BT-Drucksache 18/3905

Einsätze von sogenannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern, Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im zweiten Halbjahr 2014

Vom 2. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3905
18. Wahlperiode 02.02.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Wolfgang Gehrcke, Herbert Behrens,
Christine Buchholz, Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu, Petra Pau, Dr. Petra Sitte,
Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Einsätze von sogenannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern,
Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im zweiten Halbjahr 2014

Berichte über die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre
untergraben das Vertrauen in die Freiheit des Internets und der Telekommuni-
kation. Aus Antworten der Bundesregierung aus früheren Anfragen geht her-
vor, dass dies vor allem den polizeilichen Bereich betrifft: Der Einsatz „Stiller
SMS“, sogenannter WLAN-Catcher und IMSI-Catcher nimmt stetig zu, die Aus-
gaben für Analysesoftware steigen ebenfalls (Bundestagsdrucksache 18/2257).
Das Bundeskriminalamt hat zwei verschiedene Trojaner entwickelt und nutzt
zeitgleich eine „Übergangslösung“. Der Trojaner zur „Online-Durchsuchung“
kompletter Rechnersysteme befinde sich in „Einsatzbereitschaft“ (Schriftliche
Fragen 22 und 23 des Abgeordneten Andrej Hunko auf Bundestagsdrucksache
18/2352). Ein weiteres System zum ferngesteuerten Abhören von verschlüssel-
ter Internettelefonie werde noch erprobt. Damit verfügt die Behörde über min-
destens drei verschiedene Trojaner. An deren Entwicklung sind neben den Fir-
men CSC Deutschland GmbH und 4Soft GmbH auch der Münchner Überwa-
chungsspezialist ELAMAN GmbH beteiligt. Viele weitere Details bleiben aber
offen, andere sind gegenüber der Öffentlichkeit als geheim eingestuft. Es ist bei-
spielsweise unklar, in welchem Umfang der Bundesnachrichtendienst oder die
Zollkriminalämter Trojaner einsetzen. Auch die Fähigkeiten zur Bildersuche in
Polizeidatenbanken werden weiterentwickelt, beispielsweise nutzt das Bundes-
kriminalamt immer häufiger die Möglichkeit der Abfrage seiner Datenbestände
mittels Aufnahmen aus Überwachungskameras. Neuere Meldungen über Fähig-
keiten in- und ausländischer Geheimdienste sind weiterer Anlass zu großer Be-
sorgnis: britische, US-amerikanische, aber auch deutsche Behörden filtern an-
lasslos den Telekommunikationsverkehr und durchsuchen diesen nach Schlüs-
selbegriffen. Der frühere Bundesminister des Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich,
rechtfertigte dies damit, dass es ein „Supergrundrecht“ auf Sicherheit gebe
(Bundestagsdrucksache 17/14714). Die Fragesteller erinnern demgegenüber da-
ran, dass das Grundgesetz kein Grundrecht auf Sicherheit kennt, und sind zudem
der Auffassung, dass Grundrechte nicht hierarchisiert werden können. Um das
gestörte Vertrauen in das Fernmeldegeheimnis wiederherzustellen, fordern die
Fragesteller weiterhin die Veröffentlichung entsprechender Informationen, da-
runter auch aller Stichworte, die von Behörden, wie dem Bundesnachrichten-
dienst, zur Durchsuchung digitaler Kommunikation genutzt werden.

Drucksache 18/3905 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie oft haben welche Bundesbehörden im zweiten Halbjahr 2014 von

WLAN-Catchern Gebrauch gemacht?
a) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen

(bitte differenzieren in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und
Strafverfolgung)?

b) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
c) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderun-

gen haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdruck-
sachen 17/14714 und 18/2257)?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

2. Welche Bundesbehörden haben im zweiten Halbjahr 2014 wie oft IMSI-
Catcher eingesetzt?
a) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen

(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

b) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
c) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-

nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

d) Für welche deutschen Firmen bzw. Lizenznehmer ausländischer Produkte
wurden seitens der Bundesregierung im zweiten Halbjahr 2014 Ausfuhr-
genehmigungen für so genannte IMSI-Catcher in welche Bestimmungs-
länder erteilt?

3. Wie viele Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ-Maß-
nahmen) hat das Bundeskriminalamt im zweiten Halbjahr 2014 durchge-
führt?
a) Welche Bundesbehörden betreiben an welchen Standorten und in welchen

Abteilungen eigene Server zum Ausleiten bzw. Empfangen von Daten aus
der TKÜ durch Betreiber von Telekommunikationsanlagen, bzw. welche
Änderungen haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr 2014 ergeben
(Bundestagsdrucksache 18/2257)?

b) Welche Gesamtkosten von Auskunftsersuchen für TKÜ sind im zweiten
Halbjahr 2014 entstanden – soweit rekonstruierbar?

c) Welche Software zur Überwachung, Ausleitung, Analyse und Verarbei-
tung ausgeforschter digitaler Kommunikation kommt bei den Polizeien des
Bundes sowie den In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundesregierung
zur Anwendung, und welche Angaben kann die Bundesregierung zu deren
Funktionsweise machen, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber
dem ersten Halbjahr 2014 ergeben (Bundestagsdrucksache 18/2257)?

4. Inwiefern und auf welche Weise wird der Internetknoten DE-CIX bzw. an-
dere in Deutschland oder auch im Ausland befindliche, internationale
Schnittstellen von Glasfaserkabeln durch welche Bundesbehörden über-
wacht, bzw. welche Änderungen haben sich hierzu ergeben (Bundestags-
drucksachen 17/14714 und 18/2257)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3905
5. Wie viele Maßnahmen der Funkzellenauswertung haben welche Bundes-
behörden im zweiten Halbjahr 2014 vorgenommen (bitte wie auf Bundes-
tagsdrucksache 17/14714 beantworten)?
a) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen?
b) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden

(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

c) Welche Funkzellenabfragen wurden vom Ermittlungsrichter des General-
bundesanwalts beim Bundesgerichtshof gestattet, und im Zusammenhang
mit welchen Ermittlungen fanden diese statt?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

6. Inwiefern sind die Bundesministerien des Innern, der Verteidigung, der Fi-
nanzen oder das Bundeskanzleramt mittlerweile in der Lage, Mikrofone von
Mobiltelefonen aus der Ferne zu aktivieren, um diese als Abhöreinrichtungen
zu nutzen, in welchem Umfang wird dies bereits genutzt, und welche Soft-
oder Hardware wird hierfür genutzt, bzw. welche Änderungen haben sich ge-
genüber dem ersten Halbjahr 2014 ergeben (Bundestagsdrucksache 18/2257)?

7. Welche weiteren Hersteller haben im zweiten Halbjahr 2014 an polizeiliche
oder geheimdienstliche Bundesbehörden Software zur computergestützten
Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen (auch testweise) geliefert, nach wel-
chem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils genutzt bzw. wel-
che Nutzung ist anvisiert, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilun-
gen sind bzw. wären darüber zugriffsberechtigt, in welchen Ermittlungen
kommen bzw. kämen diese im Einzel- oder Regelfall zur Anwendung, bzw.
welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr 2014 ergeben
(Bundestagsdrucksache 18/2257)?
a) Welche Kosten sind für Tests oder die Beschaffung entsprechender Soft-

ware entstanden?
b) Auf welche Datensätze kann die etwaige, neu beschaffte Software zu-

greifen, nach welchem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils
genutzt, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind darauf
zugriffsberechtigt?

c) Inwiefern kann die Bundesregierung mitteilen, ob die Anwendung von
Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen
im Vergleich zum Vorjahr zu- oder abnimmt?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen bzw. inwiefern lässt sich dies überhaupt rekonstruieren?

8. Welche Software welcher Hersteller kommt bei Bundesbehörden zur krimi-
nalpolizeilichen Vorgangsverwaltung und Fallbearbeitung zur Anwendung
(bitte nach Vorgangsbearbeitung, kriminalistische Fallbearbeitung aufschlüs-
seln), bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr
2014 ergeben (Bundestagsdrucksache 18/2257)?
a) Welche Kosten sind den Bundesbehörden im Einzelfall und unter Berück-

sichtigung der Arbeitszeit innerhalb der Behörde für die Beschaffung, An-
passung, den Service und die Pflege der Software im zweiten Halbjahr
2014 entstanden?

Drucksache 18/3905 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) Welche weiteren Produkte der Firma rola Security Solutions GmbH
(auch „Zusatzmodule“) wurden für welche Behörden und welche Ein-
satzzwecke beschafft, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber
dem ersten Halbjahr 2014 ergeben (Bundestagsdrucksache 18/2257)?

c) Inwiefern und wofür werden Anwendungen von der Firma rola Security
Solutions GmbH auch bei In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundes-
regierung genutzt, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem
ersten Halbjahr 2014 ergeben (Bundestagsdrucksache 18/2257)?

9. Welche neueren Details kann die Bundesregierung zur Einrichtung des
Kompetenzzentrums Informationstechnische Überwachung (CC ITÜ), dort
eingesetztem Personal, Aufgabenbereichen oder Finanzmitteln mitteilen
(Bundestagsdrucksachen 17/14714 und 18/2257)?
a) In welcher Höhe war das CC ITÜ im Jahr 2014 mit Finanzmitteln ausge-

stattet, und wie ist der Haushaltansatz für das Jahr 2015?
b) Wie verteilen sich die Finanzmittel vom Jahr 2014 auf die Beschaffung

bzw. Programmierung von Überwachungssoftware nach Maßgabe der
gesetzlichen Befugnisse, bei denen es sich nach Ansicht der Fragesteller
um staatliche Trojaner handelt (Bundestagsdrucksache 18/2257) sowie
andere Soft- und Hardware zur „informationstechnischen Überwachung“,
und um welche Anwendungen handelt es sich dabei konkret?

c) Welche Akteure (Ämter, Behörden, Institute, Firmen, Stiftungen etc.)
wurden im zweiten Halbjahr 2014 (auch zwischenzeitlich) in deren
Entwicklung und Anwendung eingebunden, bzw. welche Änderungen
haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr 2014 ergeben (Bundestags-
drucksache 18/2257)?

d) Welche Firmen oder Institute haben in welchem Zusammenhang eine un-
terstützende und beratende Funktion wahrgenommen?

10. Wie oft haben welche Bundesbehörden im zweiten Halbjahr 2014 Trojaner-
programme eingesetzt?
a) Welches der verfügbaren Programme (etwa „Übergangslösung“, Troja-

ner zur „Onlinedurchsuchung“, Trojaner zur „Quellen-TKÜ“) kam dabei
jeweils zur Anwendung?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Er-

kenntnisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw.
Gefahren beitrugen?

11. Welche Bundesbehörden sind derzeit technisch und rechtlich in der Lage, an
Mobiltelefone sogenannte Stille SMS zum Ausforschen des Standortes ihrer
Besitzerinnen und Besitzer oder dem Erstellen von Bewegungsprofilen zu
verschicken, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten
Halbjahr 2014 ergeben (Bundestagsdrucksache 18/2257)?
a) Wie viele „Stille SMS“ wurden von den jeweiligen Behörden im zweiten

Halbjahr 2014 jeweils versandt (bitte bezüglich des Zollkriminalamtes
nach den einzelnen Zollfahndungsämtern aufschlüsseln)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3905
c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
d) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Ände-

rungen haben sich hierzu gegenüber dem ersten Halbjahr 2014 ergeben
(Bundestagsdrucksache 18/2257)?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Er-
kenntnisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw.
Gefahren beitrugen?

12. Nach welchen, mehreren tausend Suchbegriffen durchforstet der Bundes-
nachrichtendienst die digitale Telekommunikation im Rahmen seiner „Stra-
tegischen Fernmeldeaufklärung“ (Bundestagsdrucksache 17/9640)?

Berlin, den 29. Januar 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.