BT-Drucksache 18/5071

zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/4426 - Das Europäische Semester stärken, besser umsetzen und weiterentwickeln

Vom 8. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5071
18. Wahlperiode 08.06.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(21. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 18/4426 –

Das Europäische Semester stärken, besser umsetzen und weiterentwickeln

A. Problem
Mit der Einführung des Europäischen Semesters im Jahre 2010 wurde ein recht-
licher Rahmen geschaffen, der die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei
ihren Reformen und der Umsetzung der Ziele der Europa 2020-Strategie unter-
stützt, koordiniert und überwacht. Die Ergebnisse der letzten Europäischen Se-
mester zeigen, dass die ergriffenen Reformen bereits zu einer verbesserten Koor-
dinierung geführt haben. Die länderspezifischen Empfehlungen der Europäi-
schen Kommission enthalten wichtige Reformempfehlungen, die sich an den ge-
meinsamen Kernzielen der Europa 2020-Strategie orientieren. Allerdings er-
weist sich die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen weiterhin als
Schwierigkeit des Europäischen Semesters. Nach der Analyse der Kommission
für das Jahr 2013 hat sich auch der strukturelle Finanzierungssaldo der Mitglied-
staaten nicht verbessert.
Der Antrag entwickelt Vorschläge, wie das Europäische Semester besser umge-
setzt und im Verfahren gestärkt werden kann.

B. Lösung
Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/5071 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/4426 anzunehmen.

Berlin, den 20. Mai 2015

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Gunther Krichbaum
Vorsitzender

Uwe Feiler
Berichterstatter

Joachim Poß
Berichterstatter

Alexander Ulrich
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5071
Bericht der Abgeordneten Uwe Feiler, Joachim Poß, Alexander
Ulrich, Manuel Sarrazin

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/4426 in seiner 97. Sitzung am 26.03.2015 beraten
und an den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur federführenden Beratung sowie an
den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie und den Ausschuss für
Arbeit und Soziales zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD heben in ihrem Antrag die Bedeutung des Europäischen Semesters hervor.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt bilde den rechtlichen Rahmen für die Koordinierung und Überwachung der
nationalen Finanzpolitiken in der EU. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sei die Koordinierung der natio-
nalen Wirtschaftspolitiken deutlich verstärkt worden. Im Jahr 2010 sei darüber hinaus das Europäische Semester
als Instrument der wirtschafts-, finanz- und beschäftigungspolitischen Koordinierung eingeführt worden. Mit ihm
sei ein Rahmen geschaffen worden, der die Mitgliedstaaten bei ihren Reformen und der Umsetzung der Ziele der
Europa 2020-Strategie – Bildung und Forschung, Klimaschutz, Verringerung von Arbeitslosigkeit, die Erhöhung
von Beschäftigung sowie die Verminderung von sozialer Ausgrenzung und Armut in der Europäischen Union –
unterstütze, koordiniere und überwache. Die Ergebnisse der letzten Europäischen Semester hätten gezeigt, dass
die ergriffenen Reformen bereits zu einer verbesserten Koordinierung geführt hätten.
Allerdings erweise sich die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen weiterhin als Schwierigkeit des
Europäischen Semesters. Nach Angaben der Europäischen Kommission seien 2013 lediglich 10 Prozent der län-
derspezifischen Empfehlungen vollständig umgesetzt worden und bei 45 Prozent sei nur eine eingeschränkte oder
überhaupt keine Umsetzung festzustellen. Zudem habe sich der strukturelle Finanzierungssaldo der Mitgliedstaa-
ten nicht verbessert.
Die Europäische Kommission müsse ihre Stellungnahmen zu den Haushaltsplanungen und den Nationalen Re-
formprogrammen der Mitgliedstaaten und die dazugehörigen länderspezifischen Empfehlungen nach objektiven
Kriterien und ohne politische Intervention der Mitgliedstaaten erarbeiten können. Ein transparentes Verfahren
werde helfen, dass die Stellungnahmen der Kommission von den Mitgliedstaaten nicht als Eingriff in ihre Souve-
ränität verstanden und im Ergebnis besser umgesetzt würden. Das setze allseits konsentierte und belastbare sta-
tistische Daten aus den Mitgliedsstaaten voraus.
Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf, das Europäische Semester zu stärken, besser umzusetzen und
weiterzuentwickeln. Insbesondere wird die Bundesregierung aufgefordert,
– für noch mehr Transparenz des Verfahrens zu werben
– die Kommission dabei zu unterstützen, dass sie ihre Stellungnahmen nach objektiven Kriterien erarbeiten

kann und zugleich darauf hinzuweisen, dass die Kommission eine Aufgabe erledigt, die ihr die Mitgliedstaa-
ten selbst übertragen haben

– das Europäische Semester als Ermutigung für verstärkte Investitionen in Forschung, Bildung und Infrastruk-
tur anzusehen

– sich dafür einzusetzen, dass bei der Analyse der länderspezifischen Situation neben makroökonomischen
und fiskalischen Indikatoren ergänzend auch soziale Indikatoren beobachtet werden

– die Ziele der Europa 2020-Strategie im Europäischen Semester stärker zu berücksichtigen
– die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Mitgliedstaaten durch zügige Umsetzung wirtschaftspoliti-

scher Initiativen und weiterer Strukturreformen zu stärken und zugleich darauf zu achten, dass die Reform-
vorhaben sozialverträglich umsetzbar sind

– die Investitionsoffensive der Kommission bestmöglich zu unterstützen.

Drucksache 18/5071 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Finanzausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/4426 in seiner 42. Sitzung am 20. Mai 2015 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzunehmen.
Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/4426 in seiner 48. Sitzung am 20. Mai 2015 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Antrag zuzustimmen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat die Vorlage auf Drucksache 18/4426 in seiner 40. Sitzung am
20. Mai 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzuneh-
men.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Vorlage auf Drucksache 18/4426 in seiner 44. Sitzung am 20.
Mai 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage in seiner 36. Sitzung am
20. Mai 2015 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme empfoh-
len.
Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, es liege im Interesse Deutschlands, die Sichtbarkeit, Verbindlichkeit
und Wirksamkeit des Europäischen Semesters zu verbessern. Der vorliegende Antrag unterstütze diese Zielset-
zung. Eine entscheidende Grundlage für die Akzeptanz und bessere Umsetzung der länderspezifischen Empfeh-
lungen sei die Qualität und Vergleichbarkeit der erhobenen statistischen Daten. Transparente, objektive Verfah-
ren bei der Erhebung der Daten und Erarbeitung der Empfehlungen sowie die Vergleichbarkeit der Daten trügen
dazu bei, die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit des Prozesses zu erhöhen.
Zu dem von der Europäischen Kommission in den länderspezifischen Empfehlungen angesprochenen Leistungs-
bilanzüberschuss in Deutschland betonte die Fraktion, dass der Überschuss insbesondere durch eine große Nach-
frage nach Produkten aus Deutschland erzielt worden sei. Weitere Gründe dafür seien auch die optimale Kon-
junkturlage in wichtigen Abnehmerländern sowie der schwache Euro und die niedrigen Erdölkosten. Der Über-
schuss gehe außerdem überwiegend aus den Geschäften mit außereuropäischen Handelspartnern hervor.
Die Fraktion der SPD begrüßte die Bemühungen zur Intensivierung und Effektivierung des Europäischen Se-
mesters. Der Reformprozess sei auf gutem Wege. Die von der Kommission vorgenommene Konzentration der
länderspezifischen Empfehlungen auf Schwerpunkte sei richtig. Die Reform diene einer Verbesserung der wirt-
schaftspolitischen Koordinierung in der EU. Die Absicht der Kommission, die Möglichkeiten der Flexibilität bei
der Auslegung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu nutzen, sei damit vereinbar. Neben den finanz- und
wirtschaftspolitischen Kriterien müsse die soziale Dimension berücksichtigt werden.
Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, dass die Glaubwürdigkeit des Reformprozesses insgesamt darunter leide,
dass Deutschland die Empfehlungen zur Korrektur seiner Leistungsbilanzüberschüsse über Jahre hinweg nicht
umgesetzt habe. Ein solches Verhalten der größten Volkswirtschaft der EU beeinträchtige generell die Verbind-
lichkeit der Empfehlungen. Die regierungstragenden Fraktionen hätten die grundsätzliche Problematik der Au-
ßenhandelsüberschüsse nicht verstanden. Um eine wirtschaftlich und sozial nachhaltige Koordination der Wirt-
schaftspolitiken in der EU zu erreichen, seien grundlegende Reformen des Europäischen Semesters notwendig.
Bei den diesbezüglichen Überlegungen müssten sozio-ökonomische Entwicklungen in Mitgliedstaaten der EU
stärker berücksichtigt werden, die dem derzeitigen, einseitig auf Wettbewerb ausgerichteten Kurs des Europäi-
schen Semesters skeptisch gegenüberstünden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest, dass es einen Konsens gebe, den Prozess des Europäi-
schen Semesters politischer zu gestalten. Zwar sei die Konzentration der Empfehlungen grundsätzlich zu begrü-
ßen, sie berge jedoch gleichzeitig die Gefahr, dass bisherige Prioritäten insbesondere im Bildungsbereich oder

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5071
Energiesektor vernachlässigt und Empfehlungen nicht ausreichend konkretisiert und mit dem nötigen Nach-
druck verfolgt würden. Die Auseinandersetzung und der Diskussionsprozess zwischen Kommission und den
Mitgliedstaaten zur Analyse und Bewertung der wirtschaftspolitischen Lage seien stärker öffentlich sichtbar und
nachvollziehbar zu machen.

Berlin, den 20. Mai 2015

Uwe Feiler
Berichterstatter

Joachim Poß
Berichterstatter

Alexander Ulrich
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter
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