BT-Drucksache 18/4404

Vermeintliches Störpotenzial von Windenergieanlagen bei Drehfunkfeueranlagen der Deutschen Flugsicherung am Beispiel des VORTAC Nörvenich

Vom 18. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4404
18. Wahlperiode 18.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock, Bärbel
Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vermeintliches Störpotenzial von Windenergieanlagen bei Drehfunkfeueranlagen
der Deutschen Flugsicherung am Beispiel des VORTAC Nörvenich

Die Neuerrichtung oder das Repowering von Windenergieanlagen wird in vielen
Teilen Deutschlands mit der Behauptung verhindert, Windenergieanlagen wür-
den die Funktionstüchtigkeit von Flugsicherungsanlagen stören. Es gibt Schät-
zungen, dass hierdurch 4 000 Megawatt Windenergieleistung nicht errichtet
werden können. Nach Jahren der Diskussion und Auseinandersetzung hat das
Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) jedoch jüngst zugestimmt, dass
Windenergieanlagen mit besonderer Steuerungstechnik auch in der Nähe von
Militärflughäfen gebaut werden dürfen.
Die Deutsche Flugsicherung (DFS), ein Privatunternehmen, das im Auftrag des
Bundes die Flugsicherung durchführt, ist leider noch nicht so weit. So wird nach
Kenntnis der Fragesteller regelmäßig im Radius von 15 km um Flugsicherungs-
einrichtungen die Errichtung neuer oder das Repowering alter Windenergie-
anlagen von der DFS verhindert, ohne den Nachweis zu führen, dass die Wind-
energieanlagen die Anlagen der Flugsicherung tatsächlich stören. Fachleute be-
zweifeln, dass derart hohe Pauschalabstandsforderungen tatsächlich notwendig
sind. So musste nach Informationen der Fragesteller die DFS zum Beispiel im
Falle des VOR Weser (VOR – Very High Frequency Omnidirectional Radio
Range) ihre pauschalen Abstandsforderungen erheblich reduzieren.
In der Gemeinde Nörvenich (Kreis Düren, Nordrhein-Westfalen) betreibt die
DFS gemeinsam mit der Bundeswehr eine VORTAC-Navigationseinrichtung
für den zivilen und militärischen Flugverkehr. Auch hier lehnt die DFS seit Jah-
ren im Umkreis von 15 km die Neuerrichtung oder das Repowering von Wind-
energieanlagen pauschal ab. Deshalb können mindestens ein halbes Dutzend
Windparks in den umliegenden Gemeinden trotz guter Bedingungen und hoher
Akzeptanz nicht errichtet werden.
Nun kann nach Informationen der Fragesteller das VORTAC Nörvenich nicht
auf der bisherigen Fläche weiterbetrieben werden und muss ggf. an einem an-
deren Standort neu errichtet werden. Der DFS wurde das Pachtverhältnis zum
31. Dezember 2015 gekündigt, das militärische Funkfeuer (TACAN – Tactical
Air Navigation) ist von dieser Kündigung nicht betroffen.

Drucksache 18/4404 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Aus welchem Grund lehnt nach Kenntnis der Bundesregierung die DFS im

Umkreis von 15 km eines VOR oder VORTAC die Errichtung neuer oder
das Repowering vorhandener Windenergieanlagen ab?

2. Welche wissenschaftlichen oder sonstigen Erkenntnisse stützen nach Kennt-
nis der Bundesregierung dieses Vorgehen der DFS?

3. Sind der Bundesregierung andere Studien, Gutachten oder sonstigen Er-
kenntnisse bekannt, die den Betrieb von Windenergieanlagen – ggf. mit be-
sonderen technischen Einrichtungen – innerhalb eines Radius von 15 km
um ein VOR oder VORTAC als möglich erachten?

4. Wenn ja, was wird die Bundesregierung tun, damit diese Erkenntnisse in
Stellungnahmen der DFS bei dem Genehmigungsverfahren für Wind-
energieanlagen in Zukunft eine Rolle spielen?

5. Gibt es technische Lösungen, die den Einflussradius bzw. Schutzradius auf
3 oder 5 km reduzieren?
Wenn ja, welche?

6. Erfahren Funknavigationsanlagen, wie sie bei VORTAC (bzw. VOR und
TACAN) eingesetzt werden, eine Störung durch Windenergieanlagen auf-
grund der rotierenden Flügel?
Wenn ja, bis zu welcher Entfernung?

7. Tritt diese Störung bei stillstehenden Windrädern in gleicher Weise auf?
8. Wie unterscheiden sich stillstehende Windenergieanlagen in ihrem Stör-

potenzial für Funknavigationsanlagen von Gebäuden oder festen Einrich-
tungen ähnlicher Höhe (Gebäude, Strommasten etc.)?

9. Stören sich bewegende oder stillstehende Braunkohlenbagger (rotierende
Schaufelräder) oder Absetzer auf Halden das VORTAC (bzw. VOR oder
TACAN)?
Falls nein, warum nicht?

10. In welchem Abstand zum VOR Weser können mit Zustimmung der DFS
neue Windenergieanlagen errichtet bzw. vorhandene repowert werden?

11. Aus welchem Grund werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Falle
des VOR Weser von der DFS keine Pauschalabstände von 15 km zu Wind-
energieanlagen verlangt?

12. Bei welchen weiteren VOR oder VORTAC hat die DFS nach Kenntnis der
Bundesregierung in den letzten zwei Jahren neue oder das Repowering von
Windenergieanlagen innerhalb eines Radius von 15 km genehmigt?

13. Aus welchem Grund ist eine Verlegung des militärischen Funkfeuers TACAN
am Standort Nörvenich notwendig (Dürener Nachrichten „Die Windkraft
und die Feuersicherung“), wenn das militärische TACAN an der bisherigen
Stelle weiter betrieben werden kann?

14. Wird das vorhandene TACAN am Standort Nörvenich im Falle der Ver-
legung durch eine neue Navigationseinrichtung ersetzt oder wird das
TACAN nur versetzt?

15. Soll die bisher militärisch und zivil genutzte Anlage VORTAC Nörvenich
durch eine neue gemeinsame Navigationsanlage auf einem militärischen
Gelände ersetzt werden?

16. Wenn ja, ist das konkrete militärische Gelände als besonders geschützter
Sicherheitsbereich definiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4404
17. Auf welcher Koordinate soll ggf. der neue Standort des TACAN entstehen?
18. Wird das TACAN nach der Versetzung von der Bundeswehr betrieben wer-

den?
Wenn nein, welcher andere Betreiber ist vorgesehen?

19. Welchem rechtlichen Zulassungsverfahren unterliegt die Errichtung der
geplanten Navigationsanlagen (bitte einzeln für die verschiedenen Fall-
konstellationen auflisten: VORTAC, VOR, TACAN auf zivilem Gelände
und auf militärischem Gelände)?

20. Unterscheiden sich die Zulassungsverfahren der zivilen von den Zulas-
sungsverfahren einer militärischen Nutzung?
Wenn ja, in welcher Weise?

21. In welcher zeitlichen Abfolge sind angesichts des Kündigungstermins des
Pachtverhältnisses der Abbau der Altanlagen und die Neuerrichtung ge-
plant?

22. Welcher Typ Navigationsanlage von welchem Hersteller soll die vorhan-
dene Navigationsanlage der DFS ersetzen?

23. Kommen in Nörvenich bei der Neuerrichtung des VORTAC (bzw. VOR
und/oder TACAN) technische Lösungen, die den Einflussradius bzw.
Schutzradius auf 3 oder 5 km reduzieren, zum Einsatz?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?

24. Sind die Störungen von älteren Bestandswindenergieanlagen innerhalb des
15-km-Radius um das VORTAC Nörvenich so gering, dass das derzeitige
oder ein neues VORTAC ohne Beeinträchtigung betrieben werden kann?
Wenn ja, warum?

25. Warum können die Aufgaben des derzeitigen VORTAC nicht durch andere
bereits vorhandene VORTAC, VOR bzw. TACAN-Anlagen an anderen
Standorten übernommen werden?

Berlin, den 18. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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