BT-Drucksache 18/3758

Fortführung und Weiterentwicklung der Wissenschaftspakte

Vom 14. Januar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3758
18. Wahlperiode 14.01.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Özcan Mutlu, Beate Walter-Rosenheimer,
Sylvia Kotting-Uhl, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Dr. Franziska Brantner,
Ulle Schauws, Doris Wagner, Maria Klein-Schmeink, Tabea Rößner,
Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fortführung und Weiterentwicklung der Wissenschaftspakte

Mitte Dezember 2014 haben Bund und Länder die Fortsetzung der drei Wissen-
schaftspakte – Hochschulpakt, Pakt für Forschung und Innovation, Exzellenz-
initiative – beschlossen. Für die Interpretation und Umsetzung der Vereinba-
rungen ergeben sich Fragen an die Bundesregierung. Vor dem Hintergrund der
erweiterten Kooperationsmöglichkeiten durch die zum 1. Januar 2015 in Kraft
getretene Änderung des Artikels 91b des Grundgesetzes (GG) stellt sich die
Frage, inwieweit sie sich auf die Wissenschaftspakte auswirken und welche
Konsequenzen die Bundesregierung mit den Ländern aus der neuen Verfas-
sungsrealität für die Wissenschaftsfinanzierung in dieser Wahlperiode zu ziehen
gedenkt.

Wir fragen die Bundesregierung:
Hochschulpakt
1. Warum wird der Bund maximal 760 033 zusätzliche Studienanfänger mittels

des Hochschulpakts finanzieren und damit keine Anpassungen vornehmen,
selbst wenn erneut mehr Studienanfängerinnen und Studienanfänger als pro-
gnostiziert an die Hochschulen kommen sollten?

2. Was hat die Bundesregierung dazu bewogen, vom Konzept des Hochschul-
pakts als „atmendes System“ abzugehen, das sich in den beiden ersten Pro-
grammphasen dadurch auszeichnete, nicht von einer maximal zu finanzieren-
den Anfängerzahl auszugehen (vgl. Rede der ehemaligen Bundesministerin
für Bildung und Forschung, Annette Schavan, vom 24. November 2011 im
Deutschen Bundestag, Plenarprotokoll 17/143)?

3. Wie erfolgt der Nachweis der zweckgerechten Verwendung von Bundes- und
Landeshaushaltsmitteln, „um mehr Studierende qualitätsgesichert zu einem
erfolgreichen Abschluss zu führen“, wie es die neue Bund-Länder-Verein-
barung zum Hochschulpakt III vorsieht?

4. Um welche absolute und prozentuale Größenordnung soll der Zugang von
beruflich Qualifizierten zu den Hochschulen in den Jahren 2016 bis 2020 je-
weils steigen (siehe § 1 Absatz 3 des Entwurfs der Verwaltungsvereinbarung
zum Hochschulpakt 2020, in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am
30. Oktober 2014 beschlossen)?

Drucksache 18/3758 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass in der bisherigen Laufzeit des
Hochschulpakts seit dem Jahr 2007 nur die Zahl der Lehrbeauftragten
Schritt gehalten hat mit der Zahl der Studienanfänger und Studierenden,
während die Steigerung der Zahl der Professorinnen und Professoren und
des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals hin-
ter dem Anstieg der Zahl der Studienanfänger und Studierenden zurückge-
blieben ist (vgl. Hochschulpakt 2020, Bericht zur Umsetzung im Jahr
2012)?

6. Wird aus Sicht der Bundesregierung mit der Einstellung von Lehrbeauftrag-
ten die Hochschulpakt-Verwaltungsvereinbarung erfüllt, wonach die Län-
der Schwerpunkte in der Einstellung zusätzlichen Personals setzen – auch
vor dem Hintergrund, dass Lehrbeauftragte als selbstständige oder freie
Mitarbeiter tätig oder gar nur mit Werkverträgen ausgestattet sind?

7. Mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung im Rahmen
der Wissenschaftspakte die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zwi-
schen CDU, CSU und SPD umsetzen, wonach der Bund „im Rahmen seiner
Förderung und bei Vereinbarungen zu neuen Instrumenten auf angemessene
Laufzeiten der Anstellungsverträge achten“ wird?

8. Ist aus Sicht der Bundesregierung mit der Änderung des Artikels 91b GG
der dauerhafte Einstieg des Bundes in die Finanzierung von Studienplätzen
möglich, und hält die Bundesregierung es auch mit Blick auf langfristige
Studienanfängerprojektionen u. a. des CHE Centrums für Hochschulent-
wicklung gGmbH, die auch nach dem Jahr 2020 eine weitere hohe Nach-
frage nach Studienplätzen erwartet, für sinnvoll und richtig, dass der Bund
auch nach Auslaufen des Hochschulpakts 2020 in Studienplätze investiert?

Programmpauschale
9. Hält die Bundesregierung die vereinbarte Erhöhung der Programmpauschale

auf 22 Prozent angesichts der eigenen Studie „Wissenschaftliche Untersu-
chung und Analyse der Auswirkungen der Einführung von Projektpauscha-
len in die BABF-Forschungsförderung auf die Hochschulen in Deutsch-
land“, die von durchschnittlichen Kosten in fast doppelter Höhe ausgeht, für
ausreichend?

10. Wie hat sich zwischen den Jahren 2007 und heute die Programmpauschale
auf die einzelnen Länder verteilt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

11. Plant die Bundesregierung, in ihren Förderprogrammen zur Forschung an
Fachhochschulen einen Overhead zu etablieren, um forschungsaktiven
Fachhochschulen zusätzliche strategische Spielräume zu eröffnen, wie es
der Wissenschaftsrat 2010 in seinen „Empfehlungen zur Rolle der Fach-
hochschulen im Hochschulsystem“ vorgeschlagen hat?
Wenn nein, warum nicht?

12. Plant die Bundesregierung, die Projektpauschale für die so genannte hoch-
schulfreie Forschung in dieser Wahlperiode anzuheben?
Wenn nein, warum nicht?

13. Welche Weiterentwicklungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung, um
wissenschaftlichen Institutionen Nebenkosten für Drittmittelprojekte zu er-
setzen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3758
Exzellenzinitiative
14. Wie sollen nach Auffassung der Bundesregierung die Ergebnisse der inter-

nationalen Expertenkommission zur Evaluation der Exzellenzinitiative in
den Prozess der Erarbeitung der Nachfolgeinitiative eingearbeitet werden?
Welche Rolle soll in diesem Prozess der Deutsche Bundestag einnehmen?

15. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung Vorschläge aus Kreisen der Re-
gierungsfraktionen, bereits bis Mitte des Jahres 2015 „detaillierte Vorstel-
lungen“ zur Ausgestaltung des nächsten Exzellenzwettbewerbs zu präsen-
tieren, obwohl der Bericht der Internationalen Expertenkommission zur
Evaluation der Exzellenzinitiative erst Anfang des Jahres 2016 vorliegen
wird?

16. Wie hat nach Kenntnis der Bundesregierung die internationale Kommission
zur Evaluation der Exzellenzinitiative die Ankündigung aufgenommen,
dass zeitlich deutlich vor Abschluss der Evaluation die Ausgestaltung der
Exzellenzinitiative vorgestellt werden soll, und wie will die Bundesregie-
rung dem Eindruck entgegenwirken, dass die internationale Kommission zu
einer Feigenblatt-Veranstaltung wird?

17. Wie sollen sich die Mittel für die Nachfolge der Exzellenzinitiative, für die
laut Entwurf des Grundsatzbeschlusses Mittel „mindestens im selben Um-
fang“ wie für die bisherige Exzellenzinitiative zur Verfügung stehen sollen,
auf die einzelnen Jahre verteilen (vorbehaltlich der Mittelbereitstellung
durch die gesetzgebenden Körperschaften)?

18. Welcher Finanzierungsschlüssel zwischen Bund und Ländern soll für die
Nachfolge der Exzellenzinitiative gelten?

19. Inwiefern werden für die Nachfolge der Exzellenzinitiative die neuen ver-
fassungsrechtlichen Gestaltungsspielräume genutzt?
Soll die Nachfolge-Initiative auf Dauer gestellt werden?

20. Zu welchen Anteilen sollen sich aus Sicht der Bundesregierung die Mittel
für die Nachfolge der Exzellenzinitiative auf „neuartige Projekte und Ini-
tiativen“ sowie auf bereits jetzt im Rahmen der Exzellenzinitiative geför-
derten Projekte verteilen?

21. Wird es getrennte Ausschreibungsrunden für „neuartige Projekte und Ini-
tiativen“ sowie bereits jetzt im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderte
Projekte geben?

22. Was versteht die Bundesregierung darunter, „die Hochschulen in der Aus-
bildung fachlicher und strategischer Profile zu unterstützen, die sich auf alle
Leistungsbereiche der Hochschulen beziehen können“ (siehe Entwurf eines
Grundsatzbeschlusses für eine neue Bund-Länder-Initiative – Nachfolge
der Exzellenzinitiative)?
Ist damit auch die Konzeptentwicklung gemeint?

23. Welche konzeptionellen und strategischen Vorüberlegungen sowie wissen-
schaftspolitischen Potenziale und Konsequenzen verbindet die Bundes-
regierung mit der in der Vereinbarung erstmals verankerten Exzellenz-
dimension der „regionalen Kooperation“?

24. Mit welchen „gesellschaftlichen Akteuren“ über die Wirtschaft hinaus soll-
ten die Hochschulen aus Sicht der Bundesregierung eine strategische Ko-
operation eingehen?

25. Inwieweit plant die Bundesregierung, in der Neuauflage der Exzellenzini-
tiative die Förderung und Prämierung von herausragender Lehre zu inte-
grieren und zu berücksichtigen?

Drucksache 18/3758 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
26. Sollte aus Sicht der Bundesregierung die Exzellenzinitiative mit einem
„Ligasystem“ aus drei Hochschulgruppen verbunden werden („Spitzen-
unis“, „Profilstandorten“, „forschungsstarke Fachhochschulen“, siehe DER
TAGESSPIEGEL vom 17. Dezember 2014 „Der Bund gewinnt Macht über
die Unis“)?

Pakt für Forschung und Innovation
27. In welchem Umfang werden die Länder entlastet, dadurch dass der Bund

die Aufwüchse für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen im
Rahmen des Pakts für Forschung und Innovation künftig alleine aufbringt?

28. Inwiefern kann von einer Länderentlastung beim Pakt für Forschung und
Innovation überhaupt die Rede sein, wenn mehrere Länder im Vorfeld da-
rauf hingewiesen haben, dass sie kein Geld für eine Fortsetzung und auch
keine Vorsorge in ihren Haushaltsplanungen getroffen haben, und somit
auch keine Entlastungswirkung eintritt?

29. Was sind (pro Jahr in Euro bzw. Prozent ausgedrückt) aus Sicht der Bundes-
regierung adäquate Steigerungen der Mittelausstattung, welche die Länder
nach Erwartung des Bundes den Hochschulen zur Verfügung stellen soll-
ten – auch vor dem Hintergrund, dass die außeruniversitären Forschungs-
einrichtungen jährlich 3 Prozent mehr Geld erhalten?

30. In welcher Form ist bezüglich der Vereinbarung über die „adäquaten Stei-
gerungen der Mittelausstattung“ für die Hochschulen ein Monitoring ge-
plant?

31. Wie soll das formulierte Ziel des Pakts für Forschung und Innovation, wo-
nach die Wissenschaftsorganisationen den wissenschaftlichen Nachwuchs
fördern, künftig umgesetzt und überprüft werden?

32. Wie ist der Anteil befristet Beschäftigter sowie unbefristet Beschäftigter
unter den hauptberuflich Beschäftigten bei der
a) Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.,
b) Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V.,
c) Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.,
d) Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.

(bitte nach Personalkategorie, dem Geschlecht sowie nach Vergütungs-
gruppe aufschlüsseln und, wenn möglich, auf Personen, nicht Vollzeit-
äquivalente beziehen. Sollten einzelne abgefragte Kategorien nicht vor-
liegen, bitte trotzdem die anderen Kategorien darstellen)?

33. Wie ist der Anteil von Teilzeitbeschäftigten sowie Vollzeitbeschäftigten in
den Instituten der
a) Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.,
b) Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V.,
c) Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.,
d) Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.

(bitte nach Personalkategorien, dem Geschlecht und Vergütungsgruppe
aufschlüsseln und, wenn möglich, auf Personen, nicht Vollzeitäquiva-
lente beziehen. Sollten einzelne abgefragte Kategorien nicht vorliegen,
bitte trotzdem die anderen Kategorien darstellen)?

34. Welche Merkmale in der Personalstatistik der außeruniversitären For-
schungseinrichtungen (Fachserie 14, Reihe 3.6), die nach Aussage der Bun-
desregierung an die Personalstatistiken der Hochschulen (Fachserie 11,
Reihe 4.4) angeglichen wurde, werden nun neu abgefragt (vgl. Antwort der

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3758
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN „Anteil befristet Beschäftigter an außeruniversitären For-
schungseinrichtungen“ auf Bundestagsdrucksache 18/2924)?

35. Plant die Bundesregierung künftig eine Abfrage über das befristete und
unbefristete Personal bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen in
den Einzelmerkmalen Fächergruppen auch nach Personalkategorie sowie
Geschlecht und Teilzeit/Vollzeit bzw. eine Abfrage einzelner der hier ver-
knüpften Merkmale?
Wenn ja, wann ist mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse zu rechnen?
Wenn nein, warum nicht?

36. Plant die Bundesregierung künftig eine Abfrage des Stellenumfangs bei
Teilzeitbeschäftigten an außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf-
geschlüsselt nach Personalkategorie, befristet/unbefristet und Geschlecht
bzw. einzelner der hier verknüpften Merkmale durchzuführen?
Wenn ja, wann ist mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse zu rechnen?
Wenn nein, warum nicht?

Struktur der Wissenschaftsfinanzierung
37. Welche konkreten Konsequenzen – über die davon unabhängige Fortset-

zung der Wissenschaftspakte hinaus – plant die Bundesregierung gemein-
sam mit den Ländern aus den erweiterten Kooperationsmöglichkeiten durch
die zum 1. Januar 2015 in Kraft getretene Änderung des Artikels 91b GG
für die künftige Wissenschaftsfinanzierung zu ziehen?

38. Plant die Bundesregierung weitere Pakte oder Vereinbarungen zur Wissen-
schaftsfinanzierung in diesem Jahr auf den Weg zu bringen?
Wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht?

39. Welches Verhältnis von Erst-, Zweit- und Drittmitteln ist aus Sicht der Bun-
desregierung für das Hochschulsystem angemessen – auch vor dem Hinter-
grund, dass sich zwischen den Jahren 1995 und 2011 das Verhältnis von
Drittmitteln zu Grundmitteln von etwa eins zu sieben (1995) auf fast eins zu
drei (2011) verschoben hat?

Berlin, den 14. Januar 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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