BT-Drucksache 18/5181

Umsetzung der Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes

Vom 10. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5181
18. Wahlperiode 10.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Peter Meiwald, Tabea Rößner, Markus Tressel und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung der Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung
des Bundes

Die Bundesregierung hatte im Jahr 2012 nach jahrzehntelanger Diskussion mit
dem sogenannten Fünften Fortschrittsbericht Pläne für eine Reform der Wasser-
straßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV; damals noch Wasser- und Schiff-
fahrtsverwaltung) vorgelegt. Eckpunkte waren unter anderem die Zusammen-
legung von sieben Direktionsrevieren auf eine Generaldirektion sowie eine
Priorisierung der Bundeswasserstraßen in drei Ausbaukategorien. Durch diese
und weitere Maßnahmen sollte die Verwaltung effizienter gestaltet und Kosten
gespart werden.
In der Umsetzung kam die Reform spätestens seit der Wahl im Jahr 2013 ins
Stocken. Die örtliche Zusammenlegung der Direktionen konnte seitdem noch
immer nicht vollzogen werden, obwohl bereits ein Gebäude angemietet worden
ist. Statt weniger oder zumindest gleichvielen Mitarbeitern werden stets neue
Mitarbeiter eingestellt, ohne bestehende Strukturen zu hinterfragen.
Laut dem Fünften Bericht sollte die Mitarbeiteranzahl durch natürliche Fluk-
tuation von rund 12 500 auf unter 10 000 zurückgeführt werden. Inzwischen
nennt der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander
Dobrindt, jedoch bereits eine Mitarbeiterzahl von 14 000 (Plenarprotokoll 18/64).
Gleichzeitig behauptet die Bundesregierung, dass „das Reformprojekt […] kurz
vor dem Abschluss“ stehe (Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ver-
kehr und digitale Infrastruktur – BMVI – vom August 2014).
Außerdem wollte die Bundesregierung eine Wasserstraßenmaut vorrangig zur
Refinanzierung der touristischen Wasserstraßen einführen. Das Bundesgebüh-
rengesetz hätte sie dazu verpflichtet. Doch laut Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundes-
tagsdrucksache 18/3665 gab sie im Jahr 2014 diesem Projekt vorerst wieder eine
Absage.
Kürzlich kündigte der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zusätzlich,
außerhalb der Vorhaben zur WSV-Reform, eine Planungsgesellschaft des
Bundes für die Realisierung von Wasserstraßenprojekten an, ohne Details zu
nennen: „Wir konzipieren gerade, wie wir Planung außerhalb der bewährten
Strukturen umsetzen können“ (Täglicher Hafenbericht, 30. März 2015).

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Es stellt sich die Frage, was bisher mit der Reform der WSV erreicht werden
konnte und ob und inwieweit die Bundesregierung das nach Auffassung der Fra-
gesteller für den langfristigen Erhalt der Bundeswasserstraßen sowie für die
Steuerzahler wichtige Projekt weiterverfolgt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit steht die im Jahr 2012 auf den Weg gebrachte Reform der WSV,

wie von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zur Vorstellung des
Sechsten Reformfortschrittsberichts verkündet „kurz vor dem Abschluss“?

2. a) Ab wann wird die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt
(GDWS), örtlich in Bonn an ihrem Dienstsitz zusammengeführt, ihre Ar-
beit in allen vorgesehenen Abteilungen und Unterabteilungen aufnehmen?

b) Seit wann hat die Bundesregierung Räumlichkeiten für die GDWS mit wie
vielen Quadratmetern und für wie viele Mitarbeiter angemietet, und
welche Kosten entstehen jährlich für die Anmietung inklusive Nebenkos-
ten seit wann?

c) Welche Maßnahmen werden durch die Bundesregierung ergriffen, um die
Abteilungen der GDWS in Bonn zeitnah aufbauen zu können?

d) Ist die beabsichtigte Übertragung von Aufgaben aus dem BMVI zur
GDWS bereits vollzogen, und wenn nein, warum nicht?

3. a) Wann wird die Bundesregierung das gemäß Bundestagsbeschluss der
Regierungsfraktionen (Plenarprotokoll 18/76) für Ende März 2015 vorge-
sehene Rechtsbereinigungsgesetz (auch Zuständigkeitsanpassungsgesetz)
für die WSV mit welchem Inhalt vorlegen?

b) Aus welchen Gründen verzögert sich die Vorlage des Gesetzes weiter?
4. a) Aus welchen Gründen wurde gemäß dem Sechsten Bericht der Zeitpunkt

zum Abschluss wesentlicher Ziele der Reform vom Jahr 2020 bis zum
Jahr 2025 verlängert, und warum ist nach Auffassung der Bundesregie-
rung eine Erfüllung der Reformziele aus dem Fünften Bericht bis zum Jahr
2020 nicht möglich?

b) Welche der Reformziele aus dem Fünften Bericht können hingegen nach
Auffassung der Bundesregierung bis zum Jahr 2020 abgeschlossen wer-
den?

5. Bis wann wird nach aktuellen Planungen die Personalbedarfsermittlung ab-
geschlossen sein?

6. a) Bis wann wird die Bundesregierung das Standortkonzept für die WSV
ausgearbeitet haben, und bis wann wird sie dieses mit welchem Inhalt um-
setzen?

b) Inwieweit werden die Ergebnisse der Personalbedarfsermittlung im Stand-
ortkonzept der WSV bereits Berücksichtigung finden?

c) Wie viele und welche Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter (WSA) mit
welchen Standorten und Außenstellen wird es im Zuge des neuen Stand-
ortkonzepts geben mit welchen Reviergrenzen und Zuständigkeiten, und
welche WSA-übergreifenden Aufgaben werden an welchen Standorten
gebunden?

d) Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung sicherstellen, dass
WSA innerhalb eines Reviers künftig gleichwertig behandelt und nicht
mehr in Haupt- und Nebenämter unterschieden werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5181
e) Welche Ausführungsaufgaben sollen auf der Ebene der GDWS zukünftig
wahrgenommen werden bzw. werden bereits durch deren Außenstellen
wahrgenommen?

f) Welche Fachstellen, Berufsbildungszentren und Zentralstellen wird es an
welchen WSV-Standorten bzw. deren Außenstellen zukünftig geben, und
welche weiteren Verschiebungen sind hier zukünftig durch die Bundes-
regierung vorgesehen?

g) Durch welche Maßnahmen wurden bereits bzw. werden zukünftig die
WSA in ihren Kompetenzen gestärkt (bitte auch begründen, wenn keine
Kompetenzverlagerungen stattfinden bzw. stattgefunden haben)?

h) Welche Aufgaben und Aufgabengebiete wurden seit Beginn der Reform
von den ehemaligen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen bzw. Außenstel-
len der GDWS in die WSA verlegt?

7. a) Wie viele Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent) hat die WSV des Bundes mit
aktuellem Stand Juni 2015 (bitte jeweils tabellarisch aufgeschlüsselt nach
Generaldirektion Bonn, deren Außenstellen sowie 39 WSA)?

b) Auf welche Daten oder Aussagen berief sich Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt in der Bundestagsdebatte im November 2014 zur
WSV-Reform, in der er die Anzahl von 14 000 Mitarbeitern nannte (Plen-
arprotokoll 18/64, S. 6059)?

c) Wie haben sich die Mitarbeiterzahlen in der WSV insgesamt seit dem Jahr
2000 bis Juni 2015 jährlich entwickelt (bitte jeweils tabellarisch aufge-
schlüsselt nach Generaldirektion Bonn, deren Außenstellen sowie 39 WSA
bzw. vor dem Jahr 2013 sieben Direktionen und jeweilige Ämter)?

d) Von welchen Mitarbeiterzahlen in der WSV geht die Bundesregierung bis
zum voraussichtlichen Abschluss der Reformziele im Jahr 2025 aus?

e) Welche Personalabgänge in der WSV (Anzahl) sind nach Kenntnis der
Bundesregierung auf das Gesetzesvorhaben zur Rente ab dem 63. Lebens-
jahr zurückzuführen?

f) Wie haben sich die Mitarbeiterzahlen der Bundesanstalt für Wasserbau
(BAW) seit dem Jahr 2000 bis Juni 2015 jährlich entwickelt?

g) Wie haben sich die Mitarbeiterzahlen der Bundesanstalt für Gewässer-
kunde (BfG) seit dem Jahr 2000 bis Juni 2015 jährlich entwickelt?

h) Wie haben sich die Mitarbeiterzahlen des Bundesamts für Seeschifffahrt
und Hydrographie (BSH) seit dem Jahr 2000 bis Juni 2015 jährlich ent-
wickelt?

i) Wie haben sich die Mitarbeiterzahlen des gemeinsamen Havariekomman-
dos des Bundes und der Küstenländer seit dessen Einrichtung in den Jah-
ren 2003 bis Juni 2015 jährlich entwickelt?

8. a) Wie viele Stellenausschreibungen für welche neu geschaffenen Stellen hat
die Bundesregierung im Jahr 2014 veröffentlicht, und wie viele Stellen da-
von hat sie neu besetzt?

b) Wie viele Stellenausschreibungen für welche neu geschaffenen Stellen
wird die Bundesregierung in den Jahren 2015 bis 2018 veröffentlichen
und neu besetzen?

c) Welche Kosten für zusätzliche Stellen in der WSV fielen im Jahr 2014 an
und werden für die einzelnen Jahre 2015 bis 2018 voraussichtlich anfal-
len?

Drucksache 18/5181 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
9. a) Mit welchen Maßnahmen geht die Bundesregierung gegen den drohen-
den Fachkräftemangel, resultierend aus sinkenden Nautik- und Seefach-
schulabsolventen, (www.ndr.de vom 25. November 2014 „Kapitänsaus-
bildung vor dem Aus?“) vor, und wie wird sie zukünftig eine hochwer-
tige Ausbildung vor Ort sowie eine Attraktivität der WSV für Absolven-
ten oder Berufseinsteiger sicherstellen?

b) Inwieweit spielen dabei Weiterqualifizierungs- und Aufstiegsmöglich-
keiten innerhalb der WSV eine Rolle?

c) Mit welchen Maßnahmen geht die Bundesregierung gegen den drohen-
den Fachkräftemangel, resultierend aus dem Tarifrecht des Bundes, vor,
und wie wird sie diese Hürde zukünftig versuchen zu beheben?

10. Plant die Bundesregierung einen neuen Standort des WSA Stuttgart bzw.
wird dessen Umsiedlung bereits vollzogen, und welche Mitarbeiteranzahl
sowie welche Aufgabenaufteilung ist jeweils für den Standort WSA Stutt-
gart sowie das Amt für Neckarausbau Heidelberg heute bzw. bis zum Jahr
2020 vorgesehen?

11. a) Welche Planungen sieht die Bundesregierung vor bei der Errichtung ei-
ner neuen Management- und Planungsgesellschaft für den Wasserstra-
ßenbau, und durch welche Maßnahmen könnte diese für gut ausgebildete
Fachkräfte attraktiver sein als die Konstruktion der heutigen WSV?

b) Aus welchen Gründen plant die Bundesregierung die Einrichtung dieser
Gesellschaft, und über welche Struktur und Gesellschaftsform soll diese
verfügen und wie an die bisherige WSV angebunden sein?

c) Mit wie vielen Mitarbeitern soll diese Gesellschaft ausgestattet sein, und
welche Aufgaben soll sie genau in welchen Abteilungen betreuen?

d) Wo soll die neue Gesellschaft mit welchen Schnittstellen angebunden
werden (GDWS, BMVI etc.)?

e) Soll für diese neue Gesellschaft hauptsächlich auf Mitarbeiter aus der be-
stehenden WSV zurückgegriffen werden, und wie viele Mitarbeiter plant
die Bundesregierung, für diese Gesellschaft neu einzustellen?

f) Welche Projekte plant die Bundesregierung, durch die Management- und
Planungsgesellschaft schneller zu realisieren als durch die WSV?

12. a) Aus welchen Gründen verzögert sich die angekündigte Wasserstraßen-
maut?

b) Aus welchen Gründen verfolgt die Bundesregierung die Einführung
einer Wasserstraßenmaut nicht weiter, obwohl das Bundesgebührenge-
setz die Bundesregierung dazu verpflichtet (DER TAGESSPIEGEL vom
13. November 2014, www.tagesspiegel.de/berlin/gewaesser-in-berlin-
und-brandenburg-boote-und-schiffe-sollen-maut-zahlen/10965742.
html)?

c) Welchen Sachstand hat die Erarbeitung einer allgemeinen Gebührenver-
ordnung der Bundesregierung, und bis wann ist mit deren Veröffent-
lichung mit welchen voraussichtlichen Auswirkungen auf die Erhebung
von Wasserstraßennutzungsgebühren zu rechnen?

d) Durch welche Maßnahmen plant die Bundesregierung den Erhalt der
touristischen Wasserstraßen langfristig sicherzustellen?

13. Aus welchen Gründen wird eine gemeinsame Bereederung der Bundes-
schiffe (See und Binnen) sämtlicher betroffener Ressorts und damit auch für
Schiffe der WSV weiterhin nicht in Betracht gezogen (Bundestagsdruck-
sache 17/11444)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5181
14. a) Welcher aktuelle Sachstand besteht bezüglich der Einführung eines Con-
trolling-Systems und einer Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) in der
WSV?

b) Welchen Stand haben die im Jahr 2014 aufgenommenen Verhandlungen
der Bundesregierung mit der für die Einführung der KLR zuständigen
Personalvertretung in der WSV?

15. a) Bis wann wird die Bundesregierung durch welche Maßnahmen Voraus-
setzungen schaffen, um das bisher nur teilweise bewertete Sachanlage-
vermögen der Bundeswasserstraßen (Schreiben des Parlamentarischen
Staatssekretärs beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruk-
tur vom 13. März 2014) vollständig zu bewerten?

b) Bewertungen von welchen Wasserstraßen und welchem weiteren Sach-
anlagevermögen liegen der Bundesregierung im Bereich WSV bereits
vor, und aus welchen Gründen konnten bisher keine darüber hinaus ge-
henden Bewertungen vorgenommen werden?

16. a) Welcher Terminvorlauf für Untersuchungen zur Erlangung einer Fahr-
tauglichkeitsuntersuchung bei der ZSUK (Zentralstelle Schiffsuntersu-
chungskommission/Schiffseichamt) ist derzeit von Kunden einzuplanen
(bitte nach Standorten aufschlüsseln)?

b) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem niederländischen Modell („Class Agreements“), nach dem
alle Zertifizierungen für Binnenschiffe an Klassifizierungs- bzw. Sach-
verständigenbüros übertragen wurden?

c) Inwieweit ist dieses Modell nach Einschätzung der Bundesregierung
auch auf Deutschland übertragbar, um staatliche Aufgaben dienstleis-
tungsorientiert für die Kunden zu erbringen?

d) Inwieweit kann nach Auffassung der Bundesregierung die aktuelle Um-
strukturierung des Eisenbahn-Bundesamtes bezüglich der Zulassung
von Zügen auch für die Zulassung von Binnenschiffen als Vorbild dienen
(vgl. www.welt.de vom 19. November 2014: „Künftig dürfen auch TÜV
und Dekra Züge prüfen“)?

17. Bis wann wird die Bundesregierung das bereits seit dem Jahr 2008 und zu-
letzt für Mitte 2015 angekündigte Wassertourismus-Konzept vorlegen?

18. Bis wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen Sieb-
ten Fortschrittsbericht vorlegen, und welche Maßnahmen mit welchen Teil-
schritten aus dem Fünften bzw. Sechsten Bericht wird sie bis dahin um-
gesetzt haben?

Berlin, den 9. Juni 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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