BT-Drucksache 18/4767

Kritik der europäischen Flugaufsichtsbehörde am Luftfahrt-Bundesamt

Vom 22. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4767
18. Wahlperiode 22.04.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Markus Tressel,
Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Tabea Rößner, Oliver Krischer und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kritik der europäischen Flugaufsichtsbehörde am Luftfahrt-Bundesamt

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit EASA hat offenbar im Jahr 2014
den Personalmangel beim Luftfahrt-Bundesamt (LBA) beanstandet (vgl. Zeit
Online vom 8. April 2015 „EU-Kommission rügte Deutschland 2014 wegen
Pilotenaufsicht“). Diese Personalmängel sind nach Erkenntnissen der Fragestel-
ler nicht neu. Bereits im Jahr 2011 hat die Europäische Kommission das LBA
wegen „Mangel an qualifiziertem Personal“ gerügt (vgl. www.focus.de „EU
rügt mangelnde Luftaufsicht in Deutschland“, 20. April 2011).
Weitere Unzulänglichkeiten wurden offenbar bei flugmedizinischen Tauglich-
keitsprüfungen und der Aufsicht über die Ärzte, die sie durchführen, sowie bei
der „Pseudonymisierung“, also dem Unkenntlichmachen von Namen in Berichten
über die tatsächliche Gesundheit der Piloten identifiziert (vgl. www.derwesten. de,
„Seit längerem Mängel bei Flugmedizinchecks in Deutschland“, 1. April 2015).
Bislang gibt es auch keine Pflicht zur Vorlage der Pilotenlizenz beim Fliegerarzt
(behördlich durch LBA gestellter Arzt; vgl. DIE WELT, 13. April 2015, S. 11).
Diese und weitere Mängel wurden letztes Jahr dem LBA in einem Audit mitge-
teilt. Sowohl der Mängelbericht der EASA als auch die deutsche Antwort darauf
sind bis heute nicht öffentlich. Laut Europäischer Kommission befinde sich ein
deutscher Plan zur Mängelbehebung gerade bei der Europäischen Kommission
in der Bewertung (vgl. www.wsj.com, 4. April 2015).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Stellen sind beim LBA derzeit unbesetzt?
2. Wie viele Stellen mit Leitungsfunktion (Abteilungsleiter u. a.) sind derzeit

unbesetzt oder werden nur kommissarisch ausgeübt (bitte die Stellen mit Be-
zeichnung tabellarisch auflisten)?

3. In welchem Umfang fand in den letzten fünf Jahren ein Personalaufwuchs
beim LBA statt (bitte nach Jahr tabellarisch darstellen)?

4. Was hat die europäische Luftaufsichtsbehörde EASA in ihrem Audit aus dem
Jahr 2014 im Einzelnen beanstandet?

5. Was konkret hat die EASA in ihrem Audit aus dem Jahr 2014 hinsichtlich des
deutschen Systems der flugmedizinischen Tauglichkeitsprüfungen beanstan-
det?

Drucksache 18/4767 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Ist es zutreffend, dass die EASA kritisiert hat, dass im LBA Personal davon
abgehalten wird, medizinische Unterlagen zu prüfen (vgl. Report Mainz
vom 14. Februar 2015), und wenn ja, mit welcher Begründung?

7. Ist es zutreffend, dass die EASA kritisiert hat, dass es beim LBA kein Ver-
fahren gibt, um Tauglichkeitszeugnisse zu überprüfen und ungültig zu ma-
chen (vgl. Report Mainz vom 14. Februar 2015), und wenn ja, mit welcher
Begründung?

8. Ist es zutreffend, dass die EASA kritisiert hat, dass das LBA nicht die not-
wendige Kompetenz hat, um seine Verantwortung im Rahmen der Sicher-
stellung der Flugtauglichkeit der lizenzierten Flugzeugführer zu erfüllen
(vgl. Report Mainz vom 14. Februar 2015), und wenn ja, mit welcher Be-
gründung?

9. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus den Beanstandun-
gen der EASA im Einzelnen gezogen?
Was hat das LBA der EASA auf die Beanstandungen erwidert?

10. Liegt eine Antwort der EASA auf diese Stellungnahme vor, und welchen
Inhalt hat diese?

11. Welche Fragen hat die Europäische Kommission der Bundesregierung auf-
grund des EASA-Berichts gestellt?

12. Hat die Europäische Kommission aufgrund des EASA-Berichts ein Auffor-
derungsschreiben an Deutschland geschickt, und wenn ja, wegen Verstoßes
gegen welche Verordnung bzw. gegen welche Verordnungen?
Wann wurde dieses Schreiben verschickt?

13. Wann hat die Bundesregierung der Europäischen Kommission zu diesen
aufgeworfenen Fragen eine Antwort übermittelt?
Welche Antworten hat die Bundesregierung der Europäischen Kommission
konkret übermittelt?

14. Seit wann gilt die Verordnung zur Anpassung luftrechtlicher Bestimmungen
in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt an die Verordnung
(EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Fest-
legung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug
auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG)
Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates in Deutschland?

15. Wann wurde die Anpassung der nationalen Rechtsverordnungen an die Vor-
gaben der EU Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. No-
vember 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungs-
verfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß
der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des
Rates in Deutschland vorgenommen, und was ist abgeändert worden?

16. Welche Störungen müssen zur abschließenden Tauglichkeitsentscheidung
vom Fliegerarzt an das LBA seit April 2013 verwiesen, also abgetreten wer-
den?

17. Gelten Sondergenehmigungen für die Tauglichkeit eines Piloten, die Flieger-
ärzte vor April 2013 ausgesprochen haben, auch für den Zeitpunkt danach?
Aus welchen Gründen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in die-
sen Fällen keine medizinischen Gutachten zur aktuellen Flugtauglichkeit
eingeholt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4767
18. Besteht eine Pflicht zur Vorlage der Pilotenlizenz beim Fliegerarzt?
Wie beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Absturzes
der Germanwings-Maschine eine Sicherstellung der Information der unter-
suchenden Fliegerärzte im Hinblick auf alle Inhalte der Pilotenlizenz?

19. Wie bewertet die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die Tatsache, dass dem LBA nur ein „pseudonymisierter“ Bericht der
ärztlichen Flugtauglichkeitsuntersuchung, die einem Piloten nicht persön-
lich zugeordnet werden kann, übermittelt wird?

20. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem in Schweden angewendete System, in dem alle behandelnden Ärzte
von Piloten den Behörden Bericht erstatten und diese Daten von der Be-
hörde gebündelt werden (www.swr.de vom 15. April 2015 „Fragwürdige
Flugtauglichkeitsuntersuchungen: Warum sich Deutschland gegen mehr
Transparenz wehrt)?
Inwieweit ist nach Auffassung der Bundesregierung ein derartiges System
geeignet, das Risiko eines solchen Absturzes zu reduzieren?

21. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass europäische
Länder die Übernahme deutscher Flugtauglichkeitszeugnisse in ihrem Zu-
ständigkeitsbereich mittlerweile verweigern, und wenn ja, aus welchen
Gründen?
Welche Länder sind das?
Welche Konsequenzen beabsichtigt die Bundesregierung daraus zu ziehen?

22. Wie wird die Lizenzvergabe für flugmedizinische Sachverständige beauf-
sichtigt, und wie soll sichergestellt werden, dass Piloten nicht nach einer
negativen Beurteilung den Fliegerarzt wechseln („doctor hopping“)?

23. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die Unterstützung der Piloten sicher-
zustellen, die unter psychischen Krankheiten oder Suchterkrankungen lei-
den, damit das Eingestehen einer solchen Krankheit für die Piloten nicht das
Ende ihrer wirtschaftlichen Existenz bedeutet?

24. Was sind die Ziele der vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infra-
struktur Alexander Dobrindt angekündigte Task Force zu diesem Thema?

25. Wer gehört der Task Force an, und bis wann sollen Ergebnisse vorliegen?

Berlin, den 22. April 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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