BT-Drucksache 18/5279

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/4107 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Anrechnung von Zeiten des Mutterschutzes

Vom 18. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5279
18. Wahlperiode 18.06.2015
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine
Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/4107 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch – Anrechnung von Zeiten des Mutterschutzes

A. Problem
Bei der abschlagsfreien vorgezogenen Altersrente nach 45 Beitragsjahren werden
Zeiten des Beschäftigungsverbots während der Mutterschutzfristen nach dem Mut-
terschutzgesetz nicht auf die Wartezeit angerechnet, argumentiert die antragstellende
Fraktion. Mütter könnten die Rente für besonders langjährig Versicherte somit im
Alter erst deutlich später, unter Umständen gar nicht in Anspruch nehmen.

B. Lösung
Die Initiatoren fordern, dass Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutter-
schutzgesetz bei der Anrechnung auf die Wartezeit von 45 Jahren für die Rentenan-
wartschaft zu berücksichtigen sind. Damit solle sichergestellt werden, dass Müttern
aufgrund einer kurzzeitigen Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit infolge der ge-
setzlich vorgeschriebenen Schutzfrist des Mutterschutzes kein Nachteil bei der In-
anspruchnahme der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte
entstehe.
Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten
Kostenrechnungen wurden nicht angestellt. Insgesamt rechnen die Antragsteller nur
mit wenigen Betroffenen.
Drucksache 18/5279 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4107 abzulehnen.

Berlin, den 17. Juni 2015

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5279
Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4107 ist in der 91. Sitzung des Deutschen Bundestages am 5. März
2015 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 wurde die neue Altersrente für besonders
langjährig Versicherte eingeführt, stellt die initiierende Fraktion in der Begründung ihres Entwurfs fest. Die
Wartezeit betrage hierfür 45 Jahre. Diese Regelung sei im Zuge des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes mit
Wirkung zum 1.7.2014 ausgeweitet worden: Hätten zur Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren zuvor lediglich
Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und Berücksichtigungszeiten wegen
Kindererziehung und Pflege gezählt, würden seither auch Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der
Arbeitsförderung, Leistungen bei Krankheit und Übergangsgeld angerechnet, soweit sie Pflichtbeitragszeiten
oder (beitragsfreie) Anrechnungszeiten seien. Diese neu zu berücksichtigenden Zeiten seien in der Vergangen-
heit rentenrechtlich unterschiedlich bewertet worden. Damit diese unterschiedliche Berücksichtigung im Recht
der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu Lasten der Versicherten gehe, würden diese Zeiten einer kurz-
zeitigen Erwerbsunterbrechung bei der Wartezeit von 45 Jahren jetzt ebenfalls berücksichtigt und zwar unab-
hängig davon, ob sie in der Vergangenheit als Anrechnungszeiten oder als Pflichtbeitragszeiten gewertet wür-
den.
Während die mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz eingeführte „Rente ab 63“ nach § 236 SGB VI ledig-
lich übergangsweise gelte, gälten die Änderungen des § 51 Absatz 3a Satz 1 SGB VI auch für die Grundvor-
schrift der in § 38 SGB VI geregelten Altersrente für besonders langjährig Versicherte dauerhaft. Die volle
rentenrechtliche Berücksichtigung der beitragsfreien Anrechnungszeiten der Schutzfristen nach dem Mutter-
schutzgesetz sei im Gesetzgebungsverfahren zum RV-Leistungsverbesserungsgesetz unterblieben. Dabei be-
stehe eine inhaltliche Nähe sowohl zu Arbeitsunfähigkeit (Beschäftigungsverbot) aufgrund Krankheit (Kran-
kengeldbezug) beziehungsweise der Erziehung von Kindern (Berücksichtigungszeit). Beide letztgenannten
Zeiten würden aber uneingeschränkt auf die 45 Jahre angerechnet.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4107
in seiner Sitzung am 17. Juni 2015 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4107 in seiner 46. Sitzung
am 17. Juni 2015 abschließend beraten. Dabei hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales dem Deutschen
Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen.
Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, dass eine Abfrage bei den zuständigen Institutionen keinen einzigen
tatsächlich existierenden Fall für die im vorliegenden Gesetzentwurf beschriebene Konstellation ergeben habe,
bei dem allein dieses Problem einschlägig sei. Auch in der Vergangenheit sei der Mutterschutz keine Anrech-
nungszeit für die Rentenanwartschaft gewesen. Mit einer Änderung würde sich eine grundsätzliche Frage nach
der Bewertung von Anwartschaftszeiten unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten stellen. Die Konstellation in
der Vorlage sei zudem sehr speziell konstruiert. Wenn man aber für jede spezielle Konstellation das Renten-
recht ändern würde, nähme man in Kauf, es damit zu zerstören.
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Drucksache 18/5279 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die Fraktion der SPD kritisierte, dass Frauen oft noch niedrigere Rente als Männer bezögen. Die Ursachen
dafür lägen aber regelmäßig nicht im Rentenrecht, sondern in erster Linie im Erwerbsleben. Das beginne schon
mit den meist kürzeren Erwerbsbiographien von Frauen. Eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienpflich-
ten würde dagegen helfen. U. a. mit dem Entgeltgleichheitsgesetz der Familienministerin habe die Koalition
hierfür bereits einen wesentlichen Beitrag geleistet. Sofern jedoch eine vollständige Berücksichtigung der Zeit
des Mutterschutzes angestrebt werde, sei es notwendig dies innerhalb der bestehenden Systematik zu regeln
und dafür Sorge zu tragen, dass für diese Zeiten auch Beiträge entrichtet würden Die entscheidende Frage sei
also, warum bisher für den Mutterschutz keine Rentenbeiträge entrichtet würden.
Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte ebenfalls, dass Zeiten des Mutterschutzes nicht in die Wartezeit für die
Rente für langjährig Versicherte einbezogen würden. Das müsse geändert werden. Dass diese Konstellation
eine Benachteiligung für Frauen bedeute, könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Die vorgeschlagene
Formulierung für eine Gesetzesänderung sei einfach gefasst und könne einfach umgesetzt werden. Das würde
etwas mehr Gerechtigkeit schaffen. Geringe Fallzahlen seien kein Gegenargument, Ungerechtigkeiten zu ver-
hindern.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmte der Initiative grundsätzlich zu. Das könne man machen,
auch wenn nur wenige Menschen davon betroffen seien. Allerdings gebe es bei der Rente nach 45 Beitragsjah-
ren erheblich gravierendere Gerechtigkeitsprobleme als dieses.

Berlin, den 17. Juni 2015

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

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