BT-Drucksache 18/4868

Quecksilberbelastung von Gewässern in Deutschland

Vom 6. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4868
18. Wahlperiode 06.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Annalena Baerbock, Steffi Lemke, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Dr. Julia Verlinden
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Quecksilberbelastung von Gewässern in Deutschland

Kohlekraftwerke emittieren Unmengen an Schadstoffen, die sich negativ auf die
Umwelt und die Gesundheit des Menschen auswirken. Einer der schädlichsten
Stoffe, für dessen Ausstoß Kohlekraftwerke maßgeblich verantwortlich sind, ist
Quecksilber. Bei Quecksilber wird zwischen anorganischen und organischen
Verbindungen unterschieden. Anorganische Verbindungen können bei einer
Aufnahme zu akuten Vergiftungen mit Todesfolge führen. Organische Verbin-
dungen sind mehr als hundertmal so giftig. Besonders problematisch ist dabei
Methylquecksilber, das in großen Mengen auf Emissionen aus Kohlekraftwer-
ken zurückzuführen ist (siehe „Kohlekraftwerke im Fokus der Quecksilberstra-
tegie“, Beckers, Heidemeier, Hilliges). Der Schadstoff findet sich in der Luft,
auf Äckern und in Gewässern wieder. Über Nahrungsmittel, wie z. B. Fisch oder
bestimmte Pilzsorten, wird das Gift schließlich in den Körper aufgenommen und
kann damit der Gesundheit erheblich schaden.
Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken können nach Aussage der Bun-
desregierung um 80 Prozent reduziert werden („Kohlekraftwerke im Fokus der
Quecksilberstrategie“, Umweltbundesamt, April 2015). Allerdings geht der
Trend dahin, dass seit dem Jahr 2010 laut „Online Datenbank“ des Umweltbun-
desamtes wieder mehr giftiges Quecksilber in die Umwelt gelangt (siehe http://
iir-de.wikidot.com/heavy-metals).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die Ursachen, dass seit dem Jahr

2010 der Trend hin zu einem wachsenden Quecksilberausstoß geht?
2. Wie lässt sich dieser Trend nach Ansicht der Bundesregierung mit dem von

der Wasserrahmenrichtlinie vorgeschriebenen Phase-out-Ansatz vereinba-
ren?

3. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Messstellennetz für
Grund- und Oberflächengewässerkörper in Deutschland seit dem Abschluss
der ersten Bestandsaufnahme im Jahr 2004 gemäß der Wasserrahmenricht-
linie entwickelt (bitte nach Jahr, Anzahl der Messstellen, Bundesland sowie
Typ des Wasserkörpers aufschlüsseln)?

4. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Messintervalle des
Messstellennetzes in Deutschland entwickelt, und erachtet sie diese als um-
weltpolitisch ausreichend, um insbesondere Belastungsspitzen zuverlässig
erfassen zu können?

Drucksache 18/4868 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. In welchen Oberflächenwasserkörpern und Grundwasserkörpern im Sinne
des Wasserhaushaltsgesetzes werden nach Kenntnis der Bundesregierung
die Quecksilberwerte der Umweltqualitätsnorm für Biota dauerhaft einge-
halten (bitte nach gemessenem Wert und Wasserkörper aufschlüsseln)?
a) Welche Rolle spielen dabei nach Kenntnis der Bundesregierung histo-

risch bedingte Belastungen?
b) Wenn die Bundesregierung keine Kenntnisse zu den historisch bedingten

Belastungen hat, sind diesbezüglich Untersuchungen geplant, und bis
wann liegen die Ergebnisse frühestens und spätestens vor?

6. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung hinsichtlich des höchsten gemes-
senen Quecksilberwertes je Wasserkörper in den letzten fünf Jahren (bitte
nach Jahr, gemessenen Wert und Wasserkörper aufschlüsseln)?

7. Welche Bedeutung haben nach Kenntnis der Bundesregierung Einträge über
Niederschlagswasser, das Quecksilber-Depositionen von versiegelten Flä-
chen in die Gewässer einträgt?
Sollten der Bundesregierung keine Kenntnisse vorliegen, sind diesbezüg-
lich Untersuchungen geplant?
Wenn nicht, mit welcher Begründung?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen von
Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken auf die Luft und Gewässer-
körper, und wie hängen diese mit den regionalen Depositionen in den Flüs-
sen zusammen?

9. Inwieweit besteht nach Kenntnis der Bundesregierung eine unterschiedliche
Quecksilberbelastung von Oberflächengewässern in einem Radius von
30 Kilometern um Kohlekraftwerke und weiter entfernten Oberflächenge-
wässern?

10. Gilt nach Ansicht der Bundesregierung der Phase-out-Ansatz nach Artikel 4
Absatz 1 Buchstabe a Nummer IV der Wasserrahmenrichtlinie für den
prioritär gefährlichen Stoff Quecksilber unmittelbar, ohne dass es weiterer
nationaler Rechtsakte bedarf?
Sollte dies nicht der Fall sein, welche konkreten nationalen Rechtsakte be-
finden sich in Planung, um dieser Regelung zur Durchsetzung zu verhelfen?

11. Welche Schritte plant die Bundesregierung, um den Phase-out-Ansatz für
Quecksilber zu erreichen, und welche Planungen sind ihr insgesamt dazu
bekannt?
Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Phase-out-Ansatz nach An-
sicht der Bundesregierung für Kohlekraftwerke und deren Betrieb?

12. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Phase-out-Ansatz für
Quecksilber hinsichtlich der Weiterentwicklung des Emissionsvermei-
dungsregimes des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImschG)?

13. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, den PRTR-Berichtsschwellenwert
von derzeit 1 kg Hg/a für die Quecksilberfreisetzung in Gewässern durch
die Abwasserreinigung herabzusetzen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche konkreten Planungen sind der Bundesregierung dazu be-
kannt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4868
14. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, den PRTR-Berichtsschwellenwert
auf Quecksilberfreisetzungen aus der Ableitung von Kühlturmabwässern
auszuweiten?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche konkreten Planungen sind der Bundesregierung dazu be-
kannt?

15. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2010 veranlasst,
um ihre Bemühungen darauf zu richten, nachhaltig und medienübergreifend
wirksame Maßnahmen zur Begrenzung von Quecksilbereinträgen in die
Medien (Wasser, Luft, Boden) und die Stoffkreisläufe (Produkte) zu fördern
und zu veranlassen, und welche Maßnahmen in welchem Umfang (bitte in
Euro angeben und nach Haushaltsjahr aufschlüsseln) wurden hierfür geför-
dert?
Um welche Maßnahmen handelt es sich genau?

16. Sieht die Bundesregierung im Netzausbau (z. B. Projekt Sued.Link) einen
geeigneten Ansatz, um Quecksilberemissionen und den Ausstoß anderer
Schwermetalle, wie Blei und Cadmium, zu reduzieren?

17. Wann ist mit den Ergebnissen der in der Antwort zu Frage 3b der Kleinen
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/4393 angesprochenen Auswertung,
bezogen auf die Schadstoffe Dioxin/Furan, Benzol, Blei und Quecksilber,
frühestens und spätestens zu rechnen?

18. Hält die Bundesregierung eine Absenkung der in der 13. Bundesimmissions-
schutzverordnung vorgeschriebenen Grenzwerte für Quecksilberemissionen
aus Kohlekraftwerken, insbesondere sofern nach Kenntnis der Bundesregie-
rung nicht beurteilbare Auswirkungen solcher Emissionen auf Kinder mög-
lich sind, aus Vorsorgegründen für notwendig?
Wenn nein, welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, die es rechtferti-
gen, die Belastung von Kindern durch Quecksilber weiter unvermindert in
Kauf zu nehmen?

19. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung bezüglich der Quecksilber-
belastung wild lebender Tiere vor (bitte zwischen Vögeln, Süßwasserorga-
nismen und Meerestieren unterscheiden)?

20. Welche Quecksilberbelastungen wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bei Meeresraubfischen in den letzten Jahren gemessen, und welche bei
Kegelrobben (bitte nach Jahr und gemessenem Wert aufschlüsseln)?

21. Welche Hinweise, Empfehlungen und Warnungen für den Verzehr bestimm-
ter Arten in Bezug auf Quecksilberbelastungen gibt es aktuell vonseiten der
dafür zuständigen Behörden (bitte nach Hinweis, Empfehlung und Warnung
aufschlüsseln)?
a) Auf welche Personengruppen (insbesondere Schwangere und Säuglinge)

beziehen sich diese Hinweise, Empfehlungen und Warnungen (bitte nach
Art, Art des Eingriffs und Personengruppe aufschlüsseln)?

b) Hält die Bundesregierung die bestehenden Hinweise, Empfehlungen und
Warnungen für ausreichend und verhältnismäßig?

22. Wird sich die Bundesregierung im laufenden Sevilla-Prozess für eine Ver-
schärfung der Quecksilbergrenzwerte für Stein- und Braunkohlekraftwerke
einsetzen?
Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/4868 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
23. Welche Werte der im aktuellen BVT-Draft (BVT – beste verfügbare Tech-
niken) vorgeschlagenen Bandbreiten hält die Bundesregierung für eine na-
tionale Umsetzung für notwendig und wirtschaftlich zumutbar?
Sollte der Positionierungsprozess der Bundesregierung diesbezüglich noch
nicht abgeschlossen sein, bis wann ist eine solche Festlegung frühestens und
spätestens zu erwarten?

24. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten für die Nachrüstung mit
den im aktuellen BVT-Draft aufgeführten Techniken zur Reduzierung der
Quecksilberemissionen ein, um den jeweils unteren Wert der dort vorge-
schlagenen Bandbreiten in deutschen Stein- und Braunkohlekraftwerken er-
reichen zu können?

25. Welche Datenbanken und Statistiken mit welchen Inhalten werden allge-
mein im Umweltbundesamt geführt?

Berlin, den 6. Mai 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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