BT-Drucksache 18/4904

Vergabepraxis von Wiederaufbauhilfen an die Ukraine

Vom 8. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4904
18. Wahlperiode 08.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Inge Höger, Andrej Hunko, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Vergabepraxis von Wiederaufbauhilfen an die Ukraine

Am 1. April 2015 traf die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel den ukrainischen
Ministerpräsidenten Arsenij Jazenjuk zu einem Gespräch, in dessen Rahmen die
Bundeskanzlerin der Ukraine Wiederaufbauhilfen in Höhe von 500 Mio. Euro
zusagte. Als Grundlage für die Gewährung des Kredites nannte die Bundeskanz-
lerin die von Arsenij Jazenjuk mündlich versicherten „beachtlichen Reform-
schritte, die die Ukraine bereits gegangen ist“. So werde die Korruption ent-
schieden bekämpft und es sei mehr Transparenz im Steuersystem hergestellt
worden (www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/merkel-lobt-reformen-in-
der-ukraine-13518594.html).
Laut Angaben der Pressestelle des Bundeskanzleramtes soll die Beurteilung der
Bundeskanzlerin hinsichtlich der „beachtlichen Reformschritte“ lediglich auf
den mündlich vorgetragenen Aussagen Arsenij Jazenjuks während des Ge-
sprächs beruhen (www.rtdeutsch.com vom 8. April 2015 „Merkels ‚Jaz-Ver-
trauen‘: Premier versichert mündlich ‚beachtliche Reformen‘ und Deutschland
gibt Millionen-Kredit“). Dokumente, welche die Aussagen des ukrainischen
Ministerpräsidenten bestätigen, sollen nach Angaben des Pressesprechers vor
und während des Gesprächs nicht vorgelegt worden sein.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche „beachtlichen Reformschritte“ wurden von Arsenij Jazenjuk konkret

im Gespräch mit der Bundeskanzlerin vorgetragen?
2. Wurden die von Arsenij Jazenjuk im Gespräch mit der Bundeskanzlerin vor-

getragenen „beachtlichen Reformschritte“ seitens der Bundesregierung über-
prüft?
Wenn nein, warum nicht, und ist diese Praxis üblich – auch gegenüber ande-
ren Staaten?

3. Gab es im Kontext des Gesprächs zwischen der Bundeskanzlerin und Arsenij
Jazenjuk schriftliche Dokumente, in denen die „beachtlichen Reform-
schritte“ ausgewiesen und bzw. oder belegt wurden?

4. Wofür soll der gewährte Kredit genau eingesetzt werden (bitte nach Projekten
aufschlüsseln und mit Zeitrahmen angeben)?

5. In welchem Umfang können nach Kenntnis der Bundesregierung oder sollen
seitens der Ukraine mit dem gewährten Kredit Altschulden abgebaut werden?

Drucksache 18/4904 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Welche Vereinbarungen wurden für den Fall einer nicht den vereinbarten
Zwecken entsprechenden Verwendung der Mittel seitens ukrainischer Stel-
len getroffen, und welche Vorkehrungen wurden getroffen, um eine Zweck-
entfremdung zu verhindern?

7. Welche Rückzahlungsmodalitäten wurden für den gewährten Kredit verein-
bart, und wer kommt für die Kosten auf, falls die Ukraine den Kredit nicht
zurückzahlt bzw. zurückzahlen kann?

8. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die soziale Situation der
ukrainischen Bevölkerung durch die Gewährung des Kredits verbessert
wird, und durch welche konkreten Maßnahmen soll das geschehen?

9. Aus welchen Gründen fand die Unterzeichnung der Vereinbarung über die
Kreditvergabe im Bundesministerium der Finanzen (BMF) schon am Nach-
mittag des 1. April 2015, also vor dem Gespräch zwischen der Bundeskanz-
lerin und Arsenij Jazenjuk statt (www.rtdeutsch.com vom 8. April 2015,
vgl. Vorbemerkung der Fragesteller)?
a) Ist dies eine übliche Praxis?
b) Auf welcher Grundlage wurde im BMF über die Gewährung des Kre-

dites entschieden, wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein Gespräch mit
Arsenij Jazenjuk stattgefunden hatte?

c) Lagen dem BMF zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung schriftliche
Dokumente zur Qualifizierung der Reformfortschritte in der Ukraine
vor?

10. Aus welchen Haushaltstiteln wird die Kreditvergabe finanziert?
11. War die Bundeskanzlerin zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Arsenij Jazenjuk

über die derzeit bestehenden Korruptionsvorwürfe gegen den ukrainischen
Regierungschef informiert (www.rtdeutsch.com/16081/international/
jazenjuk-weiter-unter-korruptionsverdacht/)?
Falls nein, wann und durch wen hat sie davon erfahren?
Falls ja, wurde der Sachverhalt während des Gesprächs thematisiert, und
gegebenenfalls mit welchem Ergebnis?

Berlin, den 6. Mai 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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