BT-Drucksache 18/4814

Schutz der Meere weltweit verankern

Vom 6. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4814
18. Wahlperiode 06.05.2015
Antrag
der Abgeordneten Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms, Uwe Kekeritz,
Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian
Kühn (Tübingen), Dr. Julia Verlinden, Harald Ebner, Matthias Gastel, Kai Gehring,
Stephan Kühn (Dresden), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Schutz der Meere weltweit verankern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundesregierung betont gerne, dass ihr der Meeresschutz wichtig ist. Zum G7-
Gipfel 2015 in Elmau wurde nun angekündigt, einen Aktionsplan gegen die Meeres-
vermüllung vorzulegen. Die Ozeane sind aber weltweit in einem noch viel größeren
Umfang massiv bedroht: vor allem durch Überfischung und Aquakultur, Verschmut-
zung mit Plastik, Chemikalien, Radioaktivität, Erhitzung, CO2-Eintrag, Versauerung
und den Raubbau an Bodenschätzen. Ein Aktionsplan gegen Meeresmüll greift zu
kurz.

Die Weltozeane sind die planetaren Schatzkammern der Artenvielfalt. Die Meeres-
ökosysteme und -strömungen erfüllen wesentliche Funktionen für globale Stoff-
kreisläufe sowie den Klimahaushalt und sind Nahrungsquelle für mehr als eine Mil-
liarde Menschen. Die Zukunft der Menschheit ist unmittelbar mit der Zukunft unse-
rer Meere verknüpft. Gelingt es nicht, in den nächsten Jahren den Raubbau an den
Ozeanen und ihre Verschmutzung zu stoppen, sind grundlegende Funktionen der
globalen Ökosysteme gefährdet oder irreversibel zerstört.

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
(WBGU) kam deshalb im Jahr 2013 in seinem Gutachten „Welt im Wandel –
Menschheitserbe Meer“ zu dem Ergebnis, dass ein fundamentaler Standpunkt- bzw.
Perspektivenwechsel erforderlich ist, um die Meere zu schützen. Der Beirat emp-
fiehlt unter anderem die Meere als Menschheitserbe und globales Kollektivgut zu
definieren, für die an Nachhaltigkeitskriterien orientierte Schutzverpflichtungen
festgelegt werden müssen.

Der WBGU beklagt, dass die Notwendigkeit einer Trendwende beim Umgang mit
den Meeren zwar längst bekannt ist, die dafür notwendigen Regelungen aber entwe-
der nicht existieren oder in der Praxis durch die Staaten nicht ausreichend umgesetzt
oder befolgt werden. Zu diesen Staaten zählt auch die Bundesrepublik Deutschland,
wie unter anderem die Klage von fünf Umweltverbänden gegen die Bundesregierung
vor dem Verwaltungsgericht Köln wegen mangelhaften Meeresschutzes belegt.

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Vor allem internationale Regelungen wie Schutzgebiete, Umweltstandards oder
Vorschriften im Schiffsverkehr leisten einen großen Beitrag, unsere Meere zu erhal-
ten und für nachfolgende Generationen zu bewahren. Im Rahmen internationaler
Verhandlungen müssen dringend weitere Maßnahmen ergriffen werden, um den Zu-
stand der Ozeane wieder zu verbessern. Dazu müssen die G-7-Verhandlungen ge-
nutzt werden.

II. Der Deutsche Bundestag sieht die Bedrohung der Weltmeere primär aufgrund
von:

Überfischung

Die bestandsbedrohende Überfischung, oftmals mit zerstörerischen Grundschlepp-
netzen, hat dazu geführt, dass knapp zwei Drittel der kommerziell genutzten Fisch-
bestände in einem gefährdeten Zustand sind. Auch europäische Fischbestände sind
dramatisch überfischt. Damit ist nicht nur das Ökosystem Meer und seine Artenviel-
falt bedroht, sondern auch die ökonomische Sicherheit von Fischern. Von Wissen-
schaftlern wird bereits gefordert, dass es ein Moratorium für die Hochseefischerei
geben muss, wenn sich die Fischbestände weltweit nicht erholen. Fischfang und
Fischverarbeitung beschäftigten Millionen Menschen in Entwicklungsländern und
Fisch ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel, besonders für die Eiweißversorgung
der lokalen Bevölkerung. Das Menschenrecht auf Nahrung muss daher auch bei der
Fischereipolitik stets berücksichtigt werden.

Verschmutzung mit Plastik, Chemikalien und Dünger

Weltweit verwendete Kunststsoffe gelangen über Abwässer und Schiffsabfälle ins
Meer und bauen sich dort erst Jahrhunderte später ab. Es haben sich neben hot spots
von Müllansammlungen auch im Pazifik Plastikmüllstrudel gebildet, von mehreren
hundert Kilometern. Besonders die kleinen Mikroplastikteilchen gelangen in den
Körper von Meerestieren und führen in vielen Fällen zu lebensbedrohlichen Verlet-
zungen und gelangen über die Nahrungskette unbemerkt in den Körper der Meeres-
tiere. Über den Verzehr der Meerestiere landet das für uns unsichtbare Plastik auch
auf unseren Tellern. Aber auch größere Plastikteile wie Plastiktüten, Plastikflaschen,
Netzreste und vieles mehr stellen eine Gefahr dar, da die Plastikteile von Tieren oft-
mals mit Nahrung verwechselt werden oder sie sich darin verfangen.

Auch sogenannte „Todeszonen“ im Meer machen der Artenvielfalt und dem Öko-
system zu schaffen. Schuld ist die intensive industrielle Landwirtschaft, die ihre Fel-
der mit Nährstoffen überdüngt, in erster Linie mit Phosphaten und Nitraten, die über
die Flüsse und die Luft ins Meer gelangen. In den vergangenen Jahren stiegen die
Nitratbelastungen in Nord- und Ostsee stark an. In der Ostsee ist die Fläche der To-
deszonen mittlerweile dreimal so groß wie Sachsen-Anhalt und damit die weltweit
größte Todeszone menschlichen Ursprungs. Daher muss darüber nachgedacht wer-
den, ob die Einführung einer Abgabe auf Dünger und Pflanzenschutzmittel („Pesti-
zidgroschen“) nötig ist, sollten die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht
werden.

Versauerung und Erhitzung

Die CO2-Emissionen aus fossilen Energieträgern tragen zur zunehmenden Versaue-
rung der Meere bei und gefährden das Meeresökosystem. Ein Fünftel der artenrei-
chen Korallenriffe ist bereits verschwunden. Die Säurekonzentration hat bereits um
knapp ein Drittel zugenommen. Der dramatische Rückgang des arktischen Meerei-
ses ist auf die Klimakrise zurückzuführen. Der weitere ungebremste Ausstoß von
Treibhausgasen wird diesen Trend weiter verstärken und uns alle teuer zu stehen
kommen. Doch noch stärker als uns trifft es diejenigen, die am wenigsten Schuld an
der Veränderung des Weltklimas tragen: Viele der ärmsten Länder unserer Erde sind

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durch den Klimawandel und ganz direkt durch den Anstieg des Meeresspiegels be-
droht.

Raubbau an Ressourcen

Abbau von Ressourcen in der Tiefsee, Bohrungen unter vorher mit Eis bedeckten
Meeresregionen und riesige schwimmende Fischfabriken erhöhen den Druck auf das
Ökosystem Meer. Die Erschließung mariner Rohstoffe in der Tiefsee stellt eine Zä-
sur dar, weil weitgehend unbekannte Lebensräume und Funktionen vernichtet wer-
den. Die Folgen für die Umwelt sind nicht absehbar, dennoch sichert sich Deutsch-
land bereits Abbaugebiete im Indischen Ozean. Die Deepwater Horizon Katastrophe
hat plastisch vor Augen geführt, welche Gefahren die Ausbeutung von Rohstoffen
bereits in mittleren Meerestiefen mit sich bringt. Testgebiete haben gezeigt, dass der
Meeresboden unwiederbringlich zerstört ist.

Um diese gravierenden Herausforderungen zu bewältigen, sind klare Ziele und ent-
schiedenes Handeln notwendig. In Vorbereitung des G-7-Gipfels hat die Bundesre-
gierung auf die besondere Verantwortung der führenden Industrienationen für den
Meeresschutz hingewiesen. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss das
Vorsorgeprinzip beim nationalen, europäischen und internationalen Meeresschutz
konsequent verankert und zur stringenten Anwendung gebracht werden. Ein umfas-
sendes Maßnahmenpaket ist dafür notwendig.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

Nationaler Meeresschutz

Verlust der Biodiversität stoppen

Die Bundesregierung soll dafür folgende Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den
Ländern ergreifen:
Die marinen Natura-2000-Gebiete werden zu ökologischen Vorranggebieten

entsprechend der marinen Raumordnung ernannt.
Die von der EU im Vertragsverletzungsverfahren angemahnten Versäumnisse

in den Natura-2000-Gebieten werden schnellstmöglich durch Erlass von Ver-
ordnungen und Erarbeitung von Managementplänen beseitigt. Dabei gilt es, ein
hohes Schutzniveau zu gewährleisten.

Das Management des marinen deutschen Natura-2000-Netzwerks in Nord- und
Ostsee wird ausreichend große Rückzugsgebiete für bedrohte Arten und Lebens-
räume umfassen, in denen schädliche Nutzungen wie zum Beispiel Fischerei
und Meeresbergbau ausgeschlossen werden.

Das Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerk wird auf Konnektivität und Kohärenz
überprüft. Zusätzliche Gebiete werden bei Bedarf ausgewiesen, um wichtige
Wanderrouten mariner Arten abzudecken.

Der Einsatz von Stell- und Grundschleppnetzen in den ausgewiesenen Meeres-
schutzgebieten in Nord- und Ostsee wird sofort beendet.

Grund-, Schlepp- und Stellnetze in bekannten Konfliktregionen werden durch
alternative Fangmethoden ersetzt.

Die deutsche Fischereiforschung wird stärker gefördert, um selektive und um-
weltschonende Fanggeräte zu entwickeln.

Es wird ein Extraktionsindikator in den Indikatorenbericht zur Nationalen Stra-
tegie zur biologischen Vielfalt eingeführt, um Informationen über den Einfluss
des Abbaus von Sand und Kies, der Offshore-Windenergie und der Öl- und
Gasförderung auf die biologische Vielfalt im Meer zu erhalten. Darüber hinaus
muss ein eigenständiger Indikator zur Fischerei aufgenommen werden.

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In den Genehmigungsverfahren für den Bau und Betrieb von Offshore-Wind-

energieanlagen, Rohrleitungen oder Kabeltrassen wird der Schutz des Ökosys-
tems wirtschaftlichen Interessen gegenüber mindestens gleichgestellt.

Vor dem Sand- und Kiesabbau muss mit der zuständigen Naturschutzbehörde
bei Genehmigungsverfahren Einvernehmen hergestellt werden.

Der weitere Ausbau der Offshore-Windenergie, entsprechend den vereinbarten
EEG-Zielen und den dafür notwendigen Netzanschlüssen, wird durch klare öko-
logische Kriterien gesteuert.

Überdüngung der Meere stoppen

Die Bundesregierung soll dafür folgende Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den
Ländern ergreifen:
Die Überdüngung der Umwelt durch die industrielle Landwirtschaft auf ein um-

weltverträgliches Maß zu reduzieren und die Düngeverordnung, das Düngege-
setz sowie das Immissionsschutzrecht entsprechend zu verschärfen. Außerdem
wird der Ökolandbau, der in Stoffkreisläufen arbeitet, gezielt gefördert.

Es werden keine Fischzuchtanlagen (Aquakulturen) in Windparks und Schutz-
gebieten gebaut. Es werden nur geschlossene, Null-Emmissions Fischzuchtan-
lagen unter strengen transparenten Arten-, Umwelt-, Wasserschutz- und Sozial-
standards genehmigt.

Vermüllung der Meere mit Plastik in Zusammenarbeit mit den Ländern stoppen

Die Bundesregierung soll dafür folgende Maßnahmen ergreifen:
Im Rahmen der Umsetzung des Abfallvermeidungsprogrammes des Bundes

werden konkrete und messbare Maßnahmen gegen die Vermüllung der Meere
mit Plastik ergriffen, welche die zusätzlichen Einträge von Plastik in die Meere
beenden.

Eine Umweltabgabe auf Kunststofftragetaschen im Handel, die auf Basis von
fossilen Rohstoffen (z. B. Erdöl), unter natürlichen Bedingungen nicht biolo-
gisch abbaubar sind, wird eingeführt. Die Einnahmen aus dieser Abgabe sollen
zur Förderung alternativer Verpackungen, für Öffentlichkeitsarbeit zur Vermei-
dung von Kunststoffabfällen oder für die Entwicklung verbesserter Entsor-
gungsoptionen für Kunststoffabfälle dienen.

Öffentliche Informationskampagnen werden durchgeführt, die über die Auswir-
kungen von Meeresmüll und seine Vermeidung informieren. Zudem sollen bun-
desweite Müllsammelaktionen initiiert und bestehende (Modell-)Projekte zur
Entfernung von Plastikmüll aus natürlichen Gewässern stärker finanziell und
personell unterstützt werden.

Die bewusst in Kauf genommene Freisetzung von primärem Mikroplastik durch
die aktive Beimischung in Produkten in die Umwelt wird beendet. Für ungebun-
dene Mikroplastikpartikel aus Kosmetika und Körperpflegeprodukten wird eine
geregelte Entsorgung sichergestellt.

Die Steuerbefreiung für die stoffliche Nutzung von Erdöl für die Herstellung
von Plastik wird abgeschafft und ökonomische Anreize für Verpackungen aus
biologisch abbaubaren Biokunststoffen werden weiterentwickelt.

Die Erforschung der Quellen und Verbreitung von Plastikmüll und insbesondere
von Mikroplastikartikeln wird unterstützt und diesbezüglich bestehende Wis-
senslücken werden geschlossen.

Die Küstenländer sollen unterstützt werden, in ihre Hafengebühren für Schiffe
die Abfallgebühren zu integrieren.

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Projekte, die die Plastikkonzentration im Meer reduzieren, für saubere Strände

sorgen und Bildung im Bereich Meeresschutz beinhalten, sind weiter zu fördern.
Dabei kann das Projekt „Fishing for Litter“ als Beispiel dienen.

Vergiftung der Meere stoppen

Die Bundesregierung soll dafür folgende Maßnahmen ergreifen:
Stärkere Finanzierung, einheitliche Koordinierung und umweltschonende Be-

seitigung und Bergung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee sicherstel-
len.

Die Fixierung auf erdölbasierte Treibstoffe, Chemie und Energieversorgung-
stoffe wird beendet und auf eine konsequente Förderpolitik gesetzt, die die Um-
stellung der Energieversorgung, der Wirtschaft und des Verkehrssektors auf na-
turverträgliche erneuerbare Energien sowie erneuerbare und natürlich abbaubare
Rohstoffe unterstützt.

Unterwasserlärm stoppen

Die Bundesregierung soll dafür folgende Maßnahme ergreifen:
Schallintensive Nutzungen in und Einwirkungen auf die Meeresschutzgebiete

der Nord- und Ostsee werden ausgeschlossen und das Konzept für den Schutz
der Schweinswale vor Schallbelastungen bei der Errichtung von Offshore-
Windparks in der Nordsee wird evaluiert und insbesondere mit Blick auf den
Störungstatbestand überarbeitet.

Außerhalb von Schutzgebieten werden Aktivitäten, die mit Unterwasserlärm
verbunden sind, nur noch nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung und der
Prüfung von Alternativen genehmigt.

Analog zur Nordseesituation werden klare Vorgaben für lärmintensive Aktivi-
täten und Nutzungen in der Ostsee entwickelt und diese dort auf ein Minimum
beschränkt.

Europäischer Meeresschutz

Die Bundesregierung soll sich in der EU vordringlich für folgende Maßnahmen ein-
setzen:
Die Grundsätze der neuen Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) werden konse-

quent eingehalten und umgesetzt und die jährliche Vergabe von Fangquoten an
die einzelnen Fischereiunternehmen an soziale und ökologische Kriterien ge-
bunden.

Fischereiunternehmen, die mehrfach oder gravierend gegen Fischereivorschrif-
ten verstoßen haben, werden zukünftig von der Vergabe von Fangquoten ausge-
schlossen.

Die Überkapazitäten der EU-Fangflotte werden zügig abgebaut.
Die Grundverordnung der Gemeinsamen Europäischen Fischereipolitik wird

konsequent umgesetzt. Dazu gehören:
o Aufbau der kommerziell genutzten Speisefischbestände zu einer über die

maximal nachhaltig nutzbare Größe hinaus (> Biomasse auf Maximum
Sustainable Yield (Bmsy)) bis 2020.

o Das Rückwurfverbot und das Anlandegebot. Alles, was von den Fischern
gefangen wird, muss an Land gebracht und weiter genutzt werden. Ausnah-
men sind im Einvernehmen mit Naturschutzbehörden zu regeln.

o Bei der Vergabe von Fangquoten werden ökologische und soziale Kriterien
angelegt. Die ökologisch am nachhaltigsten wirtschaftenden Fischereibe-
triebe sind bei der Quotenvergabe besonders zu berücksichtigen. Dadurch
müssen Anreize für ökologisches Wirtschaften geschaffen werden.

Drucksache 18/4814 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Es wird umgehend ein Vorschlag für Fischereimaßnahmen in den Natura-2000-

Gebieten der AWZ nach Art. 11 der reformierten GFP an die EU-Kommission
gemeldet und dieser dann umgesetzt.

Die EU soll in Analogie zur deutschen Förderabgabe auf Bodenschätze eine Fi-
schereiabgabe erheben und so einen Teil des EU-Haushaltes und insbesondere
die Ausgaben für die Fischerei selbst (Europäischer Fischereifonds, Fischerei-
aufsicht und Fischereiforschung) finanzieren und für Wildfänge das vorhandene
MSC-Siegel EU-weit für eine nachhaltige Fischerei weiterentwickeln, ausbauen
und verbindlich machen.

Für die zertifizierte Öko-Aquakultur im Europäischen Fischereifonds entspre-
chend der Förderung der Öko-Landwirtschaft nicht nur eine zweijährige Um-
stellungsförderung-, sondern auch eine Beibehaltungsförderung schaffen.

Für den roten Thunfisch im Mittelmeer soll ein sofortiges Fangverbot erlassen
werden.

Die Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern und ihre Umsetzung sollen
konsequent auf ihre ökologische und soziale Verträglichkeit geprüft werden.
Ggf. muss auf den Abschluss neuer Abkommen verzichtet werden, wenn sie
ökologischen, sozialen und Menschenrechtskriterien (Recht auf Nahrung) nicht
entsprechen.

Die integrierte Meerespolitik der Europäischen Union soll im Rahmen des Grün-
buchs Meerespolitik an die aktuellen Erfordernisse und Entwicklungen ange-
passt und weiterentwickelt werden.

Die Umsetzung der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie konsequent
fortzusetzen, um einen guten Umweltzustand der europäischen Meeresgebiete
bis 2020 zu erreichen. Erkenntnisse, Forschung und maritime Raumordnung sol-
len verstärkt grenzüberschreitend abgestimmt werden, um Wissen auszutau-
schen, die vielen unterschiedlichen Interessen abzustimmen und die zuneh-
mende Nutzung der Meere verstärkt über verpflichtende Ausgleichsmaßnahmen
zu kompensieren.

Die international vereinbarten Emissions-Sondergebiete für die Schifffahrt sol-
len von der Nord- und Ostsee auf alle EU-Meeresgebiete ausgeweitet werden
und die Grenzwerte für Stickoxide sollen ab 2016 national und europäisch ab-
gesenkt werden. Alternative Kraftstoffe zum giftigen Schweröl, wie LNG (ver-
flüssigtes Erdgas), sollen dabei eine stärkere Rolle spielen.

Nord- und Ostsee sowie Ärmelkanal (ECA) sollen zu NECA (Stickoxidemissi-
onskontrollgebieten) ernannt werden.

Im Rahmen der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik darauf hinwirken, dass
der Eintrag von Düngemitteln deutlich reduziert wird und weniger schädliche
Düngemethoden gefördert werden sowie den Anteil des ökologischen Anbaus
erhöhen.

Die Produktverantwortung soll auf alle Kunststoffprodukte (nicht nur Verpa-
ckungen) ausgedehnt und EU-weit nach ökologischen Vorgaben umsetzt wer-
den, damit Mehrweg- und recyclingoptimierte und ressourceneffiziente Pro-
dukte gestärkt werden.

Internationaler Meeresschutz

Die Bundesregierung soll sich in internationalen Verhandlungen dafür einsetzen,
dass die Meere jenseits von nationaler Rechtszuständigkeit von der UN als

Menschheitserbe anerkannt werden,
dass ein Moratorium für jegliche Art der Ausbeutung von Tiefseeressourcen ver-

einbart wird,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4814
dass ein kohärentes und gut gemanagtes Schutzgebietsnetzwerk von 30 % der

Meeresfläche weltweit vereinbart wird, zusätzlich zu dem von der UN-Konven-
tion zur biologischen Vielfalt bereits vorgegebenen Ziel bis 2020 mindestens 10
% der Küsten- und Meeresgebiete,

dass beim G7-Gipfel und anderen internationalen Treffen ein zügiger Abschluss
der internationalen Verhandlungen für einen rechtsverbindlichen Vertrag zum
Schutz der Meeresbiodiversität auf Hoher See unter UNCLOS vorangetrieben
wird,

dass die Schadstoffeinträge durch die internationale Schifffahrt reduziert wer-
den, dazu zählt das Verbot ölhaltiger Einträge und das Verbot von Abfallbesei-
tigung auf See,

dass die Arktis besser geschützt wird, indem das Vorsorgeprinzip angewandt
wird, ein großflächiges, ökologisch kohärentes und effektiv betriebenes Schutz-
gebietsnetzwerk eingerichtet wird und jeglicher Ressourcenabbau in dem sen-
siblen arktischen Ökosystem gestoppt wird, SECA und NECA in der Arktis ein-
gerichtet werden sowie eine Transport- und Nutzungsverbot für Schweröl in der
Arktis erlassen wird,

dass ein großflächiges, ökologisch kohärentes und effektiv betriebenes Schutz-
gebiet in der Antarktis unter Anwendung des Vorsorgeprinzips eingesetzt wird,

dass der Schutz der Menschenrechte in der Fischerei in den Ländern, aus denen
Deutschland Fisch importiert, beachtet wird,

dass ergänzende Maßnahmen ergriffen werden, die die Verordnungen zur Be-
kämpfung der illegalen, unregulierten und ungemeldeten (IUU) Fischerei durch-
setzen,

dass das Menschenrecht auf Nahrung nicht durch die Ausbeutung der Meere
durch internationale Fangflotten untergraben wird,

dass die Kontroll- und Sanktionsvorschriften für Verstöße gegen die Vorgaben
der EU-Fischereipolitik harmonisiert werden,

dass die Empfehlungen aus dem Gutachten „Menschheitserbe Meer“ des Wis-
senschaftlichen Beirates auf dem G7-Gipfel rechtsverbindlich vereinbart wer-
den, dazu gehören eine eigenständige World Oceans Organisation (WOO) als
globaler Sachverwalter des Menschheitserbes, die Stärkung von regionalen und
sektorbezogenen Organisationen und allgemeingültige Prinzipien für die Gover-
nance der Ozeane zu verabschieden.

Berlin, den 5. Mai 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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