BT-Drucksache 18/3683

Haltungsbedingungen in Zoos

Vom 18. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3683
18. Wahlperiode 18.12.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Inge Höger,
Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Haltungsbedingungen in Zoos

In Deutschland gibt es hunderte zoologische Einrichtungen, vom kleinen privat
geführten Tierpark bis hin zum öffentlich subventionierten Großstadtzoo. Gene-
rell müssen Zoos den Erfordernissen des Tierschutzgesetzes, der EU-Zoo-Richt-
linie und des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) bzw. der entsprechenden
Landesgesetze genügen.
Nach § 42 Absatz 3 Nummer 7 BNatSchG sind Zoos verpflichtet, einen Beitrag
zum Schutz bedrohter Arten zu leisten. Allerdings befürchten Tierschutzver-
bände, dass dies aufgrund mangelhafter Richtlinien und fachlich ungenügender
Kontrollen häufig nicht der Fall sei.
Während die Bundesregierung angibt, dass es in Deutschland 400 Zoologische
Gärten gibt (Kleine Anfrage „Tierschutz in Zoologischen Gärten“ auf Bundes-
tagsdrucksache 17/12235), gehen Expertinnen und Experten aus Tierschutz- und
Zooverbänden von über 650 nach dem BNatSchG genehmigungspflichtigen
zoologischen Einrichtungen aus. Recherchen von Tierschutzverbänden, wie
dem „EU Zoo Report 2011“, zufolge, ist dies darauf zurückzuführen, dass bis-
lang noch nicht alle genehmigungspflichtigen Zoos genehmigt seien.
Seit Jahren nimmt die Kritik von Tierschützerinnen und Tierschützern an den
Haltungsbedingungen der Tiere in Zoos zu. Dies wurde zuletzt anhand der öf-
fentlichen Debatte über das aktuelle Säugetiergutachten („Gutachten über Min-
destanforderungen an die Haltung von Säugetieren“ des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft – BMEL) deutlich. Die beteiligten Tierschutz-
verbände kritisieren, dass ihnen verschiedene für die Beurteilung der Zootier-
haltung wichtige Dokumente, wie z. B. die Husbandry Guidelines der European
Association of Zoos and Aquaria (EAZA) und die Zuchtbücher der Europä-
ischen Erhaltungszuchtprogramme (EEP), während des Überarbeitungsprozes-
ses vorenthalten wurden. Diese Dokumente ermöglichen unter anderem eine
Beurteilung der Zootierhaltung, von Nachzuchterfolgen und des Beitrags zum
Artenschutz.
Kritisiert wird vonseiten der Tierschutzverbände auch, dass Zootiere mittels
Gabe von Psychopharmaka, Hormonen und Beschneiden von Flügeln an die
Haltungsbedingungen in Zoos angepasst werden, ähnlich wie dies teilweise in
der landwirtschaftlichen Tierhaltung der Fall ist.
Dabei stellen sowohl irreversible als auch reversible Methoden, mit denen Vögel
flugunfähig gemacht werden, nach Ansicht von Tierärztinnen und Tierärzten so-
wie Juristinnen und Juristen einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar.

Drucksache 18/3683 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wonach nicht alle zoologi-

schen Einrichtungen, die nach § 42 BNatSchG genehmigungspflichtig wä-
ren, auch genehmigt sind (bitte begründen)?

2. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus der Kritik von Tier-
schutzverbänden, die die Vorgaben des aktuellen Säugetiergutachtens
(„Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“
des BMEL) als nicht wissenschaftlich erarbeitet ansehen, da ihnen wichtige
Dokumente, wie beispielsweise die Husbandry Guidelines der EAZA sowie
EEP-Zuchtbücher, vorenthalten wurden (vgl. Stellungnahme der Tier-
schutzverbände am Säugetiergutachten, April 2013, www.prowildlife.de)?

3. Liegen dem BMEL die Husbandry Guidelines der EAZA sowie die EEP-
Zuchtbücher, die eine Beurteilung der Zootierhaltung, von Nachzuchterfol-
gen und des Beitrags zum Artenschutz ermöglichen, vor, und wo sind sie
nach Kenntnis der Bundesregierung öffentlich einsehbar?

4. Ist nach Einschätzung der Bundesregierung der regelmäßige bzw. dauer-
hafte Einsatz von Psychopharmaka bei Zootieren mit dem Tierschutzgesetz
und der EU-Zoo-Richtlinie vereinbar (bitte begründen)?

5. Inwieweit hält die Bundesregierung eine bundesweite Abfrage für sinnvoll,
um ein Gesamtbild über die Gabe von Psychopharmaka in Zoos zu be-
kommen und bewerten zu können (bitte begründen), bzw. gab es eine solche
Abfrage der Bundesregierung schon, und wie sind die Ergebnisse daraus?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Vögel jedes Jahr in deutschen
Zoos flugunfähig gemacht werden?
Wenn ja, um wie viele Vögel welcher Art handelt es sich dabei (bitte jähr-
lich ab 2010 auflisten)?

7. Hält die Bundesregierung die Herbeiführung der Flugunfähigkeit bei den in
Gefangenschaft gehaltenen Vögeln für vereinbar mit den geltenden Tier-
schutzregelungen?
Was ist dabei zu beachten?

8. Was gedenkt die Bundesregierung gegen die in einigen Zoos gängige
Praxis des Flugunfähigmachens (z. B. in Frankfurt, www.fr.online.de vom
25. März 2014 „Peta kritisiert Zoos“) zu unternehmen?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Nachzuch-
ten bedrohter Arten (Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES
Anhang 1 und 2) aus deutschen Zoos von 2010 bis heute für Auswilderungs-
zwecke exportiert wurden (bitte nach Arten, Jahr und Auswilderungsregion
auflisten)?

10. Wie viele und welche von deutschen Zoos gezüchteten Tiere konnten nach
Kenntnis der Bundesregierung seit 2000 erfolgreich ausgewildert werden
(bitte nach Jahr, Arten, Anzahl und Tierparks auflisten)?

11. Wie viel Geld wird nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich von deut-
schen Tierparks für In-situ-Artenschutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt
(bitte ab 2010 jährlich nach Tierparks auflisten)?

12. Wie häufig werden nach Kenntnis der Bundesregierung überschüssige oder
unerwünschte Zootiere getötet (bitte nach Arten, Anzahl und Tierparks auf-
listen)?

13. Inwieweit stellt das neue Säugetiergutachten sicher, dass eine Tötung ge-
sunder Zootiere nicht mehr stattfinden kann?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3683
14. Wie viele aus der Eierproduktion stammende, männliche Küken werden
nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich in den Zoos und Tiergärten der
Bundesrepublik Deutschland verfüttert?
Wie schätzt die Bundesregierung diese Futtermittelgabe ein, wenn das Ver-
bot des Tötens männlicher Küken bundesweit eingeführt würde?

15. Wie viele Tiere aus Zirkusbetrieben und privater Haltung wurden nach
Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2010 in den Zoos und Tier-
gärten der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, und um welche
Tierarten handelt es sich dabei?

Berlin, den 18. Dezember 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.