BT-Drucksache 18/4702

Qualität der Personenkontrolle auf Flughäfen

Vom 14. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4702
18. Wahlperiode 14.04.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Herbert Behrens, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner,
Katrin Kunert, Petra Pau, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und
der Fraktion DIE LINKE.

Qualität der Personenkontrolle auf Flughäfen

Ende des Jahres 2014 wurde bekannt, dass bei einer Überprüfung der Luftsicher-
heitskontrollen am Flughafen Frankfurt am Main gravierende Sicherheitsmän-
gel festgestellt wurden. Die Prüfer der Europäischen Kommission konnten laut
Medienberichten bei jedem zweiten Versuch Waffen oder gefährliche Gegen-
stände durch die Personenkontrollen schmuggeln. Grund sei vor allem eine
schlechte Schulung der Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmer. Die Euro-
päische Kommission habe mit dem Ausschluss des Flughafens Frankfurt aus
dem Schengen-Raum gedroht, sollten sich keine Verbesserungen einstellen (vgl.
www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=
36082&key=standard_document_53917775). Auch in Düsseldorf wurden Män-
gel festgestellt, dort aber von Beamten der Bundespolizei („Test der Bundes-
polizei: Kontrollen auch am Düsseldorfer Flughafen schlampig“ SPIEGEL
ONLINE vom 22. Dezember 2014). Zuständig für die Aus- und Fortbildung der
privaten Luftsicherheitsassistenten sind die Sicherheitsunternehmen selbst, die
ganz offensichtlich einem Kostendruck unterliegen. Nach Informationen der
Fragesteller aus Sicherheitskreisen wird die Fortbildung von Luftsicherheits-
assistenten oftmals nicht in Seminaren oder Schulungen, sondern „on the job“,
also einsatzbegleitend, durchgeführt. Außer bei Gefahr seien die bei Personen-
bzw. Passkontrollen eingesetzten Bundespolizisten den privaten Luftsicher-
heitsassistenten nicht einmal weisungsberechtigt. Zudem seien einzelne private
Sicherheitsdienstleister bereits dazu übergegangen, vermehrt nichtzertifizierte
und nichtbeliehene Kräfte innerhalb der hochsensiblen Sicherheitskontrollstel-
len für Passagiere und Gepäck einzusetzen.
Wirtschaftlichkeitsüberlegungen könnten auch der Grund dafür sein, dass an
Flughäfen weniger Luftsicherheitspersonal eingesetzt wird als notwendig bzw.
von der Bundespolizei bestellt. In Düsseldorf klagten Ende März 2015 Passa-
giere über erhebliche Wartezeiten („Verzögerungen bei Sicherheitskontrollen“,
RP ONLINE vom 24. März 2015). Grund dafür sind offenbar mehrere Faktoren:
Die Gewerkschaft ver.di wirft dem Sicherheitsunternehmen vor, mit einer regel-
mäßigen Personalunterdeckung von 100 Mitarbeitern zu arbeiten; die Beschäf-
tigten seien „völlig überlastet“. Die Firma selbst führt als Grund „die Einführung
neuer Kontrolltechniken“ und das gestiegene Fluggastaufkommen an (ebenda).
Auch vom Flughafen Stuttgart wird berichtet, dass es dort vermehrt zu langen
Warteschlangen kommt. Neben Personalengpässen werden dort auch die Kör-
perscanner als Grund genannt, an die sich Personal und Passagiere „zunächst ge-
wöhnen müssen“ („Erboste Fluggäste schlagen nach langem Warten Alarm“,
STUTTGARTER NACHRICHTEN vom 16. März 2015).

Drucksache 18/4702 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Nach Informationen der Fragesteller aus Sicherheitskreisen hat die Wartezeit an
den Sicherheitskontrollstellen in den letzten sechs Monaten nicht nur in Düssel-
dorf und Stuttgart erheblich zugenommen. An den deutschen Verkehrsflughäfen
im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei komme es regelmäßig vor, dass bis
zu 100 oder sogar mehr private Kontrollkräfte pro Schicht weniger im Einsatz
an den Passagierkontrollstellen sind, als von der Bundespolizei vorgegeben.
Andere Sicherheitsfirmen könnten nach diesen Angaben den erwähnten Perso-
nalmangel wegen fehlender Beleihung und Zertifizierung ihrer Mitarbeiter nicht
auffangen. Die Bundespolizei habe daher keine angemessenen Reaktionsmög-
lichkeiten auf nicht ausreichende Kräftegestellung und verfüge auch nicht über
Sanktionsmöglichkeiten. Nach Informationen der Fragesteller bringt die Kör-
perscanner-Technologie keine Verbesserungen an den Kontrollspuren mit sich.
Die immer noch hohe Alarmquote von über 50 Prozent mache umfangreiche
Nachkontrollen per Hand nötig. Daher setze die Bundespolizei in so genannten
Peakzeiten wieder vermehrt auf Metalldetektorschleusen und reduziere die Nut-
zung von Körperscannern, um die Wartezeiten der Passagiere auf einem erträg-
lichen Niveau zu halten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Mängel führt der EU-Bericht zur Überprüfung der Grenzkontrollen

am Flughafen Frankfurt am Main auf, und wie bewertet die Bundesregierung
selbst diese Mängel hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen aus dem
Schengener Grenzkodex?

2. Zu welchen konkreten Erkenntnissen hat die Analyse der Mängel an den
Kontrollen am Frankfurter Flughafen geführt, und welche Konsequenzen
wurden daraus konkret gezogen?

3. Welche Konsequenzen aus dem EU-Prüfbericht zum Flughafen Frankfurt
wurden für die Qualitätssicherung der Kontrollen auch an anderen Flughäfen
auf dem Bundesgebiet gezogen?

4. Warum wurden die Mängel bei der Personenkontrolle am Flughafen Frank-
furt bzw. des Ausbildungsstandes der Luftsicherheitsassistenten nicht schon
vorher von der zuständigen Luftsicherheitsbehörde erkannt?

5. Welche EU-Inspektionen sind in den letzten fünf Jahren an anderen deut-
schen Flughäfen durchgeführt worden, und welche Mängel wurden dabei
festgestellt (bitte chronologisch unter Nennung der wichtigsten Ergebnisse
auflisten)?

6. Wie viele Rezertifizierungen von Luftsicherheitsassistenten privater Sicher-
heitsunternehmen wurden seit dem Jahr 2010 durchgeführt, und wie hoch ist
der Anteil der nicht bestandenen Prüfungen bzw. nicht erteilten Rezertifizie-
rungen (bitte pro Jahr aufschlüsseln)?

7. Wie hat sich die durchschnittliche Wartezeit pro Passagier an den Sicherheits-
kontrollen in den letzten sechs Monaten entwickelt (bitte monatlich und nach
Flughäfen aufschlüsseln), und welche Gründe gibt es nach Auffassung der
Bundesregierung für die Zunahme der Wartezeiten in den letzten sechs Mo-
naten?

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8. Ist es richtig, dass an vielen deutschen Verkehrsflughäfen, wie z. B. am
Flughafen Düsseldorf, regelmäßig bis zu 100 oder sogar mehr private Kon-
trollkräfte pro Schicht weniger im Einsatz an den Passagierkontrollstellen
sind, als von der Bundespolizei vorgegeben und gefordert, obwohl die Fir-
men gemäß vertraglicher Vereinbarung hierzu verpflichtet wären?

9. Welchen Einfluss hat die mögliche Mindergestellung von Luftsicherheits-
assistenten durch die vertraglich dazu verpflichteten privaten Sicherheits-
firmen auf die Wartezeiten vor den Passagierkontrollstellen?

10. An welchen anderen Flughäfen, an denen Passagiere im Auftrag der Bun-
despolizei kontrolliert werden, gibt es ähnliche Probleme wie in Düsseldorf,
und wie hoch ist dort die aktuelle Personalunterdeckung (bitte nach Flugha-
fen auflisten)?

11. Welche Sanktionsmöglichkeiten stehen der Bundespolizei zur Verfügung,
wenn die Verträge durch die privaten Sicherheitsfirmen nicht eingehalten
werden?

12. Ist es richtig, dass andere Sicherheitsfirmen wegen fehlender Beleihung und
Zertifizierung ihrer Mitarbeiter nicht für eine evtl. Ersatzvornahme zur Ver-
fügung stehen und die Bundespolizei somit weder über angemessene Reak-
tionsmöglichkeiten auf nicht ausreichende Kräftegestellung noch über
Sanktionsmöglichkeiten verfügt?

13. Sind die eingesetzten Bodyscanner mittlerweile technisch in der Lage, me-
tallische Gegenstände und Sprengstoffe in Schuhen bzw. im Fußbereich der
Passagiere zu erkennen?

14. Welchen Einfluss hat die Einführung der Körperscanner auf die Wartezeiten
vor den Passagierkontrollstellen?

15. Wie lange dauert derzeit durchschnittlich die Passagierabfertigung an einer
Kontrollspur mit Körperscanner im Vergleich zu einer Kontrollspur mit Me-
talldetektorschleuse?

16. Ist es richtig, dass die Alarmquote bei den ausgelieferten Körperscannern
immer noch weit über 50 Prozent liegt und deshalb in erhöhtem Maße um-
fangreiche Kontrollen per Hand erforderlich sind?

17. Entspricht es den Tatsachen, dass die Bundespolizei in so genannten Peak-
zeiten wieder vermehrt Metalldetektorschleusen einsetzt und die Nutzung
von Körperscannern reduziert, um die Wartezeiten der Passagiere auf einem
erträglichen Niveau zu halten?

18. Warum führt die Bundesregierung eine nach Auffassung der Fragesteller
unausgereifte Technik wie den Körperscanner ein, wenn auch die Kontrolle
mittels Metalldetektorschleusen zulässig und als sicher genug eingestuft ist?

19. Welche Rückfallszenarien hat die Bundesregierung für den Fall vorgesehen,
dass die mittels Verträgen an die Bundespolizei gebundenen privaten Si-
cherheitsfirmen im bevorstehenden Sommerflugplan keine ausreichende
Anzahl an zertifizierten und beliehenen Kontrollkräften für die Passagier-
und Gepäckkontrollen an den deutschen Flughäfen zur Verfügung stellen
können und es dadurch zu Verspätungen und Flugausfällen im Luftverkehr
kommt?

20. Hat die Bundesregierung darüber Kenntnis, ob einzelne private Sicherheits-
dienstleister bereits dazu übergegangen sind, vermehrt nichtzertifizierte und
nichtbeliehene Kräfte innerhalb der hochsensiblen Sicherheitskontrollstel-
len für Passagiere und Gepäck einzusetzen, und was gedenkt die Bundes-
regierung gegen einen solchen Qualitätsverlust ad hoc zu unternehmen?

Drucksache 18/4702 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. Muss das mit der Wartung von Flugzeugen beschäftigte Personal sicher-
heitsüberprüft sein (Sabotageschutz)?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, ist der Bundesregierung bekannt, ob beim Wartungspersonal ähn-
lich verfahren wird, wie in Frage 20 beschrieben?

22. Welchen Betrag hat die Bundesregierung durch die Erhebung an Luftsicher-
heitsgebühren im Jahr 2014 bei den Passagier- und Gepäckkontrollen einge-
nommen, und welche Summe wurde durch die Bundespolizei für die Inan-
spruchnahme der Dienstleistung privater Sicherheitsfirmen zur Gewährleis-
tung der Passagier- und Gepäckkontrollen sowie für die Beschaffung der
hierzu erforderlichen Technik im Jahr 2014 ausgegeben (bitte differenziert
nach Art der Einnahmen und Ausgaben auflisten)?

23. Über wie viele eigene Luftsicherheitsassistenten verfügte die Bundespolizei
am 31. Dezember 2014?

24. Wie viel kostet die Bundespolizei ein eigener Luftsicherheitsassistent
durchschnittlich pro Stunde?

25. Wie viel bezahlt die Bundespolizei pro Kontrollstunde durchschnittlich an
einen privaten Sicherheitsdienstleister?

26. Hat die Bundesregierung untersucht, ob eine eigene Aufgabenwahrneh-
mung durch Tarifbeschäftigte der Bundespolizei neben einer möglichen
Steigerung von Effizienz und Qualitätskontrolle eventuell kostengünstiger
wäre als die Aufgabenwahrnehmung durch private Sicherheitsfirmen?
a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
b) Wenn nein, hat die Bundesregierung Kenntnis über Berechnungen ande-

rer, und zu welchem Ergebnis kommen diese?
27. Wie viele der neu bei der Bundespolizei geschaffenen Stellen – 400 in die-

sem sowie nach bisheriger Planung 350 im kommenden Jahr (afp Presse-
meldung vom 4. April 2015 „De Maizière: Attentäter könnten sich unter
Flüchtlinge mischen – Innenminister bekräftigt Pläne für neue Polizei-Spe-
zialeinheit“) – sind für den Bereich der Sicherheitskontrollen an Flughäfen
vorgesehen, und welchen weiteren Stellenbedarf sieht die Bundesregie-
rung?

Berlin, den 14. April 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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