BT-Drucksache 18/4081

Drohnen und Satellitenüberwachung deutscher und französischer Militärs für die OSZE-Mission in der Ostukraine

Vom 24. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4081
18. Wahlperiode 24.02.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Dr. Alexander S. Neu, Christine Buchholz,
Annette Groth, Sevim Dağdelen, Inge Höger, Katrin Kunert, Niema Movassat und
der Fraktion DIE LINKE.

Drohnen und Satellitenüberwachung deutscher und französischer Militärs für
die OSZE-Mission in der Ostukraine

Nach neuerlichen Gesprächen in Minsk und dem Beschluss einer Waffenruhe in
der Ostukraine soll dieser weiterhin von der Organisation für Sicherheit und Zu-
sammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht werden. Hierzu gehört insbeson-
dere der von den Außenministern Russlands, der Ukraine, Frankreichs und
Deutschlands auf dem Treffen im „Normandie-Format“ verabredete „Rückzug
schwerer Waffen“ (Bundesregierung vom 22. Januar 2015). Die bisherigen Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter der OSZE sollen aufgestockt werden, der deutsche
Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier spricht von
einem „erheblichen Zuwachs“ (SPIEGEL ONLINE vom 13. Februar 2015).
Deutschland habe laut der Bundeswehr bei den Verhandlungen „eine heraus-
ragende Rolle bei den diplomatischen Bemühungen gespielt“. Schon im Herbst
hatte die Bundesregierung der OSZE ein militärisches Angebot für die Überlas-
sung von bis zu elf Drohnen der Bundeswehr vom Typ „LUNA“ sowie zwei
Bodenkontrollstationen unterbreitet (Bundestagsdrucksachen 18/2982 und 18/
3675, Plenarprotokoll 18/56, Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs
bei der Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ralf Brauksiepe an den Abgeord-
neten des Deutschen Bundestages Andrej Hunko vom 11. November 2014).
Diese sollten von einem Kontingent deutscher Fallschirmjäger begleitet werden.
OSZE-Missionen haben aber einen streng zivilen Charakter. Vermutlich aus die-
sem Grund hatte die OSZE das Angebot abgelehnt. Um dennoch Drohnen zu
nutzen, hatte die OSZE zu Beginn der Mission vier Drohnen von der Firma
Schiebel Elektronische Geräte GmbH aus Österreich geleast.
Zum jüngst in Minsk ausgehandelten Fahrplan soll die OSZE weitere „technisch
nötigen Hilfsmittel“ erhalten (SPIEGEL ONLINE vom 13. Februar 2015).
Außer der „LUNA“ könnten nach Medienberichten auch „Zeitkontingente des
deutschen Satellitensystems ‚SAR Lupe‘“ angeboten werden. Das militärische
System verarbeitet Bilder von Radarsatelliten.
Die OSZE ist eine zivile Organisation, die für die Mission in der Ostukraine aus-
drücklich keine militärischen Truppen oder militärisches Gerät angefragt hat
(Pressemitteilung des Abgeordneten Andrej Hunko vom 9. Oktober 2014). Aus
Sicht der Fragesteller würde ein vom Militär bereitgestelltes Drohnen-Angebot
den zivilen Charakter der OSZE untergraben. Weitere militärische Angebote,
darunter auch der Satellitenaufklärung könnten dieses Problem verschärfen, ins-
besondere wenn der Bundeswehr die Auswahl der an die OSZE übermittelten
Bilder obliegt.

Drucksache 18/4081 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Organisationen oder sonstigen Akteurinnen und Akteure sollen aus

Sicht der Bundesregierung die Waffenruhe in der Ostukraine überwachen?
2. Mit welchem Personal und welchen Mitteln wird die Mission der OSZE in

der Ostukraine nach Kenntnis der Bundesregierung aufgestockt?
3. Was ist damit gemeint, wenn der Bundesminister des Auswärtigen,

Dr. Frank-Walter Steinmeier, von einem „erheblichen Zuwachs“ spricht?
4. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob das deutsche Angebot zur

Überlassung von „LUNA“-Drohnen, wie von den Fragestellerinnen und
Fragestellern mehrfach vorgetragen und auch von „SPIEGEL ONLINE“ be-
richtet, abgelehnt worden war, weil es sich um ein militärisches, von deut-
schen Fallschirmjägern begleitetes Kontingent gehandelt hätte?

5. Aus welchem anderen Grund hat die OSZE nach Einschätzung der Bundes-
regierung bis zuletzt auf das deutsche Angebot zur Überlassung von Droh-
nen des Typs „LUNA“ verzichtet?

6. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern ihr früheres Ange-
bot überhaupt zur Entscheidung durch den Ständigen Rat der OSZE ent-
schieden worden war, und falls es nicht entschieden wurde, was ist der Bun-
desregierung über die Gründe bekannt?

7. Welche Stellen welcher deutschen und französischen Behörden hatten
hierzu zur „Koordination und zeitlichen Synchronisierung einer möglichen
deutschen Unterstützung der Beobachtermission der OSZE mit luftgestütz-
ten Aufklärungsfähigkeiten“ einen „Informationsaustausch“ unterhalten, und
inwiefern dauert dieser an?

8. Was ist damit gemeint, wenn die Bundesregierung davon spricht, die Erkun-
dung einer möglichen deutsch-französischen Drohnen-Mission sei „unter
Abstützung auf ein französisches Luftfahrzeug durchgeführt“ worden (Bun-
destagsdrucksache 18/3675)?

9. Was ergab die Prüfung der „rechtlichen Aspekte“ zur Nutzung der
„LUNA“-Drohnen zur Unterstützung der OSZE-Mission hinsichtlich der
dadurch „aufgeworfenen völker- und verfassungsrechtlichen Fragen“ (Bun-
destagsdrucksache 18/3675)?

10. Was ist der Bundesregierung über Positionen bzw. Vorschläge bei Verhand-
lungen im Ständigen Rat der OSZE hinsichtlich der Hoheitszeichen von
Drohnen der Bundeswehr bekannt?

11. Auf welche Weise und mit welchem Inhalt war ein deutsches und französi-
sches Drohnen-Angebot auch auf dem jüngsten Treffen in Minsk themati-
siert worden?
a) Welche konkreten Vorschläge haben die deutsche und französische Re-

gierung zu Zahl und Typ der Drohnen gemacht, und welche Verabredun-
gen (auch zu Bodenkontrollstationen) wurden hierzu getroffen, bzw. wo
werden diese endgültig entschieden?

b) Welchen Vorschlag machte die Bundesregierung hierzu hinsichtlich der
Kostenübernahme, und welche Kosten wurden hierfür anvisiert?

12. Welche neuen Vorschläge haben Bundesbehörden gegenüber der OSZE zur
mitgeführten Aufklärungstechnik der Drohnen gemacht?

13. Wo sollten bzw. sollen aus Sicht der Bundesregierung von den Bundeswehr-
Drohnen erhobene Informationen nach gegenwärtigem Stand verarbeitet
werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4081
14. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob auch Russland in Minsk
die Bereitschaft zur Gestellung von Drohnen an die OSZE erneuerte?

15. Welche „mehrere OSZE-Staaten“ waren nach Kenntnis der Bundesregie-
rung zuvor „grundsätzlich bereit, die Beobachtermission der OSZE mit
Drohnenaufklärungsfähigkeiten zu unterstützen“ (Bundestagsdrucksache
18/3675)?

16. Welche weiteren Regierungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung über-
eingekommen, „Drohnenfähigkeiten“ beizusteuern, und was ist der Bundes-
regierung darüber bekannt, ob diese von militärischen oder zivilen Behör-
den überlassen werden sollen (Bundestagsdrucksachen 18/2982 und 18/
3675)?

17. Inwiefern und ggf. mit welchem Ergebnis war im Rahmen der jüngsten
Minsker Verhandlungen davon die Rede, dass nicht nur zivile, sondern auch
militärische Drohnen eingesetzt werden könnten?

18. Auf welche Weise und mit welchem Inhalt war auf dem jüngsten Treffen in
Minsk auch das Angebot von „Zeitkontingente[n] des deutschen Satelliten-
systems ‚SAR Lupe‘“ thematisiert worden?

19. Welche konkreten Vorschläge hat die deutsche Regierung hierzu gemacht?
20. Inwiefern, und mit welchem Inhalt hat auch die französische Regierung

nach Kenntnis der Bundesregierung die Überlassung von Daten aus der Sa-
tellitenaufklärung angeboten, und um welche Systeme handelt es sich da-
bei?

21. Auf welche Weise wird die mögliche Überlassung von „Zeitkontingente[n]
des deutschen Satellitensystems ‚SAR Lupe‘“ bereits bei der Bundeswehr
vorbereitet?
a) Welche konkreten Daten welcher konkreten Satelliten würden hierfür

verarbeitet?
b) Über welche Auflösung verfügen die Daten?
c) Wo und von wem würden die Daten erhoben und verarbeitet?

22. Auf welche Weise und von wem würde festgelegt, welche Aufklärungs-
daten an welche Parteien weitergegeben bzw. zurückgehalten werden?

23. Wie will die Bundesregierung ausschließen, dass die Bundeswehr be-
stimmte Informationen zurückhält und damit Einfluss auf die zur Objektivi-
tät verpflichtete OSZE-Mission nimmt?

24. Was ist der Bundesregierung aus den Gesprächen in Minsk zur Position
Russlands hinsichtlich der Nutzung von deutschen bzw. französischen
militärischen Drohnen und deutschen bzw. französischen Fähigkeiten der
militärischen Satellitenaufklärung in der Ostukraine bekannt, und könnte
dies aus russischer Sicht zur Militarisierung der zivilen OSZE-Mission bei-
tragen?

25. Welche weiteren im jüngst in Minsk ausgehandelten Fahrplan geforderten
„technisch nötigen Hilfsmittel“ soll die OSZE nach Kenntnis der Bundes-
regierung erhalten, und von wem würden diese nach derzeitigem Stand
überlassen werden?

Berlin, den 23. Februar 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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