitet?

16. Inwiefern haben sich Bundesbehörden bereits mit der Möglichkeit der poli-
zeilichen Nutzung des „Elektronischen-Ticket-Systems (eTicketing)“ der
Deutschen Bahn AG oder im öffentlichen Personennahverkehr befasst?
a) Welche Überwachungsmöglichkeiten ergeben sich daraus?
b) Aufgrund welcher Verordnung könnten Verkehrsdaten herausverlangt

werden?
17. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die Baye-

rische Motoren Werke Aktiengesellschaft (BMW AG) Daten aus den
Diensten „BMW ConnectedDrive“, „BMW Assist“ oder „BMW Online“ an
Strafverfolgungsbehörden weitergibt?
a) Wenn ja, welche deutschen oder ausländischen Behörden wurden hierfür

von der BMW AG Deutschland bereits in welchem Umfang beliefert,
und welche richterlichen Anordnungen müssen dafür vorgelegt werden?

b) Inwieweit werden Betroffene nach Kenntnis der Bundesregierung durch
die BMW AG von einer Auskunft an Behörden benachrichtigt?

Drucksache 18/542 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Bei welcher Stelle innerhalb des Konzerns können Betroffene nach
Kenntnis der Bundesregierung Auskunftsersuchen über gespeicherte
Daten stellen, und inwiefern werden an Strafverfolgungsbehörden
weitergegebene Daten von dort beauskunftet?

18. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung, wie von der Gene-
ralstaatsanwaltschaft München beschrieben, zu, dass deutsche Fahrzeugher-
steller selbst Netzprovider geworden sind, und um welche handelt es sich
dabei?

19. Inwiefern haben sich Bundesbehörden bereits mit der Möglichkeit befasst,
auf in Fahrzeugen verbaute SIM-Module oder GPS-Module zuzugreifen?
a) Inwiefern und in welchem Umfang wurden bzw. werden diese Möglich-

keiten bereits genutzt?
b) Inwiefern wäre die Ortung, Inhaltsdatenüberwachung oder Verkehrs-

datenerhebung über einen Zugriff auf die SIM-Module bzw. GPS nach
Ansicht der Bundesregierung von der Strafprozessordnung gedeckt?

c) Inwiefern handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei der
Ortung des SIM-Moduls oder GPS-Moduls um einen Rechtseingriff im
Sinne des Fernmeldegeheimnisses?

20. Inwiefern kann nach Kenntnis der Bundesregierung auf diese Weise über
die Fahrzeugidentifikationsnummer eine Bestandsdatenabfrage bei der
BMW AG bzw. einem anderen Hersteller/Provider erfolgen?
a) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob ein Tracking der Fahr-

zeuge auch über LocationBasedService-Dienste erfolgt, und um welche
Dienste handelt es sich dabei?

b) Inwiefern werden nach Ansicht der Bundesregierung hiermit die recht-
lichen Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses umgangen, da der
Diensteanbieter die Funkzellenortung über privatrechtliche Verträge be-
treibt?

21. Inwiefern und mit welchem Ergebnis hat sich das Bundesamt für Sicherheit
in der Informationstechnik bereits mit der Möglichkeit befasst, dass Fahr-
zeughersteller oder auch Dritte auf in Fahrzeugen verbaute SIM-Module
oder GPS-Module zugreifen?

22. Was ist der Bundesregierung über die Erprobung eines neuen Tarifsystems
von Autoversicherern bekannt, die ihren Kundinnen und Kunden günstigere
Tarife anbieten, wenn sie in ihrem Auto eine Blackbox installieren, die den
Versicherer mit Daten über das Fahrverhalten versorgt?
a) Was ist der Bundesregierung über die Kooperationen von Autokonzer-

nen, wie die Audi AG, und IT-Konzernen, wie Facebook oder Google,
bekannt, um anfallende Bewegungsdaten zu vermarkten?

b) Inwieweit handelt es sich hierbei nach Ansicht der Bundesregierung um
eine Verletzung von Bestimmungen des Datenschutzes, zumal diese
Systeme von den Fahrzeughalterinnen und -haltern oder -fahrerinnen
und -fahrern nicht abzustellen sind?

23. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Besitze-
rinnen und Besitzer der Fahrzeuge die ab dem Jahr 2015 obligatorische Aus-
stattung mit einer „E-Call-Funktion“ ausbauen oder abschalten dürfen?

24. Inwieweit hält es die Bundesregierung für wichtig, dass sämtliche GPS-,
GSM- oder UMTS-basierten Dienste in Fahrzeugen, in denen diese verbaut
sind, derart deaktiviert werden können, dass diese keine Signale mehr
senden und empfangen können?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/542
25. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag, ein „No-Spy“-
Zertifikat für Neuwagen oder „No-Spy“-Regeln in das Wiener Überein-
kommen über den Straßenverkehr aufzunehmen?
Wenn nein, wie kann sonst verhindert werden, dass Bewegungsprofile oder
Halterinformationen der Fahrzeuge ungehindert gespeichert und verarbeitet
werden?

Berlin, den 11. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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