BT-Drucksache 18/4067

Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im Jahr 2014

Vom 20. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4067
18. Wahlperiode 20.02.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, Kerstin Kassner,
Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion
DIE LINKE.

Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im Jahr 2014

Laut einer Anfang Januar 2015 veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung
empfinden 57 Prozent der nichtmuslimischen Bürgerinnen und Bürger „den
Islam“ als Bedrohung. 61 Prozent der Befragten gaben an, der Islam passe nicht
in die westliche Welt, 40 Prozent fühlten sich durch Muslime als Fremde im
eigenen Land, jeder vierte will Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland
verbieten (www.tagesschau.de/inland/islam-101.html). Auch andere Studien
über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie die im Zweijahresrhythmus
durchgeführte Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung e. V., verweisen auf eine
tiefsitzende Islam- bzw. Muslimfeindlichkeit in beträchtlichen Teilen der Be-
völkerung (www.fes-gegen-rechtsextremismus.de/pdf_14/141120presse-hand-
out.pdf).
Auf islamfeindlichen Internetportalen, wie dem nach eigenen Angaben von
teilweise über 100 000 Besucherinnen und Besuchern am Tag gelesenen Blog
„Politically Incorrect“ (PI), werden insbesondere in den Leserkommentaren
Muslime und Muslimas in fremdenfeindlicher, beleidigender, hasserfüllter und
zum Teil gewaltbefürwortender Weise pauschal erniedrigt und beschimpft. Für
die Pro-Bewegung (Pro NRW, Pro Deutschland) und die NPD dient islamfeind-
liche Agitation, etwa gegen Moscheeneubauten, als ein Mittel, um die so ge-
nannte Mitte der Gesellschaft mit ihrer rechtsextremen Programmatik zu errei-
chen.
Im Herbst 2014 entstand in Dresden die Pegida-Bewegung, die sich von ihrem
Namen her explizit gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ richtet. An wö-
chentlichen Demonstrationen beteiligten sich in Dresden vorübergehend bis zu
25 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den islam- und fremdenfeindlichen
Aufmärschen.
Die in Teilen der Bevölkerung verankerte Islam- und Muslimfeindlichkeit äußert
sich auch in Übergriffen und Anschlägen auf Moscheen in Deutschland, die von
Schändungen mit Schlachtabfällen oder Fäkalien bis hin zu Brandanschlägen
reichen (Bundestagsdrucksache 18/1627). Das ganze Ausmaß islam- bzw. mus-
limfeindlich motivierter Straftaten verbleibt allerdings im Dunkeln, da sich Bun-
des- und Landesbehörden bislang weigern, den Themenfeldkatalog beim Begriff
der „Hasskriminalität“ um ein Unterthema „islamfeindlich“ bzw. „muslimfeind-
lich“ zu erweitern, wie es insbesondere von muslimischen Verbänden und Kri-
minologen gefordert wird und im Falle des Unterthemas „Antisemitismus“ seit
Längerem geschehen ist (Bundestagsdrucksachen 17/13686 und 18/1627).

Drucksache 18/4067 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Überlegungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit bei

Polizeibehörden und Innenbehörden von Bund und Ländern, den Themen-
feldkatalog beim Begriff der „Hasskriminalität“ um ein Unterthema „islam-
feindlich“ bzw. „muslimfeindlich“ zu erweitern, wie es im Falle des Unter-
themas „Antisemitismus“ seit Längerem geschehen ist?

2. Welche islam- bzw. muslimfeindlichen Websites und Gruppierungen wurden
nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014 in welchen Bundesländern
als verfassungsfeindlich (auch Verdachtsfälle) eingestuft bzw. von Landes-
ämtern für Verfassungsschutz überwacht?

3. Welche und wie viele islam- bzw. muslimfeindlichen Aufmärsche einschließ-
lich Proteste gegen eine angeblich drohende Islamisierung Europas oder den
Bau von Moscheen in Deutschland fanden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im Jahr 2014 statt (bitte Datum, Ort, Teilnehmerzahl, Anlass bzw. Thema
und Veranstalter angeben)?

4. Wie viele Anschläge auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islamische
Einrichtungen in Deutschland gab es nach Kenntnis der Bundesregierung im
Jahr 2014 (bitte einzeln nach Ort, Datum, Name der Moschee und ihrer mög-
lichen Dachorganisation, Art des Anschlags und Schadenshöhe, Phänomen-
bereich, Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen auflisten)?
a) Wie viele Schändungen von Moscheen, Moscheevereinen und sonstigen

islamischen Einrichtungen durch Farbschmierereien, Fäkalien, Schlacht-
abfälle etc. sind der Bundesregierung für das Jahr 2014 bekannt geworden
(bitte einzeln nach Ort, Datum, Name der Moschee und ihrer möglichen
Dachorganisation, Art der Schändung und Schadenshöhe, Phänomenbe-
reich, Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen auflisten)?

b) Wie viele Bombendrohungen gegen Moscheen, Moscheevereine und
sonstige islamische Einrichtungen sind der Bundesregierung im Jahr 2014
bekannt geworden (bitte einzeln nach Ort, Datum, Name der Moschee
und ihrer möglichen Dachorganisation, Phänomenbereich, Ober- und
Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen auflisten)?

5. Wie viele mutmaßlich antimuslimisch oder islamfeindlich motivierte Strafta-
ten außer Übergriffe auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islamische
Einrichtungen wurden im Jahr 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung bun-
desweit verübt (bitte nach Anzahl, Art und Motivation der Straftat und Bun-
desländer aufschlüsseln)?

6. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014
bei Überfällen mit mutmaßlich antimuslimischer oder islamfeindlicher Moti-
vation oder mit vermuteter antimuslimischer oder islamfeindlicher Motiva-
tion
a) leicht verletzt,
b) schwer verletzt bzw.
c) getötet
(bitte nach Bundesländern und Motivation der Straftat aufschlüsseln)?

7. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis der Bundesregierung bei
mutmaßlich antimuslimischen und islamfeindlichen Straftaten im Jahr 2014
(bitte nach Schadenshöhe, Art der Motivation und Bundesländern aufschlüs-
seln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4067
8. Wie viele Tatverdächtige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung we-
gen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten im Jahr
2014 festgenommen (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der
Straftaten aufschlüsseln)?

9. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten
im Jahr 2014 eingeleitet (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der
Straftaten aufschlüsseln)?

10. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermitt-
lungen wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten
im Jahr 2014 eingestellt (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der
Straftaten aufschlüsseln)?

11. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen an-
timuslimischer und islamfeindlicher Straftaten im Jahr 2014 zu welchen
Strafen verurteilt (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der Straf-
taten aufschlüsseln)?

12. Welche gezielten bundesweiten Operationen der Polizei hat es nach Kennt-
nis der Bundesregierung im Jahr 2014 wegen überregionaler antimuslimi-
scher und islamfeindlicher Straftaten mit welchem Ergebnis gegeben?

Berlin, den 20. Februar 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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