BT-Drucksache 18/3889

Sicherheit im Luftverkehr für Flugreisende und Besatzung

Vom 28. Januar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3889
18. Wahlperiode 28.01.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Tressel, Stephan Kühn (Dresden), Beate
Müller-Gemmeke, Matthias Gastel, Tabea Rößner, Dr. Valerie Wilms und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sicherheit im Luftverkehr für Flugreisende und Besatzung

Der zivile Luftverkehr ist aufgrund der Komplexität der technischen Vorausset-
zungen und seiner besonderen Schutzlosigkeit im Flugbetrieb im Besonderen
auf effektive Sicherheitsvorkehrungen angewiesen. Aufgrund seiner wirtschaft-
lichen und symbolischen Bedeutung und der Vielzahl möglicher Angriffspunkte
ist er darüber hinaus auch verstärkt im Fokus von terroristischen Angriffen und
Sabotageakten. Dieser Bedrohungslage müssen sich die Luftverkehrsunterneh-
men, Flughafenbetreiber und nicht zuletzt die zuständigen nationalen Sicher-
heitsbehörden stellen.
Zentrales Sicherheitselement für die Sicherheit der Flugreisenden und der Be-
satzungen sind zunächst die Sicherheitskontrollen am Flughafen. Zuletzt hat der
EU-Prüfbericht vom November 2014 gravierende Mängel an der Sicherheits-
kontrolle des Frankfurter Flughafens festgestellt. Prüfern war es gelungen, ge-
fährliche Teile am Sicherheitspersonal vorbeizuschmuggeln.
Auch Arbeitsschutzmaßnahmen kommen im Luftverkehr eine zentrale Funktion
für die Sicherheit zu. Regelungen zum Schutz der Piloten und der Crew dienen
letztlich der Sicherheit aller Flugreisenden. Hieraus folgt ein besonderes Ge-
wicht zugunsten des Arbeitsschutzes bei einer Abwägung zwischen wirtschaft-
lichen und arbeitsschutzrechtlichen Interessen. Besonders sicherheitsrelevant
sind die Regelungen zum Schutz vor Übermüdung. Piloten müssen immer häu-
figer Nachtflüge durchführen. Insbesondere in Mittel- und Nordeuropa findet
eine große Zahl der Flüge in der Dämmerung und Dunkelheit statt. Nicht zuletzt
aufgrund computeroptimierter Dienstplanerstellung sehen Einsatzpläne immer
weniger Regenerationsmöglichkeiten für die Crews vor. Übermüdung und Er-
schöpfung sind die Folgen dieser vermehrten Nachtarbeit und/oder des akkumu-
lierten Schlafmangels. Einer Umfrage unter den Mitgliedern Bundesverbandes
der Verkehrspiloten (Vereinigung Cockpit e. V.) zur Folge, sind mehr als ein
Drittel (36 Prozent) der befragten Piloten schon einmal im Cockpit vor Erschöp-
fung unbeabsichtigt eingeschlafen. 88 Prozent berichteten, nach dem Dienst
schon einmal vor Müdigkeit nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, noch mit
dem Auto nach Hause zu fahren. Trotz dieser Entwicklung wurde im Zuge des
Gesetzgebungsprozesses zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 der
Kommission durch die Verordnung (EU) Nr. 83/2014 der Kommission (sog. Fa-
tigue-Verordnung) eine aktive Nachtflugzeit von bis zu elf Stunden als zulässig
erklärt. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und Expertenempfehlun-
gen, welche anlässlich des Novellierungsprozesses erarbeitet wurden, halten
diese Regelung für fehlgewichtig und sicherheitsgefährdend für Besatzungen
und Flugreisende.

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Weitere Gefährdungspotentiale für die Besatzung und Reisende ergeben sich da-
raus, dass sich seit einigen Jahren sog. Laserattacken auf Piloten häufen. Im Jahr
2012 wurden dem Luftfahrt-Bundesamt 342 Laserangriffe auf Flugzeuge und
Hubschrauber gemeldet, 261 davon fanden im deutschen Luftraum statt. Die
Tendenz ist seit Jahren steigend. Bei einer akuten Blendung während des Lande-
vorgangs wird dem Piloten die Sicht vollständig für mehrere Minuten genom-
men. Daher geht von diesen Laserblendungen ein erhebliches Sicherheitsrisiko
für den Luftverkehr aus. Außer einer strafrechtlichen Sanktionierung sieht das
deutsche Recht (anders als in anderen Ländern) keine weitergehenden Beschrän-
kungen, wie zum Beispiel für die Einfuhr, den Verkauf und Besitz von starken
Lasern (über 1 Milliwatt), vor, um diese Sicherheitslücke zu schließen.

Wir fragen die Bundesregierung:

Flughafensicherheit/Sicherheitskontrollen
1. Auf welche Weise kommt die Bundespolizei ihrer Aufgabe zur Durchfüh-

rung der Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen durch eigenes Perso-
nal nach (eigene Kontrolltätigkeit, Überwachung, Schulung), und inwieweit
wird diese Aufgabe durch private Dienstleister durchgeführt?

2. Wie viele Dienstleistungsunternehmen sind derzeit auf deutschen Flughäfen
im Auftrag der Bundesregierung für die Sicherheitskontrolle zuständig, und
wie viele Personen sind über diese Unternehmen in der Sicherheitskontrolle
tätig?

3. Welche Schulungen werden durch das Bundesministerium des Innern (BMI)
und seine nachgeordneten Behörden durchgeführt, um das Personal an den
Sicherheitskontrollen der Flughäfen auszubilden?

4. Welchen Umfang haben die Schulungen, und mit welcher Häufigkeit werden
sie wiederholt bzw. aktualisiert und angepasst?

5. Welche Voraussetzungen müssen die privaten Dienstleistungsunternehmen
(z. B. Zertifizierungen, Qualitätskriterien) und ihr Personal (z. B. Ausbil-
dung, Arbeitserfahrung) erfüllen, um für die Flughafenkontrolle beauftragt
werden zu können?

6. Wie häufig finden die Ausschreibungen für die Vergabe der Sicherheitskon-
trolldienste statt?

7. Welche Konsequenzen wird das Bundesinnenministerium aus den Ergebnis-
sen des EU-Prüfberichts konkret ziehen, sowohl hinsichtlich ihrer eigenen
polizeilichen Arbeit als auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den
privaten Sicherheitsdienstleistern und Flughafenbetreibern?

Nachtflugzeiten
8. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Funktions-

weise und Sicherheit der eingeführten Fatigue-Risk-Management-Systems
(FRMS) bei deutschen Airlines effektiv kontrollieren und fortwährend über-
wachen zu können?

9. Wird die Bundesregierung, nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen, den natio-
nalen Umsetzungsspielraum ausschöpfen und gegebenenfalls gemeinsam mit
anderen mittel- und nordeuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union kürzere Nachtflugzeiten für die nationalen Luftverkehrsunternehmen
festlegen?

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10. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die
sog. EU-Fatigue-Verordnung keine Vollharmonisierung vorsieht (vgl. Er-
wägungsgrund 4 der Verordnung (EU) Nr. 83/2014) und die Bestimmungen
über die Arbeitszeit und dienstfreien Tage, wie sie in der Richtlinie 2000/79/
EG des Rates festgelegt sind, unberührt lässt, für den nationalen Umset-
zungsprozess?

Laserattacken
11. Prüft oder plant die Bundesregierung gesetzliche Änderungen (beispiels-

weise eine Änderung des Waffengesetzes, Einfuhr-, Verkaufs- oder Füh-
rungsverbote), um weitergehenden Schutz von Piloten vor Laserattacken zu
gewährleisten, wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht?

Gefahr durch Drohnen
12. Prüft oder plant die Bundesregierung gesetzliche Regelungen, um Piloten

vor Kollisionen mit zivilen Drohnen jeglicher Größe zu schützen, wenn ja,
welche, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 28. Januar 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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