BT-Drucksache 18/4416

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drucksache 18/2900, 18/3108 Nr. 2 - Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010 bis 2013

Vom 24. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4416
18. Wahlperiode 24.03.2015
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksachen 18/2900, 18/3108 Nr. 2 –

Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe
im Ausland 2010 bis 2013

A. Problem
Die Bundesregierung sieht humanitäre Hilfe als Ausdruck ethischer Verantwortung
und internationaler Solidarität mit Menschen in Not. Ziel ihres humanitären Enga-
gements ist es, Menschen in Not ein Überleben in Würde und Sicherheit zu ermög-
lichen und das Leid derer zu lindern, die ihre akute Notlage aus eigener Kraft nicht
überwinden können.

Vor dem Hintergrund einer deutlichen Zunahme von Anzahl und Ausmaß humani-
tärer Krisen im Berichtszeitraum 2010 bis 2013 erläutert die Bundesregierung in Teil
1 des Berichts zunächst die Neuausrichtung und Schwerpunkte der deutschen huma-
nitären Hilfe und gibt in Teil 2 einen Überblick über ihre weltweite humanitäre Hilfe
von 2010 bis 2013.

Die humanitäre Hilfe der Bundesregierung wurde im Zuge der am 10. November
2011 vom Auswärtigen Amt (AA) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterzeichneten „Vereinbarung über eine
verbesserte Kooperation und Arbeitsteilung“ (in Kraft seit 23. Mai 2012) neu aufge-
stellt. Die humanitäre Ernährungshilfe wurde dabei mit anderen Bereichen der hu-
manitären Hilfe unter dem Dach des Auswärtigen Amts zusammengeführt. Der Be-
richt betont, dass die Ressortvereinbarung eine Zäsur darstelle, die einen Wandel in
der deutschen humanitären Hilfe eingeleitet habe und sich auch auf die Gestaltung
humanitärer Projekte auswirke. So werde die humanitäre Hilfe von kurzfristig ge-
förderten Projekten der Soforthilfe in vorausschauende strategische humanitäre
Hilfe überführt. Im Einzelfall habe dies bedeutet, dass insbesondere humanitäre Pro-
jekte längerfristig gestaltet werden konnten, dass die Stärkung lokaler Kapazitäten
Bestandteil der Projekte und zudem eine stärkere Verknüpfung humanitärer Maß-
nahmen möglich geworden sei. Die Neuausrichtung erlaube der Bundesregierung,
gezielter und effizienter auf die Bedürfnisse betroffener Menschen und auf die Zyk-
len humanitärer Krisen einzugehen.

Der Bericht beschreibt die Grundlagen und den Paradigmenwechsel der deutschen
humanitären Hilfe. Er informiert darüber hinaus über Aufgabenschwerpunkte und

Drucksache 18/4416 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Partner in der humanitären Hilfe sowie über die Koordinierung und Mitwirkung
Deutschlands in internationalen Gremien.

Teil 2 des Berichts gibt einen ausführlichen Überblick über die weltweite humanitäre
Hilfe der Bundesregierung von 2010 bis 2013 in den einzelnen Regionen. Die regi-
onalen Schwerpunkte lagen dabei in den Krisen- und Konfliktgebieten in Afrika und
Nahost sowie in Asien.

B. Lösung
Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in
Abwesenheit der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4416
Beschlussempfehlung
Der Deutsche Bundestag wolle beschließen – in Kenntnis des Berichts der Bundes-
regierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010-2013 (Drucksache
18/2900) – folgende Entschließung anzunehmen:
„Der Bericht gibt nicht nur einen umfassenden länder- und projektbezogenen Über-
blick über die vielfältigen humanitären Aktivitäten der Bundesregierung, sondern
geht sehr problemorientiert auf die wachsenden globalen Herausforderungen und die
damit verbundenen strategischen Überlegungen ein.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundesta-
ges befasst sich in dieser Legislaturperiode intensiv mit der Problematik humanitärer
Notlagen. Eine Anhörung vor dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe des Deutschen Bundestages am 4. März 2015 hat bestätigt, dass die handlungs-
orientierte Analyse des Berichts auch aus der Perspektive der zivilgesellschaftlichen
Akteure eine gute Grundlage zur Weiterentwicklung des deutschen und des interna-
tionalen Systems der humanitären Hilfe entsprechend der sich verändernden globa-
len Herausforderungen bildet.
Im Berichtszeitraum haben Anzahl und Ausmaß humanitärer Krisen weiter zuge-
nommen: So waren sowohl die Folgen naturbedingter Krisen – wie z.B. das schwere
Erdbeben in Haiti – als auch von Menschen verursachte gewaltsame Konflikte – wie
z.B. in der DR Kongo, in Syrien, in der Zentralafrikanischen Republik oder im
Südsudan – zu bewältigen. Die Anforderungen an humanitäre Hilfsleistungen sind
dementsprechend gewachsen – insbesondere, was ihre Qualität, Effizienz und Koor-
dinierung anbelangt.
Mehrfach wird im Bericht betont, dass humanitäre Hilfe Ausdruck ethischer Verant-
wortung für Menschen in Not ist. Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und
Unabhängigkeit sind die Grundsätze der deutschen humanitären Hilfe. Diesen ethi-
schen und nicht interessengeleiteten Ansatz unterstützt der Deutsche Bundestag voll
und ganz.
Zugleich würdigt der Deutsche Bundestag die schwierige Arbeit der deutschen und
internationalen Hilfsorganisationen. Viele von ihnen sind Mitglieder des Koordinie-
rungsausschusses Humanitäre Hilfe, der sich in Deutschland zu einem wichtigen in-
haltlichen und strategischen Forum staatlicher und nicht-staatlicher Einrichtungen
entwickelt hat. Besonderer Dank gilt den Helferinnen und Helfern selbst. Sie arbei-
ten nicht nur unter oftmals schwierigsten Bedingungen, sondern gehen auch ein ho-
hes persönliches Risiko ein. So haben gewaltsame Übergriffe auf humanitäres Per-
sonal stark zugenommen, darunter im Jemen, in Syrien und im Südsudan. Kritische
Sicherheitslagen sowie gezielte Behinderungen humanitärer Maßnahmen haben zur
Folge, dass es immer schwieriger wird, jene Menschen zu erreichen, die am drin-
gendsten Hilfe benötigen. Dies macht erneut deutlich, wie wichtig die Einhaltung
der humanitären Grundsätze ist.
Bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen, Klimawandel und Bevölkerungswachs-
tum lassen immer komplexere Krisen entstehen, auf die kurzfristig oft nicht mehr
angemessen reagiert werden kann. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Deutsche
Bundestag die 2012 verabschiedete ‚Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitä-
ren Hilfe im Ausland‘, die sich für einen Paradigmenwechsel von der reaktiven zur
vorausschauenden Hilfestark macht. Die von der Bundesregierung eingeleitete ‚Pre-
paredness‘-Initiative, die in sektoralen und regionalen Schwerpunkten umgesetzt
wird, soll dazu beitragen, bereits im Vorfeld Krisen und Katastrophen abzumildern
und dadurch menschliches Leid zu verringern.
Dieser präventive Ansatz wurde bestätigt durch die Ergebnisse der 2011 vorgelegten
Evaluierung der humanitären Hilfe, wie auch durch Überlegungen, die Qualität der
humanitären Hilfe zu stärken. So werden Hilfsmaßnahmen inzwischen effizienter
gesteuert und in ihrer Wirkung vergleichbar überprüft. Eine nachhaltige Qualitäts-
steigerung ist – insbesondere, was die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern,

Drucksache 18/4416 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die Einbindung lokaler Kräfte sowie die Koordinierung der vielfältigen Aktivitäten
anbelangt – ein umfassender Prozess, an dem die Bundesregierung bis heute arbeitet.
Sie beteiligt sich dabei auch aktiv an internationalen Initiativen zur Stärkung von
Qualität und Effizienz. Der Bundestag unterstützt diese Bemühungen sehr, da der
weltweit steigende humanitäre Bedarf mit knappen finanziellen Mitteln so effizient
wie möglich gedeckt werden muss.
Damit dieses Ziel erreicht werden kann, wurden 2012 in Deutschland institutionell
die Voraussetzungen hierfür geschaffen. Mit der Ressortvereinbarung zwischen dem
Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung wurde eine gute Grundlage für Kooperation und Arbeitsteilung
festgelegt. Das Auswärtige Amt ist nun für alle Bereiche der humanitären Hilfe ver-
antwortlich. Es arbeitet jedoch im Sinne einer kohärenten Politik eng mit dem Bun-
desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammen.
Nothilfe und längerfristige Entwicklungszusammenarbeit können so besser mitei-
nander verzahnt werden.
Im Bericht der Bundesregierung wird die humanitäre Lage in 17 Ländern sowie in
der Sahel-Region als vergessen, d.h. als unterfinanziert, eingestuft. Der Deutsche
Bundestag hat im Haushalt 2015 den Titel für humanitäre Hilfe erfolgreich auf 400
Millionen Euro erhöht. Diese Erhöhung kommt vor allem den syrischen Flüchtlingen
in Syrien selbst und den Nachbarländern zugute. Im Irak hat der Terror des so ge-
nannten Islamischen Staates, darunter gegen religiöse Minderheiten wie Jesiden und
Christen, eine neue Flüchtlingskatastrophe verursacht. Hunderttausende Binnen-
flüchtlinge müssen versorgt werden. Auch hier arbeiten das Auswärtige Amt und
das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Hand
in Hand. Mit den Instrumenten der humanitären Soforthilfe und Nothilfe des Aus-
wärtigen Amts werden humanitäre Notlagen adressiert und mit der Entwicklungs-
fördernden und strukturbildenden Übergangshilfe (ESÜH) des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine Perspektive für eine
nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit geschaffen. Zusätzlich hat das Bundes-
ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Sonderinitia-
tiven ‚Eine Welt ohne Hunger‘,;Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge reintegrie-
ren‘ und ;Stabilisierung und Entwicklung Nordafrika-Nahost‘ geschaffen, um
schneller und systematischer auf Großkrisen und globale Herausforderungen reagie-
ren zu können.
Die Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die
große Bedeutung einer klaren Abgrenzung zwischen humanitärer Hilfe und militäri-
scher Unterstützung unterstrichen. Entsprechend international anerkannter Richtli-
nien dürfen militärische Kapazitäten nur als ‚letztes Mittel‘ zur Unterstützung hu-
manitärer Maßnahmen herangezogen werden. So hat sich die Bundeswehr im Be-
richtszeitraum unter diesen Voraussetzungen z.B. 2010 während des Erdbebens in
Haiti und der Flutkatastrophe in Pakistan an der humanitären Hilfe beteiligt.
Ein gutes Beispiel für die nationale Umsetzung der international anerkannten Leitli-
nien sind die 2013 veröffentlichten gemeinsamen Empfehlungen des Verbands Ent-
wicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) und des Bun-
desministeriums der Verteidigung, die zusammen mit dem Auswärtigen Amt und
dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erar-
beitet wurden. Diese Empfehlungen geben den beteiligten Akteuren konkrete Orien-
tierungspunkte für eine Interaktion zwischen den VENRO-Mitgliedern und der Bun-
deswehr im In- und Ausland.
Der Deutsche Bundestag richtet große Erwartungen an den ersten Humanitären
Weltgipfel 2016 in Istanbul. Angesichts der weltweiten Zunahme von Krisen und
Konflikten muss das internationale humanitäre System zukunftsfähig gestaltet wer-
den. Hierfür bietet der Weltgipfel eine Chance. Der Bundestag begrüßt, dass zwei
thematische Vorbereitungstreffen 2015 in Bonn und Berlin stattfinden.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4416
Berlin, den 18. März 2015

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Michael Brand
Vorsitzender

Frank Heinrich (Chemnitz)
Berichterstatter

Dr. Ute Finckh-Krämer
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Tom Koenigs
Berichterstatter

Drucksache 18/4416 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Frank Heinrich (Chemnitz), Dr. Ute Finckh-Krämer,
Annette Groth und Tom Koenigs

I. Überweisung

Die Unterrichtung auf Drucksache 18/2900 wurde mit Überweisungsdrucksache 18/3108 Nr. 2. am 7. Novem-
ber 2014 an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung sowie an
den Auswärtigen Ausschuss, den Innenausschuss, den Verteidigungssauschuss, den Ausschuss für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Im Berichtszeitraum 2010 bis 2013 haben Anzahl und Ausmaß humanitärer Krisen weiter zugenommen.
In Teil 1 ihres Berichts informiert die Bundesregierung zunächst über die Neuausrichtung und Schwerpunkte
der deutschen humanitären Hilfe und sodann in Teil 2 über ihre weltweite humanitäre Hilfe von 2010 bis 2013.
Die Bundesregierung legt einleitend dar, dass humanitäre Hilfe Ausdruck ethischer Verantwortung und inter-
nationaler Solidarität mit Menschen in Not ist. Ziel des humanitären Engagements der Bundesregierung ist es,
Menschen in Not ein Überleben in Würde und Sicherheit zu ermöglichen und das Leid derer zu lindern, die
ihre akute Notlage aus eigener Kraft nicht überwinden können.
Die humanitäre Hilfe der Bundesregierung ist im Zuge der am 10. November 2011 vom Auswärtigen Amt
(AA) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterzeich-
neten „Vereinbarung über eine verbesserte Kooperation und Arbeitsteilung“ (in Kraft seit 23. Mai 2012) neu
aufgestellt worden. Die humanitäre Ernährungshilfe ist mit anderen Bereichen der humanitären Hilfe unter dem
Dach des Auswärtigen Amts zusammengeführt worden. Die Ressortvereinbarung sei eine Zäsur, die einen
Wandel in der deutschen humanitären Hilfe eingeleitet habe und die sich auch auf die Gestaltung humanitärer
Projekte auswirke. Die humanitäre Hilfe werde von kurzfristig geförderten Projekten der Soforthilfe in voraus-
schauende strategische humanitäre Hilfe überführt. Im Einzelfall habe dies insbesondere bedeutet, dass huma-
nitäre Projekte längerfristig gestaltet werden konnten, dass die Stärkung lokaler Kapazitäten Bestandteil der
Projekte und eine stärkere Verknüpfung humanitärer Maßnahmen möglich geworden sei. Diese Neuausrich-
tung erlaube der Bundesregierung, gezielter und effizienter auf die Bedürfnisse betroffener Menschen und auf
die Zyklen humanitärer Krisen einzugehen.
Die Bundesregierung beschreibt die Grundlagen und den Paradigmenwechsel der deutschen humanitären Hilfe.
Sie informiert darüber hinaus über Aufgabenschwerpunkte und ihre Partner in der humanitären Hilfe sowie
über die Koordinierung und ihre Mitwirkung in internationalen Gremien.
Teil 2 des Berichts gibt einen Überblick über die weltweite humanitäre Hilfe der Bundesregierung von 2010
bis 2013 in den einzelnen Regionen. Die regionalen Schwerpunkte lagen dabei in Afrika, Nahost und Asien.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

In ihren Sitzungen am 18. März 2015 haben der Auswärtige Ausschuss, der Innenausschuss, der Verteidi-
gungsausschuss, der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union übereinstimmend Kenntnisnahme der Unterrich-
tung auf Drucksache 18/2900 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 26. Sitzung am 14. Januar 2015 die
Durchführung einer öffentlichen Sachverständigenanhörung zur Unterrichtung auf Drucksache 18/2900 be-
schlossen.
An der Anhörung am 4. März 2015 haben folgende Sachverständige teilgenommen:

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4416
Albrecht Broemme Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)
Cornelia Füllkrug-Weitzel Präsidentin Diakonie Katastrophenhilfe
Prof. Dr. med. Joachim Gardemann M.san. Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe an der FH

Münster
Thomas Gebauer Geschäftsführer medico international
Florian Westphal Geschäftsführer Ärzte ohne Grenzen
Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 31. Sitzung vom 4. März 2015 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.
In seiner 32. Sitzung am 18. März 2015 hat der Ausschuss die Unterrichtung abschließend beraten. Der Aus-
schuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Abwesenheit der Fraktion DIE
LINKE., folgende Entschließung auf Ausschussdrucksache 18(17)84 anzunehmen:
„Der Deutsche Bundestag wolle beschließen – in Kenntnis des Berichtes der Bundesregierung über die deut-
sche humanitäre Hilfe im Ausland 2010-2013 (Bundestagsdrucksache 18/2900) – folgende Entschließung an-
zunehmen:
Der Bericht gibt nicht nur einen umfassenden länder- und projektbezogenen Überblick über die vielfältigen
humanitären Aktivitäten der Bundesregierung, sondern geht sehr problemorientiert auf die wachsenden globa-
len Herausforderungen und die damit verbundenen strategischen Überlegungen ein.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages befasst sich in dieser
Legislaturperiode intensiv mit der Problematik humanitärer Notlagen. Eine Anhörung vor dem Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages am 4. März 2015 hat bestätigt, dass die
handlungsorientierte Analyse des Berichts auch aus der Perspektive der zivilgesellschaftlichen Akteure eine
gute Grundlage zur Weiterentwicklung des deutschen und des internationalen Systems der humanitären Hilfe
entsprechend der sich verändernden globalen Herausforderungen bildet.
Im Berichtszeitraum haben Anzahl und Ausmaß humanitärer Krisen weiter zugenommen: So waren sowohl
die Folgen naturbedingter Krisen – wie z.B. das schwere Erdbeben in Haiti – als auch von Menschen verur-
sachte gewaltsame Konflikte – wie z.B. in der DR Kongo, in Syrien, in der Zentralafrikanischen Republik oder
im Südsudan – zu bewältigen. Die Anforderungen an humanitäre Hilfsleistungen sind dementsprechend ge-
wachsen – insbesondere, was ihre Qualität, Effizienz und Koordinierung anbelangt.
Mehrfach wird im Bericht betont, dass humanitäre Hilfe Ausdruck ethischer Verantwortung für Menschen in
Not ist. Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit sind die Grundsätze der deutschen
humanitären Hilfe. Diesen ethischen und nicht interessengeleiteten Ansatz unterstützt der Deutsche Bundestag
voll und ganz.
Zugleich würdigt der Deutsche Bundestag die schwierige Arbeit der deutschen und internationalen Hilfsorga-
nisationen. Viele von ihnen sind Mitglieder des Koordinierungsausschusses Humanitäre Hilfe, der sich in
Deutschland zu einem wichtigen inhaltlichen und strategischen Forum staatlicher und nicht-staatlicher Einrich-
tungen entwickelt hat. Besonderer Dank gilt den Helferinnen und Helfern selbst. Sie arbeiten nicht nur unter
oftmals schwierigsten Bedingungen, sondern gehen auch ein hohes persönliches Risiko ein. So haben gewalt-
same Übergriffe auf humanitäres Personal stark zugenommen, darunter im Jemen, in Syrien und im Südsudan.
Kritische Sicherheitslagen sowie gezielte Behinderungen humanitärer Maßnahmen haben zur Folge, dass es
immer schwieriger wird, jene Menschen zu erreichen, die am dringendsten Hilfe benötigen. Dies macht erneut
deutlich, wie wichtig die Einhaltung der humanitären Grundsätze ist.
Bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen, Klimawandel und Bevölkerungswachstum lassen immer komple-
xere Krisen entstehen, auf die kurzfristig oft nicht mehr angemessen reagiert werden kann. Vor diesem Hinter-
grund begrüßt der Deutsche Bundestag die 2012 verabschiedete ‚Strategie des Auswärtigen Amts zur humani-
tären Hilfe im Ausland‘, die sich für einen Paradigmenwechsel von der reaktiven zur vorausschauenden Hilfe-
stark macht. Die von der Bundesregierung eingeleitete ‚Preparedness‘-Initiative, die in sektoralen und regio-
nalen Schwerpunkten umgesetzt wird, soll dazu beitragen, bereits im Vorfeld Krisen und Katastrophen abzu-
mildern und dadurch menschliches Leid zu verringern.
Dieser präventive Ansatz wurde bestätigt durch die Ergebnisse der 2011 vorgelegten Evaluierung der humani-
tären Hilfe, wie auch durch Überlegungen, die Qualität der humanitären Hilfe zu stärken. So werden Hilfsmaß-
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

Drucksache 18/4416 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
nahmen inzwischen effizienter gesteuert und in ihrer Wirkung vergleichbar überprüft. Eine nachhaltige Quali-
tätssteigerung ist – insbesondere, was die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, die Einbindung lokaler
Kräfte sowie die Koordinierung der vielfältigen Aktivitäten anbelangt – ein umfassender Prozess, an dem die
Bundesregierung bis heute arbeitet. Sie beteiligt sich dabei auch aktiv an internationalen Initiativen zur Stär-
kung von Qualität und Effizienz. Der Bundestag unterstützt diese Bemühungen sehr, da der weltweit steigende
humanitäre Bedarf mit knappen finanziellen Mitteln so effizient wie möglich gedeckt werden muss.
Damit dieses Ziel erreicht werden kann, wurden 2012 in Deutschland institutionell die Voraussetzungen hierfür
geschaffen. Mit der Ressortvereinbarung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde eine gute Grundlage für Kooperation und Arbeitstei-
lung festgelegt. Das Auswärtige Amt ist nun für alle Bereiche der humanitären Hilfe verantwortlich. Es arbeitet
jedoch im Sinne einer kohärenten Politik eng mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung zusammen. Nothilfe und längerfristige Entwicklungszusammenarbeit können so besser mit-
einander verzahnt werden.
Im Bericht der Bundesregierung wird die humanitäre Lage in 17 Ländern sowie in der Sahel-Region als ver-
gessen, d.h. als unterfinanziert, eingestuft. Der Deutsche Bundestag hat im Haushalt 2015 den Titel für huma-
nitäre Hilfe erfolgreich auf 400 Millionen Euro erhöht. Diese Erhöhung kommt vor allem den syrischen Flücht-
lingen in Syrien selbst und den Nachbarländern zugute. Im Irak hat der Terror des so genannten Islamischen
Staates, darunter gegen religiöse Minderheiten wie Jesiden und Christen, eine neue Flüchtlingskatastrophe ver-
ursacht. Hunderttausende Binnenflüchtlinge müssen versorgt werden. Auch hier arbeiten das Auswärtige Amt
und das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Hand in Hand. Mit den
Instrumenten der humanitären Soforthilfe und Nothilfe des Auswärtigen Amts werden humanitäre Notlagen
adressiert und mit der Entwicklungsfördernden und strukturbildenden Übergangshilfe (ESÜH) des Bundesmi-
nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine Perspektive für eine nachhaltige Ent-
wicklungszusammenarbeit geschaffen. Zusätzlich hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung die Sonderinitiativen ‚Eine Welt ohne Hunger‘, ‚Fluchtursachen bekämpfen – Flücht-
linge reintegrieren‘ und ‚Stabilisierung und Entwicklung Nordafrika-Nahost‘ geschaffen, um schneller und
systematischer auf Großkrisen und globale Herausforderungen reagieren zu können.
Die Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die große Bedeutung einer klaren
Abgrenzung zwischen humanitärer Hilfe und militärischer Unterstützung unterstrichen. Entsprechend interna-
tional anerkannter Richtlinien dürfen militärische Kapazitäten nur als ‚letztes Mittel‘ zur Unterstützung huma-
nitärer Maßnahmen herangezogen werden. So hat sich die Bundeswehr im Berichtszeitraum unter diesen Vo-
raussetzungen z.B. 2010 während des Erdbebens in Haiti und der Flutkatastrophe in Pakistan an der humanitä-
ren Hilfe beteiligt.
Ein gutes Beispiel für die nationale Umsetzung der international anerkannten Leitlinien sind die 2013 veröf-
fentlichten gemeinsamen Empfehlungen des Verbands Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorgani-
sationen (VENRO) und des Bundesministeriums der Verteidigung, die zusammen mit dem Auswärtigen Amt
und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erarbeitet wurden. Diese
Empfehlungen geben den beteiligten Akteuren konkrete Orientierungspunkte für eine Interaktion zwischen den
VENRO-Mitgliedern und der Bundeswehr im In- und Ausland.
Der Deutsche Bundestag richtet große Erwartungen an den ersten Humanitären Weltgipfel 2016 in Istanbul.
Angesichts der weltweiten Zunahme von Krisen und Konflikten muss das internationale humanitäre System
zukunftsfähig gestaltet werden. Hierfür bietet der Weltgipfel eine Chance. Der Bundestag begrüßt, dass zwei
thematische Vorbereitungstreffen 2015 in Bonn und Berlin stattfinden.“

Berlin, den 18. März 2015

Frank Heinrich (Chemnitz)
Berichterstatter

Dr. Ute Finckh-Krämer
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