BT-Drucksache 18/4108

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/3787, 18/4051 - Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Dezember 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zum Export besonderer Leistungen für berechtigte Personen, die im Hoheitsgebiet der Republik Polen wohnhaft sind

Vom 25. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4108
18. Wahlperiode 25.02.2015
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 18/3787, 18/4051 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 5. Dezember 2014
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Republik Polen
zum Export besonderer Leistungen für berechtigte Personen,
die im Hoheitsgebiet der Republik Polen wohnhaft sind

A. Problem
Basierend auf einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Juni 1997 re-
gelt das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem
Ghetto (ZRBG) vom 20. Juni 2002, das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli
2014 geändert worden ist, die Anerkennung von Beitragszeiten aufgrund einer Be-
schäftigung, die von NS-Verfolgten in einem unter der NS-Herrschaft eingerichteten
Ghetto ausgeübt wurde. Ehemalige Ghettobeschäftigte, die am Stichtag 31. Dezem-
ber 1990 in Polen gelebt haben und seitdem ununterbrochen dort wohnen, können
aufgrund des übergangsweise noch geltenden Abkommens vom 9. Oktober 1975
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Ren-
ten- und Unfallversicherung (SVA Polen 1975) keine deutsche Rente unter Berück-
sichtigung von Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG erhalten. Denn Artikel 4 des
SVA Polen 1975 regelt, dass der Wohnsitzstaat eine Rente auch aus den Zeiten zu
zahlen hat, die im anderen Staat zurückgelegt wurden (sogenanntes Eingliederungs-
prinzip). Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto im Sinne des ZRBG gelten als
in Deutschland zurückgelegt. Für in Polen lebende ehemalige Ghettobeschäftigte
darf daher aus Deutschland keine Rente aufgrund solcher Zeiten gezahlt werden.

B. Lösung
Die Bundesregierung möchte diesen für die hochbetagten, in Polen lebenden ehema-
ligen Ghettobeschäftigten unbefriedigenden Zustand verbessern. Am 5. Dezember
2014 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen ein
Abkommen geschlossen, das die Zahlung von Renten aus Beschäftigungen in einem
Ghetto an Berechtigte in Polen ermöglicht. Den berechtigten Interessen der in Polen
lebenden ehemaligen Ghettobeschäftigten an einer angemessenen Würdigung ihrer
Ghettoarbeit in der gesetzlichen Rente soll damit Rechnung getragen werden. Mit

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dem vorliegenden Vertragsgesetz soll das Abkommen die nach Artikel 59 Absatz 2
Satz 1 des Grundgesetzes erforderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körper-
schaften erhalten.
Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung mit den Stimmen aller
Fraktionen.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Soweit sich mittelbar Mehrausgaben für den Bundeshaushalt ergeben, werden diese
innerhalb der geltenden Haushalts- und Finanzplansätze gegenfinanziert.
Bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist unmittelbar mit Nachzahlungen im un-
teren zweistelligen Millionenbereich zu rechnen. Hinzu kommen Kosten für die lau-
fenden Leistungen, die bis zu gut 1 Million Euro jährlich betragen können.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4108
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/3787, 18/4051 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 25. Februar 2015

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter
Drucksache 18/4108 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/3787 und 18/4051 ist in der 82. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 29. Januar 2015 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den In-
nenausschuss zur Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Das Abkommen regelt ausschließlich die Zahlung von Renten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Ren-
ten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074), das durch Artikel 1
des Gesetzes vom 15. Juli 2014 (BGBl. I S. 952) geändert worden ist, an berechtigte Personen, die im Hoheits-
gebiet der Republik Polen wohnhaft sind und unter das Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (SVA Polen 1975)
(BGBl. 1976 II S. 393, 396) fallen. Ziel des neuen Abkommens mit Polen ist es, nach dem ZRBG grundsätzlich
bestehende Rentenansprüche für Berechtigte mit Wohnsitz in Polen zahlbar zu machen. Bislang verhinderte
die in Artikel 4 des SVA Polen 1975 geregelte Lastenverteilung, wonach der Wohnsitzstaat eine Rente auch
aus den Zeiten zu leisten hat, die im anderen Staat zurückgelegt wurden, die Zahlung von Renten nach dem
ZRBG (sogenannte Ghettorenten) nach Polen. Das neue Abkommen mit Polen durchbricht nur für die Zahlung
von deutschen Ghettorenten nach Polen das eindeutige Prinzip der im SVA Polen 1975 geregelten Lastenver-
teilung zwischen beiden Ländern, das im Übrigen unangetastet bleibt.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/3787 und 18/4051 in seiner Sitzung am
25. Februar 2015 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen die Annahme in
unveränderter Form empfohlen. Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich in seiner
18. Sitzung am 28. Januar 2015 gutachtlich mit dem Gesetzentwurf befasst und eine Prüfbitte für nicht erfor-
derlich gehalten.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/3787 und 18/4051 in
seiner 35. Sitzung am 25. Februar 2015 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen
aller Fraktionen die Annahme in unveränderter Fassung empfohlen.
Alle Fraktionen begrüßten, dass die in Polen lebenden ehemaligen Beschäftigten in Ghettos nunmehr die Mög-
lichkeit bekämen, zusätzliche Rentenzahlungen zu erhalten.
Die Fraktion der CDU/CSU lobte die Bundesregierung für die erfolgreiche Verhandlung und bezeichnete es
als klug, dass dafür nicht das gesamte Sozialversicherungsabkommen mit Polen habe neu aufgerollt werden
müssen. Die jetzt zur Verabschiedung anstehende Zusatzvereinbarung eröffne in vollem Umfang die Möglich-
keit, die deutsche Rente an die Betroffenen zu zahlen.
Die Fraktion der SPD dankte dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie den anderen Fraktionen
für die konstruktive Zusammenarbeit. Das Abkommen setze ein Zeichen für die Betroffenen und zeige die
Geschlossenheit in dieser Frage. Die Rentenversicherungsträger beider Staaten seien bereits mit Informationen
für Anspruchsberechtigte aktiv.
Die Fraktion DIE LINKE. zeigte sich froh darüber, dass nach mehr als zehn Jahren der Kampf der Opferver-
bände nunmehr Erfolg zeige. Viele Anspruchsberechtigte seien bedauerlicherweise inzwischen verstorben.
Umso wichtiger sei es jetzt, dass die Rentenversicherungsträger nun unverzüglich aktiv würden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4108
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würdigte ebenfalls das Übereinkommen. Man habe zwar wegen
des langen Weges zu einer geeigneten Regelung ein lachendes und ein weinendes Auge, erkenne aber das
Engagement der jetzigen Regierungsmehrheit in dieser Frage an.

Berlin, den 25. Februar 2015

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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