BT-Drucksache 18/3810

Mutmaßliche Aktenvernichtungen im Zusammenhang mit dem Oktoberfestattentat und der Wehrsportgruppe Hoffmann bei deutschen Geheimdiensten

Vom 21. Januar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3810
18. Wahlperiode 21.01.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Jan Korte, Dr. André Hahn,
Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Mutmaßliche Aktenvernichtungen im Zusammenhang mit dem Oktoberfestattentat
und der Wehrsportgruppe Hoffmann bei deutschen Geheimdiensten

Durch Medienberichte wurde bekannt, dass der Generalbundesanwalt beim
Bundesgerichtshof, Harald Range, von den bundesdeutschen Geheimdiensten
– insbesondere vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und vom Bundes-
nachrichtendienst (BND) – die Herausgabe bislang zurückgehaltener Akten zum
Oktoberfestattentat verlangt hat (vgl. „Bundesanwalt fordert Herausgabe
von Geheimdienstakten“, ZEIT ONLINE vom 4. Januar 2015, www.zeit.de/
gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/oktoberfest-anschlag-geheimdienste). Auf
die Frage der Abgeordneten Petra Pau im Innenausschuss des Deutschen Bun-
destages, wie viele Ordner im BfV zum Oktoberfestattentat vorhanden seien,
antwortete die Bundesregierung mit einem Schreiben vom 13. Januar 2015
(Ausschussdrucksache 18(4)229), dass im BfV sieben Ordner zum Oktoberfest-
attentat vorhanden seien. Diese geringe Anzahl legt die Vermutung nahe, dass
im BfV in den vergangenen 24 Jahren Informationen zum Oktoberfestattentat
und zur Wehrsportgruppe Hoffmann vernichtet wurden.
Diese Vermutung, dass es wesentlich mehr Akten im BfV gegeben haben muss,
wird aber auch durch den Umstand gestärkt, dass im April des Jahres 1981 im
BfV „erstmals ein Referat eingerichtet“ wurde, dass die Aufgabe hatte, den
„rechtsextremistischen Terrorismus“ zu beobachten, so die Bundesregierung in
der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Referat Rechts-
terrorismus im Bundesamt für Verfassungsschutz“ (Bundestagsdrucksache 18/
2544, S. 2). Die Bundesregierung führte in der Antwort weiter zur Einrichtung
dieses Referats aus: „Das Referat ‚Rechtsextremistischer Terrorismus‘ wurde
vor dem Hintergrund der rechtsterroristischen Ereignisse im Jahr 1980 einge-
richtet. Am 26. September 1980 ereignete sich das sogenannte Oktoberfest-At-
tentat mit 13 Toten und 211 zum Teil Schwerverletzten als die bis dato schwerste
rechtsterroristische Tat.“ (ebenda, S. 3).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Akten hatte das BfV über das Münchner Oktoberfestattentat seit

1981 über die mutmaßlichen Täter, Unterstützer, deren Umfeld und die Ver-
bindungen zum bundesdeutschen und internationalen Rechtsextremismus an-
gelegt?

2. In welcher Organisationseinheit des BfV wurden die Akten zum Oktoberfest-
attentat bis zum Jahresende 1981, ab dem Jahr 1982 und in den darauffolgen-
den Jahren geführt (bitte unter Angabe des jeweiligen Referats bzw. der
jeweiligen Abteilung)?

Drucksache 18/3810 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie waren diese Akten des BfV zum Komplex Münchner Oktoberfestatten-
tat thematisch aufgebaut und strukturiert (bitte genau mit der Anzahl der
Ordner zu rechtsextremen Personen, Unterstützern, dem Umfeld, den
rechtsextremen bundesdeutschen Organisationen, den rechtsextremen inter-
nationalen Organisationen, Herkunft des Sprengstoffs, Zusammenarbeit mit
anderen bundesdeutschen und internationalen Sicherheitsbehörden, etc. an-
geben)?

4. Wie waren diese Akten zum Komplex Münchner Oktoberfestattentat zu den
Themen Zusammenarbeit und Informationsaustausch mit anderen bundes-
deutschen Sicherheitsbehörden, den Ministerien des Bundes und der Länder
sowie dem Bundeskanzleramt und den Staatskanzleien thematisch aufgebaut
und strukturiert (bitte genau mit der Anzahl der Ordner zu rechtsextremen
Personen, Unterstützern, dem Umfeld, den rechtsextremen bundesdeutschen
Organisationen, den rechtsextremen internationalen Organisationen, Her-
kunft des Sprengstoffs, Herkunft von Waffen etc. angeben)?

5. Wie waren diese Akten zum Komplex Münchner Oktoberfestattentat the-
matisch aufgebaut und strukturiert, insbesondere zu dem Thema Zusammen-
arbeit und Informationsaustausch zu den Sicherheitsbehörden des Landes
Bayern und der Staatskanzlei und den Ministerien des Landes Bayern (bitte
genau mit der Anzahl der Ordner zu rechtsextremen Personen, Unterstüt-
zern, dem Umfeld, den rechtsextremen bundesdeutschen Organisationen,
den rechtsextremen internationalen Organisationen, Herkunft des Spreng-
stoffs, Herkunft von Waffen etc. angeben)?

6. Wie waren diese Akten zum Komplex Münchner Oktoberfestattentat the-
matisch aufgebaut und strukturiert, insbesondere zu dem Thema Zusam-
menarbeit und Informationsaustausch mit internationalen Sicherheitsbehör-
den (bitte genau mit der Anzahl der Ordner zur Zusammenarbeit rechtster-
roristischer, rechtsextremer Personen, Unterstützern, dem Umfeld, der Zu-
sammenarbeit rechtsextremer bundesdeutscher Organisationen mit
internationalen rechtsextremen Organisationen, Herkunft des Sprengstoffs,
Herkunft von Waffen etc. angeben)?

7. Welche Sachverhalte sind in den nun laut der Antwort des Bundesministe-
riums des Innern vom 13. Januar 2015 (Ausschussdrucksache 18(4)229)
noch im BfV vorhandenen sieben Aktenordnern thematisch enthalten (bitte
genau nach Komplexen auflisten)?

8. Wurden Akten zum Münchner Oktoberfestattentat im BfV vernichtet, und
wenn ja, wann genau geschah dies, und welche Akten wurden dann jeweils
wann vernichtet?

9. Wenn es in diesem Zusammenhang zu Vernichtungen von Akten gekommen
ist, auf welcher gesetzlichen Grundlage wurden diese Akten wann vernich-
tet?

10. Wie viele Akten hatte der BND über das Münchner Oktoberfestattentat seit
1981 über die mutmaßlichen Täter, Unterstützer, deren Umfeld und die Ver-
bindungen zum bundesdeutschen und internationalen Rechtsextremismus
angelegt?

11. In welcher Organisationseinheit des BND wurden die Akten zum Oktober-
festattentat bis zum Jahresende 1981, ab dem Jahr 1982 und in den darauf-
folgenden Jahren geführt (bitte unter Angabe des jeweiligen Referats bzw.
der jeweiligen Abteilung)?

12. Wie viele Akten hatte der Militärische Abschirmdienst (MAD) über das
Münchner Oktoberfestattentat seit 1981 über die mutmaßlichen Täter, Un-
terstützer, deren Umfeld und die Verbindungen zum bundesdeutschen und
internationalen Rechtsextremismus angelegt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3810
13. In welcher Organisationseinheit des MAD wurden die Akten zum Oktober-
festattentat bis zum Jahresende 1981, ab dem Jahr 1982 und in den darauf-
folgenden Jahren geführt (bitte unter Angabe des jeweiligen Referats bzw.
der jeweiligen Abteilung)?

14. Wie viele Quellenmeldungen eigener Quellen liegen aus welchen Jahren im
BfV zum Oktoberfestattentat vor (bitte unter Angabe der jeweiligen Anzahl
pro Jahr)?

15. Wie viele Quellenmeldungen von Quellen von Landesämtern für Verfas-
sungsschutz zum Oktoberfestattentat liegen im BfV aus welchen Jahren vor
(bitte unter Angabe der jeweiligen Anzahl pro Jahr)?

16. Wie viele Quellenmeldungen von Quellen des MAD zum Okoberfestatten-
tat liegen im BfV aus welchen Jahren vor (bitte unter Angabe der jeweiligen
Anzahl pro Jahr)?

17. Wie viele Quellenmeldungen von Quellen des MAD zum Okoberfestatten-
tat liegen aus welchen Jahren im MAD vor (bitte unter Angabe der jeweili-
gen Anzahl pro Jahr)?

18. Wie viele Quellenmeldungen aus welchen Jahren liegen im BND zum
Oktoberfestattentat vor (bitte unter Angabe der jeweiligen Anzahl pro
Jahr)?

19. Wie viele Quellenmeldungen eigener Quellen liegen aus welchen Jahren im
BfV zur Wehrsportgruppe Hoffmann vor (bitte unter Angabe der jeweiligen
Anzahl pro Jahr)?

20. Wie viele Quellenmeldungen von Quellen von Landesämtern für Verfas-
sungsschutz zur Wehrsportgruppe Hoffmann liegen aus welchen Jahren im
BfV vor (bitte unter Angabe der jeweiligen Anzahl pro Jahr)?

21. Wie viele Quellenmeldungen von Quellen des MAD zur Wehrsportgruppe
Hoffmann aus welchen Jahren liegen im BfV vor (bitte unter Angabe der je-
weiligen Anzahl pro Jahr)?

22. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Mitglieder der Wehrsport-
gruppe Hoffmann vor dem Oktoberfestattentat als V-Leute für das BfV tätig
waren?

23. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Mitglieder der Wehrsport-
gruppe Hoffmann nach dem Oktoberfestattentat als V-Leute für das BfV
tätig waren, und wenn nein, wie viele V-Leute waren für das BfV tätig?

24. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Mitglieder der Wehrsport-
gruppe Hoffmann vor dem Oktoberfestattentat als V-Leute für den BND
tätig waren, und wenn nein, wie viele V-Leute waren für den BND tätig?

25. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Mitglieder der Wehrsport-
gruppe Hoffmann nach dem Oktoberfestattentat als V-Leute für den BND
tätig waren, und wenn nein, wie viele V-Leute waren für den BND tätig?

26. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Mitglieder der Wehrsport-
gruppe Hoffmann vor dem Oktoberfestattentat als V-Leute für den MAD
tätig waren, und wenn nein, wie viele V-Leute waren für den MAD tätig?

27. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Mitglieder der Wehrsport-
gruppe Hoffmann nach dem Oktoberfestattentat als V-Leute für den MAD
tätig waren, und wenn nein, wie viele V-Leute waren für den MAD tätig?

Drucksache 18/3810 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
28. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis ausschließen, dass Mit-
glieder der Wehrsportgruppe Hoffmann vor dem Oktoberfestattentat als
V-Leute für ein Landesamt für Verfassungsschutz tätig waren, und wenn
nein, wie viele V-Leute waren nach Kenntnis der Bundesregierung für
welche Landesämter für Verfassungsschutz tätig?

29. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis ausschließen, dass Mit-
glieder der Wehrsportgruppe Hoffmann nach dem Oktoberfestattentat als
V-Leute für ein Landesamt für Verfassungsschutz tätig waren, und wenn
nein, wie viele V-Leute waren nach Kenntnis der Bundesregierung für wel-
che Landesämter für Verfassungsschutz tätig?

30. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob und ggf. wie viele Mitglieder
der Wehrsportgruppe Hoffmann vor dem Oktoberfestattentat als V-Leute für
Landesämter für Verfassungsschutz tätig waren?

31. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob und ggf. wie viele Mitglieder
der Wehrsportgruppe Hoffmann nach dem Oktoberfestattentat als V-Leute
für Landesämter für Verfassungsschutz tätig waren?

32. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob und ggf. wann, wie viele und
unter welchen Umständen Quellenmeldungen und Ordner zum Oktober-
festattentat im BfV vernichtet wurden, und auf welcher gesetzlichen Grund-
lage geschah das gegebenenfalls?

33. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob und ggf. wann, wie viele und
unter welchen Umständen Quellenmeldungen und Ordner zum Oktoberfest-
attentat im MAD vernichtet wurden, und auf welcher gesetzlichen Grund-
lage geschah das gegebenenfalls?

34. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob und ggf. wann, wie viele und
unter welchen Umständen Quellenmeldungen und Ordner zum Oktoberfest-
attentat im BND vernichtet wurden, und auf welcher gesetzlichen Grund-
lage geschah das gegebenenfalls?

35. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, welche bundesdeutschen Ge-
heimdienste dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Akten zum
Oktoberfestattentat vorenthalten haben, und aus welchen Gründen dies ge-
schehen ist?

Berlin, den 21. Januar 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.