BT-Drucksache 18/5139

Bericht über sozial- und umweltschädliche Investitionen der KfW Bankengruppe

Vom 9. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5139
18. Wahlperiode 09.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Alexander Ulrich
und der Fraktion DIE LINKE.

Bericht über sozial- und umweltschädliche Investitionen der KfW Bankengruppe

Die KfW Bankengruppe besteht aus der KfW Entwicklungsbank, ihrer Tochter-
gesellschaft Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG),
der KfW IPEX-Bank sowie der Finanzierungs- und Beratungsgesellschaft mbH
(FuB). Ihr Kapital halten zu 80 Prozent der Bund und zu 20 Prozent die Länder;
die Bundesrepublik Deutschland haftet zudem für alle Verbindlichkeiten und
Kredite der KfW. Die KfW ist die größte staatliche Förderbank der Welt und
drittgrößte Bank Deutschlands. Im Jahr 2014 steigerte sie ihre Zusagen für Pro-
jekte in Entwicklungs- und Schwellenländern um 40 Prozent gegenüber dem
Vorjahr auf insgesamt 8,8 Mrd. Euro.
Die KfW Entwicklungsbank, die DEG und die KfW IPEX-Bank stehen zuneh-
mend wegen umwelt- oder sozialschädlicher Projekte im Globalen Süden in der
Kritik. Der Bericht der Nichtregierungsorganisation urgewald e. V. „Die Schat-
tenseite der KfW“ zeigt gravierende Missstände auf, die die Bank durch ihre
Finanzierungsbeiträge mitverursacht oder verschärft hat. Gegenüber der DEG
steht der Vorwurf der Förderung des Landraubs (Landgrabbings) im Raum. So
ist sie unter anderem an der malischen Bank BNDA beteiligt, die in den letzten
Jahren zwei Kreditlinien an das Agrarunternehmen M3 vergeben hat. M3 ist an
Vertreibungen und blutigen Repressionen gegen lokale Bauern beteiligt. Im glo-
balen Rohstoffgeschäft ist vor allem die KfW IPEX-Bank aktiv. Sie unterstützte
unter anderem den Bau einer Goldmine in der Dominikanischen Republik, deren
Schadstoffe das Trinkwasser und die Agrarböden der gesamten Region kontami-
nierten. In Panama legten die Gemeinschaften der Ngäbe-Buglé Beschwerde ge-
gen ein DEG-finanziertes Staudammprojekt ein, das ihre Lebensgrundlage be-
droht. Sie hatte die indigenen Gemeinden vor Ort bei der Planung des Projekts
nicht einbezogen. Bei Protesten kamen mehrere Menschen ums Leben.
Diese Fälle sind möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs. Denn die KfW
Bankengruppe macht ihre Investitionen nur in unzureichendem Maße transpa-
rent. Erst auf Druck der Zivilgesellschaft begann die KfW Entwicklungsbank im
Jahr 2013 und die DEG im Januar 2015 einige Informationen zu ihren Projekten
zu veröffentlichen. Dies geschieht jedoch immer erst nach Vertragsschluss und
die genauen Inhalte der Umwelt- und Sozialprüfungen bleiben weiter unter Ver-
schluss. Die KfW IPEX-Bank gibt bis heute gar keine Informationen zu von ihr
finanzierten Projekten heraus.
Noch undurchsichtiger wird die Lage im Falle der Förderung von Finanzinter-
mediären, also Banken und Fonds, deren Engagements nicht nachvollziehbar
auf die Vereinbarkeit mit den Umwelt- und Sozialrichtlinien der KfW geprüft

Drucksache 18/5139 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
werden können. So kam es beispielsweise in Mali und Honduras durch die Kre-
ditnehmer von KfW-geförderten Banken zu Vertreibung und Gewaltverbrechen.
Problematisch sind zudem die mangelnden Möglichkeiten für Geschädigte, ge-
gen die Aktivitäten der KfW Bankengruppe Beschwerde einzulegen. Einzig die
DEG unterhält seit dem Jahr 2014 eine unabhängige Beschwerdestelle, deren
Wirkung aber ob des erwähnten Mangels an Transparenz extrem eingeschränkt
ist. Die anderen KfW-Töchter IPEX und Entwicklungsbank sehen gar keine Be-
schwerdemöglichkeiten für Betroffene vor. Auch die Richtlinien der Banken-
gruppe selbst sind laut dem Bericht von urgewald e. V. unzureichend. Das Men-
schenrechtskonzept des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung (BMZ) sieht eine menschenrechtliche Risikoabschätzung
bei geförderten Projekten des BMZ verpflichtend vor. Für Projekte aus Eigen-
mitteln der KfW, die den Großteil ihrer Investitionen ausmachen, ist dies aber
nur eine Richtlinie. Keine der KfW-Töchter hat sich zu internationalen Stan-
dards, wie den FAO Landgrabbing Guidelines oder der Initiative for Respon-
sible Mining Assurance, verpflichtet.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die KfW Bankengruppe Unternehmen

und Projekte fördert, die wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen in der
Kritik stehen, und wie bewertet sie diese Vorwürfe?
a) Im Rahmen welcher Projekte wurde aus der Zivilgesellschaft gegenüber

der KfW oder dem BMZ Kritik geübt, dass menschenrechtliche Standards
verletzt worden sind (bitte für den Zeitraum ab 2005 auflisten)?

b) Wie wurden diese Beschwerden in jedem Einzelfall geprüft?
c) Welche Konsequenzen hatten die Beschwerden?

2. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass auch die KfW IPEX-Bank und
die KfW Entwicklungsbank eine unabhängige Beschwerdestelle einrichten,
und wenn nein, warum nicht?

3. Für welchen Anteil der KfW-Investitionen ist das Menschenrechtskonzept
des BMZ verpflichtende Prüfungsgrundlage, und für welchen Anteil ist es
lediglich eine Richtlinie?

4. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass das Menschenrechtskonzept des
BMZ verbindlich für alle Investitionen der KfW Bankengruppe gelten sollte,
und wenn nein, warum nicht?

5. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die KfW die menschenrechtlichen
und umwelttechnischen Prüfberichte ihrer Finanzierungen im Globalen Sü-
den vor Vertragsschluss veröffentlichen sollte, und wenn nein, warum nicht?

6. An welchen Fonds im Agrarsektor sind die DEG, die KfW Entwicklungsbank
und die KfW IPEX-Bank beteiligt (bitte mit Subprojekten auflisten)?

7. Wendet die KfW bei ihren Finanzierungen die FAO-Richtlinien zur Gewähr-
leistung des Zugangs zu Land (Voluntary Guidelines on the Responsible
Governance of Tenure, Land, Fisheries and Forest) an, und wenn nein,
warum nicht?

8. Nach welchen sonstigen Richtlinien orientiert sich die KfW bei Finanzie-
rungsentscheidungen?

9. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den dokumentierten Fällen, bei denen es zu Vertreibung und Gewaltver-
brechen durch mittelbar von der KfW geförderte Projekte kam, etwa bei der
malischen Bank BNDA, dem Kreditnehmer M3 oder der honduranischen
Bank FICOHSA und ihrem Kreditnehmer Dinan?

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10. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung als Eigentümerin der
KfW, um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden?

11. Welcher Anteil der jährlichen Neuzusagen der KfW Bankengruppe im
Finanzsektor geht an sogenannte Finanzintermediäre wie Banken und
Private-Equity-Fonds (bitte nach den Geschäftssparten KfW Entwicklungs-
bank, DEG und IPEX aufschlüsseln)?

12. Welche Kriterien im Umwelt- und Sozialmanagement muss eine Bank oder
ein Fonds erfüllen, um für eine KfW-Finanzierung infrage zu kommen
(bitte nach den oben genannten drei Geschäftsbereichen aufschlüsseln,
sofern sie sich unterscheiden)?

13. Gelten bei fondsfinanzierten Subprojekten dieselben Umwelt- und Sozial-
standards wie bei KfW-eigenen Projektfinanzierungen, und wenn nein, wa-
rum nicht?

14. Überprüft die KfW bei der Kreditvergabe oder Beteiligung an Banken die
Kreditnehmer der Banken?
Wenn ja, nach welchen Kriterien, und wenn nein, warum nicht?

15. Wie gewährleistet die KfW die Verwendung ihrer Gelder gemäß den eige-
nen Umwelt- und Sozialrichtlinien?

16. Gibt es in den Verträgen mit den sogenannten Finanzintermediären Klau-
seln, die zu einer Vertragskündigung führen können, wenn Umwelt- und
Sozialstandards nicht eingehalten werden, und wenn nein, warum nicht?

17. Sollten nach Ansicht der Bundesregierung zukünftig zusätzlich zu den
Basisinformationen, die die DEG und die KfW Entwicklungsbank heraus-
geben, diese auch Informationen über die Subprojekte ihrer Finanzinter-
mediäre veröffentlichen?

18. Ist eine Beschwerde beim DEG-Beschwerdemechanismus möglich, wenn
Menschen durch ein Finanzintermediär-finanziertes Subprojekt betroffen
sind, und wenn nein, warum nicht?

19. Spricht sich die Bundesregierung dafür aus, dass neben der DEG und der
KfW Entwicklungsbank auch die KfW IPEX Bank Informationen zu ihren
getätigten Investitionen veröffentlicht, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 8. Juni 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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