BT-Drucksache 18/448

Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie

Vom 31. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/448
18. Wahlperiode 31.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen),
Annalena Baerbock, Katharina Dröge, Dr. Thomas Gambke, Bärbel Höhn,
Dieter Janecek, Sylvia Kotting-Uhl, Steffi Lemke, Peter Meiwald
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie

Im Sommer 2011 hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Richtlinie
zur Energieeffizienz vorgelegt, welche im Herbst 2012 vom Europäischen Par-
lament und dem Rat angenommen wurde und am 4. Dezember 2012 in Kraft trat.
Damit verpflichten sich die EU-Staaten (EU – Europäische Union) unter ande-
rem, neue jährliche Energieeinsparungen im Endverbrauchssektor bis zum Jahr
2020 im Schnitt von mindestens 1,5 Prozent des gemittelten jährlichen Energie-
absatzes der Jahre 2011 bis 2013 aller Energieversorger an Endkunden (mit
Ausnahme des Transportsektors) zu erreichen. Als Flexibilisierung sind ein früh-
zeitiges Tätigwerden, die Ausnahme des ETS-Sektors (ETS: Emissions Trading
System, Emissionshandelssystem), die Anrechnung von Kraft-Wärme-Kopp-
lung oder eine schrittweise Annäherung an diese Marke in einem begrenzten
Rahmen (maximal 25 Prozent) möglich.
Bei den Beratungen auf EU-Ebene hatte die damalige Bundesregierung aus
Union und FDP entweder gar keine Position aufgrund koalitionsinterner Strei-
tigkeiten (www.euractiv.de vom 13. Februar 2012, „EU-Kommission besorgt um
Koalitionsstreit“) oder sie hatte versucht, sich Maßnahmen wie die Lkw-Maut
oder das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als Effizienzmaßnahme anzurech-
nen, um keinerlei zusätzliche Maßnahmen für mehr Energieeffizienz ergreifen zu
müssen. Nach Mitteilung der Europäischen Kommission vom 6. November 2013
(SWD(2013) 451 final) ist es jedoch nicht möglich, solche Maßnahmen anrech-
nen zu lassen.
Die neue Bundesregierung aus Union und SPD muss der Energieeffizienz und
dem Energiesparen eine wesentlich wichtigere Rolle zuweisen, um die Energie-
wende erfolgreich umzusetzen und die EU-Ziele für Energieeffizienz zu er-
reichen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was versteht die Bundesregierung unter einer „sachgerechten“ Umsetzung

von EU-Recht (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 52) im
Unterschied zu einer 1:1-Umsetzung, insbesondere im Hinblick auf die Um-
setzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie?

2. Wann wird die Bundesregierung einen Referentenentwurf für die rechtliche
Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie vorlegen, um die fristgerechte
Umsetzung der EU-Regelungen bis zum 5. Juni 2014 vorzubereiten bzw. we-
gen bereits verstrichener früherer Fristen zu einzelnen Bestimmungen nach-
zuholen?

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3. Wann plant die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluss zu der recht-
lichen Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (bzw. den jeweiligen
einzelnen Umsetzungsanforderungen) in deutsches Recht?

4. Wann werden Bundesrat und Deutscher Bundestag voraussichtlich an den
Rechtsvorhaben zur Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (bzw.
den jeweiligen einzelnen Umsetzungsanforderungen) befasst, so dass eine
fristgerechte rechtliche Anpassung bis Juni 2014 gewährleistet wird?

5. Wird die Bundesregierung den Zeitraum zur vollständigen Umsetzung der
EU-Energieeffizienzrichtlinie (5. Juni 2014) voraussichtlich einhalten, so
dass eine rasche Beschleunigung der Energieeffizienzpolitik durch die Bun-
desregierung gewährleistet ist?

6. Welche konkreten Inhalte der zur Erfüllung von Artikel 4 Satz 1 sowie 2
Buchstabe a bis e der EU-Energieeffizienzrichtlinie durch die Bundesregie-
rung bis zum 30. April 2014 vorzulegenden ersten Fassung einer Strategie
zur Mobilisierung von Investitionen in die Renovierung des nationalen
Bestands an sowohl öffentlichen als auch privaten Wohn- und Geschäfts-
gebäuden liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits vor, und wie ist die
weitere Planung der Bundesregierung für die Erstellung der Strategie?

7. Stellt die derzeitige Zeitplanung der Bundesregierung sicher, dass die in der
EU-Energieeffizienzrichtlinie vorgegebene Berichtsfrist zur Strategie nach
Artikel 4 (bis 30. April 2014) durch die Bundesregierung eingehalten wer-
den kann, und welches Ressort ist federführend für die Erarbeitung dieser
Strategie zur Sanierung der Bestandsgebäude (derzeit und in Zukunft für die
alle drei Jahre erforderliche Aktualisierung der Strategie gegenüber der
EU)?

8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits unternommen oder
geplant, um die Anforderungen aus Artikel 5 betreffend die Vorbildrolle
öffentlicher Gebäude zu erfüllen, nach denen vom 1. Januar 2014 an jährlich
3 Prozent der Gebäude im Eigentum der bzw. in Nutzung durch die Zentral-
regierung energetisch modernisiert werden, um mindestens die in Anwen-
dung von EU-Recht geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfül-
len?

9. Wie viele Gebäude werden nach dieser Maßgabe aus Sicht der Bundesregie-
rung jedes Jahr energetisch zu modernisieren sein, und nach welcher Priori-
tät werden die Gebäudesanierungen durchgeführt?

10. Welche Verwaltungseinheiten sind nach Ansicht der Bundesregierung in Er-
wägungsgrund 17 letzter Satz der EU-Energieeffizienzrichtlinie, wonach
von der 3-prozentigen Sanierungspflicht der EU-Energieeffizienzrichtlinie
in Föderalstaaten auch solche Verwaltungseinheiten betroffen sind, die zwar
nicht der Zentralregierung zuzurechnen sind, jedoch in ihrer Gesamtheit das
gesamte Hoheitsgebiet des Nationalstaates abdecken, gemeint, und wie
wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die notwendigen finanziellen
Mittel bereitstehen, um dieser Pflicht zu entsprechen?

11. Stellen die durch die Bundesregierung zum 5. Dezember 2013 an die Euro-
päische Kommission gemeldeten Maßnahmen zur Erfüllung der Ziele aus
Artikel 7 der EU-Energieeffizienzrichtlinie verbindlich sicher, dass vom
1. Januar 2014 ein kumuliertes Endenergieeinsparziel bis zum 31. Dezem-
ber 2020 erreicht wird, das neuen jährlichen Energieeinsparungen in Höhe
von 1,5 Prozent des Energieabsatzes an Endverbraucher entspricht?

12. Wie viel Energie wird von jeder Maßnahme, die an die Europäische Kom-
mission zur Zielerreichung des Artikels 7 der EU-Energieeffizienzrichtlinie
gemeldet wurde, nach Kenntnis der Bundesregierung voraussichtlich einge-
spart?

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13. Welche zusätzlichen Maßnahmen zu den bereits gemeldeten hält die Bun-
desregierung für notwendig, um die verpflichtenden Einsparungen von
1,5 Prozent jährlich zu erreichen?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Umsetzungslücke zur Erfüllung der
Anforderungen aus Artikel 7 der EU-Energieeffizienzrichtlinie durch die
Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund, dass die Europäische
Kommission am 6. November 2013 mitgeteilt hat, dass zur Erfüllung der
Anforderung solche Maßnahmen ausgeschlossen sind, die primär darauf ab-
zielen, andere energiepolitische Elemente zu unterstützen als das Auslösen
von Energieeinsparungen bei Endverbrauchern, und dabei ausdrücklich
Netzentgelte, Einspeisevergütungen und Maßnahmen zur Minderung von
Verkehrsbelastungen benennt (SWD(2013) 451 final), und wie wird die
Bundesregierung diese Lücke schließen?

15. Erachtet die Bundesregierung Maßnahmen wie die EEG-Umlage, Netznut-
zungsentgelte oder die Lkw-Maut als geeignete Energieeffizienzmaßnah-
men, um die Zielerreichung des Artikels 7 der EU-Energieeffizienzrichtlinie
sicherzustellen?
Falls ja, warum, und falls nein, warum nicht?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die Anrechenbarkeit der Energieeinspar-
verordnung als alternative strategische Maßnahme nach Artikel 7 Absatz 9
der EU-Energieeffizienzrichtlinie, insbesondere unter dem Aspekt, dass
nach Artikel 4 der Gebäudeeffizienz-Richtlinie (2010/31/EU) im Hinblick
auf die Erreichung kostenoptimaler Niveaus Mindestanforderungen durch
die Mitgliedstaaten festzulegen sind, die demnach Standards und Normen
nach Unionsrecht im Sinne von Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe d der EU-
Energieeffizienzrichtlinie darstellen?
Inwiefern übertreffen die nach § 4 Absatz 3 Satz 2 des Energieeinsparungs-
gesetzes (EnEG) getroffenen Anforderungen der Energieeinsparverordnung
die Anforderung an kostenoptimale Mindestanforderungen im Sinne des
EU-Rechts?

17. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits unternommen oder
bisher geplant, um die Ziele aus Artikel 8 der EU-Energieeffizienzrichtlinie
zu erfüllen, demzufolge Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass alle
Unternehmen, die keine kleinen und mittleren Unternehmen sind, Gegen-
stand eines Energieaudits sind, das bis zum 5. Dezember 2015 und mindes-
tens alle vier Jahre nach dem vorangegangenen Energieaudit in unabhängi-
ger und kostenwirksamer Weise von qualifizierten und/oder akkreditierten
Experten durchgeführt oder nach innerstaatlichem Recht von unabhängigen
Behörden durchgeführt und überwacht wird?

18. Plant die Bundesregierung, Energiedienstleistungen wie beispielsweise die
unterjährige Verbrauchsinformation im Bereich Wärme/Warmwasser als
alternative strategische Maßnahme zur Erhöhung von Verbrauchertranspa-
renz und potentieller Energieeinsparung einzuführen?

19. Plant oder betreibt die Bundesregierung zur weiteren Umsetzung der EU-
Energieeffizienzrichtlinie ein Beteiligungsverfahren zur Einbeziehung rele-
vanter Akteure (falls ja, bitte die diskutierenden Fragestellungen auflisten
unter Angabe der geplanten und abgehaltenen Termine sowie der jeweils
eingeladenen Interessengruppen)?

20. Inwieweit plant die Bundesregierung eine verstärkte staatliche Förderung
von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen von Fachkräften, die für qualita-
tiv angemessene Energieeffizienzmaßnahmen notwendig sind?

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21. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Zusammenhang besteht
zwischen dem drohenden Nichterreichen der Effizienzziele für das Jahr
2020 durch mangelnde Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie in den
Mitgliedstaaten und dem Verzicht der Europäischen Kommission, sich im
Weißbuch für die Energie- und Klimapolitik 2030 auf ein solches Ziel für
das Jahr 2030 festzulegen?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 31. Januar 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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