BT-Drucksache 18/4267

Digitaler Jahrhundert-Bankraub und eine mutmaßliche Urheberschaft der Gruppe "Carbanak"

Vom 5. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4267
18. Wahlperiode 05.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette
Groth, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Digitaler Jahrhundert-Bankraub und eine mutmaßliche Urheberschaft der Gruppe
„Carbanak“

Eine Gruppe von Hackerinnen und Hackern mit dem Namen „Carbanak“ hat
nach Medienberichten 1 Mrd. Dollar von rund 100 Finanzinstituten in 30 Län-
dern gestohlen (DIE WELT vom 15. Februar 2015). Aufgeklärt wurde der digi-
tale Bankraub demnach vom IT-Sicherheitsunternehmen Kaspersky (IT –
Informationstechnologie). Laut der Firma steckten „Cyberkriminelle aus Russ-
land, der Ukraine, der EU und China“ hinter der Aktion, die über einen Zeitraum
von zwei Jahren ausgeführt worden sei. Hierzu hätten die Hackerinnen und Ha-
cker auf die Steuerung von Videokameras in Banken sowie Computer einzelner
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugegriffen, unter anderem indem dort Troja-
ner-Programme installiert wurden. Zuvor seien die Täterinnen und Täter mit
„Phishing-Methoden“ in Mailkonten eingedrungen. Dann seien „Rechner um
Rechner“ auf die „Computer der Administratoren“ vorgedrungen. Dort hätten
sie weitere „Remote Access Tools“ installiert um Passwörter mitzuschneiden. Je
Bankraub seien „bis zu zehn Millionen Dollar“ erbeutet worden.
Angriffe seien auf Russland, die USA, China, Frankreich, Großbritannien, die
Schweiz und Deutschland ausgeführt worden. Mindestens neun Banken in
Deutschland seien betroffen. Kaspersky habe die Aktivitäten gemeinsam mit
den Polizeiorganisationen INTERPOL und Europol entdeckt und aufgeklärt.
Demnach seien bei den Aktivitäten „modifizierte Standardprogramme wie
Metasploit oder Fernwartungssoftware wie TeamViewer“ benutzt worden. Die
Ermittlerinnen und Ermittler machten sich zunutze, dass im Winter 2013 in
Kiew verdächtige Aktivitäten an einem Bank-Automat aufgezeichnet worden
seien. Die Bank habe schließlich „die Experten von Kaspersky“ mit Ermittlun-
gen beauftragt. Möglicherweise seien aber die IT-Dienstleister Fox-IT und
GroupIB im Jahr 2014 ebenfalls auf „einen Ring, der etwa 50 russische Banken
angegriffen hatte“ gestoßen. Damals sei ein Trojaner namens „Anunak“ genutzt
worden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Bundesbehörden und – soweit die Bundesregierung hierüber Kennt-

nis hat – auch Landesbehörden waren oder sind in die Ermittlungen gegen die
Gruppe „Carbanak“ bzw. ähnlicher Aktivitäten eingebunden?

2. Wann und von wem waren welche deutschen Behörden erstmals über ent-
sprechende Aktivitäten von „Carbanak“ oder ähnlicher Gruppen informiert
bzw. aufmerksam gemacht worden?

Drucksache 18/4267 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche internationalen Poli-
zeibehörden ebenfalls an gemeinsamen Ermittlungen teilnehmen?

4. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Firmen oder Institute
ebenfalls an gemeinsamen Ermittlungen teilnehmen?

5. Inwiefern existieren oder existierten nach Kenntnis der Bundesregierung
eigene Arbeitsgruppen internationaler oder deutscher Ermittlerinnen und
Ermittler bzw. Firmen zu den Aktivitäten von „Carbanak“, und welche
Details kann die Bundesregierung hierzu mitteilen?

6. Über welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung über die
Gruppe „Carbanak“?

7. Welche Finanzinstitute bzw. sonstigen Einrichtungen sind demnach in
Deutschland betroffen (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

8. Welche Finanzinstitute bzw. sonstigen Einrichtungen sind nach Kenntnis
der Bundesregierung demnach in welchen anderen Ländern betroffen?

9. Inwiefern kann die Bundesregierung die Schätzungen von Medien bestäti-
gen, wonach rund 1 Mrd. Dollar gestohlen worden sein soll?

10. Inwiefern treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Medienberichte bzw.
Verlautbarungen des IT-Sicherheitsunternehmens Kaspersky zu oder nicht
zu, wonach hinter den Aktivitäten „Cyberkriminelle aus Russland, der
Ukraine, der EU und China“ steckten?

11. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu oder nicht zu, dass
die Hackerinnen und Hacker auf die Steuerung von Videokameras in
Banken sowie Computer einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuge-
griffen haben?

12. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu oder nicht zu, dass
auch Trojaner-Programme installiert wurden, und um welche Programme
handelt es sich dabei?

13. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bereits als
mutmaßliche Urheberinnen und Urheber der Hacks ermittelt?

14. Was ist der Bundesregierung über eine „Equation Group“ bekannt, und in-
wiefern bzw. mit welchen Behörden ist sie selbst in entsprechende Ermitt-
lungen eingebunden (Süddeutsche Zeitung vom 17. Februar 2015)?

15. Inwiefern waren oder sind Einrichtungen in Deutschland nach Kenntnis der
Bundesregierung von Aktivitäten der „Equation Group“ betroffen, und um
welche handelt es sich dabei?

16. Welche Bundesbehörden und – soweit die Bundesregierung hierüber Kennt-
nis hat – auch Landesbehörden waren oder sind in die Ermittlungen gegen
Botnetze, die Rechner angeblich mit der Malware „Ramnit“ infizieren, ein-
gebunden (heise.de vom 25. Februar 2015)?
a) Wann und von wem waren welche deutschen Behörden erstmals über ent-

sprechende Aktivitäten informiert bzw. aufmerksam gemacht worden?
b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche internationalen

Polizeibehörden ebenfalls an gemeinsamen Ermittlungen teilnehmen?
c) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Firmen oder In-

stitute ebenfalls an gemeinsamen Ermittlungen teilnehmen?
d) Worin genau bestand nach Kenntnis der Bundesregierung der Beitrag der

Unternehmen Microsoft, Symantec und Anubisnetworks?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4267
e) Inwiefern existieren oder existierten nach Kenntnis der Bundesregierung
eigene Arbeitsgruppen internationaler oder deutscher Ermittlerinnen und
Ermittler bzw. Firmen zu den Aktivitäten, und welche Details kann die
Bundesregierung hierzu mitteilen?

17. Auf welche Weise ist es „Ermittlern der Polizeiorganisation Europol“ nach
Kenntnis der Bundesregierung gelungen, „die Command-and-Control-Ser-
ver ausfindig zu machen und vom Netz zu nehmen“?

18. Auf welche Weise sollen nach gegenwärtigem Stand „Nutzer in Deutsch-
land, deren Computer unter der Kontrolle der Botnetz-Betreiber waren“, er-
mittelt und informiert werden, und um wie viele Betroffene handelt es sich
vermutlich?

19. Nach welchem technischen Verfahren will die Bundesregierung PNR-
Daten (Passenger Name Record – PNR) und Reisebewegungen von Per-
sonen einer „retroaktiven Analyse“ unterziehen, um wie gewünscht „wei-
tere hilfreiche Ermittlungsansätze“ zu erhalten oder „bisher unbekannte
Verbindungen zwischen Personen [zu] verdeutlichen“ (Bundestagsdruck-
sache 18/2972)?
a) Welche bereits vorhandene Software wäre hierfür geeignet?
b) Welche Art von Software könnte oder müsste hierfür beschafft werden?

20. Welche Methoden (außer Software) werden bei Bundesbehörden genutzt,
um Finanzströme bzw. verdächtige Aktivitäten bei Kredit- und Finanzinsti-
tuten rückwirkend zu analysieren?

21. Welche Software wird bei Bundesbehörden genutzt, um Finanzströme bzw.
verdächtige Aktivitäten bei Kredit- und Finanzinstituten rückwirkend zu
analysieren?

22. Wie will die Bundesregierung technisch und organisatorisch umsetzen, dies,
wie vom EU-Rat gefordert, weiter auszubauen (http://t.co/UzrCCPORDN)?

23. Was kann die Bundesregierung zu Herstellern bzw. Programmierern der
bei Europol bereits genutzten „Ma3tch“-Technologie zum Aufspüren ver-
dächtiger Finanz-Aktivitäten in Echtzeit mitteilen (Bundestagsdrucksache
18/3910)?

24. Was kann die Bundesregierung zur Funktionsweise der bei Europol bereits
genutzten „Ma3tch“-Technologie zum Aufspüren verdächtiger Finanz-Ak-
tivitäten in Echtzeit mitteilen?

25. Auf welche Weise wird bei „Ma3tch“ ein „automatisierter oder anlassloser
Datenaustausch“ vorgenommen (Bundestagsdrucksache 18/2888)?

26. Welche Abteilung des Bundeskriminalamtes (BKA) ist derzeit damit be-
fasst, zu prüfen, ob die bei Europol bereits genutzte „Ma3tch“-Technologie
zum Aufspüren verdächtiger Finanz-Aktivitäten in Echtzeit auch beim
BKA genutzt werden könnte (Bundestagsdrucksache 18/3910)?
a) Welche konkreten Fragen bzw. Annahmen liegen dieser Prüfung zu-

grunde?
b) Welche weiteren Behörden oder sonstigen Akteure sind an der Prüfung

beteiligt?
c) Wann ist nach gegenwärtigem Stand mit einem Abschluss der Prüfung

zu rechnen?

Berlin, den 4. März 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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