BT-Drucksache 18/5131

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/4799 - EU-Lateinamerika-Gipfel - Beziehungen auf gegenseitigem Respekt begründen

Vom 11. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5131
18. Wahlperiode 11.06.2015
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke,
Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/4799 –

EU-Lateinamerika-Gipfel – Beziehungen auf gegenseitigem Respekt
begründen

A. Problem
Die Antragsteller stellen heraus, dass das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungs-
chefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und der Staatengemein-
schaft Lateinamerikas und der Karibik (CELAC) im Juni 2015 zu einem Zeitpunkt
stattfinde, wo die sozialen Errungenschaften in einigen lateinamerikanischen Län-
dern unter Druck geraten seien. Dabei werde vielerorts verkannt, dass gerade dort,
wo Regierungen die Dogmen neoliberaler Wirtschaftspolitik hinter sich gelassen
und stattdessen auf die Stärkung des Staates, die Ausweitung sozialer Programme
und auf antizyklische Konjunkturförderung gesetzt hätten, große Fortschritte in der
Armutsbekämpfung und bei der Verringerung sozialer Ungleichheit erreicht worden
seien.
Im Gegenzug sei zu konstatieren, dass von dem 7. Gipfel der Organisation der Ame-
rikanischen Staaten (OAS) im April 2015, wo es zu einer historischen Annäherung
zwischen den USA und Kuba gekommen sei, ein starkes Signal ausgegangen sei,
dass Hoffnung auf neue, von gegenseitigem Respekt geprägte Beziehungen zwi-
schen den USA und den Staaten Lateinamerikas mache.
Beide Aspekte gelte es im Verhältnis der Europäischen Union und Deutschlands zu
Kuba und zu den lateinamerikanischen Staaten zu verknüpfen, um zu einer vertieften
Zusammenarbeit zu gelangen, insbesondere um die entwicklungspolitischen Poten-
tiale, die in trilateralen Kooperationsprojekten liegen würden, zu nutzen.
Die neue Lateinamerika-Strategie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (BMZ) werde nach Auffassung der Antragsteller
diesen aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen nicht gerecht. So würden
die regionalen Integrationsprozesse im Rahmen des Handelsabkommens ALBA
(Bolivarianische Allianz), des Südamerikanischen Staatenbundes UNASUR oder
des kontinentalen Bündnisses CELAC (Staatengemeinschaft Lateinamerikas und der
Karibik) überhaupt nicht berücksichtigt. Ebenso wenig würden in der BMZ-Strate-
gie die lateinamerikanischer Staaten bei der Stärkung von überregionalen Süd-Süd-
Kooperationen eine Rolle spielen, etwa in der Staatengruppe G77. Stattdessen setze

Drucksache 18/5131 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die Bundesregierung auf alte Konzepte wie öffentlich-private Partnerschaften
(ÖPP), auch in Kernbereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Ernährungssi-
cherung, Gesundheit und Bildung.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsgrund
Wurden nicht erörtert.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5131
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/4799 abzulehnen.

Berlin, den 20. Mai 2015

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Stefan Rebmann
Vorsitzender

Waldemar Westermayer
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

Drucksache 18/5131 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Waldemar Westermayer, Dr. Sascha Raabe, Heike Hän-
sel und Uwe Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/4799 in seiner 103. Sitzung am 07.05.2015 be-
raten und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung
und an den Auswärtigen Ausschuss und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag fordern die Antragsteller die Bundesregierung dazu auf, den EU-CELAC-Gipfel für eine
grundsätzliche Neuausrichtung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Lateinamerika
zu nutzen.
Dazu gehöre zum einen, dass sich die Bundesregierung gegen den Abschluss des Transatlantischen Handels-
und Investitionsabkommens (TTIP) zwischen der EU und den USA ausspreche. Zum anderen gehe es bei der
Neuausrichtung darum, dass die Erfahrungen lateinamerikanischer Länder bei der Armutsbekämpfung und bei
der Verringerung der sozialen Ungleichheit einbezogen werden. Ergänzend dazu soll die EU-LAC-Stiftung
damit beauftragt werden, die Potentiale und Anknüpfungspunkte alternativer Handelsabkommen wie ALBA
zu untersuchen. Darauf aufbauend soll die Lateinamerika-Strategie der Bundesregierung überarbeitet werden.
Wesentlicher Aspekt der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen dieser Neuausrichtung müsse es sein, die
Kapazitäten staatlicher Träger der Daseinsvorsorge und den Transfer von Know-how und Technologie im Be-
reich des Klima- und Umweltschutzes zu verstärken.
Darüber hinaus müsse auch die Rolle deutscher Unternehmen bei der Missachtung von Menschenrechten in
Lateinamerika thematisiert werden.
Schließlich wird die Bundesregierung aufgefordert, sich außenpolitisch gegenüber den USA für eine Rück-
nahme von Sanktionen gegen Venezuela auszusprechen und zugleich die Annäherung zwischen der EU und
Kuba aktiv zu unterstützen. Im Bereich der nationalen Zuständigkeiten sollen Vorstellungen für eine entwick-
lungspolitische Zusammenarbeit mit Kuba sowohl bilateral als auch trilateral formuliert werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage 18/4799 in seiner 41. Sitzung am 20.05.2015 beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage 18/4799 in seiner 36.
Sitzung am 20.05.2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Antrags.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage 18/4799 in seiner
35. Sitzung am 20.05.2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung des Antrags.
Die Fraktion DIE LINKE. begründet ihren Antrag damit, dass es auf diesem EU-Lateinamerika-Gipfel darum
gehen müsse, dass Europa mit den Staaten Lateinamerikas endlich auf gleicher Augenhöhe verhandle. Darüber
hinaus müsse sich Europa dafür öffnen, auch von Lateinamerika lernen zu wollen. Hier gebe es viele gute

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5131
Ansätze in Richtung auf mehr soziale Gleichheit, und insofern eine echte Alternative zu dem bisher dominie-
renden neoliberalen Prinzip der offenen Märkte, was man bereits in der Debatte über die Handelsabkommen
moniert habe. Das gelte auch für die „road map“ mit Kolumbien und Peru, in der beispielsweise soziale Stan-
dards keine Rolle spielen würden. Im Bereich der Klimapolitik gebe es den interessanten Vorschlag des Präsi-
denten von Ecuador, eine Steuer auf Erdöl zu erheben, die in einen von der OPEC verwalteten Fonds fließen
solle. Daraus sollten dann nachhaltige Energieprojekte und auch soziale Projekt gefördert werden. Schließlich
müsse auch das Verhältnis Deutschlands zu Kuba auf den Prüfstand, um den aktuellen Entwicklungen Rech-
nung zu tragen.
Die Fraktion der CDU/CSU konzediert, dass sie einigen Punkten der Antragsteller zustimmen könne. Mehr-
heitlich seien die Forderungen aber nicht zielführend. So werde beispielsweise erneut die Ablehnung von TTIP
gefordert. Man selbst habe mehrfach klargestellt, dass TTIP auch für die Entwicklungs- und Schwellenländer
positive Aspekte beinhalte. Der EU-Lateinamerika-Gipfel sei eine gute Gelegenheit, Dialogstrukturen und
Bündnisstrukturen zu stärken und neue, biregionale Abkommen abzuschließen. Vor allem gelte es, vorhandene
Defizite in der Bekämpfung von Armut, Korruption und Kriminalität sowie beim Schutz der Menschenrechte
auszumachen und entsprechende Kompensationsmaßnahmen zu vereinbaren.
Die Fraktion der SPD räumt ein, dass es im vorliegenden Antrag Positionen und Forderungen gebe, die man
durchaus teile. Man werde den Antrag aber trotzdem ablehnen, weil nach wie vor eine zu unkritische Haltung
zu Kuba und Venezuela hinsichtlich der dortigen Verletzung von Menschenrechten eingenommen werde, der
man nicht zustimmen könne. Während man bei Kuba aufgrund der aktuellen Entwicklungen noch eine Tendenz
zum Positiven erkennen könne, müsse man im Falle von Venezuela eher von einer Tendenz zum Schlechteren
reden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, sie teile die Kritik der Fraktion der SPD. Die erzielten
Erfolge einiger Staaten in Lateinamerika würden zu unkritisch betrachtet. Zudem werde ausgeklammert, dass
die wirtschaftliche Entwicklung in vielen Regionen auf einem Extraktivismus beruhten, der keineswegs nach-
haltig sei. Deshalb werde man den Antrag zwar nicht ablehnen, sich aber enthalten.

Berlin, den 20. Mai 2015

Waldemar Westermayer
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Uwe Kekeritz
Berichterstatter
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