BT-Drucksache 18/5194

Polizeieinsatz im Regionalexpress 3666 am 12. April 2015 auf der Strecke von Gößnitz nach Jena-West

Vom 12. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5194
18. Wahlperiode 12.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Tempel, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Ralph Lenkert,
Kersten Steinke, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Polizeieinsatz im Regionalexpress 3666 am 12. April 2015 auf der Strecke
von Gößnitz nach Jena-West

Nach Augenzeugenberichten von Mitgliedern des Fan-Projektes Jena e. V. des
FC Carl Zeiss Jena kam es auf der Rückreise vom Fußballspiel zwischen Jena
und Zwickau am 12. April 2015 zu einem unverhältnismäßigen Einsatz durch
die Polizei. Trotz friedlichen Verhaltens der Fans des FC Carl Zeiss Jena wurde
den Fans der Eintritt am Zwickauer Hauptbahnhof durch den Haupteingang ver-
weigert. Stattdessen wurden sie durch einen Seiteneingang hineingeführt. Au-
ßerdem haben Polizeikräfte den halben Bahnsteig mit Polizeiketten abgeriegelt
und so den Einstieg in die S-Bahn erschwert.
Aus technischen Gründen wurden die Fußballfans durch die Lautsprecheransage
in der S-Bahn aufgefordert, den Zug in Gößnitz zu verlassen. Dort wurde das
Verhalten der Bundespolizei mit Pirnaer Kennzeichen durch permanentes Fil-
men der Fans als provokativ empfunden.
Die Weiterfahrt im Regionalexpress Richtung Erfurt gestaltete sich zunächst
entspannt; zu Unruhen kam es erst in einem Wagen der Bahn, in dem laut
Augenzeugenberichten ein alkoholisierter Fan einen Polizeibeamten beleidigte.
Nachdem die Bundespolizeibeamten aus Pirna den Mann zu identifizieren ver-
suchten und dieser sich weigerte, setzte die Bundespolizei Reizgas ein und ver-
letzte damit auch viele sich im Abteil befindliche Unbeteiligte, die weder beim
Fußballspiel noch als Fußballfans erkenntlich waren. Der Zwischenfall fand
kurz vor dem Bahnhof Stadtroda statt, zwei Stationen vor dem Zielbahnhof
Jena-West. Aufgrund von Atemnot mussten die Insassinnen und Insassen des
Waggons am Bahnsteig in Stadtroda austeigen. Dabei erlitten sie nach Augen-
zeugenberichten Fußtritte in den Rücken durch Beamte der Bundespolizei. Nach
Verlassen des Bahnhofes Jena-Göschwitz wurden die Personalien von mehreren
Fans aufgenommen. Außerdem wurden sie durch die Bundespolizei abfotogra-
fiert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Bundespolizeikräfte waren in den Zügen sowie auf den Bahnhöfen in

den Einsatz involviert?
War die Bundespolizei Pirna beteiligt?

2. Welche Anweisungen erhielten die beteiligten Einsatzkräfte der Bundespoli-
zei im Vorfeld des Einsatzes im Umgang mit den Fußballfans?

3. Welche Einsatzstelle war für die einheitliche Führung des Polizeieinsatzes an
diesem Tag zuständig?

Drucksache 18/5194 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Kann die Bundesregierung die Augenzeugenberichte nach ihrer Kenntnis
bestätigen, wonach den Fußballfans des FC Carl Zeiss Jena der Eintritt
durch den Haupteingang des Bahnhofs verweigert wurde, und falls ja, wer
hat diese Maßnahme veranlasst und aus welchem Grund?

5. Bestätigt die Bundesregierung die Augenzeugenberichte, wonach der Aus-
löser des Reizgaseinsatzes durch die Bundespolizei die Beleidigung eines
Beamten durch einen Fußballfan war?

6. Was waren aus Sicht der Bundesregierung die ausschlaggebenden Gründe
für den Einsatz unmittelbarer Zwangsmittel durch die Bundespolizeikräfte?

7. Bestätigt die Bundesregierung, dass laut Berichten der Augenzeugen Reiz-
gas in einem geschlossenen Zugwaggon durch Bundespolizeibeamte einge-
setzt wurde?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Angemessenheit des Reizgaseinsat-
zes in einem geschlossenen Zugabteil, in dem sich auch Unbeteiligte auf-
hielten?

9. Welche Vorschriften gibt es für den Einsatz von Reizmitteln in geschlos-
senen Räumen, und inwieweit entsprach das Einsatzverhalten der Bundes-
polizei diesen Vorschriften?

10. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die Zwischenfälle, insbesondere
der Einsatz von Reizgas, von Bundespolizeibeamten gefilmt wurden, und
falls ja, wurden die Aufnahmen zur Auswertung des Polizeieinsatzes durch
die Bundespolizei genutzt?

11. Welche Begründung liegt der Bundesregierung für das Identifizieren und
Fotografieren von Fußballfans durch die Bundespolizei vor, und was pas-
siert nach Kenntnis der Bundesregierung mit den aufgenommenen Daten?

12. Nach welchen Kriterien und Abläufen erfolgt bei der Bundespolizei die
Aufarbeitung von Einsätzen, bei denen der Vorwurf einer unzulässigen Ver-
hältnismäßigkeit sowie der Körperverletzung im Amt bekannt wird?

13. Zu welchen Rückschlüssen ist die entsprechende Bundespolizeieinheit nach
Auswertung des Filmmaterials dabei gekommen?

Berlin, den 11. Juni 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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