BT-Drucksache 18/4992

Tierversuche mit gentechnisch veränderten Tieren

Vom 20. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4992
18. Wahlperiode 20.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Kai Gehring, Harald Ebner, Friedrich Ostendorff
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tierversuche mit gentechnisch veränderten Tieren

Die Anzahl der Tierversuche mit gentechnisch veränderten Tieren steigt seit
Jahren. Im Jahr 2013 wurden knapp eine Million gentechnisch veränderte Tiere
in Versuchen verbraucht. Zum Großteil handelt es sich dabei um Mäuse. Auch
an Ratten, Kaninchen, Schweinen und Fischen werden zahlreiche Versuche
durchgeführt. Die Nutzung gentechnisch veränderter Versuchstiere wird durch
den Einsatz neuer Technologien, die unter dem Begriff „Synthetische Gentech-
nik“ zusammengefasst werden, erheblich beschleunigt.
Bei den Versuchen werden bei den Tieren entweder eigene Gene ausgeschaltet
(„knock-out“), herunter reguliert („knock-down“) oder artfremdes genetisches
Material ins eigene Genom integriert („knock-in“). Ziel eines Teils der Versuche
ist es, bestimmte Krankheitsbilder, wie Alzheimer, Diabetes oder Krebs, zu er-
zeugen, um dann an den Tieren Substanzen und Medikamente gegen diese
Krankheiten zu testen.
Die Veränderungen der Gene und der DNA ist jedoch häufig nicht erfolgreich
bzw. fehlerhaft, was dazu führen kann, dass Tiere nicht mehr lebensfähig oder
behindert sind und nicht im eigentlich geplanten Tierversuch verwendet werden
können. Erfasst werden in den Tierversuchsstatistiken nur die Tiere, bei denen
die Genmanipulation erfolgreich war und die in Tierversuchen verwendet wur-
den. Alle anderen Tiere, bei denen die Manipulation nicht, wie gewünscht, ge-
klappt hat, werden, ohne im Versuch verwendet zu werden, getötet und in keiner
Statistik erfasst.
Auch werden immer mehr gentechnisch veränderte Versuchstiere patentiert. In
Europa wurden bisher bereits mehr als 1 500 Patente auf Tiere erteilt – der
Großteil davon auf Tiere mit gentechnisch veränderten Eigenschaften, die als
Versuchstiere dienen sollen. Durch die Möglichkeit, Patente auf diese Tiere zu
bekommen, wird der Verbrauch von Versuchstieren zusätzlich durch wirtschaft-
liche Motive befördert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der gentech-

nisch veränderten Tiere in den letzten zehn Jahren verändert (bitte nach An-
zahl der Tiere je Tierarten sowie der Versuchsvorhaben auflisten)?

2. In welchen Bereichen ist nach Kenntnis der Bundesregierung der höchste
Anstieg bei der Anzahl der Versuchsvorhaben sowie der verwendeten Tiere
zu verzeichnen, und worauf ist dies zurückzuführen?

Drucksache 18/4992 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Einrichtungen in
Deutschland vor, die mithilfe von Synthetischer Gentechnik Tiere für die
Grundlagenforschung, medizinische oder landwirtschaftliche Zwecke mani-
pulieren (bitte nach Institutionen, verwendeten Tierarten, Anzahl der ver-
wendeten Tiere in den Jahren 2012 bis 2014 und verfolgten Zielsetzungen
auflisten)?

4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Einrichtungen in
Deutschland vor, die im Ausland in Auftrag geben, Tiere mithilfe von Syn-
thetischer Gentechnik zu manipulieren (bitte nach Institutionen, verwende-
ten Tierarten, Anzahl der verwendeten Tiere in den Jahren 2012 bis 2014
und verfolgten Zielsetzungen auflisten)?

5. Gilt nach deutschem Recht die gentechnische Veränderung (mit oder ohne
Synthetischer Gentechnik) von tierischen embryonalen Stammzellen als
Tierversuch, und wenn nein, warum nicht?

6. Werden die gentechnischen Veränderungen an tierischen embryonalen
Stammzellen erfasst, und wenn ja, wie?
Wenn nein, warum nicht?

7. Muss die Entwicklung von Tieren, die aus solchen tierischen embryonalen
Stammzellen gezüchtet werden, genehmigt werden, wenn die genetische
Veränderung offensichtlich mit Schmerzen und Leiden verbunden ist?

8. Muss die Entwicklung von Tieren, die aus solchen tierischen embryonalen
Stammzellen gezüchtet werden, genehmigt werden, wenn die genetische
Veränderung nicht offensichtlich mit Schmerzen und Leiden verbunden ist?

9. a) Hält die Bundesregierung die statistische Erfassung der Tiere, die im
Versuch verwendet wurden, für ausreichend, oder teilt sie die Auffassung
der Fragesteller, dass auch „überschüssige“ Tiere, die entgegen der ur-
sprünglichen Intention nicht im Tierversuch verwendet wurden, da eine
genetische Veränderung nicht erfolgreich war oder da doch weniger
Tiere benötigt werden, diese später jedoch getötet wurden, erfasst wer-
den sollten?
Wenn nein, wie begründet sie ihre Auffassung?

b) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl dieser Tiere,
die nicht offiziell statistisch erfasst werden?

10. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf zum Schutz der genetischen
Identität und Integrität von Tieren, und wenn ja, welche Konsequenzen zieht
sie daraus?
Wenn nein, wie begründet sie dies?

11. Hält die Bundesregierung die Patentierung von Tieren für ethisch vertretbar,
obwohl derartige Patente nach Auffassung der Fragesteller auch ein Anreiz
sein können, Tierversuche aus wirtschaftlichen Interessen durchzuführen?

12. Welchen Nutzen erwartet die Bundesregierung von solchen Patenten?
13. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Tierversu-

che in diesem Bereich zu reduzieren?

Berlin, den 20. Mai 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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