BT-Drucksache 18/4377

Stand der Umsetzung der getrennten Bioabfallsammlung

Vom 18. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4377
18. Wahlperiode 18.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Annalena Baerbock, Matthias Gastel,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen),
Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Umsetzung der getrennten Bioabfallsammlung

Die flächendeckende Sammlung von Bioabfällen ist ab dem 1. Januar 2015 ge-
mäß § 11 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Pflicht. Das heißt, seit Anfang des
Jahres 2015 muss die getrennte Sammlung von Bioabfällen aus privaten Haus-
halten umgesetzt sein. Der Termin ist seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts-
gesetzes im Jahr 2012 bekannt. Trotz dieser langen Vorlaufzeit sind Situation
und Fortschritt bei der Getrenntsammlung in den einzelnen Bundesländern sehr
unterschiedlich.
Die im Januar 2015 vom Umweltbundesamt veröffentlichte Studie „Verpflich-
tende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen“ zeigt auf, dass diese
Umsetzung sehr unterschiedlich in den Bundesländern erfolgt. Daneben wird
deutlich, dass zahlreiche öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, die Adressa-
ten der Getrenntsammelpflicht sind, ihrer Aufgabe bisher nicht nachgekommen
sind und dieses auch weiter nicht beabsichtigen. Laut der Studie bieten zum ge-
setzlich festgelegten Stichtag zwischen 57 und 69 entsorgungspflichtige Körper-
schaften Deutschlands keine getrennte Erfassung aller Bioabfälle an.
Insbesondere in Brandenburg wollen viele öffentlich-rechtliche Entsorgungsträ-
ger eine Getrenntsammlung von Bioabfällen nicht einführen und verweisen auf
höhere Kosten sowie auf eine bessere Klimabilanz bei der Mitverbrennung mit
dem Restmüll (siehe: MAZLokal, Dahme Kurier vom 13. Januar 2015; „Absage
an die braune Tonne“). Auch die Region Trier möchte alle Klagemöglichkeiten
gegen die Getrennterfassung von Bioabfällen nutzen und stützt sich darauf, dass
die Trocknung der gemischten Abfälle und anschließende energetische Verwer-
tung mit der Getrennterfassung von Bioabfällen gleichwertig sei (Trierischer
Volksfreund vom 14. Februar 2015: „Mehrheit stemmt sich weiter gegen die
Biotonne“).
Laut Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 18/2214) werden heute
rund 9 Millionen Tonnen Bioabfälle aus den Privathaushalten einer hochwer-
tigen Verwertung zugeführt. So können sowohl das in ihnen enthaltene energe-
tische Potenzial als auch die stofflichen Bestandteile bzw. Eigenschaften genutzt
werden, beispielsweise durch die Gewinnung von Biogas, die Herstellung von
Biokraftstoffen, die thermische Nutzung holziger Bioabfälle sowie durch die
bodenbezogene Anwendung zu Düngezwecken und zur Bodenverbesserung
sowie zur Humusversorgung. Damit können Ressourcen geschont und entspre-
chende Primärrohstoffmaterialien substituiert werden (z. B. Phosphate, Torf,
Energieträger); zudem wird die zu beseitigende Restabfallmenge reduziert.

Drucksache 18/4377 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sieht die Bundesregierung in der Bereitstellung einer freiwilligen, kosten-

pflichtigen, getrennten Bioabfallsammlung über geeignete Behälter, die in
§ 11 Absatz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes festgelegte Getrenntsamm-
lung von Bioabfällen als erfüllt an, oder ist aus Sicht der Bundesregierung
weiterhin in der Regel ein Anschluss- und Benutzungszwang notwendig
(siehe Bundestagsdrucksache 18/2214, Antwort zu Frage 4)?

2. Hat die Bundesregierung mit den zuständigen Aufsichtsbehörden oder Ent-
sorgungsträgern Kontakt aufgenommen, um die Durchsetzung des gelten-
den Rechts anzumahnen, oder plant die Bundesregierung eine solche Maß-
nahme?
Wenn ja, in welcher Weise, und mit wem?

3. Wie will die Bundesregierung einen einheitlichen Verwaltungsvollzug in
allen Bundesländern sicherstellen, und welche verwaltungsrechtlichen
Instrumente liegen den Vollzugsbehörden vor, um die Getrennterfassung
von Bioabfällen durchzusetzen?

4. Hält die Bundesregierung an einer Getrenntsammlung der biologischen Ab-
fälle fest, oder plant sie, diese, aufgrund der Nichtumsetzung in einigen Ent-
sorgungsgebieten, wieder aufzuheben?

5. Hält die Bundesregierung Aussagen über eine bessere Klimabilanz der Bio-
abfallentsorgung über Restmüll bei der Mitverbrennung für ausreichend,
um eine in der europäischen Abfallrechtssetzung festgehaltene Abweichung
von der Abfallhierarchie, die in § 6 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes umge-
setzt wurde, in Anspruch zu nehmen?

6. Ist der Bundesregierung ein Fall bekannt, bei dem die Gleichwertigkeit der
Bioabfallentsorgung über Restmüll mit der Getrennterfassung gegeben und
rechtskonform ist?
Wenn ja, welcher?

7. Hält die Bundesregierung Aussagen über eine vermutete Gebührenerhö-
hung bedingt durch die Einführung einer getrennten Bioabfallentsorgung
gegenüber der Mitverbrennung für ausreichend, um eine in der euro-
päischen Abfallrechtssetzung festgehaltene Abweichung von der Abfall-
hierarchie, die in § 6 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes umgesetzt wurde, in
Anspruch zu nehmen?

8. Hat die Bundesregierung Kenntnisse von Gebührensenkungen durch die
Einführung einer getrennten Bioabfallsammlung in den Entsorgungsgebie-
ten, und wenn ja, wo wurden diese realisiert?

9. Sieht die Bundesregierung in der Nichtumsetzung einen Verstoß gegen das
Europarecht, der von der Europäischen Kommission mit einem Vertragsver-
letzungsverfahren geahndet werden kann?

10. Plant die Bundesregierung, die in § 11 Absatz 2 des Kreislaufwirtschafts-
gesetzes festgehaltende Ermächtigung zu nutzen, um die Anforderungen an
die Getrenntsammlung und Behandlung von Bioabfällen weiter auszuge-
stalten?

11. Plant die Bundesregierung, die geplante Neufassung der Bioabfallverord-
nung zu nutzen, um klare verbindliche Vorgaben in Hinblick auf die Anfor-
derungen an die Getrenntsammlung und Behandlung von Bioabfällen zu
treffen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4377
12. Plant die Bundesregierung, obwohl die aus § 11 Absatz 1 des Kreislaufwirt-
schaftsgesetzes hervorgehende Pflicht zur Getrenntsammlung ab dem
1. Januar 2015 unzweifelhaft ist und der öffentlich-rechtlichen Entsor-
gungsträger allen Privathaushalten für überlassungspflichtige Küchen- und
Gartenabfälle ein Getrenntsammelsystem zur Verfügung zu stellen hat, die
bestehende Unklarheit bei einigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträ-
gern in Hinblick auf ein flächendeckendes Angebot zur Getrenntsammlung
durch eine klarstellende Definition auszuräumen?

13. Plant die Bundesregierung, der oft noch erlaubten Gartenabfallverbrennung
durch eine Verbotsregelung zu begegnen, wie es auch in der in der Vorbe-
merkung der Fragesteller erwähnten Studie empfohlen wird, um neben die-
ser nicht dem Gebot der stofflichen Verwertung gerecht werdenden Abfall-
beseitigung auch der dadurch bedingten Belastung durch Feinstaubemissio-
nen zu begegnen?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur ökologischen Vorteilhaf-
tigkeit der Getrenntsammlung angesichts des von Bürgerinnen und Bürgern
empfundenen doppelten Sammelaufwandes?

Berlin, den 18. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.