BT-Drucksache 18/414

Neustrukturierte Arbeitsdateien zu Analysezwecken (AWF) bei der EU-Polizeiagentur Europol

Vom 31. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/414
18. Wahlperiode 31.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Niema Movassat, Martina Renner und der Fraktion DIE LINKE.

Neustrukturierte Arbeitsdateien zu Analysezwecken (AWF)
bei der EU-Polizeiagentur Europol

Die bislang über 20 bei der EU-Polizeiagentur Europol geführten „Arbeits-
dateien zu Analysezwecken“ (AWF) werden umstrukturiert. Nach dem Vor-
schlag einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von Europol und
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschlossen die „Heads of Europol
National Units“ (HENU) im August 2011 einstimmig ein neues Konzept, das im
Dokument „New AWF Concept Guide for MS and Third Parties“ beschrieben
wird. Das Papier ist nicht öffentlich, wurde aber von der britischen Bürger-
rechtsorganisation Statewatch ins Netz gestellt (www.statewatch.org/news/
2013/jan/europol-awf-new-concept.pdf). Demnach existieren mit „organisierter
Kriminalität“ (Serious and Organised Crime) und „Terrorismus“ (Counter Ter-
rorism) nur noch zwei „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“.
Ihnen sind nun 24 „Focal Points“ (FP) untergeordnet. Die früheren AWF-Be-
zeichnungen werden für die „Focal Points“ beibehalten, etwa „Hydra“ für den
„weltweiten islamistischen Terrorismus“ und „Dolphin“ für „Terrorismus inner-
halb der EU“. Ein „Focal Point“ hat eine Koordinatorin oder Koordinator und
besteht aus „Experten“ von Europol und den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union, aber auch „Third Parties“. Hierzu gehören etwa andere EU-Agenturen.
„Focal Points“ können nach Rücksprache mit den „Heads of Europol National
Units“ (HENU) eingerichtet werden. Ihr Ziel ist, thematische Projekte zu ko-
ordinieren. Mindestens einmal im Jahr sollen sich alle „Focal Points“ zum Aus-
tausch treffen. Sie dürfen auch „proaktiv“ Daten sammeln und austauschen.
Neu sind die so genannten Target Groups (TG). Sie werden als „operationelles
Projekt“ beschrieben und sollen internationale Ermittlungen unterstützen. Neu
ist, dass Europol über die Einrichtung einer „Target Group“ entscheidet. Es wird
zwischen einer „ciminal investigation“ und einer „criminal intelligence opera-
tion“ unterschieden. Durch die Sammlung von Informationen, bevor überhaupt
Straftaten begangen werden, verschafft sich Europol jedoch aus Sicht der Frage-
stellerinnen und Fragesteller quasi-geheimdienstliche Fähigkeiten.
Europol stellt so genannte Regional Support Officer (RSO) ab, die für be-
stimmte Regionen zuständig sind. Sie sollen Europol „aktiv promoten“. Euro-
pols „Liaison Officers“ (ELO) repräsentieren hingegen die Interessen ihrer Ent-
sendestaaten bei Europol.
In einem „Catalogue of Products and Services“ verspricht Europol, alle einge-
henden Gesuche mit seinen „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“ sowie dem
„Europol Informationssystem“ (EIS) abzugleichen („Information will always be
cross checked against Europol’s datasets“). Auch Datenbestände von Interpol

Drucksache 18/414 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
sowie das Schengener Informationssystem würden abgefragt. Ergebnisse wer-
den den nationalen Kontaktstellen sowie Verbindungsbeamtinnen und -beamten
mitgeteilt. Diese haben bereits lesenden Zugriff auf die „Arbeitsdateien zu Ana-
lysezwecken“.
Weiterhin werden sensible Daten nicht nur über Verdächtige und Verurteilte ge-
sammelt. Auch umfangreiche Informationen zu Kontaktpersonen, Zeuginnen
und Zeugen, Opfern oder Spitzeln werden gespeichert. Als Grund genügt es,
„dass es einen Grund zu der Annahme gibt, dass sie für die Analyse der Rolle
einer solchen Person als Zeugen, Opfer oder Informanten nötig sind“. Zu den
„harten“ Daten wie Meldeadressen, Mailadressen, Internetverbindung, Aus-
sehen, Stimmenprofil oder „Zahnstand“ können auch Beschäftigung, Ausbil-
dung, Qualifizierung und andere Wissensgebiete verarbeitet werden. Hinzu
kommen Finanzdaten, Verbindungen zu Unternehmen, aber auch Gewohn-
heiten, Reisen, häufig besuchte Orte, Einstufung der Gefährlichkeit oder vermu-
teter Drogenmissbrauch. Auch „politische Ansichten“, „religiöse oder philoso-
phische Überzeugungen“, „Gesundheit“ oder „Sexualleben“ werden verarbeitet.
In den umstrukturierten „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“ dürfen überdies
weiterhin Angaben zu „rassischer oder ethnischer Herkunft“ gemacht werden.
Diese seien „unbedingt nötig“, um Kriminalitätsformen zuzuordnen. Als Bei-
spiele schreibt Europol vom Cannabis-Anbau, der demnach häufig „Vietname-
sen/Chinesen“ zugeschrieben werden könnte. Das Gleiche gelte für „Marokka-
ner, Pakistani, Afghanen, Kurden/Türken“. Die Fragestellerinnen und Frage-
steller sehen in der Praxis eine rassistische Diskriminierung und setzen sich da-
für ein, die Kategorien aus Datensammlungen deutscher Behörden sowie EU-
Agenturen zu verbannen.
Deutschland gehört zu den drei Hauptlieferanten an die Agentur. Auch bei den
Abfragen liegt das zuständige Bundeskriminalamt vorn. Europol nutzt Anwen-
dungen zum „Data-Mining“ oder „Wissensmanagement“, um in den Daten-
beständen zu stöbern und „um komplexe Datenmengen schnell mittels mathe-
matischer Algorithmen zu untersuchen“ (siehe Bundestagsdrucksache 17/3143).
Damit würden „Schlüsselpersonen“ oder „versteckte Muster“ sichtbar gemacht.
Zudem existieren Überlegungen hinsichtlich eines automatisierten Abgleichs
von eingehenden Daten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann begann und endete nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsetzung

des neuen Konzeptes für „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“?
2. Worin besteht nach Kenntnis der Bundesregierung der Unterschied der neuen

„Focal Points“ gegenüber den früheren „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“?
a) Wie hatte sich die Bundesregierung zur Umstrukturierung positioniert

oder eingebracht, und wie bewertet sie diese mittlerweile?
3. Wie viele „Focal Points“ (FP) werden nach Kenntnis der Bundesregierung

aktuell bei Europol geführt, und welchen Zweck verfolgen diese jeweils?
a) Welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union und „Third Parties“ neh-

men jeweils daran teil?
b) Wer sind die jeweiligen Koordinatoren bzw. Koordinatorinnen?
c) Inwieweit wurde das Verfahren zur Benennung von „First“ und „Second

Officer“ sowie „Assistants“ übernommen?
4. Welche „Target Groups“ (TG) existieren nach Kenntnis der Bundesregierung

bei Europol, und welchen „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“ bzw. „Focal
Points“ sind diese zugeordnet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/414
a) Auf wessen Veranlassung wurden diese nach Kenntnis der Bundesregie-
rung eingerichtet?

b) Welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union und „Third Parties“
nehmen jeweils daran teil?

c) Wer sind die jeweiligen Koordinatoren bzw. Koordinatorinnen?
d) Inwieweit wurde das Verfahren zur Benennung von „First“ und „Second

Officer“ sowie „Assistants“ übernommen?
5. Welchen Ersuchen von „Third parties“ zur Teilnahme an einem „Focal

Point“ oder einer „Target Group“ wurde nach Kenntnis der Bundesregie-
rung aus welchem Grund nicht entsprochen?

6. Inwiefern handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei den „Tar-
get Groups“ um eine Fortführung der ehemaligen „Joint Investigation
Teams“ (JIT), und welche Änderungen haben sich dabei ergeben?
a) Sofern diese weiterhin unterschiedliche Einrichtungen darstellen, worin

bestehen Gemeinsamkeiten, und worin Unterschiede?
7. An welchen jeweiligen „Focal Points“ und „Target Groups“ sind welche

deutschen Behörden beteiligt?
a) Wie gestaltet sich die Beteiligung jeweils?
b) Wie viele „Nationale Experten“ haben deutsche Behörden zu Europol

abgeordnet, und welchen „Focal Points“ oder „Target Groups“ sind diese
zugeordnet?

c) Wie viele „Regional Support Officers“ haben deutsche Behörden zu
Europol abgeordnet, und worin besteht ihre Aufgabe?

d) Wie viele „Europol’s Liaison Officers“ haben deutsche Behörden zu
Europol abgeordnet, und welchen „Focal Points“ oder „Target Groups“
sind diese zugeordnet?

8. Wie sind die Personengruppen „Verdächtige“, „mögliche Kriminelle“,
„Kontakte“ und „Verbündete“ nach Kenntnis der Bundesregierung inner-
halb der „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“ bzw. „Focal Points“ oder
„Target Groups“ definiert?

9. Wie viele Datensätze sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den jewei-
ligen „Focal Points“ und „Target Groups“ gespeichert?
a) Wer darf auf diese jeweils zugreifen, und wie wird dies festgelegt?
b) Welche Unterschiede bestehen hinsichtlich der Zugriffe zwischen einer

„Analysegruppe“ sowie den „Focal Points“ und „Target Groups“?
10. Wie gliedern sich die Datensätze der „Focal Points“ und „Target Groups“

nach Kenntnis der Bundesregierung in Personen- und Sachdaten auf?
a) Wie ist das Verhältnis zwischen Datensätzen zu „Verdächtigen“ bzw.

„Verurteilten“, „möglichen Kriminellen“, „Kontakten“ und „Verbünde-
ten“, „Zeugen“, „Opfer“ und „Informanten“?

b) Sofern der Bundesregierung hierzu keine Aufschlüsselung vorliegt, wel-
che ungefähren Angaben kann sie hierzu machen?

11. Wie viele „Nachrichten“ (messages) haben Behörden aus Deutschland in
den Jahren 2012 und 2013 an welche „Focal Points“ oder „Target Groups“
bei Europol bzw. dessen „Operatives Zentrum“ nach Kenntnis der Bundes-
regierung versendet?

Drucksache 18/414 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
12. Wie viele Personendatensätze wurden von deutschen Behörden im Jahr
2013 angeliefert und abgefragt, und wie verhält sich diese Zahl zu 2012 und
2011?
a) Wie viel Prozent aller Daten bei Europol stammen von deutschen Behör-

den?
b) Wie viel Prozent aller Suchvorgänge bei Europol wurden aus Deutsch-

land vorgenommen?
c) Wie viele Daten betrafen deutsche Staatsangehörige bzw. nichtdeutsche

Staatsangehörige?
13. Inwiefern hat Europol nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Überlegun-

gen hinsichtlich eines automatisierten Abgleichs von Daten in seinen ver-
schiedenen Datenbanken mittlerweile konkretisiert (vergleiche Bundestags-
drucksache 17/3143), und wie bewertet die Bundesregierung die Mitteilung
bzw. die Praxis?

14. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung möglich, innerhalb der „Arbeits-
dateien zu Analysezwecken“ oder „Europols Informationssystemen“ eine
übergreifende Suche vorzunehmen oder „Kreuztreffer“ zu finden?

15. Wie ist es nach Kenntnis der Bundesregierung gemeint, wenn Europol da-
von spricht, dass die neueste Version des EIS automatisch DNA und „Cyber-
crime-Daten“ abgleichen würde („The newest version of the EIS, deployed
in 2013, can also store and automatically cross-check biometrics (DNA) and
cybercrime related data“; www.europol.europa.eu/sites/default/files/publi-
cations/eis_leaflet_2013.pdf)?

16. Welche neueren Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Frage, inwiefern
bei Europol Anwendungen zum „Data-Mining“ oder „Wissensmanage-
ment“ eingesetzt werden (vergleiche Bundestagsdrucksache 17/3143), und
über welche Funktionen verfügt die jeweilige Soft- bzw. Hardware?
a) Inwiefern kann die Bundesregierung mittlerweile zur Ansicht der EU-In-

nenkommissarin Cecilia Malmström Stellung beziehen, wonach es sich
bei den im Kommissionsdokument E-000171/2012 beschriebenen Werk-
zeugen bzw. Vorgängen um ein „Data Mining“ durch die EU-Polizei-
agentur Europol handelt (vergleiche Bundestagsdrucksache 17/11582)?

b) Über welche weiteren computergestützten Analysetechniken verfügt Eu-
ropol mittlerweile, „um komplexe Datenmengen schnell mittels mathe-
matischer Algorithmen zu untersuchen und ‚Schlüsselpersonen‘ oder
‚versteckte Muster‘ sichtbar zu machen“ (vergleiche Bundestagsdruck-
sache 17/3143)?

c) Wird auch Software zur vorhersagenden Analyse („Predictive Ana-
lytics“) eingesetzt?

d) Wie funktioniert die „Social Network Analysis“ (SNA), und auf welche
Datensammlungen kann diese zugreifen?

e) Inwiefern haben deutsche Behörden an der Entwicklung und Durchfüh-
rung computergestützter Analyseverfahren bei Europol mitgearbeitet?

17. Was ist damit gemeint, wenn die Bundesregierung erklärt, Software der
Firmen i2 und Themis bzw. des „Freeware-Tools (Pajek)“ würde Europol
„im Rahmen von Analyse-Workflows“ einsetzen (vergleiche Bundestags-
drucksache 17/3143)?
a) Zu welchen Gelegenheiten haben auch deutsche Abgesandte bei Europol

bereits von der Software Gebrauch gemacht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/414
b) Welche Verfahren zur automatisierten Analyse von Personen- oder Sach-
daten nutzt die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit
an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union
(FRONTEX) nach Kenntnis der Bundesregierung zur „Auswertung von
offenen Quellen und Medienberichterstattung im Internet“ bzw. für wei-
tere Analyseprodukte?

c) Was ist der Bundesregierung zu den neueren Überlegungen oder Ent-
scheidungen bekannt, dass FRONTEX „Anwendungen zur automati-
sierten Datenauswertung“ für das „Common Pre-Frontier Intelligence
Picture“ (CPIP) als Bestandteil des europäischen Grenzüberwachungs-
systems EUROSUR nutzbar machen will?

d) Inwiefern wird an einer „betriebsbereiten Anwendung“ gearbeitet?
e) Inwieweit haben Behörden des Bundesministeriums des Innern (BMI)

im Jahr 2013 „prediktive Software“ oder Software zum „Data Mining“
getestet, Testberichte erhalten, „Marktbeobachtungen“ vorgenommen
oder an Vorführungen teilgenommen?

18. Für welche vom Bundeskriminalamt (BKA) geführten Datensammlungen
wäre nach Einschätzung der Bundesregierung eine neue Errichtungsanord-
nung erforderlich, wenn diese eine „Gewichtung“ von Suchkriterien oder
einer Suche nach „unstrukturierten Informationen“ vornehmen soll?
a) Inwiefern nutzen Behörden des BMI mittlerweile die „Werkzeuge zur

Detailanalyse und Visualisierung von Beziehungen zwischen physischen
Merkmalen und allen dazu verfügbaren Informationen“ „Analyst’s Note-
book“, „Infozoom“, „Social Network Analysis“, „Quick-Navigator“,
„Google Earth-Plug-in“?

b) Inwiefern erfolgt die Zugriffsmöglichkeit von „Analyst’s Notebook“ auf
die beim BKA geführten Datensammlungen weiterhin lediglich im Ein-
zelfall?

c) Inwiefern hat die Nutzung von Werkzeugen wie „Analyst’s Notebook“
oder „Infozoom“ bei Polizeien des Bundes in den letzten fünf Jahren zu-
genommen (siehe Bundestagsdrucksachen 17/8089 und 17/3143)?

d) In welchen polizeilichen Datenbankanwendungen des Bundes ist die Su-
che über eine Kombination von Datenfeldern möglich?

e) Wer entwickelte die „Logiken“, mit denen eine Suche nach phonetischen
oder unvollständigen Daten in polizeilichen Datenbankanwendungen
des Bundes möglich ist (siehe Bundestagsdrucksache 17/3143)?

f) Welche Software mit welchen Zusatzfunktionen wurde bei Bundes-
behörden bislang für eine Rasterfahndung eingesetzt?

19. Nach welchem Verfahren und in welchen Zeiträumen werden bei Europol
gespeicherte Datensätze nach Kenntnis der Bundesregierung überprüft?
a) Wer entscheidet über eine weitere Speicherung?
b) Welches Verfahren ist für die Weiterverwendung von Daten geschlosse-

ner „Focal Points“ oder „Target Groups“ vorgesehen?
20. Inwiefern liegen der Bundesregierung mittlerweile Erfahrungen zur neuen

Organisationseinheit „O 9“ im „Operations Department“ vor, die nach frü-
herem Kenntnisstand Daten erhalten soll, die für die Strafverfolgungsbehör-
den der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur „Verfolgung, Ver-
hütung, Aufdeckung und Ermittlung von Terrorismus oder Terrorismus-
finanzierung“ dienlich sein können (siehe Bundestagsdrucksache 17/3143)?

Drucksache 18/414 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. Worin besteht nach Kenntnis der Bundesregierung die „Secure Platform for
Accredited Cybercrime Experts“ (SPACE) bei Europol, und wer ist daran
angeschlossen?
a) Welche nachgeordneten Gruppen (sub-communities) existieren hierzu,

und wer nimmt daran jeweils teil?
b) Nach welcher Maßgabe können auch andere öffentliche und private

Einrichtungen an SPACE teilnehmen, und in welchem Umfang ist dies
bereits umgesetzt?

c) Worin besteht der Arbeitsauftrag der Arbeitsgruppe „Digital Forensics &
Investigations“, und an welchen Projekten arbeitet die Gruppe derzeit?

d) Inwiefern soll SPACE den Teilnehmenden auch dazu dienen, ihre beruf-
liche Reputation zu erweitern („enhancing your professional reputa-
tion“), wie es einem Flugblatt zu entnehmen ist, das Europol anlässlich
der „ersten gemeinsamen Cybercrime-Konferenz von Europol und Inter-
pol“ in Den Haag verteilte (www.europol.europa.eu/sites/default/files/
publications/ec3_space_leaflet_2013.pdf)?

22. Wie viele Deutsche sitzen aufgrund von Operationen, die 2013 von Europol
koordiniert wurden, nach Kenntnis der Bundesregierung in einem anderen
Mitgliedstaat der Europäischen Union in Haft?
a) Welchen „Focal Points“ oder „Target Groups“ wurden die Operationen

zugeordnet?
b) An welchen dieser Operationen haben welche deutschen Behörden teil-

genommen?
c) Wo sollen die Straftaten begangen worden sein, die zu den Festnahmen

von deutschen Staatsangehörigen führten?
d) Woher stammen die Daten und Informationen, die zur Festnahme von

deutschen Staatsangehörigen führten?
e) Worin genau bestand die jeweilige Rolle Europols bei der Festnahme von

deutschen Staatsangehörigen bzw. den internationalen Operationen?
f) Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Europol waren bei den

jeweiligen Einsätzen vor Ort?
23. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung damit gemeint, wenn Europol

davon schreibt dass die Agentur auch „proaktiv“ Daten sammeln und aus-
tauschen darf, und wie bewertet sie diese Praxis?

24. Wo soll nach Kenntnis der Bundesregierung nach derzeitigem Stand die
„Plattform für den Informationsaustausch von Strafverfolgungsbehörden“
(IXP) organisatorisch und administrativ angesiedelt werden, und welche
Haltung vertritt die Bundesregierung dazu (siehe Bundestagsdrucksache
17/13441)?
a) Wie wurden die drei von Europol vorgeschlagenen Optionen diskutiert

und bewertet?
b) Welche Bewertung kann die Bundesregierung hierzu mittlerweile vor-

nehmen?
c) Inwiefern müsste aus Sicht der Bundesregierung im Falle einer Ansiede-

lung bei Europol oder in der EU-Agentur für IT-Großsysteme auch die
entsprechende Errichtungsanordnung der Agenturen geändert werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/414
25. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass „Target
Groups“ „ciminal investigations“ und „criminal intelligence operations“
durchführt, und was verbirgt sich dahinter?
a) Wie bewertet die Bundesregierung diese Praxis, die Europol aus Sicht

der Fragestellerinnen und Fragesteller quasi-geheimdienstliche Fähig-
keiten verschafft?

26. Wie bewertet die Bundesregierung die Praxis bei Europol, in den Daten-
sammlungen auch Angaben zur Gefährlichkeit, „politischen Ansichten“,
„religiösen oder philosophischen Überzeugungen“ oder „Sexualleben“ zu
verarbeiten?
a) Inwiefern stimmt sie den von Europol gemachten Angaben zu oder nicht

zu, wonach auch die Erhebung einer „rassischen oder ethnischen Her-
kunft“ bisweilen „unbedingt nötig“ sei, um etwa bei Ermittlungen wegen
Cannabis-Anbaus gezielt nach „Vietnamesen/Chinesen“ oder „Marokka-
nern, Pakistani, Afghanen, Kurden/Türken“ suchen zu können?

b) Inwiefern teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragestellerinnen
und Fragesteller, dass die Kategorien „rassische“ oder „ethnische Her-
kunft“ aus deutschen polizeilichen Datensammlungen verschwinden
muss?

c) Inwiefern wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die Speiche-
rung nach „rassischer“ oder „ethnischer Herkunft“ in Europols Informa-
tionssystemen zu verunmöglichen?

d) Sofern sie hierzu selbst keine Initiativen unternehmen möchte, inwiefern
wird sie selbst Daten anliefern, in denen Angaben zu „rassischer“ oder
„ethnischer Herkunft“ gemacht werden?

27. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der gegenwärtige Stand der
Verhandlungen eines Kooperationsabkommens zwischen Europol und Is-
rael (siehe Bundestagsdrucksache 17/3143)?
a) Wie hat sich die Bundesregierung hierzu positioniert?
b) Welchen weiteren, nicht auf Bundestagsdrucksache 17/3143 angegebe-

nen Nutzen verspricht sich die Bundesregierung von einem etwaigen
Europol-Abkommen mit Israel?

c) Welche Informationen sollen im Rahmen des Abkommens getauscht
werden?

d) Auf welche Daten hätten israelische Behörden demnach Zugriff?
e) Wie lange würden die Daten in Israel gespeichert?
f) Wie sind israelische Behörden und Firmen nach Kenntnis der Bundes-

regierung in EU-Projekte im Bereich „Radikalisierung“ sowie der com-
putergestützten Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus einge-
bunden?

Berlin, den 30. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.