BT-Drucksache 18/4245

Einsatz von Reserveantibiotika und Resistenzentwicklung in der Tierhaltung

Vom 4. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4245
18. Wahlperiode 04.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch,
Matthias Gastel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einsatz von Reserveantibiotika und Resistenzentwicklung in der Tierhaltung

Carbapeneme sind Antibiotika, die für die Behandlung von Menschen zugelas-
sen sind und von der Weltgesundheitsorganisation als Wirkstoffe mit besonderer
Bedeutung für die Therapie beim Menschen (critically important antimicrobials)
eingestuft werden. Solche Reserveantibiotika kommen zum Einsatz, wenn Stan-
dardantibiotika keine Wirkung mehr zeigen.
Routinemäßig werden Isolate aus Tierbeständen und Lebensmitteln derzeit nicht
auf eine Carbapenem-Resistenz getestet, da diese Wirkstoffklasse in der Vete-
rinärmedizin nicht zugelassen ist. Wegen der hohen Risiken, die von Carbape-
nem-Resistenzen ausgehen, schlägt die Europäische Behörde für Lebensmittel-
sicherheit (EFSA) vor, die Überwachung von Tierbeständen und Lebensmitteln
auf das Vorkommen von carbapenemasebildenden Keimen zu verstärken und
hierfür geeignete Methoden zu etablieren. Zudem sollen Maßnahmenpläne da-
für erarbeitet werden, wie eine Ausbreitung dieser Keime eingedämmt werden
kann (www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/3501.htm).
Andere Reserveantibiotika kommen in der Tierhaltung regelmäßig zum Einsatz.
Bereits heute könnte die Bundesregierung den Einsatz bestimmter Antibiotika in
der Nutztierhaltung zwar einschränken oder an Bedingungen knüpfen. Dies ist
bislang noch nicht der Fall.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchem Umfang wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den ver-

gangenen sechs Jahren landwirtschaftliche Nutztierbestände in Deutschland
auf carbapenemasebildende Keime untersucht (bitte nach gehaltener Tierart,
Bundesland und Bestandsgröße aufschlüsseln)?

2. Wie häufig wurden Carbapenem-Resistenzen nach Kenntnis der Bundesre-
gierung in deutschen Tierhaltungsbetrieben in den Jahren 2008 bis 2014
nachgewiesen (bitte nach Jahr, absoluter Zahl und prozentualem Anteil auf-
schlüsseln)?

3. In welchen Bundesländern wurden diese Keime nach Kenntnis der Bundes-
regierung gefunden, und bei welchen Tieren und Haltungsformen?

4. Gegen welche Antibiotika-Wirkstoffgruppen waren die gefundenen Keime
nach Kenntnis der Bundesregierung resistent?
Für welche Wirkstoffgruppen waren die Keime noch sensibel?

Drucksache 18/4245 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse vor, inwiefern Keime mit Carba-
penem-Resistenzen auf Lebensmitteln gefunden wurden?
Falls ja, wie viele Funde gibt es, in welchen Lebensmitteln (bitte absolute
Zahl und prozentualer Anteil der getesteten Proben angeben)?

6. Wurde bisher in Untersuchungen der Bundesregierung gezielt auf Carbape-
nem-Resistenzen in Lebensmitteln untersucht, insbesondere bei Lebensmit-
teln, die ohne weiteres Erhitzen verspeist werden?

7. Wie schätzt die Bundesregierung die Risiken für Menschen ein, die Nah-
rungsmittel mit ESBL-resistenten (ESBL – Extended-Spektrum Beta-Lak-
tam-Antibiotika) Keimen verspeisen?
Wie schätzt die Bundesregierung die Folgen ein, wenn die Keime auf den
Lebensmitteln eine zusätzliche Carbapenem-Resistenz aufweisen?

8. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung schon Infektionen oder Konta-
minationen mit carbapenemresistenten Keimen bei Menschen festgestellt,
die in der Tierhaltung arbeiten?
Wie schätzt die Bundesregierung die gesundheitlichen Folgen für die betrof-
fenen Personen ein?

9. Welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils er-
griffen, nachdem in Ställen und ggf. Schlachthöfen und Lebensmitteln
Keime mit Carbapenem-Resistenzen festgestellt wurden?

10. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Fund von Keimen mit Carba-
penem-Resistenzen in Mastbetrieben (www.bfr.bund.de, Information Nr. 2/
2014 vom 14. Januar 2014), obwohl diese Wirkstoffgruppe nicht für den
Einsatz in der Tierhaltung genehmigt ist?

11. Kann die Bundesregierung den Einsatz von Carbapenemen im Tierbereich
ausschließen?

12. Falls die Bundesregierung diesen Einsatz nicht ausschließen kann, sind ihr
Fälle bekannt, in denen Carbapeneme in der Tierhaltung dennoch eingesetzt
wurden?
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?

13. Für welche Antibiotikaklassen plant die Bundesregierung eine Rechtsver-
ordnung, die für bestimmte Antibiotika eine Abweichung von den Angaben
der Gebrauchsinformation bei Verschreibung, Abgabe oder Anwendung
verbietet?
Mit welchem Zeitplan?

14. Für welche Fälle, Tierarten und Antibiotikaklassen plant die Bundesregie-
rung eine Rechtsverordnung, nach der Tierärzte bei der Behandlung von
Tieren mit Antibiotika in bestimmten Fällen einen Erregertest durchführen
müssen?
Mit welchem Zeitplan?

15. Für welche Fälle, Tierarten und Antibiotikaklassen plant die Bundesregie-
rung eine Rechtsverordnung, nach der Antibiotika in bestimmten Fällen nur
durch den Tierarzt selbst angewendet werden dürfen?
Mit welchem Zeitplan?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4245
16. Für welche Tierarten, Antibiotikaklassen und Anwendungsgebiete plant die
Bundesregierung eine Rechtsverordnung, nach der Tierärzte bestimmte An-
tibiotika nur für die bei der Zulassung vorgesehenen Tierarten oder Anwen-
dungsgebiete abgeben, verschreiben oder anwenden dürfen?
Mit welchem Zeitplan?

17. Inwiefern würden derartige Rechtsverordnungen die Therapiemöglich-
keiten bei Heimtieren einschränken (bitte nach Tierart und Indikation auf-
schlüsseln)?

18. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um auszu-
schließen, dass für Heimtiere in bestimmten Fällen keinerlei Therapie-
möglichkeiten zur Verfügung stehen?

19. Welche Antibiotikaklassen stehen für Heimtiere nicht zur Verfügung, weil
keine Zulassung beantragt wurde?

20. Wie kann gesichert werden, dass, um neuere Präparate zu schonen, eine
Zulassung älterer Antibiotikaklassen für Heimtiere beantragt wird, trotz
ggf. fehlender Gewinnaussichten für die Hersteller?

Berlin, den 3. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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