BT-Drucksache 18/5014

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: erstes Quartal 2015)

Vom 22. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5014
18. Wahlperiode 22.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Niema Movassat, Petra Pau, Martina Renner,
Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak und der
Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: erstes Quartal 2015)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten entwickeln sich
immer mehr zu einem Mittel deutscher und Außenpolitik der Europäischen
Union (EU). Die Militärdoktrin der Europäischen Union, die Europäische Si-
cherheitsstrategie, sieht ausdrücklich den kombinierten Einsatz militärischer
und ziviler (d. h. auch polizeilicher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehr-
wert“ zu erzielen.
Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.
So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten, wo Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen
kommen. Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der
Polizei, bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundespoli-
zei speziell für Auslandseinsätze aufzustellen.
Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamentarische
Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht einmal die
Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird ein wich-
tiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Be-
denklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Kri-
sengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr. Bei Einsätzen aufgrund des
§ 65 des Bundespolizeigesetzes (BPolG) hat der Deutsche Bundestag nicht ein-
mal ein verbrieftes Rückholrecht.
Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und Zollbeamten.
Schließlich gewinnen internationale Einsätze innerhalb der EU zunehmend an
Bedeutung. Einsätze ausländischer Polizisten in Deutschland sowie deutscher
Polizisten im (EU-)Ausland auf der Grundlage des Prümer Vertrages oder bila-
teraler Abkommen unterliegen ebenfalls keiner parlamentarischen Kontrolle.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. An welchen Missionen auf Grundlage des § 8 Absatz 1 BPolG sind deutsche

Polizistinnen und Polizisten (bitte nach Bundesländern, Zugehörigkeit zur

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Bundespolizei bzw. zum Bundeskriminalamt – BKA – aufgliedern) sowie
Zollbeamtinnen und Zollbeamte derzeit beteiligt?
a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles

Personal (bitte nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bundespolizei,
BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte sind dabei
jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind
sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen angeben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission derzeit?
d) Welche Missionen mit deutscher Beteiligung sind im ersten Quartal 2015

neu hinzugekommen (bitte die rechtliche Grundlage sowie Mandatsgeber
und Missionsträger angeben, die Mandatsobergrenze nennen sowie den
Auftrag der eingesetzten deutschen Kräfte bezeichnen), und inwiefern hat
es Mandatsänderungen bei den bereits bestehenden Missionen gegeben?

e) Wann werden die Missionen voraussichtlich beendet sein?
f) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-

lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte ggf. konkrete Angaben machen und
Zahlen zu den einzelnen Missionen bzw. Einsätzen nennen)?

2. An welchen Einsätzen auf Grundlage von § 65 Absatz 2 BPolG (ohne kurz-
fristige Ausbildungslehrgänge im Sinne der nachfolgenden Fragen) waren
bzw. sind deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zollbeamtinnen und
Zollbeamte im ersten Quartal 2015 beteiligt (bitte nach Bundesländern, Zu-
gehörigkeit zur Bundespolizei bzw. zum BKA aufgliedern)?
a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles

Personal (bitte nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bundespolizei,
BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte waren bzw.
sind dabei jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen wa-
ren bzw. sind sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen ange-
ben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke haben die Einsätze derzeit?
d) Welche Einsätze mit deutscher Beteiligung sind im ersten Quartal 2015

neu hinzugekommen, und inwiefern hat es relevante Änderungen (vor al-
lem bei Auftrag, Zweck, Durchführung und Kräfteansatz) bei den bereits
bestehenden Einsätzen gegeben?

3. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich sicherheitsrele-
vanter Vorfälle vor, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zoll-
beamtinnen und Zollbeamte im ersten Quartal 2015 involviert bzw. denen sie
ausgesetzt waren?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten (bitte Veränderungen darstel-
len)?

5. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und Verbindungsbeamte des BKA halten
sich derzeit in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und Ein-
satzorte sowie die zugehörige Zahl von Beamtinnen und Beamten angeben)?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als
a) Dokumentenberater,
b) Sicherheitsbeamte,

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c) grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,
d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit einge-

setzt
(bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt, Einsatzland und Einsatzort sowie
die Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und angeben, ob sie vom
BKA, der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt werden)?

e) In welche der durch Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zur Schaf-
fung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen
geschaffenen örtlichen oder regionalen Kooperationsnetze der Verbin-
dungsbeamten der EU-Staaten für Einwanderungsfragen sind die in den
Fragen 6c und 6d genannten Kräfte eingebunden?

7. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden im ersten Quartal 2015 im Rahmen
der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außen-
grenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) eingesetzt
a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen, und an welchen

Standorten,
b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-

tion auflisten),
c) die im Rahmen von Operationen deutsches Gerät aus dem FRONTEX-

Ausrüstungspool (technical equipment pool) bedienen (bitte mit Einsatz-
standorten und jeweiligem Tätigkeitsprofil angeben),

d) die im Einsatzstaat Maßnahmen zum Screening (Identitätsfeststellung
etc.) von Personen eingesetzt werden, die ohne erforderliche Einreise-
oder Aufenthaltspapiere aufgegriffen wurden,

e) als Mitglieder der „europäischen Grenzschutzteams“ im Rahmen von ge-
meinsamen Aktionen, Pilotprojekten oder für Soforteinsätze zu Grenzsi-
cherungszwecken (bitte einzeln aufführen),

f) im Rahmen gemeinsamer Rückführungsmaßnahmen unter der Koordina-
tion von FRONTEX (bitte mit dem jeweiligen Zielstaat der Maßnahme,
den teilnehmenden EU-Staaten, Gesamtkosten und Kosten, die auf deut-
scher Seite entstanden sind, auflisten),

g) im Rahmen weiterer FRONTEX-Maßnahmen (bitte Einsatzorte und je-
weilige Tätigkeit angeben),

und wie viele Erkenntnismeldungen oder sonstige Mitteilungen zu besonde-
ren Ereignissen gab es von Seiten der deutschen Kräfte an das Bundespoli-
zeipräsidium, und was war jeweils Inhalt dieser Meldungen?

8. An welchen weiteren internationalen Einsätzen auf der Grundlage des Prü-
mer Vertrages oder entsprechender bilateraler Abkommen (ausgenommen
die sogenannte Nacheile) haben deutsche Polizisten – soweit die Bundes-
regierung Kenntnis davon hat – im ersten Quartal 2015 teilgenommen?
a) Wann und wo fanden diese Einsätze jeweils statt (bitte angeben, in wel-

chen Einheiten bzw. in welchen Stäben bzw. Dienststellen usw. die deut-
schen Polizeikräfte eingesetzt waren)?

b) Was waren Anlass und Zweck der Einsätze?
c) Wie viele deutsche Polizisten waren daran beteiligt (bitte Herkunft nach

Länderpolizeien, Bundespolizei und BKA angeben)?
d) Von wem ging das Ersuchen aus?
e) Inwiefern haben die deutschen Polizisten von ihrer Befugnis zur Anwen-

dung unmittelbaren Zwangs Gebrauch gemacht?

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f) Welche Einsatzmittel und Fahrzeuge aus deutschen Beständen wurden
jeweils mitgeführt?

9. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte haben
deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im ersten Quartal 2015
durchgeführt, bzw. an welchen waren sie beteiligt (bitte sowohl bereits ab-
geschlossene als auch aktuell stattfindende sowie fortgesetzte Maßnahmen
angeben)?
a) Wie lauten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden bzw. fin-

den sie statt?
b) Was sind die Ziele der Maßnahmen, und über welchen Zeitraum er-

strecken sie sich?
c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde bzw.

wird welche Art der Ausbildung gewährt?
d) Worin bestanden bzw. bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deut-

schen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, und in welchen Stäben,
Einrichtungen und sonstigen Stellen waren bzw. sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte waren jeweils
an den Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detail-
liert ausweisen)?

f) Welche Kosten entstanden bzw. entstehen der Bundesrepublik Deutsch-
land für die Ausbildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln
wurden diese bestritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind für
die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür entste-
hen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden (bitte
nach dem Schema der Fragen 9a bis 9f beantworten)?

11. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und Zollbeamte im Ausland eingesetzt, und
welche Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und Ein-
satzorten sowie Zugehörigkeit zu Bundesländern, BKA und Bundespolizei
aufgliedern)?

12. Welche materiellen Ausstattungshilfen sind ausländischen Sicherheitsbe-
hörden im Jahr 2015 bislang geliefert sowie zum gegenwärtigen Zeitpunkt
zugesagt, aber noch nicht geliefert worden (bitte konkreten Empfänger, je-
weilige Ausstattung und deren Wert angeben)?

Berlin, den 21. Mai 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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